Ax Tiefbaurecht

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LG Berlin zu der Frage der Unwirksamkeit der Regelung des § 16 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 VOB/B, wonach sich die Frist für die Fälligkeit des Anspruchs auf Schlusszahlung auf bis zu 60 Tage verlängert, wenn dies vereinbart wurde und aufgrund der besonderen Merkmale der Vereinbarung sachlich gerechtfertigt ist, wenn keine die Fristverlängerung rechtfertigenden Umstände (z.B. die besondere Komplexität des Bauvorhabens) vorliegen

LG Berlin zu der Frage der Unwirksamkeit der Regelung des § 16 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 VOB/B, wonach sich die Frist für die Fälligkeit des Anspruchs auf Schlusszahlung auf bis zu 60 Tage verlängert, wenn dies vereinbart wurde und aufgrund der besonderen Merkmale der Vereinbarung sachlich gerechtfertigt ist, wenn keine die Fristverlängerung rechtfertigenden Umstände (z.B. die besondere Komplexität des Bauvorhabens) vorliegen

vorgestellt von Thomas Ax

1. Die Regelung des § 16 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 VOB/B, wonach sich die Frist für die Fälligkeit des Anspruchs auf Schlusszahlung auf bis zu 60 Tage verlängert, wenn dies vereinbart wurde und aufgrund der besonderen Merkmale der Vereinbarung sachlich gerechtfertigt ist, ist unwirksam, wenn keine die Fristverlängerung rechtfertigenden Umstände (z.B. die besondere Komplexität des Bauvorhabens) vorliegen.
2. Stellt der Auftragnehmer seine Leistung aufgrund eines Zahlungsverzugs des Auftraggebers berechtigter Weise ein, kann er die Stillstandskosten, die ihm dadurch entstehen, dass er seine Mitarbeiter nicht produktiv einsetzen kann, auf der Grundlage seiner Stundenverrechnungsätze abzüglich des kalkulierten Gewinns berechnen.
3. Macht der Auftragnehmer eine Entschädigung nach § 642 BGB geltend, ist die Vorlage einer bauablaufbezogenen Darstellung des Stillstands nur dann erforderlich, wenn die Behinderung auf andere Weise nicht nachvollzogen werden kann.
4. Sofern die Parteien keine abweichende Vereinbarungen getroffen haben, obliegt es dem Auftraggeber nicht, ungünstige Witterungseinflüsse (hier: zu niedrige Umgebungstemperaturen) durch die Beheizung des Objekts abzuwehren (Anschluss an BGH, IBR 2017, 302).
LG Berlin, Urteil vom 07.09.2023 – 12 O 225/20

Tatbestand

Im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung gemäß VOB/A 2016 erhielt die Klägerin auf Ihr Angebot vom 20.4.2017 den Zuschlag der Beklagten gemäß Schreiben vom 7.7.2017. Das Angebot, das auf der Grundlage von Einheitspreisen erstellt war, schloss mit einer Angebotssumme von brutto 475.310,20 Euro. Die Klägerin bot einen Preisnachlass auf die Abrechnungssumme von 3,79 % an. Es galt VOB/B in der Fassung des Jahres 2016. Wegen der Einzelheiten wird auf das Leistungsverzeichnis (K1), auf die besonderen Vertragsbedingungen (K2) auf die zusätzlichen Vertragsbedingungen (K3) und auf ein Letter of Intent (K4) verwiesen.

Ein weiteres Letter auf Intent vom 12.4.2018 enthielt unter anderem die Vereinbarung der Parteien betreffend verbindliche Zwischentermine und ergänzende Vereinbarungen zur Vergütung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf K4 Bezug genommen.

Im Zeitraum zwischen 7.8.2017 und 6.10.2018 erteilte die Beklagte auf der Grundlage von insgesamt neun Nachtragsangebote der Klägerin neun Nachaufträge. Wegen der Einzelheiten der Nachtragsangebote wird auf Anlagen K 83 bis K 92 Bezug genommen.

Die Beklagte nahm die Leistungen der Klägerin am 18.1.2019 ab. Wegen der Einzelheiten des Abnahmeprotokolls wird auf Anlage K5 Bezug genommen.

Mit Datum vom 13.8.2019 legte die Klägerin eine Schlussrechnung, die sie am selben Tag an die Beklagte übergab. Die Schlussrechnung schloss mit einem Bruttorechnungsbetrag von 1.217.073,52 Euro einschließlich Nachlass, nach Abzug der geleisteten Abschlagszahlungen bezifferte die Klägerin ihre Forderung auf 388.928,11 Euro. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Anlage K6 Bezug genommen.

Die Beklagte prüfte die Schlussrechnung auf einen Bruttobetrag von 1.161.213,50 Euro und zahlte weitere 152.390,76 Euro an die Klägerin aus.

Die Klägerin trägt vor: Hier stehe ein weiterer Vergütungsanspruch von 151.316,00 Euro brutto zu. Die Kürzungen der Beklagten seien zum überwiegenden Teil nicht gerechtfertigt. Die von ihr ermittelten Mengen und Massen seien zutreffend. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen der Klägerin in der Klageschrift, dort Seiten 9-25 verwiesen. Der Ansatz für Stundenlohnarbeiten wegen Stillstandskosten (Position 4.1.0.40) sei zutreffend. Wegen der Einzelheiten wird auf Anlagen K 38 bis K 42 verwiesen. Die 2-K-Personenschleuse sei über die Positionen “Herstellen” gemäß N1.14 mit 47,00 Stück zu vergüten, weil die Schleusen infolge der Umstände auf der Baustelle nach dem Abbau am ursprünglichen Standort, dort komplett hätten abgebaut und an andere Stelle neu aufgebaut werden müssen. Die Nachtragsleistungen habe sie mit den Nachtragsangeboten Nr. 1 bis Nr. 9 in der Zeit zwischen dem 7.8.2017 und dem 6.10.2018 angeboten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 28.2.2022 (II, Blatt 16-18) sowie auf die Anlagen K 83 bis K 92 Bezug genommen. Die Beklagte habe die Leistungen des Nachtrags 09.01 auf Grundlage des von ihr bereits gestellten LV angeboten und im Anschluss gegenüber der Klägerin freigegeben. Im Übrigen habe die Beklagte die Nachtragsleistungen in Auftrag gegeben.

Die Klägerin beantragt:

1. Der Beklagte zu verurteilen, an 151.316,00 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten seit dem 14.10.2019 zu zahlen.

2. Die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 9179,26 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten seit dem 18.7.2020 zu zahlen.

3. Die Beklagte zu verurteilen, an sie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2802,44 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr die Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf die der Klägerin nach dem Kostenfestsetzungsbeschluss verstorbenen Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) seit dem Zeitpunkt der Einzahlung der Gerichtskosten bei der Gerichtskasse bis zum Tag des Eingangs ihres Kostenfestsetzungsantrages bei Gericht zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet: Die in ihrem Auftrag durch ### vorgenommenen Schlussrechnungsprüfungen seien zutreffend. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen in der Klageerwiderung, dort Seiten 9-21 sie auf Anlagen K 8, B 10 und B 11 verwiesen.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des von der Klägerin benannten Zeugen ### sowie des von der Beklagten benannten Zeugen ###. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Protokolls vom 14.7.2022 II, Blatt 81-88 d.A. verwiesen. Ferner hat sie Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des von der Klägerin benannten Zeugen ### sowie der von der Beklagten benannten Zeugen ###. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Protokolls vom 23.2.2023, dort Seiten 2-11 Bezug genommen. Auch die Vernehmung der Zeugen ### hat die Beklagte verzichtet. Schließlich hat die Kammer Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des von der Klägerin benannten Zeugen ###. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 17.8.2023 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist zum Teil auch in der Sache begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 76.581,22 Euro aus § 631 BGB in Verbindung mit dem Bauvertrag zu.

1. Mengen und Massen

Der Klägerin waren nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme diejenigen Positionen zuzusprechen, die von der Bauleitung ### positiv geprüft worden sind. Die Zeugen ### haben glaubhaft erklärt, dass etwaige Differenzen bei der Bewertung der Mengen und Massen einverständlich aufgeklärt und geregelt worden sind. Nach dem glaubhaften Bericht des Bauleiters der Klägerin, ###, sind auf entsprechende Klärungen Beanstandungen der Beklagten dann durchaus auch fallengelassen worden.

Dementsprechend war für die Kammer maßgeblich, was letztlich im Rahmen der Prüfungen durch die am Bau Beteiligten festgestellt worden ist. Verständlicherweise hatten die Zeugen keine konkrete Erinnerung mehr an die von ihnen festgestellten und dokumentierte Leistungen. Dementsprechend verwiesen sie auf die Aufmaßunterlagen, die Grundlage für die Abstimmungen über die Einsprüche der Klägerin waren. Bereits am 24.1.2019 führten die Parteien, vertreten durch den Bauleiter ### für die Seite der Klägerin sowie Frau ### von den bauleitenden Architekten für die Beklagte durch. Im Rahmen dieses Aufmaßgesprächs haben die Parteien die Aufmaßdifferenzen diskutiert und es sind Festlegungen hierzu getroffen worden. Insoweit kann auf den Inhalt von K 94 verwiesen werden. Auch der Zeuge ### bestätigte dieses Vorgehen. Der Zeuge ### war gemeinsam mit ### der ab September 2019 für die Leistungsprüfung zuständige Mitarbeiter der ###, die von der Klägerin als Projektsteuerin eingesetzt war. ### war für den Zeitraum ab September 2019 für die Prüfung der Abrechnungen zuständig. Er hat glaubhaft bekundet, er habe auf den Einspruch der Klägerin nochmals die Mengen und Massen anhand der vorangegangenen Prüfungen von ### überprüft. Dabei sei er zu den Ergebnissen gelangt, die er in seiner Kommentierung zum Schreiben von Rechtsanwälten ### formuliert habe. Vor diesem Hintergrund waren die Ausführungen des Zeugen ###, die Leistungen seien genau so ausgeführt worden, wie sie in den Aufmaßblättern ausgewiesen seien, nicht überzeugend.

Jedenfalls blieben vernünftige Zweifel. Trotz der zeitnahen Überprüfung der eingereichten Aufmaße konnten die Aufmaßdifferenzen durch die Klägerin gegenüber der Bauleitung nicht hinreichend aufgeklärt werden. Die Bauleitung, die in großen Umfang auch Massenmehrungen anerkannt hat, konnte sie wegen der hier streitige Positionen mangels Leistungsbelegen nicht überzeugen. Ein Gegenaufmaß war der Beklagten nicht möglich, weil sie wegen der Asbestkontaminierung während der Arbeiten bis zur PCB-Freigabe keinen Zugang zu den Schwarzbereichen hatte. Aus den genannten Gründen konnte sich auch die Kammer vom behaupteten Leistungsumfang nicht überzeugen lassen.

