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OLG Oldenburg, Beschluss vom 17.07.2023 – 12 U 214/19 zur Abnahme ohne Vorbehalt

OLG Oldenburg, Beschluss vom 17.07.2023 - 12 U 214/19 zur Abnahme ohne Vorbehalt

1. Nimmt der Auftraggeber die Leistung ohne Vorbehalt ab, hat das u. a. zur Folge, dass er in Bezug auf eine von ihm in der Folgezeit behauptete Mangelhaftigkeit der Leistung darlegungs- und beweisbelastet ist.
2. Für die Beurteilung, ob die Leistung mangelhaft ist, kommt es grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Abnahme an. Die Mangelhaftigkeit der Leistung kann nicht allein mit einem nach der Abnahme eingetretenen Zustand begründet werden.
OLG Oldenburg, Beschluss vom 17.07.2023 – 12 U 214/19

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um einen Werklohnanspruch der Klägerin und von den Beklagten widerklagend geltend gemachte Mängelbeseitigungsansprüche aus einem Bauvorhaben in Ort1.

Die Kläger haben die Beklagte auf der Grundlage eines Angebots vom 14.09.2006 im Herbst 2006 mit der schlüsselfertigen Errichtung eines Holzrahmenhauses als Anbau am bestehenden Altbau auf dem Grundstück Straße1 in Ort1 beauftragt. Von dem Auftrag ausgenommen waren die Gewerke Fenster, Rollläden, Balkon- und Haustür, die von den Beklagten selbst beauftragt wurden. Hinsichtlich des Gewerks Wohnraumbelüftung wurde auf Wunsch der Beklagten die schon zuvor an dem Objekt tätige Fa. FF beauftragt. Wegen der Einzelheiten des Auftragsumfangs wird auf das Angebot und die Auftragsbestätigung jeweils vom 14.09.2006 Bezug genommen. Während der Bauarbeiten kam es zu Unstimmigkeiten der Parteien, aufgrund derer die Beklagten den Privatgutachter GG mit einer baubegleitenden Qualitätssicherung beauftragten und die Klägerin nachfolgend den Privatgutachter HH hinzuzog. Das Bauvorhaben wurde im Juli 2007 fertiggestellt und im August 2007 von den Beklagten bezogen. Die Klägerin erteilte unter dem 27.08.2007 ihre Schlussrechnung. Aus dieser und einer vorherigen Abschlagsrechnung wurde ein Gesamtbetrag von 32.739,50 Euro von den Beklagten nicht beglichen. Im Rahmen einer Baubegehung am 14.01.2008 haben die Beklagten die Leistung der Klägerin vorbehaltlich der (später erfolgten) Beseitigung kleinerer Mängel und mit Ausnahme der Be- und Entlüftungsanlage abgenommen. In Bezug auf die Be- und Entlüftungsanlage wurde die Abnahme “zurückgestellt, bis eine Bestätigung der Firma JJ beigebracht wird, welche die ordnungsgemäße Funktion der Anlage bestätigt”. Am 26.06.2008 erfolgte eine Überprüfung der Be- und Entlüftungsanlage durch einen Monteur der (Hersteller-)Firma JJ. Nach dem hierüber gefertigten Protokoll gab es dabei einige (später behobene) Beanstandungen, abschließend heißt es dann, dass die Anlage mängelfrei und ohne Vorbehalte übergeben wurde. Eine ausdrückliche Abnahme der Be- und Entlüftungsanlage wurde von den Beklagten in der Folgezeit weiterhin abgelehnt. Bereits am 31.07.2007 war an dem Gebäude von dem klägerseitig beauftragten Gutachter HH ein Blower-Door-Test (Luftdichtemessung) durchgeführt worden, bei dem ein unter dem Grenzwert n-50 von 1,5 h liegender Mittelwert n-50 von 1,0 h (bereinigt: 1,1 bis 1,2 h) ermittelt und von dem ebenfalls anwesenden Gutachter GG der Beklagten bestätigt wurde. Eine weitere klägerseitige Zahlungsaufforderung vom 01.09.2008 blieb erfolglos.

Die Klägerin leitete daraufhin unter dem 12.06.2009 ein selbständiges Beweisverfahren ein, mit dem Ziel, die Funktionstüchtigkeit und Mangelfreiheit der Wohnraumbe- und Entlüftungsanlage im Gebäude der Beklagten festzustellen. In dem vor dem Landgericht Osnabrück zum Az. 7 OH 52/09 geführten Verfahren wurde von den beauftragten Sachverständigen keine die Funktion der Anlage beeinträchtigenden Mängel festgestellt. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf das Gutachten des Sachverständigen KK vom 05.08.2010 nebst Ergänzungsgutachten vom 09.05.2011 sowie das Protokoll der Anhörung des Sachverständigen KK und der hinzugezogenen Gutachter LL und MM vom 13.09.2011 Bezug genommen.

Die Klägerin hat schließlich unter dem 23.12.2010 den restlichen Werklohn in Höhe von 32.739,50 Euro gerichtlich geltend gemacht. Sie hat vorgetragen, dass die Beklagten die Abnahme der Be- und Entlüftungsanlage zu Unrecht verweigert hätten und daher (auch insoweit) die Abnahmewirkung eingetreten sei. Entgegen der Darstellung der Beklagten seien in Bezug auf das Objekt weder eine besondere Luftdichtigkeit noch erhöhte Schallschutzwerte vereinbart gewesen. Soweit im selbständigen Beweisverfahren und bei weiteren Messungen der zulässige Luftdichtigkeitswert von 1,5 h nicht eingehalten wurde, sei dies auf von den Beklagten selbst zu verantwortende Leckagen u.a. im Bereich der Fenster, Rollläden und Türen sowie auf bauliche Veränderungen nach Herstellung des Gebäudes zurückzuführen. Etwaige weitere Mängel an dem Haus und der Be- und Entlüftungsanlage, die seitens der Beklagten im Laufe des Verfahrens (z.T. sukzessive) vorgebracht wurden, lägen nicht vor. Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten und haben die Ansicht vertreten, dass die Abnahme der Be- und Entlüftungsanlage wegen bestehender Mängel zu Recht verweigert worden sei. Die Anlage sei mit diversen konstruktionsbedingten Mängeln behaftet, zudem seien falsche Lüftungsrohre verwendet und diese zudem vielfach falsch verlegt worden. Darüber hinaus sei die Werkleistung der Klägerin auch mit zahlreichen weiteren Mängeln behaftet. Es sei vereinbart gewesen, dass das Gebäude in Bezug auf Luftdichtigkeit und Schallschutz höchsten Anforderungen genügen sollte. Tatsächlich sei die luftdichte Hülle des Gebäudes von der Klägerin nicht ordnungsgemäß hergestellt worden, so dass (selbst) der sich aus den diesbezüglichen Regelwerken ergebende Grenzwert von 1,5 h überschritten sei. Etwaige Eingriffe der Beklagten in die Gebäudehülle seien insoweit nicht erfolgt bzw. nicht schadensursächlich. Wegen der im Einzelnen von den Beklagten gerügten Mängel der Werkleistung, insbesondere Bezug auf die Luftdichtigkeit und die Be- und Entlüftungsanlage wird auf die Auflistungen und die Ausführungen in den Schriftsätzen der Beklagten vom 23.01.2013 und 08.12.2016 verwiesen. Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, dass die Kosten einer Beseitigung der aufgelisteten Mängel die Klageforderung übersteigen und haben sich insoweit auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen. Darüber hinaus haben sie im Wege der Widerklage die Beseitigung der aufgelisteten Mängel geltend gemacht.