Im Einzelnen:

A) Position 1.1.10 (168,81 Euro netto). Die Position ist nicht zu berücksichtigen. Die Leitung (Reinigung der Baustellenfläche) ist doppelt in Ansatz gebracht worden, weil die Beklagte wegen langer Bauzeit eine (zusätzliche) Zwischenreinigung für erforderlich hielt. Gemäß LV durfte eine Reinigung jedoch nur auf Anweisung der örtlichen Bauleitung erfolgen. Eine solche Anweisung hat die Klägerin nicht vorgetragen.

B) Position 1.1.40 (413,56 Euro netto) ist nicht begründet. Nach der Stellungnahme des Büros ### vom 16.10.2019 ist die Position nicht angefallen, weil ausweislich eines Vermerks im entsprechenden Aufmaßblatt die betreffende Entsorgung nicht erfolgt ist. Die Kammer ist nach der Beweisaufnahme nicht davon überzeugt, dass die abgerechneten Entsorgungsbehälter vorgehalten wurden.

C) Position 1.1.50 (1.846,00 Euro netto) ist nicht begründet. Wie vor.

D) Pos. 1.1.80 (147,00 Euro netto). Die Beklagte hat für die behauptete Entsorgung von 0,58 t Kunststoffabfall den Ansatz eines Behälters für bis zu 10 m3 anerkannt. Für eine Entsorgung über den anerkannten Teil hinaus hat die Klägerin keinen Nachweis erbracht. Insoweit konnten auch die vernommenen Zeugen die Kammer nicht überzeugen.

E) Die Pos. 1.1.90 ist in Höhe von 115.80 Euro netto begründet. Gemäß des Letter auf Intent vom 28.3.2018, dort Zfr. 2. lit g) durfte die Klägerin anstelle von Kleincontainern einen Container aufstellen. Es musste somit die gesamte Zeit der Vorhaltung abgedeckt werden. Eine Kürzung ist nicht gerechtfertigt.

F) Pos. 1.1.340 (1.229 Euro netto). Es kann dahinstehen, ob die Klägerin 43,33 Stück Umsetzungen ausgeführt hat. Ausweislich des LV waren Umsetzungen von Baucontainern nur auf Anweisung der Bauleitung vorzunehmen. Die Bauleitung bzw. ### hatte lediglich 16 Umsetzungen vermerkt als von ihr angeordnet.

Diese Umsetzungen hat die Klägerin auch anerkannt. Die Anordnung weiterer Umsetzungen hat die Beklagte schon nicht vorgetragen. Die Aufmaße sind nach Überprüfung mangels Belegen nicht anerkannt worden. Die Beweisaufnahme hat außer des generellen Verweises auf die Aufmaßunterlagen neue Erkenntnisse nicht erbracht. Somit kommt es auf das Vorbringen der Klägerin, sie haben nach dem Letter of Intent große statt kleiner Baucontainer aufstellen dürfen, nicht an.

G) Pos. 1.1.400 (172,21 Euro netto). Die Leistungen sind von ### nach Prüfung in den (Aufmaß)Skizzen 154 und 155 nicht bestätigt worden. Die Klägerin hat die Aufmaßdifferenz nicht zu beweisen vermocht.

H) Pos. 1.1.410 (190,12 Euro netto) + 1.1.420 (48.54 Euro netto). Aus den unter F) genannten Gründen ist die Kammer von der Leistungserbringung nicht überzeugt.

I) Pos. 1.2.340 (66,33 Euro netto). Wie vor. Die Zeugen der Klägerin, namentlich der Zeuge ### haben die Leistung nicht bestätigt.

J) Pos. 2.1.050 (56,00 Euro). Wie vor (aber in Bezug auf Aufmaßblatt 152 und 153).

K) Pos. 2.1.070 (150,00 Euro netto). Wie vor.

L) Pos. 2.1.120 (47,40 Euro netto). Wie vor zu I) (aber Skizze 156).

M) Pos. 2.1,140 (154,45 Euro netto). Wie vor zu I) (aber Skizze 156).

N) Pos. 2.1.190 (8,79 Euro netto). Wie vor zu I) (aber Skizze 157). 0) Pos. 2.1.210 (28,08 netto). Wie vor zu I) (aber Skizze 158).

P) Pos. 2.1.250 (124,80 Euro netto). 2 Leitungen im Steiger Abbruch Rohrleitungen DN 15 – DN 25) Wie vor zu I).

Q) Pos. 2.2.010 (13,35 Euro netto). Der Mengenzuwachs von 3,14 qm gegenüber der (anerkannten) Abrechnung in einer Abschlagsrechnung konnte von der Klägerin nicht nachgewiesen werden.

Die Skizze Nr. 106 ist nicht anerkannt worden. Der Zeuge ### konnte insoweit ebenfalls nur pauschal auf die Aufmaßskizzen und gelegentliche Abrechnungsauseinandersetzungen mit der Bauleitung /IUP verweisen.

R) Pos. 2.2.120 (114,37 Euro netto). Wie vor zu I) (aber Skizze 106).

S) Pos. 2.2.140 (40,00 Euro netto). Wie vor zu l).

T) Pos. 2.2.230 (4,92 Euro netto). Wie vor zu I) und Q) (aber Skizze 65 – 68)

U) Pos. 2.3.340 (17,83 Euro netto). Wie vor zu I) und Q) (aber Skizze 116, 117 und 124) Die Forderungen wegen weiterer Mengen und Massen beziffern sich auf 115,80 netto.

2. Stundenlohnarbeiten wegen eines Leistungsverweigerungsrecht bezüglich Zahlungsverzuges

Die Klägerin kann für die Zeit von 5.2.2018 bis 21.2.2018 (Tagelohnzettel 16 und 17) insgesamt (19.980,00 Euro netto – (19.980,00 x 10 % Gewinnanteile =) 1.998,00 Euro = 17.982.00 Euro netto an Stillstandskosten abrechnen. In dieser Zeit hat sie gemäß § 16 Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 VOB/B berechtigt ein Leistungsverweigerungsrecht ausgeübt, weil sich die Beklagte in Verzug mit der Begleichung der Abschlagsrechnung befand. Ihre Abschlagsrechnung Nr. 1 datiert vom 12.12.2017. Verzug ist damit gemäß § 16 Abs. 3 Nr. 3 Satz 1 VOB/B mit dem 11.1.2017 eingetreten. Die Verlängerung der Nachfrist auf 60 Tage nach Rechnungslegung bis zum Eintritt des Verzuges ist nicht wirksam vereinbart. Diese Klausel verstößt vor diesem Hintergrund gegen §§ 308 Nr. 1 a BGB. Sie ist gemäß § 305 BGB unwirksam. Die Beklagte hat insoweit nicht dargetan, dass besondere Umstände eine solche Verlängerung gerechtfertigt hätten, vergleiche § 16 Abs. 5 Nr. 4 Satz 3 VOB/B. Ausnahmsweise kann sich die Frist nach § 16 Abs. 3 Nr. 1 S. 2 VOB/B auf bis zu 60 Tage verlängern. Dies setzt freilich neben einer ausdrücklichen Vereinbarung der Parteien voraus, dass die Fristverlängerung sachlich gerechtfertigt ist, z.B. durch besondere Komplexität des Bauvorhabens (Staudinger/Peters (2019) BGB § 641, Rn. 85). Eine besondere Komplexität ist vorliegend nicht anzunehmen. Bei der Würdigung hatte die Kammer zu berücksichtigen, dass die Schadstoffsanierung bei den Gewerken an erster Stelle stand, dass also Umbauarbeiten weiterer Gewerke parallel nur eingeschränkt betrieben werden konnten. Das Bauvorhaben ist von der Klägerin in Umfang und Komplexität als durchschnittlich eingestuft worden. Soweit sich die Beklagte darauf berufen hat, die Abrechnung hätten zunächst durch die Bauleitung als auch durch den Projektsteuerer und die ### geprüft werden müssen, ehe sie zur Zahlungsfreigabe an die zuständige Stelle des Beklagten weitergeleitet worden sein, ist nicht ersichtlich, dass dieser Vorgang notwendig länger als 30 Tage in Anspruch nehmen muss. Der Zeuge ### hat glaubhaft erklärt, die Prüfungen durch die Bauleitung habe im Regelfall nur eine Woche benötigt. Die Plausibilitätsprüfung des Projektsteuers und des ### hätten parallel erfolgen können. Ein Zeitbedarf von mehr als drei Wochen bis zur Freigabe durch die zuständige Stelle ist nicht nachvollziehbar.

Eine bauablaufbezogene Darstellung des Stillstandes war entgegen der Ansicht der Beklagten nicht erforderlich. Sie ist nicht in jedem Falle notwendig, sondern nur dann, wenn die Behinderung auf andere Weise nicht nachvollzogen werden kann. Da die Klägerin sich vorliegend wegen des Zahlungsverzuges zu Recht auf ein Leistungsverweigerungsrecht berufen hat, kommt es nicht darauf an, ob sie ihre Mitarbeiter an anderer Stelle hätte einsetzen können. Dass ihre Mitarbeiter in der fraglichen Zeit vor Ort, aber unproduktiv waren, hat die Klägerin durch die entsprechenden Stundenlohnzettel, die bestätigt worden sind, belegt.

Schließlich konnte die Klägerin die stillstandsbedingten Entschädigung auch auf der Grundlage ihrer Stundenverrechnungssätze berechnen. Hierbei war allerdings der kalkulierte Gewinn abzuziehen, den die Kammer zugunsten der Beklagten gemäß § 287 ZPO auf 10 % geschätzt hat. Die Stundenverrechnungssätze repräsentieren neben den Löhnen für die Mitarbeiter auch die sonstigen Mitarbeiterkosten und die allgemeinen Betriebskosten. Sie sind deshalb ein geeignetes Mittel, den Stillstand für bestimmte Mitarbeiter konkret zu beziffern.

3. Stundenlohnarbeiten wegen Baustopp niedrige Umgebungstemperaturen

Stillstandskosten für den Zeitraum 2.12.2017 bis 28.2.2018 im Umfang von 484 Stunden in Höhe von 14.520,00 Euro netto wegen niedriger Umgebungstemperaturen kann die Klägerin nicht aus § 642 BGB beanspruchen. Der Anspruch aus § 642 BGB setzt voraus, dass die Behinderung durch fehlender Mitwirkung des Auftraggebers verursacht worden ist. Eine Mitwirkungsobliegenheit des Auftraggebers ist den vertraglichen Vereinbarungen jedoch nicht zu entnehmen. Eine ausdrückliche Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. Aus einer ergänzenden Vertragsauslegung lässt sich eine Pflicht der Beklagten zur Beheizung des Objekts ebenfalls nicht herleiten. Aus § 6 Abs. 2 VOB/B ergibt sich vielmehr die Wertung, dass der Auftragnehmer solche Behinderungen, die sich aus der Vorhersehbarkeit von Witterungsverhältnissen ergibt, einzukalkulieren hat. Im Umkehrschluss folgt daraus, dass sich eine Pflicht zur Beheizung des Objekts für den Auftraggeber nicht aus den vertraglichen Verpflichtungen herleiten lässt (BGH, Urteil vom 20.4.2017 – VII ZR 194/13 -). Nach den besonderen Vertragsbedingungen (K2) war ursprünglich eine Ausführungszeit von Juni 2017 bis Mai 2018 vorgesehen gewesen. Winterwetter war von der Klägerin daher einzukalkulieren.

4. Stundenlohnarbeiten wegen fehlender PCB-Freigabe

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Vergütung der Stillstandskosten im Umfang von 352 Stunden für den Zeitraum 9.10.2017 bis 23.10.2017 in Höhe von 10.560,00 Euro netto aus § 642 BGB nicht zu. Die Klägerin hat für diesen Zeitraum nicht vorgetragen, dass sich die Beklagte im Annahmeverzug befunden hätte. Ist – wie hier – eine Mitwirkungshandlung des Gläubigers erforderlich, ist Annahmeverzug gegeben, wenn der Schuldner den Gläubiger zur Vornahme der notwendigen Handlung aufgefordert hat, § 295 Satz 2 BGB. Eine solche Aufforderung hat die Beklagte bestritten, weil es einen fertig gestellten Schwarzbereich in der fraglichen Zeit überhaupt nicht gegeben habe. Dieses Vorbringen wird gestützt durch die Behinderungsanzeigen, auf die die Klägerin verweist. So ist weder aus der Behinderungsanzeige Nr. 2 vom 26. September 2017 noch aus der Behinderungsanzeige Nr. 3 vom 20. Oktober 2017 erkennbar, dass es eine Behinderung aufgrund fehlender Freigabemessungen gegeben hat. Eine weitere Aufforderung an die Beklagte, die für den fraglichen Zeitraum in Betracht käme, hat die Klägerin nicht eingereicht.

5. Stillstandskosten PCR-Prüfung 1.12.2017 (480,00 Euro netto)

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf der Vergütung der Stillstandskosten wegen der 480 Euro netto aus § 642 BGB. Ausweislich des Tagelohnzettels Nr. 15 (K 78) beruht die Ausfallzeit auf zu kühler Witterung. Diese Witterungsverhältnisse ergeben sich auch aus dem Bautagebuch Nummer 82. Für die Witterungsverhältnisse trägt die Klägerin das Risiko. Es wird auf die Ausführungen oben unter 3. verwiesen. Da die Klägerin aufgrund der Witterungsverhältnisse ohnehin nicht arbeiten konnte oder wollte, kommt es auf die Frage, ob sie durch eine Freimessung PVB (zusätzlich) behindert worden ist, nicht mehr an.

6. Nachaufträge

Der Klägerin steht wegen der Nachaufträge eine zusätzliche Vergütung von 45.256,17 Euro netto zu.

N 1.10 Brandmeldesockel

Der Anspruch ist nicht gegeben. Das Aufmaßblatt der Klägerin (K 43) weist lediglich 30 Brandmeldesockel aus, die die Beklagte insoweit auch anerkannt hat.

N. 1.12. (Entfernt Kabelrohre/Elektroinstallation, 988,71 Euro)

Die Massenmehrung ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht erwiesen. Es wird auf die Ausführungen oben zu 1) verwiesen. Das Aufmaßblatt K 44 ist nicht aussagekräftig, weil es offensichtlich eine andere Leistung (“3 Stück“) betrifft.

N. 1.14

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Vergütung der Nachtragsposition N 1.14 (Herstellen 2 K Personenschleuse) in Höhe von (41.390,80 Euro ./. 44 Schleusen x 40 Schleusen =) 37.627.27 Euro gegen die Beklagte zu. Die Position “Herstellen” ist auch für das Umsetzen der Personenschleusen angefallen, soweit es sich nicht um die Umsetzung einer mobilen Einheit, sondern quasi um eine bauliche Neukonstruktion nach komplettem Abbau an anderer Stelle handelt. Die Behauptung der Klägerin, die mobile Einheit habe nicht im gesamten Bauvorhaben eingesetzt werden können, weil dies baubedingt nicht möglich gewesen sei, hat sich im Rahmen der Beweisaufnahme bestätigt. Danach konnten die mobilen 2-K-Schleusen in vielen Fällen nicht an den neuen Einsatzort verbracht werden, weil sie nicht durch andere Schwarzbereiche transportiert werden konnten. In diesen Fällen sei es erforderlich gewesen, eine Schleuse aus einer Holzlattenkonstruktion mit Folie zu konstruieren. Die Umsetzung einer solchen Konstruktion kann damit der Neuherstellung einer Schleuse gleich. Dieses Vorgehen ist sowohl von dem durch die Klägerin benannten Zeugen ### als auch von dem Zeugen ### bestätigt worden, der durch die Beklagte benannt worden ist.

Ersterer Zeuge war der Bauleiter der Klägerin, der Zeuge ### war Bauleiter der durch die Beklagte beauftragte Bauleitung (für die Schadstoffbeseitigung) IUP. Gemäß Ziff. 2 f) Satz 3 des Letter of Intent vom 12.4.2018 (K 4) haben die Parteien vereinbart, dass bei den 2-K-Personschleusen abrechnungstechnisch zu verfahren werden solle, wie bei der Materialkontaminationseinheit (2-Kammerschleuse). Bei verständiger Würdigung der vorgenannten Vereinbarung ist der Einsatz einer Schleuse, die jeweils am neuen Einsatzort vollständig wieder neu errichtet werden muss, wie die erstmalige Herstellung zu bewerten. Für diese Lesart spricht auch der Umstand, dass die Parteien ursprünglicher an den Einsatz einer mobilen Schleuse, also lediglich auf das Tragen einer geschlossenen Konstruktion an den neuen Einsatzort gedacht hatten. Diese Auslegung wird gestützt durch die Abrechnungspraxis der Parteien. Im Rahmen von Vergleichsgesprächen hat sich nämlich ergeben, dass die Beklagte für die Materialkontaminationseinheiten, die im Falle baulicher Notwendigkeiten ebenfalls am neuen Einsatzort ebenfalls komplett neu konstruiert werden mussten, die Position 1.2.40 anerkannt hat hatte.

Allerdings hat die Beweisaufnahme ergeben, dass die Klägerin die Position 1.2.40 im Rahmen der Nachtragsposition N1. 14 nur insgesamt 40-mal in Ansatz bringen kann. Die Bauleitung ### hatte für diese Position eine Stückzahl von nur 40 anerkannt. Im Rahmen einer Baubesprechung ist diese Stückzahl von den Parteien diskutiert worden mit der Folge, dass letztlich die genannte Stückzahl festgehalten wurde. Die von der Klägerin benannten Zeugen konnten nicht überzeugend begründen, dass weitere sieben Stück ausgeführt worden sind. Der Zeuge ### hatte insoweit ebenso wenig wie der Zeuge ### konkrete Erinnerungen. Beide verwiesen nur auf die Aufmaße und auf die Baubesprechungen mit der ###

NA Nr. 2 (Entfernen Schalter/Steckdosen/Verteilerdose; 801,36 Euro)

Die Leistung ist nicht zu vergüten. Es wird auf die Ausführungen oben zu I) verwiesen. Eine gemeinsame Leistungsfeststellung hat entgegen der Vereinbarung nicht stattgefunden. Es fehlte auch der Beleg des Leistungsumfangs. Die Lichtbilder waren nicht aussagekräftig.

NA Nr. 4 (Massenmehrung zu 1.2.120, Unterdruckhaltegeräte [UHG] Aufbau; 1.190,70 Euro) Die Leistung ist nicht zu vergüten. Es wird auf die Ausführungen oben zu I) verwiesen. Eine Gemeinsame Leistungsverstellung hat entgegen der Vereinbarung nicht stattgefunden. Es fehlte auch der Beleg des Leistungsumfangs.

NA 4.15 (Massenmehrung zu Pos. 1.2.130 UHG Reinigung; 100.- Euro)

Die Klägerin hat gegen das Bestreiten der Beklagten keinen Leistungsnachweis erbracht. Die Kammer muss deshalb davon ausgehen, dass nur 26 Stück Massenmehrungen angefallen sind, weil eine der Massenmehrungen durch einen anderen Unternehmer ausgeführt worden ist.

N 4.16 (Massenmehrung zu Pos. 1.2.140; 475,95 Euro)

Es wird auf die Ausführungen oben zu I) verwiesen. Es fehlte der Beleg des Leistungsumfangs.

N 4.17 (Vorhalten UHG; 8750.-Euro) Wie vor.

N 4.18 (Massenmehrung Pos. 1.2.150; 298,00 Euro) Wie vor.

N 7.5 Zulage Mehraufwand Demontage Leichtbauwand Beplankung; 1.904,45 Euro)

Ein Vergütungsanspruch für die Demontage der Leichtbauwand/Beplankung in Höhe von 1904,45 Euro steht der Klägerin gegen die Beklagte aus N 7.5. nicht zu. Die Kammer folgt insoweit den Ausführungen der Beklagten, wonach diese Arbeit von Position 2.1.240 LV mit erfasst ist. Diese Position beschreibt eine Leichtbauwand nach TRGS 521, die aus einer Wanddämmung sowie einer Unterkonstruktion aus Metall bzw. Holz besteht. Die zusätzliche Holzplatte ist Teil der Leichtbauwand im Sinne der genannten Position. Eine Leichtbauwand im Trockenbau ist nach allgemeiner Definition eine leichte fachwerkähnliche Konstruktion aus Holz oder Metallblech-Profilen mit Beplankungen zum Beispiel aus Gipskarton oder Holzwerkstoffplatten.

Danach ist die Beplankung bereits Teil der Leichtbauwand im Sinne von NA 7.

N 7.6. Abschottung horizontaler Heizungskanäle; 15.55 Euro)

Es wird auf die Ausführungen oben zu I) verwiesen. Es fehlte der Beleg des Leistungsumfangs. Die Heizungskanäle lassen sich dem Aufmaßblatt K 56 nicht entnehmen. Die Bodenkanäle zu Position 2.2.310, in denen sich die horizontalen Heizungskanäle befunden haben, machen ebenfalls 102,85 m aus. Das entspricht dem Prüfvermerk im Aufmaß.

N 7.13 (Massenmehrung Grob-/Feinreinigung; 198,90 Euro)

Es wird auf die Ausführungen oben zu I) verwiesen. Es fehlte der Beleg des Leistungsumfangs. Den Aufmaßblättern lassen sich Leistungsnachweise, wie etwa freigegebene Skizzen oder Reinigungsbestätigungen nicht entnehmen.

N 7.16 und 7.17 (Massenmehrung Zuluftleitungen/-klappen für UHG; 149,00 E + 100,00 E) Es wird auf die Ausführungen oben zu NA 4.15 verwiesen, die hier entsprechend gelten.

N 7.21. (Maximierung zu Position 1.2.320, fahrbare Arbeitsbühne; 500,00 Euro)

Die von der Klägerin behaupteten Ausführungsänderungen, insbesondere parallel auszuführende Putz- und Asbestabbrucharbeiten in verschiedenen Sanierungsbereichen hat die Klägerin gegen das Bestreiten der Beklagten nicht zu substantiierten vermocht. Eine entsprechende Anordnung der Bauleitung ist nicht vorgetragen.