Das Landgericht hat die Beklagten nach umfangreicher Beweisaufnahme zum Ausgleich der geltend gemachten Klageforderung, dabei in Höhe eines Betrages von 700,00 Euro Zug um Zug gegen Reparatur eines Duschkopfes im Elternbad, verurteilt und die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Abnahme der Be- und Entlüftungsanlage von den Beklagten zu Unrecht verweigert worden und damit die Abnahmewirkungen eingetreten seien. Letztlich könne die Frage der Beweislast für etwaige diesbezügliche Mängel allerdings dahinstehen, da die Anlage nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht mangelhaft sei. Ein Mangel der Werkleistung der Klägerin könne auch hinsichtlich der Luftdichtigkeit des Gebäudes nicht festgestellt werden. Die Vereinbarung einer erhöhten Luftdichtigkeit sei von den Beklagten nicht bewiesen worden und dass die im Verfahren festgestellte Überschreitung des allgemeinen Grenzwertes von 1,5 h auf fehlerhafte Leistungen der Klägerin zurückzuführen sei, lasse sich zu Lasten der beweisbelasteten Beklagten nicht mit der gebotenen Sicherheit feststellen. Bis auf den wackelnden Duschkopf im Elternbad seien schließlich auch die weiteren Mängelrügen der Beklagten nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht begründet.

Gegen das Urteil wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung. Sie stützen ihren Klageabweisungsantrag dabei nur noch auf die Überschreitung des Luftdichtigkeitswertes bei dem Gebäude und beantragen hilfsweise, die behaupteten Mängel an der Be- und Entlüftungsanlage sowie die Kosten der Beseitigung dieser Mängel festzustellen, wobei sie hinsichtlich der noch verfahrensgegenständlichen Mängel ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholen und vertiefen.

Die Beklagten beantragen,

das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 04.10.2019 abzuändern und

1. die Klage abzuweisen.

2. die Klägerin zu verurteilen, folgende an dem Wohnhaus der Beklagten in Ort1, Straße1 bestehenden Mängel zu beseitigen:

– Die Gebäudehülle verfügt nicht über eine ordnungsgemäße Luftdichte Gebäudehülle. Der zulässige n50-Wert ist überschritten.

Hilfsweise wird beantragt:

– die Klägerin zu verurteilen, die luftdichte Gebäudehülle des Hauses Straße1 so herzustellen, dass der zulässige n50-Wert von 1,5 nicht überschritten wird.

– Die Belüftungsanlage ist insofern mangelhaft, als die Leitungsrohre nicht so verlegt sind, dass die Leitungslängen möglichst kurz sind. Vielmehr sind diverse Abbiegungen und Ecke vorhanden.

– Die Kanalrohrlängen ab Verteiler sind nicht angeglichen, die Zuleitung zum Verteiler im Dachgeschoss beträgt mindestens 15 m, die Zuleitung zum Verteiler im Erdgeschoss mindestens 20 m. Die maximalen Leitungslängen der Rohre sind vielfach überschritten, darüber hinaus wurden die Kanäle mit vielen engen, teilweise vermeidbaren 90 Grad Bögen verlegt. Dies führt dazu, dass die technisch möglichen Luftmengen an den Luftaus- und -einlässen weit unterschritten werden.

– Es existiert eine Abluftleitung in der Küche nach der Kochstelle über 15 m Länge.

– Im Elternschlafzimmer existiert eine Zuluftleitung mit circa 13 m Länge und scharfen Bögen, was zu einer zu großen Leitungslänge führt.

– Lufteinlässe und Luftauslässe sind jeweils mit PK 100 Leitungen verbunden. Infolgedessen kann die Lüftungsanlage die nötigen Luftmengen nicht transportieren, die Lüftungsanlage muss erheblichen und unwirtschaftlichen Druck aufbauen und mehr elektrische Energie verbrauchen, als erforderlich bei mangelfreier Ausführung.

Festzustellen, dass die Klägerin verpflichtet ist, den Beklagten alle Kosten zu ersetzen, die ihnen daraus entstanden sind und noch entstehen werden, dass die im Berufungsantrag genannten Mängel vorhanden sind.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Klägerin tritt der Berufung nach Maßgabe seiner Erwiderung entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf das angefochtene Urteil und die gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

II.

Der Senat weist die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Beschluss zurück, weil sie offensichtlich unbegründet ist. Zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 08.06.2020 Bezug genommen (§ 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO). Die weiteren Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 15.07.2020 geben keinen Anlass zu einer abweichenden Entscheidung. Die Beklagten wiederholen im Wesentlichen nur ihre rechtlichen Ausführungen zur Frage einer gesamtschuldnerischen Haftung und zur Symptomtheorie des Bundesgerichtshofes. Hiermit hat sich der Senat im genannten Hinweisbeschluss bereits hinreichend auseinandergesetzt. Für eine gesamtschuldnerische Haftung unter Beteiligung der Klägerin ist, da deren Haftung für die behauptete Undichtigkeit des Gebäudes nicht bewiesen wurde, kein Raum. Die Symptom-Rechtsprechung betrifft schließlich die Anforderungen an die Darlegung und Bezeichnung eines behaupteten Mangels, nicht jedoch die (hier relevante) Frage der Beweisbarkeit. Soweit die Beklagten weiterhin behaupten, die im Gebäude eingebaute Be- und Entlüftungsanlage sei wegen zu großer Leitungsdurchmesser, zu langer Leitungen und der Verlegeart (Zahl der Biegungen und Bögen) mangelhaft, wird auf das im angefochtenen Urteil und im Hinweisbeschluss eingehend beschriebene – abweichende – erstinstanzliche Beweisergebnis verwiesen.

Soweit die Beklagten erstmals mit dem Schriftsatz vom 15.7.2020 behaupten, die Vorgaben der Montageanleitung seien nicht eingehalten worden, ist dies gem. § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr zuzulassen. Gleiches gilt für die weiteren Beweisantritte in diesem Schriftsatz. Im Ergebnis kommt es allerdings nicht darauf an, ob von der Montageanleitung abgewichen wurde und ob den Beklagten im Juli 2020 mitgeteilt wurde, dass die Abweichungen von der Montageanleitung (Leitungslängen, Bögen, Dimensionierung der Lüftungskanäle) dazu führen könnten, dass zu wenig Luft im Gebäude ankomme und verteilt werde. Die Einhaltung der Montageanleitung ist kein Selbstzweck, sondern kann nur dann zu einem Mangel führen, wenn die Anlage nicht die erforderlichen Lüftungsleistungen erbringt. Das ist hier nicht der Fall. Der Sachverständige NN hat die Leistungsfähigkeit der Anlage überprüft und festgestellt, dass sie eindeutig in der Lage ist, eine ordngungsgemäße Be- und Entlüftung des Gebäudes zu gewährleisten.

Die Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 97 Abs. 1ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

OLG Stuttgart, Beschluss vom 27.01.2023 – 13 U 214/21 zur Begründung des Abrechnungsverhältnisses

OLG Stuttgart, Beschluss vom 27.01.2023 - 13 U 214/21 zur Begründung des Abrechnungsverhältnisses

1. Die Abnahme der Leistung ist keine Voraussetzung für die Fälligkeit der Vergütungsforderung des Auftragnehmers, wenn zwischen den Vertragsparteien ein Abrechnungsverhältnis vorliegt. Ferner scheidet auch ein Zurückbehaltungsrecht wegen eventueller Mängel aus.
2. Ein Abrechnungsverhältnis wird begründet, wenn der Auftragnehmer einen Vergütungsanspruch hat und dem Auftraggeber allein auf Geldzahlung gerichtete Ansprüche wegen der unvollständigen oder mangelhaften Fertigstellung der Leistung zustehen.
3. Liegt ein Abrechnungsverhältnis vor, kann der Auftragnehmer den Anteil seines Werklohns verlangen, der seinen tatsächlich erbrachten Leistungen entspricht. Ein Vergütungsanspruch scheidet nur aus, wenn die Leistung so schwerwiegende Mängel aufweist, dass sie nicht nachbesserungsfähig und deshalb für den Auftraggeber wertlos ist.
4. Der Vergütungsanspruch des Auftragnehmers wird nicht (automatisch) mit einem Anspruch des Auftraggebers wegen teilweiser Nichterfüllung des Vertrags verrechnet. Vielmehr sind der Vergütungsanspruch und die Ansprüche des Auftraggebers jeweils selbstständige Forderungen, die sich (nur) aufrechenbar gegenüberstehen.
OLG Stuttgart, Beschluss vom 27.01.2023 – 13 U 214/21

Gründe:

I.

Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Tübingen vom 26.07.2021, Aktenzeichen 3 O 231/20, und den Hinweisbeschluss des Senats vom 19.12.2022, Aktenzeichen 13 U 214/21, (Bl. 79 ff. eAOLG, dort unter I.) Bezug genommen.

Der Beklagte beantragt zu seiner Berufung:

Das am 26.07.2021 verkündete und am 11.08.2021 zugestellte Urteil des Landgerichts Karlsruhe [gemeint: Tübingen], AZ: 3 O 231/20, wird im Tenor Ziff. 1 aufgehoben und der Rechtsstreit an das Landgericht Tübingen zurückverwiesen.

Hilfsweise: Das am 26.07.21 verkündete und am 11.08.2021 zugestellte Urteil des Landgerichts Karlsruhe [gemeint: Tübingen], AZ: 3 O 231/20, wird im Tenor Ziff. 1 aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Klägerin tritt dem entgegen und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Ferner beantragt die Klägerin im Wege der Anschlussberufung:

1. Das Urteil des LG Tübingen vom 26.07.2021, Az. 3 O 231/20, betreffend der Zurückweisung der klägerischen Ansprüche im Übrigen wird aufgehoben.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin RA-Gebühren von Euro 1.044,40 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Der Beklagte ist der Anschlussberufung entgegengetreten und beantragt,

die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 26.07.2021, Aktenzeichen 3 O 231/20, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern, und auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

Zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 19.12.2022 (Bl. 79 ff. eAOLG, dort unter II.) Bezug genommen. Die Stellungnahme des Beklagten im Schriftsatz vom 17.01.2023 (Bl. 97 ff. eAOLG) gibt keinen Anlass, die Sache anders als bisher zu beurteilen.

Unter Berücksichtigung der Ausführungen des Beklagten in der Stellungnahme vom 17.01.2023 ist das Folgende zu bemerken:

1. Soweit der Beklagte die Ansicht vertritt, der Senat habe in seinem Hinweisbeschluss (auf Seite 9 ff.) nur einzelne und nicht sämtliche Mängelrügen erwähnt, kann offenbleiben, ob dieser Einwand zutreffend ist.

Der Senat ist in seinem Hinweisbeschluss auf die Mängelrügen des Beklagten in Bezug auf das Vorbringen des Beklagten eingegangen, die Leistung der Klägerin sei unbrauchbar. Insoweit hat der Senat ausgeführt, dass zwischen der vorliegend (allein) streitgegenständlichen Anbringung der ersten Abdichtungs- und Schutzebene aus Bitumen und der Andichtung mit Flüssigkunststoff einerseits und der Anbringung einer zusätzlichen Gefälledämmung auf der abgedichteten Balkonebene anderseits zu unterscheiden ist und sich der Vortrag des Beklagten in Bezug auf eine vollständige Unbrauchbarkeit der Werkleistung der Klägerin auch im Berufungsverfahren (in erster Linie) auf die Gefälledämmung bezieht. Den Ausführungen des Beklagten in seiner Stellungnahme vom 17.01.2023 lässt sich nicht entnehmen, dass der Beklagte auch in Bezug auf die Anbringung der ersten Abdichtungs- und Schutzebene aus Bitumen und der Andichtung mit Flüssigkunststoff von einer gänzlichen Unbrauchbarkeit ausgeht. Auch der Senat geht weiterhin davon aus, dass das Werk jedenfalls nicht so schwerwiegende Mängel aufwies, dass es nicht nachbesserungsfähig war.

2. Nicht zutreffend ist es, wenn der Beklagte meint, der Senat gehe davon aus, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Mängelfreiheit des Werks bei einem Übergang in ein Abrechnungsverhältnis beim Besteller liege. Diesbezügliche Ausführungen sind im Hinweisbeschluss des Senats gerade nicht enthalten. Lediglich in Bezug auf eine eventuelle Wertlosigkeit hat der Senat eine Aussage zur Darlegungs- und Beweislast getätigt (vgl. Seite 8 des Hinweisbeschlusses).

Da – wie im Hinweisbeschluss näher ausgeführt – ein Vergütungsanspruch des Werkunternehmers nicht automatisch mit einem Anspruch des Bestellers wegen teilweiser Nichterfüllung des Vertrages verrechnet wird und der Beklagte einen sich aufgrund der behaupteten Mängel ergebenden Gegenanspruch erstinstanzlich weder der Höhe nach beziffert noch mit einem solchen aufgerechnet hat, kommt es auf die vom Beklagten angesprochene Frage, wer die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Mängeln trägt, auch gar nicht an. Damit verbunden ist, dass das Landgericht – entgegen der vom Beklagten vertretenen Ansicht – auch nicht gehalten war, zur Frage der Mangelhaftigkeit der klägerischen Werkleistung Beweis zu erheben.

3. Soweit der Beklagte darauf hinweist, er habe mit Schriftsatz vom 27.07.2021 beim Landgericht eine Widerklage eingereicht, ist zu berücksichtigen, dass zu diesem Zeitpunkt das erstinstanzliche Verfahren durch das bereits zuvor (am 26.07.2021) verkündete Urteil bereits abgeschlossen war.

4. Entgegen der vom Beklagten vertretenen Ansicht ist vorliegend eine (erst) im Berufungsverfahren erklärte Aufrechnung nicht zulässig. Der Senat hält (auch) insoweit an seiner im Hinweisbeschluss dargelegten Auffassung fest und verweist insbesondere auf seine dortigen Ausführungen, weshalb der neue streitige Vortrag des Beklagten nicht nach § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen ist.

5. Der Senat hält außerdem an seiner im Hinweisbeschluss dargelegten Ansicht fest, dass er in Bezug auf das Zustandekommen von Verträgen zwischen der Klägerin und dem Beklagten hinsichtlich der Kaminarbeiten und der Lieferung eines Oberbelags an die Feststellungen des Landgerichts gebunden ist (§ 529 Abs. 1 ZPO). Soweit der Beklagte die Ansicht vertritt, die Klägerin habe die Auftragsverhältnisse, aus denen sie Ansprüche herleiten wolle, darzulegen und zu beweisen, ist anzumerken, dass das Landgericht zutreffend von einer diesbezüglichen Darlegungs- und Beweislast ausgegangen ist.

III.

Mit der Zurückweisung der Berufung durch Beschluss verliert auch die Anschlussberufung der Klägerin gemäß § 524 Abs. 4 ZPO ihre Wirkung.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

KG, Urteil vom 24.09.2021 – 7 U 35/15 zur Beweislastumkehr bei gescheitertem gemeinsamen Aufmaß

KG, Urteil vom 24.09.2021 - 7 U 35/15 zur Beweislastumkehr bei gescheitertem gemeinsamen Aufmaß

1. Der Werklohnanspruch des Auftragnehmers wird unabhängig von einer förmlichen Abnahme fällig, wenn der Auftraggeber diese endgültig verweigert und sich darauf beschränkt, die Rechnung wegen aus seiner Sicht fehlender Prüfbarkeit anzugreifen und hilfsweise Schadensersatz wegen behaupteter Fertigstellungsmehrkosten geltend zu machen. In einem solchen Fall entsteht ein Abrechnungsverhältnis.
2. Prüfbar ist eine (Schluss-)Rechnung, wenn sie – gegebenenfalls unter Beifügung von Aufmaßen und anderen Unterlagen – nachvollziehbar angibt, welche Massen der Auftragnehmer für welche Positionen berechnet, welche Leistungen mit diesen Positionen gemeint sind und welcher Einheitspreis für sie angesetzt wird. Der Auftraggeber muss die Berechtigung der Forderung, gemessen an den vertraglichen Vereinbarungen, überprüfen können.
3. Um die tatsächliche Bauleistung zu ermitteln, bedarf es in der Regel des Aufmaßes. Das Aufmaß ist grundsätzlich vor Ort und nicht nur auf der Basis von Plänen zu nehmen.
4. Scheitert das vereinbarte gemeinsame Aufmaß, führt das nicht zu einer Umkehr der Beweislast zu Gunsten des Auftragnehmers hinsichtlich der von diesem festgestellten Leistungsangaben, sondern diese verbleibt beim Auftragnehmer.
5. Eine Beweislastumkehr ist nur anzunehmen, wenn der Auftraggeber zu einem gemeinsamen Aufmaß aufgefordert wird, dieser aber die Teilnahme grundlos verweigert und ein neues Aufmaß nicht mehr möglich ist.
6. Eine vom Auftraggeber eines Bauvertrags formulierte Klausel, wonach von der Schlussrechnung des Auftragnehmers ein Betrag i.H.v. 0,27 % der Netto-Abrechnungssumme für Kosten der in Abzug gebracht wird, ist keine Preisnebenabrede und daher der AGB-Kontrolle entzogen.
7. Der Auftraggeber ist berechtigt, einen Bauvertrag aus wichtigem Grund zu kündigen, wenn der Auftragnehmer die Erfüllung des Vertrags unberechtigt und endgültig verweigert und es deshalb dem Auftraggeber nicht zugemutet werden kann, das Vertragsverhältnis fortzusetzen.
KG, Urteil vom 24.09.2021 – 7 U 35/15