N 7.22. (Massenmehrung zu 1.2.330 LV/PSA für Beschäftigte; 870,96 Euro) und N 7.24 (Demontage PromAsbest – Lüftungskanäle SG; 3953,46 Euro)

Eine Vergütung ist nicht zuzusprechen. Der Preis ist nach § 2 Abs. 6 Nummer 2 VOB/B zu bilden. Die Klägerin hat zur Preisbildung jedoch nichts vorgetragen.

NA 8.2 (Schüttungsdicke 9 cm gemäß Position 2.2.280 LV; 6.630,69 Euro)

Die Klägerin kann eine Zulage für die Schüttungsdicke 9 cm gemäß Position 2.2.280 LV in Höhe von 6.630,69 nicht verlangen. Die Erteilung eines Nachauftrages hat sie gegen das Bestreiten der Beklagten nicht substantiiert vorgetragen. Eine Schüttungsdicke über das in der Zulage gemäß Pos. 2.2.280 LV vorgesehene Maß von insgesamt 6 cm hinaus hat sie nicht zu beweisen vermocht. Die Zeugen ### haben auf die Aufmaße verwiesen, die der Zeuge ### erstellt hat. Dieser Zeuge konnte ebenfalls keine Angaben mehr zu seinen Aufmaßen machen. Soweit die Klägerin darauf verwiesen hat, ein Vergütungsanspruch ergebe sich aus Geschäftsführung ohne Auftrag, ist dies nicht nachvollziehbar vorgetragen.

Insbesondere sind die Voraussetzungen nicht nachvollziehbar, da nicht vorgetragen wurde, wie sich die Preisgrundlagen durch die zusätzliche Schichtdicke verändert haben.

N 09 (Linoleumbelag Podest, Stufen TH P, Stufen TH Q; Treppenkantenprofil, 2.308,40 Euro + 1.848,00 Euro + 1.815,00 Euro + 1.657,50 Euro)

Ein Vergütungsanspruch der Klägerin ist in Höhe von 7 628 90 netto insoweit gegeben. Die Beauftragung ist dem Grunde nach durch die Beklagte erfolgt, wie sich aus der Nachtrag Beurteilung von Fischer + Werner Architekten (K 93) zu NA 09 (Seite 8) ergibt. Ebenso ergibt sich aus diesem Vermerk die Notwendigkeit der Arbeiten, da sie im Leistungsverzeichnis nicht vorgesehen sind. Die Leistungen mussten danach ausgeführt werden. Die Beklagte ist bei der Beurteilung der Mengen und Massen sowie der Angebotspreise stets von der Prüfung und Einschätzung der von ihr mit der Prüfung der Abrechnungen betrauten Architekten und Projektsteuerer ausgegangen. Danach hatte auch die Kammer keine Bedenken, der Beurteilung von ### zu folgen. Diese beanstandeten zwar. dass die Preisbildung nicht nachvollziehbar war.

Gleichzeitig verwiesen sie darauf, dass die Angebotspreise ortsüblich und angemessen seien (vergleiche K 93 Seite 13 oben). Die abgerechneten Mengen und Massen sind insoweit nicht bestritten worden. Auch vorprozessual sind insoweit Mengen und Massen nicht beanstandet worden (vgl. K 8).

7. Dokumentationspauschale

Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Vergütung der Dokumentationspauschale in Höhe von 1000.00 Euro netto gemäß Position 3.1.10 LV. Die Behauptung der Klägerin, sie habe die Dokumentationsunterlagen an die Beklagte übergeben und diese hätten auch den Vorgaben der vorgenannten Position entsprochen, hat die Beklagte nicht zu widerlegen vermocht Insoweit trägt die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast. Sie hat die Leistungen der Klägerin am 18.1.2019 abgenommen.

Im Abnahmeprotokoll (K5) fand sich kein Vorbehalt bezüglich der Dokumentationsunterlagen.

8. Der Vergütungsanspruch beziffert sich demnach wie folgt:

Mengen und Massen (Pos. 1.1.90)

115,80 Euro

Stillstandskosten

17.982,00 Euro

Nachträge

45.256,17 Euro

Dokumentenpauschale

1.000.00 Euro

  

Gesamt netto

64.353,97 Euro

MwSt.

12.227.25 Euro

  

Gesamt brutto

76.581,22 Euro


9. Verzugszinsen

Die Zinsansprüche rechtfertigen sich ab dem geltend gemachten Zeitpunkt aus §§ 288 Abs. 2, 286 Abs. 1, 280 Abs. 1 BGB, soweit die Klageforderung begründet ist.

II. Klageantrag zu 2.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zinszahlung in Höhe von insgesamt 9.197,26 E aus §§ 280, 286 Abs. 1, 288 Abs. 2 BGB zu. Gemäß § 16 Abs. 5 Nr. 3 VOB/B tritt der Verzug unabhängig von einer Nachfristsetzung nach Ablauf von 30 Tagen nach Zugang der jeweiligen Rechnung ein. Die verlängerte Verzugsfrist von 60 Tagen, die sich aus den besonderen Vertragsbedingungen ergibt, ist vorliegend nicht in Anwendung zu bringen. Sie ist nicht wirksam vereinbart. Es wird auf die Ausführungen oben zu 2. verwiesen.

Wegen der Einzelheiten zu Fälligkeit der Rechnungen, zum Verzugseintritt, zur Höhe der zu verzinsenden Forderung sowie zur Berechnung wird auf die zutreffenden Ausführungen der Klägerin in der Klageschrift, dort Seiten 57-64, verwiesen, denen sich die Kammer nach der gebotenen eigenen Überprüfung anschließt.

Auch die Verzugspauschalen sind in Ansatz bringen. Dem Hinweisbeschluss des BGH vom 18.1.2018 (III ZR 174/17), auf die die Beklagte verweist, kann nicht mit hinreichender Bestimmtheit entnommen werden, dass Verzugspauschalen auf einen geschuldeten Verzugsschadensersatz anzurechnen sind, wenn Kosten der Rechtsverfolgung begründet sind.

Eine Verzinsung der Zinsansprüche scheidet jedoch aus, § 289 BGB.

III. Klageantrag zu 3. und 4.

Der Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten fußt auf § 286 Abs. 1 BGB. Er beziffert sich nach einem Wert von bis zu 95.000,00 Euro auf (1.561,00 Euro X 1,3 Geb. + 20,00 Euro Telekommunikationspauschale + Mehrwertsteuer =) 2.438,67 Euro.

Einen verletzungsbedingten Schaden im Sinne von § 286 Abs. 1 BGB stellte auch der eingezahlte Gerichtskostenvorschuss dar, soweit er der Klägerin aufgrund der obsiegenden Klage zu erstatten war. Insoweit ist er zwischen Einzahlung und Erstattung zu verzinsen.

IV. Nebenentscheidungen

Die prozessualen Nebenentscheidungen fußen auf §§ 92 Abs. 1, 709 Sätzen 1 und 2 ZPO. Die Kostenentscheidung spiegelt das jeweilige Obsiegen und Unterliegen wider.

OLG Köln zu der Frage, dass eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen kann

OLG Köln zu der Frage, dass eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen kann

vorgestellt von Thomas Ax

1. Eine Partei kann die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse u. a. daran hat, dass der Zustand einer Person, die Ursache eines Personenschadens und der Aufwand für dessen Beseitigung festgestellt werden, wobei ein rechtliches Interesse anzunehmen ist, wenn die begehrte Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.
2. Der Antragsteller muss die Beweisfragen nicht ausdrücklich formulieren. Es genügt, wenn aus dem Antrag die Tatsachen, über die Beweis erhoben werden sollen, deutlich hervorgehen. Gleichwohl ist ein Minimum an Substantiierung in Bezug auf die Beweistatsachen zu fordern.
3. Die Beweistatsachen sind jedenfalls dann nicht ausreichend bezeichnet, wenn der Antragsteller in lediglich formelhafter und pauschaler Weise Tatsachenbehauptungen aufstellt, ohne diese zu dem zugrunde liegenden Sachverhalt in Beziehung zu setzen.
OLG Köln, Beschluss vom 12.12.2023 – 4 W 8/23
vorhergehend:
LG Köln, 08.03.2023 – 16 OH 13/21


Gründe:

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für ein selbständiges Beweisverfahren.

Er hat geltend gemacht, infolge eines von dem Antragsgegner ausgehenden tätlichen Angriffs am 2. September 2019 ein Schädel-Hirn-Trauma mit großen subduralen Hämatomen erlitten zu haben. Wegen dieser Tat sei der Antragsgegner durch das Amtsgericht ### (51 Ls 1/21) wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden (LG-A 3). Der Antragsteller will den Antragsgegner auf Schadenersatz und Zahlung eines Schmerzensgeldes in Anspruch nehmen (LG-A 4).

Mit dem am 21. Dezember 2021 bei Gericht eingegangenen Antrag vom 20. Dezember 2021 (LG-A 2-5) begehrt der Antragsteller unter Bezugnahme auf beigefügte Behandlungsunterlagen (LG-A 19-409) Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens eine sachverständige Begutachtung, um den Umfang seiner durch die behauptete Körperverletzung bedingten Gesundheitsschäden feststellen und überdies klären zu lassen, ob diese kausal und zurechenbar durch den Antragsgegner verursacht worden seien, ob Dauerschäden verblieben seien, und wie und mit welchem Kostenaufwand die Gesundheitsschäden zu behandeln seien (LG-A 5).

Das Landgericht Köln hat den Antrag mit Beschluss vom Beschluss vom 27. Januar 2021 (Pkh-Heft 238) und nach dessen Aufhebung durch den Senat ein weiteres Mal mit Beschluss vom 8. März 2023 (Pkh-Heft 389 f.) zurückgewiesen. Zur Begründung hat es darauf abgestellt, die Antragsschrift genüge nicht den Anforderungen des § 487 Nr. 2 ZPO.

Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller vom 10. März 2023 (LG-A 561-563, Eingang beim Landgericht am 14. März 2023 (LG-A 560) sofortige Beschwerde eingelegt.