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt als Subunternehmerin von der Beklagten, die ihrerseits als Subunternehmerin von der ### beauftragt war, Zahlung von Restwerklohn aus einem von der Beklagten vorzeitig gekündigten Bauvertrag vom 25. September 2009 über Montageleistungen an Fassade und Dach des Bauvorhabens Abfallverbrennungsanlage ###. Bauherrin war die Gemeinde ### mit der ### als Planungsunternehmerin. Die Parteien vereinbarten u.a. Einheitspreise und die Geltung der VOB Teile B und C.

Vor dem Landgericht Berlin hat die Klägerin eine Zahlung in Höhe von 240.486,79 Euro nebst Zinsen sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 7.332,66 Euro geltend gemacht, die Beklagte hat hilfsweise die Aufrechnung mit Gegenansprüchen aus Vertragsstrafe in Höhe von 3.693,38 Euro, aus Schadensersatz wegen Mehraufwand in Höhe von 218.206,53 Euro und aus Avalkosten in Höhe von 2.122,58 Euro erklärt.

Am 8. September 2014 hat das Landgericht die Klage durch Versäumnisurteil abgewiesen. Nach Einspruch hat das Landgericht der Klage unter Verrechnung der Avalkosten unter Abzug von 2.123,58 Euro (anstelle zutreffender 2.122,58 Euro) in Höhe von 68.894,33 Euro stattgegeben und die weitergehende Klage sowie die übrigen Hilfsaufrechnungen für unbegründet erachtet.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz einschließlich der dort von den Parteien gestellten Anträge sowie des Urteilstenors und der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird auf das am 26. Januar 2015 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen 101 des Landgerichts Berlin – 101 0 174/13 – Bezug genommen. Gegen das den Parteien am 10. Februar 2015 zugestellte Urteil haben beide Parteien am 9. März 2015 Berufung eingelegt und diese nach einmaliger Verlängerung der Frist mit Berufungsbegründung vom 11. Mai 2015 begründet.

Die Klägerin trägt unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen ergänzend vor, das Landgericht habe bezüglich der Rechnung ### (Anlage K 10) zu Unrecht Abzüge für Wasser und Strom in Höhe von 3.623,99 Euro sowie eine Bauleistungsversicherung in Höhe von 283,55 Euro vorgenommen. Bezüglich der Rechnung ### (Anlage K 12) habe das Landgericht zu Unrecht die Berechtigung der Kündigung aus wichtigem Grund, eine fehlende Prüffähigkeit der Rechnung und eine unzureichende Darlegung des Vergütungsanspruchs angenommen. Insbesondere habe es eine Vereinbarung zwischen den Parteien am ### 2010 gegeben, von einer Kündigung zunächst abzusehen.

Bezüglich der Rechnung ### (Anlage K 13) sei das Landgericht unter Verletzung der Hinweispflicht unzutreffend ebenfalls von einer nicht schlüssigen Darlegung der Anspruchsvoraussetzungen ausgegangen.

Schließlich stehe ihr auch ein Anspruch auf die vorgerichtlichen Anwaltskosten in einem Gesamtumfang von 7.332,66 Euro netto zu (Rechnungen Anlagen K 14 bis 24). Ferner sei die Begründung des Landgerichts hinsichtlich der Abnahme und der IFBS Richtlinie 8.01 fehlerhaft.

Im Übrigen verteidigt sie das angefochtene Urteil gegen die Berufungsangriffe der Beklagten und tritt diesen im Einzelnen entgegen. Zutreffend sei es nicht zu einem gemeinsamen Aufmaß gekommen, weil die Beklagte die Vorlage sogenannter Rotstrichzeichnungen zur Voraussetzung erklärt habe. Das Landgericht habe aber zu Recht festgestellt, dass Ziff. 3.3 des Verhandlungsprotokolls keine Voraussetzungen für ein gemeinsames Aufmaß darstelle; dies ergebe sich insbesondere aus Ziffer 10.2, wonach die Rotstrichzeichnungen gerade nicht Voraussetzung für eine Abnahme sein sollten. Die Beklagte sei ihren Mitwirkungspflichten, die ihr, der Klägerin, die Erstellung der Rotstrichzeichnungen erst ermöglicht hätten, nicht nachgekommen.

Infolge der Kündigung sei sie, die Klägerin, auch nicht mehr zur Vorlage von Rotstrichzeichnungen verpflichtet. Ferner habe sie, die Klägerin, mit der Rechnung Nr. auch die der Rechnung zugrundeliegenden und von ihr erstellten Aufmaße beigefügt (K 11).

Die Behauptung der Beklagten, sie habe sämtliche Pläne bereits vor Vertragsunterzeichnung übergeben, sei unzutreffend. Die Pläne seien auch nicht bei der Unterzeichnung des Verhandlungsprotokolls übergeben worden. Die von der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27. September 2016 vor dem Landgericht überreichten Pläne habe sie nie erhalten, vielmehr seien ihr die Zeichnungen lediglich elektronisch per E-Mail als PDF zur Verfügung gestellt worden.

Zutreffend habe das Landgericht festgestellt, dass die Beklagte die für gerechtfertigt angesehene Rechnung geprüft habe und sich nicht auf fehlende Prüffähigkeit berufen könne. Nebenleistungen seien nur insoweit geschuldet und mit dem Preis gemäß § 2 VOB/B abgegolten, als sie in den Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen (AN)- DIN .18299 ff. in Abschnitt 4 (VOB/C) als solche genannt seien. Selbst wenn die Ausführungen der Beklagten zu den technischen Anforderungen an die Ausführung von Attiken und Ortgängen, bei Tropfprofilen an Attiken, für Fenster-, Tür- und Toreinfassungen bei Außenschalen, für Fenster, Türen und Tore, für Firste und Grate zuträfen, handele sich dabei aber nicht um Nebenleistungen im Sinne von Abschnitt 4 der VOB/C, die sie, die Klägerin, ohne gesonderte Vergütung hätte erbringen müssen.

Soweit die Beklagte hinsichtlich der Position 3 der Rechnung ### behaupte, im Bereich des Daches seien die Ausschnitte für die Rauch- und Wärmeabzugsanlagenöffnungen zu groß gewesen, habe die Beklagte die Ursache dafür gesetzt, weil sie ihr, der Klägerin, fehlerhafte Pläne mit fehlerhaften Angaben zur Größe der Ausschnitte sowie fehlerhaftes Material zur Verfügung gestellt habe.

Die Klägerin bestreitet schließlich auch die von der Beklagten geltend gemachten Schadensersatzansprüche sowie die Höhe der erweiternd geltend gemachten Avalprovisionen. Darüber hinaus bestünde keine Verpflichtung zur Zahlung von Verzugszinsen, da die Beklagte die Aufrechnung erklärt habe.

Weiter behauptet die Klägerin, Anschlussarbeiten durchgeführt zu haben. Es sei bereits nicht möglich, Kassetten und Trapezbleche ohne die Herstellung von Anschlüssen begleitend zu den Montagearbeiten ordnungsgemäß zu montieren.

Die Klägerin beantragt,

1. das Urteil des Landgerichts vom 26. Januar 2015 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen;

2. hilfsweise unter Abänderung des Urteils des Landgerichts vom 26. Januar 2015 und unter teilweiser Aufhebung des Versäumnisurteils des Landgerichts vom 8. September 2014 die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere

a. 169.468,88 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5. April 2010 zu zahlen;

b. 7.332,66 Euro nebst Zinsen in Höhe .von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. Februar 2014 zu zahlen;

3. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

1. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts vom 26. Januar 2015 das Versäumnisurteil des Landgerichts vom 8. September 2014 aufrechtzuerhalten;

2. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag ergänzend vor, das Landgericht habe zu Unrecht einen Zahlungsanspruch aus der Rechnung bejaht und sei ebenfalls zu Unrecht von einer Abnahme bzw. einem Abnahmeverzicht und der Prüffähigkeit der Rechnung ausgegangen. Sie, die Beklagte, habe lediglich eine Plausibilitätsberechnung vorgenommen. Eine förmliche Abnahme sei aufgrund des Verschuldens der Klägerin nicht erfolgt, denn zum einen habe die Klägerin entgegen 3.3 des Verhandlungsprotokolls die erforderlichen Rotstrichzeichnungen nicht vorgelegt, zum anderen habe sie beim gemeinsamen Termin keine Unterlagen für eine gemeinschaftliche Aufmaßerstellung mit sich geführt.

Allerdings habe sie, die Beklagte, ein Aufmaß erstellt, so dass die Maße beweisbar gesichert worden seien.

Hingegen habe die Klägerin ohne Aufmaß die Maße vollkommen willkürlich bestimmt. Auch die diesbezüglich angenommene Beweislastverteilung des Landgerichts sei unzutreffend. Entgegen der Behauptung der Klägerin seien dieser sämtliche Montagepläne vollständig übergeben worden, so dass sie die notwendigen Rotstricheintragungen hätte durchführen können.

Im Übrigen habe sie, die Beklagte, deutlich gemacht, dass es nie zu einer vollständigen Leistungserbringung gekommen sei und in jedem Montagebereich die erforderlichen Neben- und Abschlussarbeiten fehlen würden. Zwischen den Parteien sei die Ausführung der Fassadenverkleidung gemäß der IFBS-Richtlinie 8.01 und den gängigen technischen Vorschriften für Fassadenverkleidungen vereinbart worden, wozu auch ohne zusätzliche Erklärung im Leistungsverzeichnis zu Pos. 1-4 Eckbleche, Attikaverkleidungen, Regenabweiser usw. gehörten. Zu den Vertragsgrundlagen zähle auch die technische Beschaffungsunterlage der Firma Roll Inova – die sogenannte TBU -, die den Aufbau der Fassade klar beschreibe. Ferner habe sie auf die Unzulässigkeit der Unterteilung des Einheitspreises für die Gesamtleistung der Positionen 1 und 2 hingewiesen, den Positionen 2, 3 und 12 habe sie in Gänze widersprochen.

Da die Klägerin ihre Leistung nicht vollständig erbracht und auch die Unterlagen gemäß Ziffer 3.4 des Verhandlungsprotokolls nicht Vorgelegt habe, sei eine Schlusszahlung nicht fällig geworden. Dennoch habe sie der Klägerin eine Vergütung zugestanden, aber nicht entsprechend der von der Klägerin vorgenommenen Aufteilung des Einheitspreises, sondern unter Zugrundelegung einer von ihr, der Beklagten, angenommenen Aufteilung des Einheitspreises und ermittelten Aufmaße. Bei der Aufteilung des Einheitspreises sei auch kein anderer Einheitspreis angenommen worden, sondern in dem Preis von 50,61 Euro als Gesamtpreis seien die Montage von Kassetten (10,00 Euro), Dämmung (4,05 Euro), Trapezblechen (20,00 Euro) sowie die Anschlussarbeiten gemäß der IFBS-Richtlinie 8.01 (16,56 Euro) enthalten. Danach habe der Klägerin allenfalls ein Nettobetrag von 38.324,95 Euro (44.073,69 Euro brutto) zugestanden. Abzüglich der Kosten für Wasser und Strom, der Bauwesenversicherung und des Sicherheitseinbehalts sowie der unstreitig bereits geleisteten Zahlungen ergebe sich eine Überzahlung in Höhe von 5.416,20 Euro.

Unberücksichtigt habe das Landgericht gelassen, dass die Klägerin wesentliche Teile der Fassade mit Montage von Kassetten, Dämmung und Trapezblechen in Rechnung gestellt habe, obwohl aufgrund der örtlichen Gegebenheiten überhaupt nur eine Anbringung der Trapezbleche ohne Kassetten und Dämmung möglich gewesen sei.

Hinsichtlich der Position 3 habe sie unter Beweisantritt die Mangelhaftigkeit der Arbeiten vorgetragen, sodass feststehe, dass die Klägerin dafür keine Vergütung verlangen könne. Bezüglich der Position 12 verweise sie auf ihr erstinstanzliches Vorbringen. Dort seien ebenfalls Beweisangebote wegen der Nebenleistungen erfolgt.

Gegen die Forderung aus der Rechnung ### erklärt die Beklagte erneut hilfsweise die Aufrechnung mit eigenen Kosten zur Fertigstellung nach erfolgter Kündigung von insgesamt 192.015,43 Euro sowie wegen Kosten von Drittfirmen in Höhe von insgesamt 213.566,55 Euro. Wegen der Berechnung im Einzelnen wird auf Seite 21 der Berufungsbegründung (Bd. II, Bl. 68) Bezug genommen. Sie mache mit dem entstandenen Schaden Kosten der Ersatzvornahme geltend und entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht Kosten wegen nicht rechtzeitiger Fertigstellung. Eine Pflicht zur Fristsetzung nach § 5 VOB/B entfalle, da aufgrund des durch die Klägerin schuldhaft verursachten Baustellenverweises eine Fertigstellung durch die Klägerin ausgeschlossen gewesen sei.

Gleichzeitig mache sie, die Beklagte, erweiternd neben den bereits vom Landgericht in Abzug gebrachten Avalprovisionen in Höhe von 2.123,58 Euro (geltend gemacht worden waren lediglich 2.122,58 Euro) weitere 3.090,60 Euro Avalprovisionen (für den Zeitraum 01. Juli 2014 bis 31. Dezember 2016, Bl. 9 Bd. III) nebst Verzugszinsen für die bereits berücksichtigten Provisionen in Höhe von 451,41 Euro (Bl. 8 Bd. III) geltend.

Im Übrigen verteidigt sie das angefochtene Urteil gegenüber den Berufungsangriffen der Klägerin, tritt diesen im Einzelnen entgegen und erklärt auch insoweit hilfsweise die Aufrechnung mit obigen Gegenansprüchen.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird, soweit es nicht wegen der besseren Übersichtlichkeit in den Entscheidungsgründen dargestellt wird, auf den vorgetragenen Inhalt ihrer gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß den Beweisbeschlüssen vom 16. Mai 2017 (Bd. III, Bl. 118 f.), 27. März 2018 (Bd. III, Bl. 198) und vom 29. September 2020 (Bd. V, Bl. 89 f.) durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Gutachten des Sachverständigen Dr.-Ing. ### vom 9. Januar 2018, vom 8. Juni 2018 und vom 17. März 2021 sowie bezüglich seiner mündlichen Anhörung auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 14. Juni 2019 (Bl. 74 ff. Bd. V) und vom 24. August 2021 (Bd. VI, Bl. 40 ff.) Bezug genommen.

Der Senat hat weiter Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen ### sowie ### und ### aufgrund des Beschlusses des Senats vom 28. Juni 2019. Wegen des Beweisthemas und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vorn 28. Juni 2019 (Bl. 77 Bd. IV d.A.), 8. Oktober 2019 (Bl. 156 ff. Bd. IV) und vom 11. August 2020 (Bl. 44 ff. Bd. V) verwiesen.