Das Landgericht hat der Entscheidung nicht abgeholfen und die sofortige Beschwerde dem Oberlandesgericht mit Beschluss vom 14. März 2023 (LG-A 571) zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens und der Anträge der Beteiligten wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die sofortige Beschwerde, über die das Beschwerdegericht durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter zu entscheiden hat, weil die angefochtene Entscheidung von einer Einzelrichterin erlassen worden ist (§ 568 Abs. 1 Satz 1 ZPO), ist zulässig; insbesondere ist sie gemäß §§ 127 Abs. 2 Satz 2 Hs. 1, 576 ZPO statthaft und gemäß § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO fristgerecht eingelegt. In der Sache ist das Rechtsmittel des Antragstellers teilweise begründet. Die Auffassung des Landgerichts, im Streitfall bestehe kein Anspruch auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens, hält den Rügen der sofortigen Beschwerde nicht stand. Diese hat dahin Erfolg, dass Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Durchführung des selbständige Beweisverfahren nicht, wie geschehen, mangels Zulässigkeit des Antrags auf dessen Einleitung zu versagen ist. Nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragsteller gemäß § 115 ZPO ist dem Antragssteller allerdings, wie mit Beschluss vom 19. Oktober 2022 (4 W 6/22 OLG Köln, LG-A 534 ff.), auf den zur Meidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, ausgeführt ist, Prozesskostenhilfe bei monatlicher Ratenzahlung in Höhe von 116 EUR zu gewähren. Im Einzelnen gilt folgendes:

1. Der Antrag auf Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens wäre nach § 485 Abs. 2 ZPO zulässig. Nach dessen Satz 1 kann eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse u. a. daran hat, dass der Zustand einer Person, die Ursache eines Personenschadens und der Aufwand für dessen Beseitigung festgestellt werden, wobei ein rechtliches Interesse nach Satz 2 anzunehmen ist, wenn die begehrte Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann. Hierzu ist die Feststellung der Folgen des behaupteten körperlichen Angriffs durch den Antragsgegner im selbständige Beweisverfahren grundsätzlich geeignet. Die ausgebliebene Antragserwiderung im Prozesskostenhilfeverfahren berechtigt nicht zu dem Schluss, dass die Parteien in einem möglichen Hauptsacheverfahren nicht auch darüber streiten werden, welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen bei dem Antragsteller vorliegen, inwieweit diese auf den behaupteten körperlichen Angriff zurückzuführen und mit welchem Aufwand diese möglicherweise zu beseitigen sind. Zur Klärung dieser Fragen ist die beantragte Begutachtung grundsätzlich geeignet.

2. Dass der Antragsteller, was sinnvoll gewesen wäre, Beweisfragen nicht ausdrücklich formuliert hat, ist unschädlich. Ausdrücklich formulierte Beweisfragen sind nämlich nicht zwingend, soweit aus dem Antrag die Tatsachen, über die Beweis erhoben werden sollen, deutlich hervorgehen (OLG Köln, Beschluss vom 11. Oktober 2018 – 5 W 20/18). Das ist hier der Fall.

3. a) Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Landgericht allerdings davon aus, dass jedenfalls ein Minimum an Substantiierung in Bezug auf die Beweistatsachen zu fordern ist, auch wenn man berücksichtigt, dass sich aus dem besonderen Charakter des selbständigen Beweisverfahrens und dem mit ihm verfolgten Zweck, einen Rechtsstreit zu vermeiden, möglicherweise niedrigere Anforderungen an die Darlegungslast ergeben und deshalb die Angabe der Beweistatsachen in groben Zügen ausreichen soll. Nur so ist der Verfahrensgegenstand zweifelsfrei abgrenzbar und hat der Sachverständige eine Grundlage für die ihm übertragene Tätigkeit. So sind etwa die Beweistatsachen im Sinne von § 487 Nr. 2 ZPO jedenfalls dann nicht ausreichend bezeichnet, wenn der Antragsteller in lediglich formelhafter und pauschaler Weise Tatsachenbehauptungen aufstellt, ohne diese zu dem zugrunde liegenden Sachverhalt in Beziehung zu setzen (BGH, Beschluss vom 10.11.2015 – VI ZB 11/15, mit weiteren Nachweisen).

b) So liegen die Dinge hier aber nicht. Der beabsichtigte Antrag wird den Anforderungen des § 487 Nr. 2 ZPO gerecht. Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Antragstellers, die der Sachverständige einer Begutachtung unterziehen soll, sind in der Antragschrift (LG-A 3) bezeichnet. Das Krankheitsbild (Schädel-Hirn-Trauma mit großen subduralen Hämatomen) ist offensichtlich der Diagnose aus den Berichten des ###-Hospitals ### über die Notfallbehandlung vom 02.09.2019 (LG-A 38-43) und der ###-Klinik ### vom 09.09.2019 (LG-A 173) entnommen worden. Trotz der ergebnisoffenen Fragestellung (LG-A 5), wonach ein Gutachter sich dazu verhalten soll, welche Gesundheitsbeeinträchtigungen auf das Verhalten des Antragsgegners zurückzuführen sind, ob eingetretene Gesundheitsbeeinträchtigungen Dauerschäden darstellen, sowie ob und mit welchem Aufwand die Gesundheitsbeeinträchtigungen beseitigt werden können, ist der beabsichtigte Antrag nicht so allgemein gehalten, dass ein Sachverständiger eigenständig alle denkbaren gesundheitlichen Beeinträchtigungen selbst suchen und begutachten müsste, was tatsächlich als Ausforschung auch im selbständigen Beweisverfahren unzulässig wäre (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 3. Juni 2019 – 12 W 17/19). Im Hinblick auf die in Bezug genommenen Diagnosen des ### und der ### ist der beabsichtigte Antrag dahingehend auszulegen, dass der Antragsteller festgestellt wissen, dass der darin dokumentierte Gesundheitsschaden eines Schädel-Hirn-Traumas mit großen subduralen Hämatomen ohne den körperlichen Angriff des Antragsgegners nicht eingetreten wäre. Der beabsichtigte Antrag zielt danach auf die Feststellung der Kausalität des Verhaltens der Beklagten für die konkret bezeichnete Gesundheitsbeeinträchtigung und damit auf eine zulässige Fragestellung ab. So verstanden handelt es sich um einen nach § 487 Nr. 2 ZPO zulässigen Antrag. Das Beweisersuchen soll zwar im Hinblick auf mit dem Schädel-Hirn-Trauma mögliche weitere im Zusammenhang stehende, bisher nicht bekannte (dauerhafte) Beeinträchtigungen und im Hinblick auf den möglichen Aufwand zur Beseitigung des Personenschadens offen gestellt bleiben. Dies begegnet vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller nicht wissen kann, ob noch weitere, bislang nicht bekannte (dauerhafte) Körperschäden eingetreten sein könnten, indes keinen Bedenken. Bei der Formulierung der Beweisfrage kann – zur Erleichterung der Arbeit des Sachverständigen – auf das von dem Antragsteller konkret behauptete Krankheitsbild Bezug genommen werden nehmen und im Übrigen kann die Beweisfrage offen formuliert werden (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 11. Oktober 2018 – 5 W 20/18).

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).

4. Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 ZPO liegen nicht vor.

Bauprozess: Wann kann der Sachverständige bei und nach Erstellung seines Gutachtens wegen Befangenheit abgelehnt werden?

Bauprozess: Wann kann der Sachverständige bei und nach Erstellung seines Gutachtens wegen Befangenheit abgelehnt werden?

Die absolut erforderliche Unparteilichkeit des Sachverständigen gebietet es, dass sich der Sachverständige während der Zeit der Gutachtenserstattung neutral verhalten muss und dass er an die Beantwortung der Beweisfragen unvoreingenommen und objektiv herangeht. Bereits der durch eine Formulierung verursachte Anschein von Parteilichkeit macht ein Gutachten unbrauchbar, auch wenn es sachlich ohne Mängel ist. Der Sachverständige kann seinen Vergütungsanspruch verlieren, wenn er nach seiner Beauftragung in von ihm zu vertretender Weise nicht auf eine besondere persönliche oder berufliche Nähe zu einer der Prozessparteien und damit seine mögliche Befangenheit in der Sache hinweist (OLG Frankfurt, Beschluss v. 4.5.2017, 18 W 58/17). Hält ein Sachverständiger sich in seiner Vorgehensweise nicht an die Anweisungen des Gerichts, so stellt dies einen möglichen Befangenheitsgrund dar (OLG Bamberg, Beschluss v. 22.9.2022, 8 W24/22). Dies gilt insbesondere, wenn ein Sachverständiger eigenmächtig über die ihm vom Gericht gestellten Beweisfragen hinausgeht. Dabei rechtfertigt nicht jede geringfügige Abweichung von dem gerichtlichen Gutachterauftrag die Annahme der Befangenheit. Die Befürchtung ist aber begründet, wenn sich aus der Abweichung vom Gutachterauftrag eine parteiische Tendenz zugunsten oder zulasten einer Partei ergibt (OLG München, Beschluss v. 5.5.2023, 31 W259/23).

Für die Besorgnis der Befangenheit genügt jede Tatsache, die ein auch nur subjektives Misstrauen einer Partei in die Unparteilichkeit des Sachverständigen vernünftigerweise rechtfertigen kann (BGH NJW 1975, S. 1363; NJW-RR 1987, S. 893; Greger, a. a. O., § 406, Rn. 8). Dies kann der Fall sein, wenn Umstände gegeben sind, die aus der Sicht einer vernünftigen, nüchtern denkenden Partei die Befürchtung rechtfertigen, der Sachverständige habe sich einseitig festgelegt und glaube den Angaben der einen Partei mehr als den Angaben der anderen bzw. halte eine streitige Behauptung zulasten einer Partei für bewiesen (OLG München NJW 1992, S. 1569; OLG Nürnberg VersR 2001, a. a. O.). Gleiches kann gelten, wenn der Sachverständige Beweisthemen umformuliert und substantiierten Vortrag einer Partei gänzlich unberücksichtigt lässt (OLG Bamberg MedR 1993, S. 351; Leipold in Stein/Jonas, ZPO, Kommentar, 22. Aufl., § 406, Rn. 44) oder seinen Gutachtenauftrag eigenmächtig erweitert und dadurch den Eindruck erweckt, er wolle an Stelle des Gerichts festlegen, welche Punkte beweisbedürftig sind (OLG Celle NJW-RR 2003, S. 135; Thüringer OLG FamRZ 2008, S. 284; OLG Köln NJW-RR 1987, S. 1198; Leipold, a. a. O.). Mangel an Sachkunde, Unzulänglichkeiten oder Fehlerhaftigkeiten rechtfertigen für sich allein genommen hingegen nicht die Ablehnung des Sachverständigen wegen Befangenheit, insoweit ist vielmehr der sachliche Gehalt des Gutachtens und dessen Verwertbarkeit betroffen (BGH NJW 2005, S. 1869; GRUR 2012, S. 92; Greger, a. a. O., Rn. 9). Auch das Ausgehen von falschen Grundlagen und/oder die Verkennung des Umfangs des Beweisthemas führen erst dann zu einer Besorgnis der Befangenheit, wenn der Irrtum so schwerwiegend ist, dass er als Anlass für eine vorhandene Voreingenommenheit angesehen werden muss (Ulrich, Der gerichtliche Sachverständige, 12. Aufl., Rn. 224). Schließlich können auch unsachliche Äußerungen des Sachverständigen über eine Partei oder ihren Prozessbevollmächtigten die Besorgnis der Befangenheit begründen (OLG Nürnberg MDR 2012, Seite S. 365; Greger, a. a. O., Rn. 7).

Wann muss die Ablehnung erfolgen?