II.

Die Klage ist zulässig. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte und damit des erkennenden Gerichts zur Entscheidung über den vorliegenden Rechtsstreit ist gegeben. Ungeachtet des Wortlauts der Regelung des § 513 Abs. 2 ZPO ist die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte in jedem Stadium des Verfahrens, mithin auch im Rechtsmittelverfahren durch das Berufungsgericht von Amts wegen zu prüfen (vgl. Senat, Urteil vom 15. Mai 2018 – 7 U 112/17). Auf das Vertragsverhältnis ist, wie das Kammergericht in dem vorangegangenen Verfahren zum Geschäftszeichen 21 U 174/20 und der Bundesgerichtshof nachgehend in dem Verfahren VII ZR 349/21 erkannt haben, deutsches Recht nach dem zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Art. 27 Abs. 1 Satz 2 EGGVG anwendbar, da sich die Parteien dem deutschen materiellen Recht unterworfen haben.

Im Übrigen ist die Zuständigkeit deutscher Gerichte jedenfalls gemäß Art. 26 Abs. 1 Satz 1 EuGWO infolge einer rügelosen Einlassung der Beklagten begründet worden (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juni 2007 – X ZR 15/05, NJW 2007, 3501 [3502]).

Die Berufungen der Klägerin und der Beklagten sind gemäß § 511 ff. ZPO zulässig und dabei insbesondere rechtzeitig eingelegt und nach einmaliger Fristverlängerung auch fristgerecht begründet worden.

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet, die Berufung der Beklagten ist begründet.

Sofern das Landgericht rechtsfehlerhaft angebotene Beweiserhebungen nicht durchgeführt hat, hat der Senat diese nachgeholt (§ 538 Abs. 1 ZPO). Eine Zurückverweisung an das Landgericht kam demgemäß nicht in Betracht.

Auf das Rechtsverhältnis finden die Vorschriften des BGB in der bis Ende 2017 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 39 EGBGB) sowie die VOB/B (2006).

1. Rechnung ###

Die Rechnung ### vom ### 2019 (Anlage K10 und geprüfte Fassung Anlage B10) ist Gegenstand beider Berufungen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich zu dieser Position die Zahlung von 74.924,55 Euro begehrt, wovon das Landgericht 71.017,91 Euro als begründet angesehen hat. Soweit das Landgericht davon die als begründet angesehene Hilfsaufrechnung mit den Avalkosten in Höhe von 2.123,58 Euro (zutreffend: 2.122,58 Euro) hat durchgreifen lassen, greift die Klägerin dies mit der Berufung nicht an und begehrt nur noch den weiteren vom Landgericht abgewiesenen Betrag wegen der Verrechnung mit den vereinbarten Umlagen von 3.623,09 Euro (3 % der Bruttoschlussrechnungssumme für Wasser und Strom) und 283,55 Euro (0,27 % der Nettoabrechnungssumme für Bauleistungsversicherung). Die Beklagte greift mit ihrer Berufung den für begründet angesehenen Teil insgesamt an.

Außerdem macht sie mit ihrer Berufung weitere Avalprovisionen in Höhe von 3.090,60 Euro geltend.

Soweit das Landgericht die Fälligkeitsvoraussetzungen der Werklohnforderung der Klägerin bejaht hat, bleibt das Vorbringen der Beklagten im Ergebnis ohne Erfolg.

a) Unstreitig ist das Werk von der Beklagten nicht wie vereinbart förmlich abgenommen worden. Soweit das Landgericht gleichwohl unter dem Gesichtspunkt des beiderseitigen Verzichts auf die förmliche Abnahme von einer Abnahme spätestens seit März 2010 ausgegangen ist, kann dies und die Frage, ob die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu einer stillschweigenden Abnahme (BGH, Urteil vom 13. Juli 1989, Az. VII ZR 82/88, NJW 1990, 43 [44]; BGH, Urteil vom 3. November 1992, Az. X ZR 83/90, NJW 1993, 1063 [1064]) auf die Abnahme nach Kündigung zu übertragen ist, dahinstehen.

Denn vorliegend ist der Werklohnanspruch der Klägerin unabhängig von einer förmlichen Abnahme deshalb fällig, weil die Beklagte diese endgültig verweigert und sich in der Berufungsinstanz darauf beschränkt, die Rechnung wegen der aus ihrer Sicht fehlenden Prüffähigkeit anzugreifen und hilfsweise Schadensersatz wegen der Fertigstellungskosten geltend zu machen. In einem solchen Fall wird der Werklohnanspruch auch ohne Abnahme fällig (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2007, Az. VII Z BGH, Urteil vom 13. Juli 1989, Az. VII ZR 82/88, NJW 1990, 43 [44]R 183/05, NJW 2008, 511 [515]). Es entsteht ein Abrechnungsverhältnis, bei dem sich der Werklohn auf der einen Seite und auf Zahlung gerichtete Gewährleistungsansprüche auf der anderen Seite verrechenbar (Minderung) oder aufrechenbar (Kostenerstattung, Schadenersatz) gegenüberstehen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2002, Az. VII ZR 315/01, NJW 2003, 288; BGH, Urteil vom 23. Juni 2005, Az. VII ZR 197/03, NJW 2005, 2771 [2772]; BGH, Urteil vom 11. Mai 2006, Az. VII ZR 146/04, NJW 2006, 2475 [2476)).

b) Die Rechnung ist entgegen der Ansicht der Beklagten prüffähig. Zutreffend hat das Landgericht darauf abgestellt, dass die Beklagte die Rechnung auch tatsächlich geprüft hat. Der Einwand der Beklagten, sie habe lediglich eine Plausibilitätsprüfung vorgenommen, greift nicht durch. Insbesondere aus ihrem bereits erstinstanzlich ins Feld geführten Vorbringen (Duplik vom 20. August 2014, Bl. 148 ff. Bd. I d. A.) ergibt sich, dass die Beklagte die einzelnen Rechnungspositionen einer Überprüfung unterzogen hat, weshalb sich nicht erschließt, was die Beklagte unter einer Plausibilitätskontrolle versteht. Außerdem hat die Beklagte die tatsächlichen Feststellungen hierzu in dem angefochtenen Urteil (UA S. 3) nicht angegriffen, nach denen eine Rechnungsprüfung durch sie stattgefunden habe.

Im Übrigen gilt Folgendes:

Prüfbar i. S. d. § 14 Nr. 1 VOB/B ist die Rechnung, wenn sie – ggf. unter Beifügung von Aufmaßen und anderen Unterlagen – nachvollziehbar angibt, welche Massen der Auftragnehmer für welche Positionen berechnet, welche Leistungen mit diesen Positionen gemeint sind und welcher Einheitspreis für sie angesetzt wird. Eine prüffähige Abrechnung setzt voraus, dass der Besteller die Berechtigung der Forderung, gemessen an den vertraglichen Vereinbarungen, überprüfen kann. Die Voraussetzungen, unter denen diese Prüfung möglich ist, hängen von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 1999, Az. VII ZR 399/97, NJW 1999, 1867 [1868]). In vielen Fällen sind Aufmaßzeichnungen erforderlich, um dem Auftraggeber die Feststellung zu ermöglichen, worauf sich bestimmte Aufmaßblätter bzw. Aufmaßberechnungen beziehen (vgl. KG, Urteil vom 9. Juni 2009, Az. 21 U 182/0). Die Prüffähigkeit der Schlussrechnung ist aber kein Selbstzweck, sondern richtet sich danach, in welchem Umfang der Besteller im Einzelfall des Schutzes nach § 14 Nr. 1 VOB/B bedarf (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2005, Az. X ZR 191/02, NJW-RR 2005, 1103). Außerdem ist der Teil der Forderung fällig, der prüfbar abgerechnet ist und der nach Abzug der Abschlags- und Vorauszahlungen verbleibt (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 2003, Az. VII ZR 288/02, NJW-RR 2004, 445 [446]). Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist von einer Prüffähigkeit auszugehen.

c) Um die tatsächliche Bauleistung zu ermitteln, bedarf es in aller Regel zunächst des Aufmaßes. Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass das Aufmaß grundsätzlich vor Ort und nicht nur auf der Basis von Plänen zu nehmen ist. Das von den Parteien beabsichtigte gemeinsame Aufmaß ist unstreitig gescheitert.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts führt dies allerdings nicht zu einer Umkehr der Beweislast zu Gunsten des Auftragnehmers hinsichtlich der von diesem festgestellten Leistungsangaben, sondern diese verbleibt beim Auftragnehmer. Zwar ist eine Beweislastumkehr anzunehmen, wenn der Auftraggeber zu einem gemeinsamen Aufmaß aufgefordert wird, dieser aber die Teilnahme grundlos verweigert und ein neues Aufmaß nicht mehr möglich ist (BGH, Urteil vom 22. Mai 2003, Az. VII ZR 143/02, NJW 2003, 2678; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Aufl. 2020, Rn 1449 mwN).

Ein solcher Fall ist vorliegend jedoch nicht gegeben.

Unstreitig sind beide Parteien zum Termin erschienen. Die Beklagte hat das gemeinsame Aufmaß auch nicht grundlos verweigert. Denn selbst wenn die Behauptung der Klägerin zutreffen sollte, die Beklagte habe die Vorlage von “Rotstrichzeichnungen” gemäß Ziffer 3.3 des Verhandlungsprotokolls zur Voraussetzung des Aufmaßes gemacht, wäre hierin keine grundlose Verweigerung des Aufmaßes zu erblicken.

Zunächst stellt die Vorlage von Rotstrichzeichnungen vorliegend keine unmittelbare Voraussetzung der Abnahme dar, da sie unter Ziffer 10 des Verhandlungsprotokolls gerade nicht aufgeführt ist. Allerdings sind nach Ziffer 3.3 des Protokolls die Rotstrichzeichnungen sieben Werktage vor Abnahme einzureichen. Auch wenn die Abnahme nicht gleichzusetzen ist mit dem Aufmaß, so wird hierin deutlich, dass den Rotstrichzeichnungen besondere Bedeutung zukommt und für die Prüfung der tatsächlichen Ausführungen wesentlich sind. Die Verpflichtung zur Vorlage der Rotstrichzeichnungen ist auch entgegen der Auffassung der Klägerin nicht durch die Kündigung entfallen.

Dabei kann jedenfalls in diesem Punkt die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die Beklagte ihrer Mitwirkungspflicht nachgekommen ist und die Montagepläne entsprechend Ziffer 3.1 in “ausgeplotteter” Form zur Verfügung gestellt hat, dahinstehen. Denn selbst nach dem Vortrag der Klägerin sind ihr die Pläne elektronisch im Format DIN A4 übermittelt worden. Es wäre ihr daher zumindest möglich gewesen, die entsprechenden Rotstricheintragungen darin vorzunehmen und der Beklagten vor dem Termin zu übermitteln bzw. diese spätestens zum Aufmaßtermin mitzuführen. Das hat die Klägerin jedoch unstreitig nicht getan, sondern die Rotstrichzeichnungen erst mit der Rechnung als Anlage übermittelt. Eine Verweigerung des Aufmaßes unter diesen Voraussetzungen durch die Beklagte war damit nicht grundlos, so dass die Klägerin beweispflichtig für die von ihr erbrachten Leistungen bleibt. Fehlt es an einem gemeinsamen Aufmaß, hat der Auftragnehmer vorzutragen und im Bestreitensfall zu beweisen, dass die in der Rechnung geltend gemachten Leistungen tatsächlich erbracht worden sind (Werner/Pastor, aaO Rn. 1449 f.).

Das von der Klägerin vorgelegte Aufmaß (Anlage K 11) ist nicht ohne Weiteres nachvollziehbar und wird von der Beklagten bestritten. Die Klägerin bezieht sich lediglich auf ihr Aufmaßergebnis in den Anlagen K 10 und K 11, aus denen sich insbesondere die umstrittenen farbigen Eintragungen (Rotstrichzeichnungen) nicht ergeben. Es ist ihren eingereichten Schwarz/Weiß-Kopien nicht zu entnehmen, welche Bereiche konkret bearbeitet worden sein sollen und wie sie ihre Flächenergebnisse errechnet hat. Damit hat die Klägerin nicht die Anforderungen an einen schlüssigen Vortrag erfüllt. Denn ein für das Aufmaß darlegungspflichtiger Werkunternehmer hat nach allgemeiner Auffassung Tatsachen vorzutragen, die dem Gericht gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines Sachverständigen ermöglichen, die für die Ausführung angefallene Mindestvergütung zu schätzen (vgl. nur BGH, Versäumnisurteil vom 13. Juli 2006 – VII ZR 68/05; Werner/Pastor, aa0, Rn 1508 mwN).

Hieran fehlt es bereits, weshalb auch keine Beweisaufnahme über die klägerseits behaupteten Maße durchzuführen war, soweit diese über die beklagtenseits eingeräumten Maße hinausgingen.

Vorliegend hat die Klägerin lediglich Zeugen für das von ihr erzielte “Messergebnis” zu den von ihr erbrachten Leistungen benannt, ohne vorzutragen, auf welchen tatsächlichen Wahrnehmungen und/oder welchen Handlungen und dabei gemachten Wahrnehmungen die Zeugen tätig geworden sind und das Bauvorhaben beobachtet haben, um hierzu nachprüfbare Tatsachenangaben machen zu können.

Die Vernehmung der Zeugen wäre demnach auf eine unzulässige Ausforschung gerichtet.

Demgegenüber hat die Beklagte ihr Aufmaß (Anlagen BK 10 und BK 11) nachvollziehbar dargelegt, weshalb der Senat im Grundsatz von diesen Maßen ausgegangen ist.

d) Zwischen den Parteien ist die Aufteilung des vereinbarten Einheitspreises von 50,61 Euro für die Positionen 1 und 2 dieser Rechnung streitig. Während die Klägerin bei der Montagepreiskalkulation für eine Zusammensetzung in drei Leistungsbereiche streitet (30,37 Euro Kassetten + 4,05 Euro Dämmung + 16,19 Euro Trapeze), behauptet die Beklagte, dass in dem Einheitspreis die Montage von Kassetten (10,00 Euro), Dämmung (4,05 Euro) und Trapezblechen (20,00 Euro) sowie die Anschlussarbeiten (Montage Eck-, Kant- und Tropfprofile) gemäß IFBS-Richtlinie 8.01 (16,56 Euro) enthalten seien, welche die Klägerin auch ohne zusätzliche Erklärung im Leistungsverzeichnis hätte erbringen müssen, aber nicht erbracht habe.

Der Senat legt den zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag unter Berücksichtigung der vereinbarten Montage nach Maßgabe der Vorschriften der IFBS-Richtlinie 8.01, der Vorgaben in der E-Mail vom ### 2009 (Anlage BK 14) und des danach überarbeiteten Angebots vom ### 2009, das Grundlage der Auftragserteilung war, dahingehend aus, dass die zu den Positionen 1 und 2 ausgewiesenen Einheitspreise auch die Montage aller Eck-, Kant- und Tropfprofile (Bsp. Tür- und Fensterrahmen, Fassadenecken, Attikaabdeckungen usw.) umfassen. So hat die Beklagte in der E-Mail vom ### 2009 (Bd. III Bl. 95 d.A.) um ein überarbeitetes Angebot der Klägerin gebeten, in der u.a. berücksichtigt werden sollte, dass das Angebot die Montage aller Eck-, Kant- und Tropfprofile enthalten sollte. Ausweislich der Auftragserteilung durch die Beklagte mit Schreiben vom ### 2009 (Anlage K3) ist das daraufhin überarbeitete Angebot vom ### 2009 Grundlage des Auftrags geworden. Die insofern gleichlautenden Beschreibungen der Leistungspositionen 1 und 2 des Leistungsverzeichnisses enthalten jeweils den Zusatz “Inkl. aller allgemeinen verlegetechnischen Vorschriften der IFBS-Richtlinie 8.01“. Vor dem Hintergrund, dass die Beklagte in der benannten E-Mail vor Auftragserteilung ausdrücklich klargestellt hatte, dass das Angebot die Montage der Anschlussarbeiten enthalten sollte und in der entsprechenden Position in dem Leistungsverzeichnis der Hinweis auf die verlegetechnischen Vorschriften der IFBS-Richtlinie 8.01 enthalten ist, ist der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag so auszulegen, dass die in der in der IFBS-Richtlinie 8.01 aufgeführten Anschlussarbeiten ebenfalls geschuldet und von dem Einheitspreis umfasst waren, auch wenn diese nicht explizit im Leistungsverzeichnis aufgeführt waren.