Wenn der Ablehnungsgrund aus dem Inhalt eines Gutachtens oder einem anderen nach Ernennung des Sachverständigen aufgetretenen Umstand hergeleitet wird, ist für einen zulässigen Ablehnungsantrag erforderlich, dass dieser unverzüglich nach Kenntnis des Ablehnungsgrundes gestellt wird (BGH NJW 2005, S. 1869; OLG Nürnberg VersR 2001, S. 391; Greger in Zöller, ZPO, Kommentar, 32. Aufl., § 406, Rn. 11). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Partei schon aus Gründen der Rechtssicherheit wissen muss, welcher Zeitraum ihr zur Prüfung des Gutachtens in jedweder Hinsicht zur Verfügung steht, weshalb die Frist zur Ablehnung des Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit im allgemeinen gleichzeitig mit der vom Gericht gesetzten Frist zur Stellungnahme nach § 411 Abs. 4 ZPO abläuft, wenn sich die Partei zur Begründung ihres Antrags mit dem Inhalt des Gutachtens auseinandersetzen muss (BGH a. a. O.; OLG Saarbrücken MedR 2007, S. 484; OLG Düsseldorf OLGR 2001, S. 469).

Kann sich der Bauunternehmer auf die Angaben zum Baugrund auch bei der Planung und Ausführung eines Bauwerkes im Rahmen eines von ihm eingebrachten Nebenangebotes oder Sondervorschlages verlassen? Ja, aber nur soweit der “beschriebene Baugrund” die Grundlage der Bauleistung bleibt

Kann sich der Bauunternehmer auf die Angaben zum Baugrund auch bei der Planung und Ausführung eines Bauwerkes im Rahmen eines von ihm eingebrachten Nebenangebotes oder Sondervorschlages verlassen? Ja, aber nur soweit der "beschriebene Baugrund" die Grundlage der Bauleistung bleibt

von Thomas Ax

Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass der Bauherr für die Feststellung der Bodenverhältnisse an der Baustelle verantwortlich ist und die Verpflichtung hat, diese in seiner Ausschreibung hinreichend zu benennen (§ 9 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A).

Es gehört weder zum allgemeinen Aufgabenbereich des (Spezialtief-) Bauunternehmers noch zum Leistungsbild des Tragwerksplaners, Untersuchungen des Baugrundes und der Boden- und Wasserverhältnisse vorzunehmen oder vornehmen zu lassen.

Bei der Risikoverteilung zwischen AG und AN ist, wenn Nebenangebote oder Änderungs- oder Sondervorschläge des AN ausgeführt werden, davon auszugehen, daß für deren Inhalt, insbesondere die technische Gestaltung und praktische Ausführung betreffend, der Bauunternehmer – auch hinsichtlich der Planung – verantwortlich ist.

Der Bauunternehmer kann sich jedoch auf die Angaben zum Baugrund auch bei der Planung und Ausführung eines Bauwerkes im Rahmen eines von ihm eingebrachten Nebenangebotes oder Sondervorschlages verlassen, soweit der “beschriebene Baugrund” die Grundlage der Bauleistung bleibt.

OLG Schleswig, Urteil vom 05.08.1993 – 11 U 197/89

Praxistipp – Unternehmer hat ein vom Auftraggeber zur Verfügung gestelltes Baugrundgutachten zu prüfen

Praxistipp - Unternehmer hat ein vom Auftraggeber zur Verfügung gestelltes Baugrundgutachten zu prüfen

Der Unternehmer hat ein vom Auftraggeber zur Verfügung gestelltes Baugrundgutachten dahin zu prüfen, ob es vollständig und für die Verwirklichung des geschuldeten Leistungserfolgs geeignet ist. Er muss dabei nicht alle Details prüfen. Handelt es sich beim Auftragnehmer um eine “Spezialfirma”, bestehen gesteigerte Anforderungen an die Prüfpflicht etwa dahingehend, ob die Grundlagen des Gutachtens fachlich richtig angenommen wurden.

OLG Jena, Urteil vom 30.04.2002 – 3 U 1144/01

Kurz belichtet – OLG Stuttgart zur “Angstklausel” bei Baugrundgutachten

Kurz belichtet - OLG Stuttgart zur "Angstklausel" bei Baugrundgutachten

Vorbehalte in Baugrundgutachten können allenfalls dann den Bodengutachter vor Schadensersatzansprüchen bewahren, wenn sie nicht allgemein gehalten sind. Insbesondere aber müssen solche Vorbehalte derart deutlich und eindringlich abgefaßt sein, daß sowohl der Bauherr als auch dessen Architekt zu der Überzeugung gelangen können, daß das Gutachten allein – und ohne weitere Zuziehung des Bodengutachters – nur als vorläufig zu betrachten und nicht als Grundlage für die Festlegung einer Tiefbaumaßnahme heranzuziehen ist.

OLG Stuttgart, Urteil vom 21.08.1997 – 13 U 3/96

Kurz belichtet – LG Hamburg: Bodenverhältnisse unklar: Auftragnehmer trägt das Baugrundrisiko

Kurz belichtet - LG Hamburg: Bodenverhältnisse unklar: Auftragnehmer trägt das Baugrundrisiko

1. Es steht den Parteien eines Bauvertrags frei, auch solche Bodeneigenschaften zu vereinbaren, die sich so nicht oder nicht sicher aus den durchgeführten Bohruntersuchungen ableiten lassen.

2. Gerade bei im Einzelnen unbekannten Baugrundverhältnissen, über die nur Vermutungen bestehen, können die Parteien auch einen fiktiven Baugrund vereinbaren, für dessen Bewältigung der Auftragnehmer dann entsprechend kalkulieren muss.

3. Selbst wenn die Bodenverhältnisse nicht eindeutig vereinbart werden, übernimmt der Auftragnehmer das Baugrundrisiko, wenn er bei einer offenkundig und eindeutig unklaren Erkenntnissituation über die Verhältnisse im Boden ein Angebot abgibt.

4. Entsprechen die Bodenverhältnisse dem, was die Parteien in ihrem Vertrag beschrieben haben, steht dem Auftragnehmer kein Anspruch auf Mehrvergütung zu.

LG Hamburg, Urteil vom 30.11.2021 – 304 O 341/19

OLG Frankfurt am Main zu der Frage, dass Kosten für Mehrarbeiten nach § 2 Nr. 5 VOB/B infolge des Auftretens einer sog. Torflinse nicht verlangt werden können, wenn allgemein bekannt ist, dass sich Torf im Boden des Baugebietes befindet und schon der Name des Gebietes auf das Vorhandensein von Torf hindeutet (hier: Hessisches Ried).

OLG Frankfurt am Main zu der Frage, dass Kosten für Mehrarbeiten nach § 2 Nr. 5 VOB/B infolge des Auftretens einer sog. Torflinse nicht verlangt werden können, wenn allgemein bekannt ist, dass sich Torf im Boden des Baugebietes befindet und schon der Name des Gebietes auf das Vorhandensein von Torf hindeutet (hier: Hessisches Ried).

OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 19.08.2019 – 13 U 249/17
Gründe

I.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten in der Hauptsache Ersatz von Mehrkosten, die im Zusammenhang mit einer Bohrlochhavarie stehen sollen.

Gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO wird hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen und der erstinstanzlichen Anträge auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Mit am 10.11.2017 verkündetem Urteil (Bl. 345 ff. d.A.), der Klägerin zugestellt am 13.11.2017, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung führt das Landgericht im Wesentlichen aus, dass nach der Beweisaufnahme nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststehe, dass die Bohrlochhavarie in ursächlichem Zusammenhang mit dem Vorhandensein von organischen Böden gestanden habe. Auch sei zwingend zu berücksichtigen, dass sich die Klägerin als Fachunternehmen vor der Bohrung ausreichend Kenntnis über den Zustand des Bodens hätte verschaffen müssen bzw. die Einholung eines Bodengutachtens hätte fordern müssen oder die Durchführung der Arbeiten so lange hätte zurückstellen müssen, bis die Bodenqualität hinreichend geklärt gewesen sei. Insbesondere im Hinblick auf die lückenhafte Ausschreibung hätte die Klägerin die in unmittelbarer Nähe befindliche Baustelle von X in Augenschein nehmen müssen, nachdem sie sich weitere Erkenntnisse über die Bodenqualität über die Beklagte nicht verschafft habe.

Hiergegen hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 6.12.2017 (Bl. 365 f. d.A.), bei Gericht eingegangen am selben Tag, Berufung eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 12.1.2018 (Bl. 385 ff. d.A.), bei Gericht ebenfalls eingegangen am selben Tag, begründet hat.

Sie trägt vor:

Das Landgericht habe in entscheidungserheblicher Weise und rechtsfehlerhaft die Anforderungen überspannt, die der Bundesgerichtshof an das Beweismaß – das Kriterium für das “Bewiesensein” streitiger Behauptungen – stelle. Nach den Zeugenaussagen bestünden keine vernünftigen Zweifel mehr, dass nur das Durchbohren einer Torflinse Grund für die Havarie gewesen sein könne. Ein weiterer entscheidungserheblicher Rechtsverstoß sei darin zu sehen, dass das Landgericht bei seiner Urteilsfindung auf die Hinzuziehung und Unterstützung durch einen Sachverständigen verzichtet habe. Das Landgericht habe die Rechtslage im Hinblick auf das Baugrundrisiko verkannt. Die Klägerin sei nicht verpflichtet gewesen, etwaige Unklarheiten im Hinblick auf die Bodenqualität – die ohnehin nicht vorgelegen hätten – durch Nachfragen zu beseitigen.

Hinsichtlich des weiteren Inhalts der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz vom 12.1.2018 (Bl. 385 ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 30.003,76 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 9.6.2015 sowie auf die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung 1.474,89 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Auf den Schriftsatz vom 24.1.2018 (Bl. 426 ff. d.A.) wird verwiesen.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Eine mündliche Verhandlung ist auch unter Berücksichtigung von Bedeutung, Umfang und Schwierigkeitsgrad der Sache nicht geboten.

Die Berufung hat – wie es in § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO weiter vorausgesetzt wird – auch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO). Auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 3.7.2019 (Bl. 434 ff. d.A.) wird insofern Bezug genommen.

Auch die schriftsätzliche Stellungnahme der Klägerin vom 8.8.2019 zum Hinweisbeschluss rechtfertigt keine andere Bewertung der Sach- und Rechtslage.

Entgegen der Auffassung der Klägerin lassen sich in dem vorliegenden Einzelfall durchaus Rückschlüsse von dem Gebietscharakter des größeren Areals (“Hessisches Ried”) auf das in Rede stehende Baugrundstück ziehen. Dabei ist es unerheblich, dass in dem Gebiet “Hessisches Ried” nicht bloß eine Bodenart vorherrschend ist. Denn die Annahme, dass in dem streitgegenständlichen Gebiet grundsätzlich an jedem Ort mit dem Auftreten von Torflinsen zu rechnen ist, steht in keinem Zusammenhang damit, ob in dem Gebiet beispielsweise die Bodenart “Sand” oder die Bodenart “Ton/Lehm” vorherrschend ist. Im Übrigen ist allgemein bekannt, dass Torflinsen grundsätzlich in jeder der von der Klägerin im Schriftsatz vom 8.8.2019 auf Seite 2 genannten Bodenart (Bl. 463 d.A.) auftreten können. Anders als die Klägerin meint (vgl. Bl. 464 d.A.), hat der Senat auch nicht bloß auf die sprachliche Bezeichnung des Gebiets “Hessisches Ried” abgestellt, um zu begründen, warum die Klägerin mit dem Auftreten von Torflinsen hat rechnen müssen. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf S. 3 f. des Hinweisbeschlusses vom 3.7.2019 verwiesen (Bl. 441 f. d.A.).

Soweit die Klägerin weiter darauf hinweist, dass in den von ihr vorgelegten Ausschnitten geologischer Karten die Bodenart “Torf” nicht ausgewiesen sei, verfängt dies nicht. Denn Torflinsen treten regelmäßig punktuell und kleinflächig zwischen Ton- und Sandschichten in unterschiedlichen Stärken auf. Mit dieser Annahme steht im Einklang, dass auch der Klägervertreter sowohl in der ersten Instanz als auch in der Berufungsinstanz darauf hingewiesen hat, dass auch ein Bodengutachten nicht zwangsläufig das konkrete Vorhandensein und die genaue Position von Torflinsen in dem Gebiet, auf dem das Bauvorhaben durchgeführt werden sollte, ausgewiesen hätte (vgl. Protokoll vom 27.9.2016, Bl. 189 d.A., sowie S. 11 f. der Berufungsbegründung [= Bl. 395 f. d.A.]).

Entgegen der Auffassung der Klägerin waren die Ausführungen des Senats im Hinweisbeschluss vom 3.7.2019 nicht dahingehend zu verstehen, dass aus der Angabe der Bodenklassen 3-5 im Leistungsverzeichnis bei der Position “Erdarbeiten” positiv der Schluss zu ziehen war, dass (auch) bei den Bohrarbeiten mit dem Auftreten dieser Bodenklassen – insbesondere mit Torf – zu rechnen war. Der Senat hat vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass der Umstand, dass bei der Position “Erdarbeiten” bestimmte Bodenklassen angegeben waren, jedoch entsprechende Angaben bei der Position “Bohrarbeiten” fehlen, nicht in dem Sinne zu verstehen war, dass potentielle Bieter davon ausgehen durften, bei den ausgeschriebenen Bohrarbeiten gerade nicht auf Bodenarten zu treffen, die den Bodenklassen 3-5 nach DIN 18300 entsprechen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils und dieses Beschlusses beruht auf §§ 708 Nr. 10 S. 2 ZPO. Die Anordnung der Abwendungsbefugnis ergibt sich aus §§ 711, 709 Satz 2 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren ergibt sich aus §§ 47 Abs. 1 GKG, 3 ZPO.

Vorausgegangen ist unter dem 03.07.2019 folgender Hinweis (die Red.):

In dem Rechtsstreit

…wird darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung der Klägerin durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Nach Vornahme der gemäß § 522 Abs. 1 und 2 ZPO gebotenen Prüfungen ist der Senat einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und auch eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Die Sache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil.

Die angefochtene Entscheidung ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Ihre Rügen gegen das angefochtene Urteil erweisen sich als im Ergebnis nicht durchgreifend.

1. Ein Anspruch auf Ersatz von Mehrkosten, die im Zusammenhang mit der Bohrlochhavarie stehen, ergibt sich nicht aus § 2 Nr. 5 VOB/B. Dabei kann dahinstehen, ob es deshalb zu einer Havarie des Bohrlochs kam, weil eine Torflinse durchbohrt wurde mit der Folge, dass die in der Torflinse enthaltene Huminsäure die Bohrsuspension zerstörte. Denn ein Boden, bei dem mit dem Auftreten von Torflinsen zu rechnen ist, war Gegenstand der Ausschreibung und der Vergütungsvereinbarung.

Da die vertraglichen Vereinbarungen, die die Bohrarbeiten betreffen, keine konkreten Abreden zu der Bodenqualität beinhalten, ist der zwischen den Parteien geschlossene Bauvertrag unter Berücksichtigung der §§ 133, 157 BGB auszulegen um zu ermitteln, ob das Vorhandensein eines Bodens, bei dem mit dem Auftreten von Torflinsen zu rechnen ist, von der Vergütungsabrede des Bauvertrags erfasst ist. Bei der Auslegung ist das gesamte Vertragswerk zugrunde zu legen, wozu bei einer öffentlichen Ausschreibung auch die VOB/B gehört. Danach werden durch die vereinbarten Preise alle Leistungen abgegolten, die nach der Leistungsbeschreibung, den verschiedenen Vertragsbedingungen und der gewerblichen Verkehrssitte zu den vertraglichen Leistungen gehören, § 2 Nr. 1 VOB/B. Bei einer öffentlichen Ausschreibung kommt dem Wortlaut der Leistungsbeschreibung vergleichsweise große Bedeutung zu. Wie diese zu verstehen ist, hängt vom Empfängerhorizont ab. Maßgeblich ist insoweit bei Ausschreibungen nach der VOB/A der objektive Empfängerhorizont der potentiellen Bieter, wobei es auf den verständigen und sachkundigen Bieter ankommt. Die Auslegung hat zu berücksichtigen, dass der Bieter grundsätzlich eine mit den Ausschreibungsgrundsätzen der öffentlichen Hand konforme Ausschreibung erwarten darf. Deshalb darf der Bieter die Leistungsbeschreibung einer öffentlichen Ausschreibung nach der VOB/A im Zweifelsfall so verstehen, dass der Auftraggeber den Anforderungen der VOB/A an die Ausschreibung entsprechen will (BGH, Urteil vom 22.12.2011 – VII ZR 67/11 m.w.N.; OLG Zweibrücken, Urteil vom 21.5.2015 – 4 U 101/13; vgl. auch BGH, Urteil vom 13.3.2008 – VII ZR 194/06; Urteil vom 12.9.2013, VII ZR 227/11; OLG Düsseldorf, Urteil vom 4.2.2014 – I-23 U 23/13; OLG Koblenz, Urteil vom 6.11.2014 – 6 U 245/14). Nach den in § 7 Abs. 1 VOB/A geregelten Anforderungen ist die Leistung eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben, dass alle Bewerber die Beschreibung in gleichem Sinne verstehen müssen und ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten berechnen können. Dem Auftragnehmer darf kein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet werden für Umstände und Ereignisse, auf die er keinen Einfluss hat und deren Einwirkung auf die Preise und Fristen er nicht im Voraus abschätzen kann. Danach sind die für die Ausführung der Leistung wesentlichen Verhältnisse der Baustelle, wie etwa die Bodenverhältnisse, so zu beschreiben, dass der Bewerber ihre Auswirkungen auf die bauliche Anlage und die Bauausführung hinreichend beurteilen kann.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Senat nach der gebotenen Auslegung der Auffassung, dass das Vorhandensein eines Bodens, bei dem mit dem Auftreten von Torflinsen zu rechnen ist, von der Vergütungsabrede des Bauvertrags erfasst ist. Zwar enthält das Leistungsverzeichnis über die Wasserleitungserneuerung K67 vom 23.12.2014 unter Position 7 “Bohrarbeiten” keine Angaben zu den Bodenverhältnissen, was der Grund dafür gewesen sein dürfte, dass die Parteien das Leistungsverzeichnis übereinstimmend als lückenhaft bezeichnet haben (vgl. Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 27.9.2016, Bl. 189 d.A.). Doch führt der Umstand, dass das Leistungsverzeichnis formell nicht den Anforderungen entsprochen haben mag, die § 7 Abs. 1 VOB/A an eine Leistungsbeschreibung stellt, nicht dazu, dass damit sämtliche Bodenverhältnisse, die von den von der Klägerin angenommenen Bodenverhältnissen (Sand und Lehm, vgl. Bl. 3 d.A.) abweichen, als nicht von der Vergütungsvereinbarung erfasst anzusehen wären. Denn es bedarf nicht in jedem Fall einer ausdrücklichen Beschreibung eines jeden Leistungsdetails, um eine den Anforderungen des § 7 VOB/A entsprechende Ausschreibung annehmen zu können. Ergibt sich nämlich aus der Leistungsbeschreibung unter Berücksichtigung aller dem Vertrag zu Grunde liegender Umstände klar und eindeutig, dass ein bestimmtes Leistungsdetail Gegenstand der Vergütungsvereinbarung ist, bedarf es seiner weiteren Erwähnung im Vertrag grundsätzlich nicht (vgl. BGH, Urteil vom 22.12.2011 – VII ZR 67/11). So kann die ausdrückliche Angabe von bestimmten Bodenverhältnissen dann unterbleiben, wenn sich diese aus den gesamten Vertragsumständen klar ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 22.12.2011 – VII ZR 67/11; Urteil vom 21.3.2013 – VII ZR 122/11, Rn. 20; OLG Zweibrücken, Urteil vom 21.05.2015 – 4 U 101/13; BeckOK-VOB/B/Kandel, 35. Ed. Stand: 31.1.2019, § 2 Abs. 5 Rn. 30).

So liegt der Fall hier: Die streitgegenständlichen Bohrarbeiten sollten in einem Gebiet stattfinden, bei dem allgemein bekannt ist, dass sich Torf im Boden befindet. Bereits der Name des Gebiets, in dem die ausgeschriebenen Bohrarbeiten stattfinden sollten (“Hessisches Ried”), deutet auf das Vorhandensein von Torf hin wie im Übrigen auch der Name der Auftraggeberin. So lässt sich der Begriff “Ried” nach dem Duden (Online-Ausgabe) u.a. als mit Ried bewachsenes, mooriges Gebiet – also ein Gebiet, in dem Torf vorhanden sein kann, da Torf im Moor gebildet wird – verstehen. In zahlreichen Internetartikeln werden die Begriffe “Torf” bzw. “Moor” und “Hessisches Ried” gemeinsam verwandt. Eine Suchanfrage über die Suchmaschine “Google” unter Verwendung der Begriffe “Hessisches Ried” und “Torf” ergibt rund 175 Treffer, während eine Suche mit den Begriffen “Hessisches Ried” und “Moor” sogar 1.120 Treffer ergibt. Auch ist zu berücksichtigen, dass sich nicht weit von dem Gebiet, in dem die ausgeschriebenen Bohrarbeiten stattfinden sollten, ein großes Moorgebiet befindet: Das rund 97 Hektar große Naturschutzgebiet “Pfungstädter Moor” ist keine 10 Kilometer von Stadtteil1 entfernt.

Die Annahme des Senats, dass die Bohrarbeiten in einem Gebiet stattfinden sollten, in dem allgemein bekannt ist, dass sich Torf im Boden befindet, wird auch durch den Zeugen C bestätigt. Denn der Zeuge C hat ausgesagt, dass man nach der Havarie mit Anwohnern gesprochen habe, die darauf hingewiesen hätten, dass sich Torf im Boden befindet (vgl. Bl. 226 d.A.). Auch hieraus ergibt sich, dass die Bodenverhältnisse der Allgemeinheit und nicht bloß interessierten Fachleuten bekannt waren.

Unter Berücksichtigung all dieser Umstände musste einem verständigen und sachkundigen Bieter klar sein, dass bei den ausgeschriebenen Bohrarbeiten regelmäßig mit dem Auftreten von Torf – auch in Form von Torflinsen – zu rechnen ist.

Bei dieser Sachlage kann sich die Klägerin auch nicht erfolgreich darauf berufen, dass in dem Leistungsverzeichnis lediglich auf das Erschwernis “anstehendes Grundwasser” (Position 7.1.40) hingewiesen wird.

Dass in dem Leistungsverzeichnis bei der Position “Erdarbeiten” die Bodenklassen 3-5 nach DIN 18300 besonders erwähnt werden, ändert hieran nichts. Ein verständiger und sachkundiger Bieter darf aus der ausdrücklichen Angabe der Bodenklassen 3-5 nach DIN 18300 bei der Position “Erdarbeiten” und dem Fehlen entsprechender Angaben bei der Position “Bohrarbeiten” nicht den Schluss ziehen, dass bei den Bohrarbeiten nicht mit solchen Bodenverhältnissen zu rechnen ist und das Vorhandensein eines Bodens, bei dem mit dem Auftreten von Torflinsen zu rechnen ist, nicht von der Vergütungsabrede erfasst sein soll. Denn die Erd- und die Bohrarbeiten sollten in unmittelbarer räumlicher Nähe ausgeführt werden (vgl. in diesem Zusammenhang auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.3.2015 – I-21 U 136/14, Rn. 89f.)

Bei der Auslegung des Bauvertrags im Hinblick auf die Frage, ob ein Boden, bei dem mit dem Auftreten von Torflinsen zu rechnen ist, Gegenstand der Ausschreibung und der Vergütungsvereinbarung war, bedurfte es auch keiner besonderen, dem Gericht nur durch einen Sachverständigen zu vermittelnden Sachkunde, zumal – wie dargestellt – allgemein bekannt ist, dass sich in dem in Rede stehenden Gebiet Torf im Boden befindet.

2. Schließlich ergibt sich ein Anspruch auf Ersatz von Mehrkosten, die im Zusammenhang mit der Bohrlochhavarie stehen, auch nicht aus sonstigen Anspruchsgrundlagen wie etwa §§ 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB.

Der Klägerin bleibt nachgelassen, zum beabsichtigten Vorgehen binnen zwei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.

Es wird darauf hingewiesen, dass bei Rücknahme der Berufung Gerichtsgebühren in nicht unerheblicher Höhe vermieden werden können (zwei statt vier Gerichtsgebühren).

Es ist beabsichtigt, den Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren auf 30.003,76 € festzusetzen.

Kurz belichtet – Zum Baugrundrisiko bei abweichenden Bodenverhältnissen und zur Übertragung des Baugrundrisikos durch Vertrag auf den Auftragnehmer

Kurz belichtet - Zum Baugrundrisiko bei abweichenden Bodenverhältnissen und zur Übertragung des Baugrundrisikos durch Vertrag auf den Auftragnehmer

von Thomas Ax

Das OLG Jena hat mit Urteil vom 25. Mai 2010 – 5 U 622/09 – (www.ibr-online.de), das wegen Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch den BGH am 12. Juli 2012 rechtskräftig geworden ist, Folgendes entschieden:

1. Grundsätzlich trägt der Auftraggeber das Baugrundrisiko, weil es sich beim Baugrund um einen von ihm zur Verfügung zu stellenden Stoff handelt. Das Baugrundrisiko kann durch Vertrag wirksam auf den Auftragnehmer übertragen werden. Die Übertragung des Baugrundrisikos in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Auftraggebers ist nur dann unwirksam, wenn dem Auftragnehmer dadurch Ansprüche abgeschnitten werden, die sich durch Erschwernisse ergeben, die erst nach Abgabe des Angebotes erkennbar werden.

2. Wird das Baugrundrisiko auf den Auftragnehmer übertragen und trifft das Baugrundgutachten keine Aussage zu den Bodenverhältnissen am Standort eines vom Auftragnehmer selbst örtlich zu bestimmenden Traggerüsts, trägt der Auftragnehmer das Risiko, dass die tatsächlichen von den erwarteten Bodenverhältnissen abweichen. In einem solchen Fall muss der Auftragnehmer eigene Baugrunduntersuchungen veranlassen.

Das Baugrundrisiko trage gemäß §§ 644 f. BGB grundsätzlich der Auftraggeber, da es sich beim Baugrund um den von ihm zur Verfügung zu stellenden Stoff handele. Gleichwohl trage der AG das Baugrundrisiko für das Traggerüst in diesem Falle nicht, da es durch Vereinbarung der ZTV-ING und der ZTV-K vertraglich wirksam auf den AN übertragen worden sei. Das Baugrundgutachten treffe hier keine Aussage zum Baugrund des vom AN selbst örtlich zu bestimmenden Traggerüsts. Da eine solche für das Traggerüst bei Einhalten der DIN 4020 notwendig gewesen sei, könne das Baugrundgutachten insoweit keine vertragsgemäße Vorgabe des AG darstellen. Die vom AN vorgenommene Interpolation der Baugrundkennwerte (Errechnung der Baugrundverhältnisse zwischen den Widerlagern der Brücke) könne nur hilfsweise herangezogen werden, ersetze aber keine Begutachtung des Standorts des Traggerüsts. Diese Begutachtung habe der AN jedoch unterlassen. Das dem Auftrag zugrunde liegende Baugrundgutachten beziehe sich eindeutig nur auf das Bauwerk Brücke, zu deren Gründung es Aussagen treffe, nicht jedoch auf die Bodenverhältnisse des Traggerüstes. Hinzu komme, dass der tatsächlich vorgefundene Zustand nach den Sachverstän­digen-Feststellungen nicht überraschend gewesen sei. Nach Aussage des Sachverständigen hätte ein Fachmann das Risiko einer Baugrundabweichung bei bloßer Ortsbesichtigung oder anhand der Schilderung des Baugrundgutachtens erkennen können. Insoweit habe sich hier der AN nicht auf „normale Baugrundverhältnisse“ verlassen dürfen.

Zur Leistungspflicht erhobene Bodenverhältnisse stellen sich anders anders dar: ist die Anordnung des Auftraggebers, die Leistung trotz der veränderten Umstände zu erbringen, eine Änderung des Bauentwurfs mit der Folge, dass ein neuer Preis nach Maßgabe des § 2 Nr. 5 VOB/B zu bilden ist? Ja!

Zur Leistungspflicht erhobene Bodenverhältnisse stellen sich anders anders dar: ist die Anordnung des Auftraggebers, die Leistung trotz der veränderten Umstände zu erbringen, eine Änderung des Bauentwurfs mit der Folge, dass ein neuer Preis nach Maßgabe des § 2 Nr. 5 VOB/B zu bilden ist? Ja!

von Thomas Ax

Stellen sich die zur Leistungspflicht erhobenen Bodenverhältnisse anders dar, so ist die Anordnung des Auftraggebers, die Leistung trotz der veränderten Umstände zu erbringen, eine Änderung des Bauentwurfs im Sinne des § 1 Nr. 3 VOB/B mit der Folge, dass ein neuer Preis nach Maßgabe des § 2 Nr. 5 VOB/B zu bilden ist.

Liegen einer Ausschreibung Baugrundgutachten bei, so ist es möglich, dass die darin dargestellten Bodenverhältnisse zur vertraglich geschuldeten Leistungsverpflichtung erhoben werden. Ob und inwieweit dies gegeben ist, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände durch eine am objektiven Empfängerhorizont orientierte Auslegung der Vereinbarung zur Bauleistung zu beurteilen. Ein gewichtiger Gesichtspunkt ist dabei, inwieweit die Bodenverhältnisse für die Leistung des Auftragnehmers und damit auch für die Kalkulation seines Preises erheblich sind. Ist dies der Fall, wird regelmäßig davon auszugehen sein, dass die beschriebenen Bodenverhältnisse zum Leistungsinhalt erhoben werden sollen.

Dabei kann auch von Bedeutung sein, ob das Baugrundgutachten im Hinblick auf die ursprünglich ausgeschriebene Leistung und den dann geschlossenen Vertrag oder im Hinblick auf Vertragsänderungen oder Nachträge erstellt worden ist. Stellen sich die zur Leistungspflicht erhobenen Bodenverhältnisse anders dar, so ist die Anordnung des Auftraggebers, die Leistung trotz der veränderten Umstände zu erbringen, eine Änderung des Bauentwurfs im Sinne des § 1 Nr. 3 VOB/B mit der Folge, dass ein neuer Preis nach Maßgabe des § 2 Nr. 5 VOB/B zu bilden ist.

Sind von den Parteien bestimmte Bodenverhältnisse zum Inhalt des Vertrages gemacht worden, so kann man nicht davon ausgehen, dass die von dem AN abgegebenen Erklärungen zur Übernahme von Mehrkosten auch für den Fall gelten, dass andere Bodenverhältnisse angetroffen werden. Denn die Bodenverhältnisse waren erkennbar ein entscheidender Umstand für die Wahl des Herstellverfahrens und die Festlegung der Herstellparameter. Waren bestimmte, für das Herstellverfahren relevante Bodenverhältnisse Inhalt des Vertrages, so liegt es fern, dass der AN mit seinen Erklärungen das Risiko abweichender Bodenverhältnisse hat mit übernehmen wollen. Ein Unternehmer ist zwar nicht gehindert, mit dem Bauvertrag ihm unbekannte Risiken zu übernehmen (vgl. BGH, Urteil vom 13. März 2008 – VII ZR 194/06, BGHZ 176, 23, 29; Kuffer, NZBau 2006, 1, 6). Jedoch sind an eine Risikoübernahme, die unbekannte Bodenverhältnisse betrifft, jedenfalls dann strenge Anforderungen zu stellen, wenn sie die Baukosten erheblich beeinflussen können (vgl. BGH, Urteil vom 13. März 2008 – VII ZR 194/06, aaO). Wurden Angaben in Bodengutachten zum Inhalt des Vertrages erhoben, liegt es nahe, dass die sonstigen Erklärungen des AN auf diesen Bodengutachten aufbauen. Es liegt dann auch ein Verständnis der von der Klägerin abgegebenen Erklärungen nahe, dass lediglich diejenigen Veränderungen der Herstellparameter gemeint sind, die sich aus der Erprobung bei unveränderten Bodenverhältnissen ergeben.

Mit der funktional beschriebenen Leistung liegt die Wahl der Herstellparameter allein bei dem AN. Er trägt – abgesehen von den Risiken aus einer Veränderung des möglicherweise zum Vertragsinhalt erhobenen Baugrundes – alle Risiken dieser Wahl, auch das Risiko von Mehrkosten infolge einer Veränderung seiner die Herstellungsart betreffenden Entscheidung. Der AG hat vernünftigerweise kein Interesse daran, ihm dieses Risiko abzunehmen. Dabei muss auch berücksichtigt werden, dass der AN das Verfahren anbietet und den technischen Sachverstand dafür in Anspruch nimmt (vgl. dazu Englert/Schneeweiß, aaO, S. 298). Es besteht kein Anhaltspunkt für die Annahme, der AG hat das Risiko erforderlich werdender Systemanpassungen übernehmen wollen. Etwas anderes gilt für solche Änderungen, die sich aus der Änderung vertraglich vereinbarter Bodenverhältnisse ergeben.

BGH, Urteil vom 20.08.2009 – VII ZR 205/07