Diese Anschlussarbeiten hat die Klägerin unstreitig nicht erbracht.

Soweit die Klägerin bestreitet, dass sie die Eck-, Kant- und Abschlussarbeiten nicht vorgenommen habe (Bd. IV, Bl.55), handelt es sich um neuen Vortrag, den sie nicht hinreichend substantiiert hat. Die Klägerin hat in erster Instanz und zunächst auch in zweiter Instanz vorgetragen, die Herstellung von Ecken der Fassaden, Akttika-Verkleidungen und Regenabweiser seien nicht Gegenstand der beauftragten Leistung gewesen (Bd.l, Bl. 101, 107; Bd. II, Bl. 143; Bd. III, Bl. 46 ff.) und daher auch nicht im Einheitspreis enthalten, weshalb sie diese auch nicht ohne gesonderte Vergütung hätte erbringen müssen. Damit ist es bereits als unstreitig anzusehen, dass sie die streitgegenständlichen Anschlussarbeiten nicht ausgeführt hat. Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 14. Mai 2021 (Bd. V Bl. 175 d.A.) eingewandt hat, es sei auch gar nicht möglich, Kassetten und Trapezbleche ohne die Herstellung von Anschlüssen ordnungsgemäß zu montieren, rechtfertigt dies kein anderes Ergebnis. Die Beklagte ist diesem Einwand substantiiert entgegengetreten (Bd. V Bl. 193 d.A.), indem sie ausgeführt hat, dass die fehlenden Anschluss- und Eckarbeiten gemäß der IFPS-Richtlinie unabhängig von den vorausgehenden Montagearbeiten der Kassetten-, Wärmedämmungsverlegungen und Montage der Trapezprofile seien, weshalb die Montage dieser Arbeiten durchgeführt werden könnten, ohne dass hierfür Eckanschlüsse vorab gefertigt werden müssten. Dies hat auch der Sachverständige in der mündlichen Erläuterung seines Ergänzungsgutachtens vom 17. März 2021 im Termin am 24. August 2021 bestätigt (Bd. VI Bl. 41 d.A.).

Auch der Einwand der Klägerin mit Schriftsatz vom 14. Mai 2021 (Bd. V Bl. 175 f.), es sei nicht unstreitig, dass sie die Anschlussarbeiten nicht ausgeführt habe, weil sie in den Bereichen, in denen sie die Montage ausgeführt habe, Dichtbänder eingebaut habe, was ohne Ausführung von Anschlussarbeiten nicht möglich gewesen sei, verhilft der Berufung der Klägerin nicht zum Erfolg. Nach den nachvollziehbaren Ausführungen der Beklagten hierzu mit Schriftsatz vom 28. Juni 2021 (Bd. V Bl. 192 ff.) handelt es sich hierbei um Befestigungsmaßnahmen, ohne die eine Montage zwar in der Tat nicht möglich sei, aber eben nicht um Anschlussarbeiten. Dies hat auch der Sachverständige in der mündlichen Erläuterung seines Ergänzungsgutachtens bestätigt. Der Sachverständige hat hierzu nachvollziehbar und überzeugend angegeben, und auch in diesem Punkt schließt sich der Senat den Angaben des Sachverständigen nach eigener Prüfung an, dass das Anbringen der Dichtbänder eindeutig zu den Montagearbeiten und nicht zu den Anschlussarbeiten gehöre, -und das Anbringen von Dichtbändern zur Erbringung der Montageleistungen gehöre. Es gebe lediglich bei den Anschlussarbeiten “immer wieder” Stellen, wo Dichtbänder angebracht werden müssten.

Zu der Frage, welche Anteile bei der Herstellung der Metallfassade die einzelnen Teilleistungen am Gesamtaufwand und somit am Einheitspreis von 50,61 Euro/m2 haben, hat das Gericht entsprechend der Beschlüsse vom 16. Mai 2017 (Bd. II, Bl. 116 f.) und 27. März 2018 (Bd. III, Bl. 198) und 29. September 2020 (Bd. V. Bl. 89 f.) Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Dabei steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zweifelsfrei für den Senat fest (§ 286 ZPO), dass die einzelnen Teilleistungen bei der Herstellung der Metallfassade bei den Positionen 1 und 2 der Rechnungen wie folgt zu bewerten sind:

Montage Kassetten

13,59 Euro

Herstellen Anschlüsse Kassetten

6,65 Euro

Verlegung Wärmedämmung

4,05 Euro

Montage Trapezprofile

19,67 Euro

Herstellen Anschlüsse Trapezprofile

6,65 Euro

Soweit der Sachverständige Dr.-Ing. ### zunächst in seinen schriftlichen Gutachten vom 9. Januar 2018 und 8. Juni 2018 (und auch im zweiten Ergänzungsgutachten vom 17. März 2021) zu einer anderen Aufteilung des Einheitspreises (Montage Kassette 20,24 Euro/m2, Verlegen Wärmedämmung 4,05 Euro/m2 und Montage Trapezblech 26,32 Euro/m2) gekommen ist, waren diese nicht zugrunde zu legen, weil der Sachverständige bei dieser Berechnung noch nicht die Leistungsanteile unter Berücksichtigung des Anteils der Fassadenanschlüsse an Ecken, Wänden, Dächern, Öffnungen etc. im Verhältnis zur abrechenbaren Fassadefläche berücksichtigen konnte, die – wie bereits ausgeführt – vertraglich geschuldet und als Teilleistungen von der Klägerin nicht erbracht worden sind.

Dabei hat der Sachverständige auf S. 5 in seinem Ergänzungsgutachten vom 8. Juni 2018 ausgeführt, dass grundsätzlich für nicht erbrachte Teilleistungen (Anschlüsse) aus baubetrieblicher Sicht Abzüge vorzunehmen seien. Eine präzise Bewertung der Leistungen unter Berücksichtigung des Anteils der Fassadenanschlüsse an- Ecken, Wänden, Dächern, Öffnungen etc. im Verhältnis zur abrechenbaren Fassadenfläche war ihm in den ersten beiden Gutachten vom 9. Januar und 28. Juni 2018 jedoch nicht möglich, weil die Beurteilung ohne Einbeziehung der durch die Beklagte zur Verfügung gestellten maßstäblichen Zeichnungen erfolgte und das Bausoll damit nicht genau definierbar war.

Soweit die Klägerin insoweit bestritten hat, dass ihr diese Pläne zur Angebotsbearbeitung vorgelegen haben, ist dieses Bestreiten nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats (§ 286 ZPO) widerlegt, weshalb diese Pläne der weiteren Beweiserhebung durch das zweite Ergänzungsgutachten des Sachverständigen ### vom 17. März 2021 aufgrund des Beschlusses des Senats vom 29. September 2020 zugrunde gelegt worden sind.

Die Zeugen ### und ### haben bei ihrer Vernehmung vor dem Senat im Termin vom 8. Oktober 2019 (Bl. 156 ff. Bd. IV) zur Überzeugung des Senats (§ 286 ZPO) nachvollziehbar und widerspruchsfrei und damit glaubhaft angegeben, auf dem streitgegenständlichen Bauvorhaben in Luxemburg als Bauleiter (Zeuge ###) bzw. als rechte Hand desselben (Zeuge ###) eingesetzt gewesen zu sein und über Zeichnungen verfügt und diese mit dem Geschäftsführer der Klägerin durchgesprochen zu haben. Bei diesen Zeichnungen habe es sich um die Montagepläne der Anlagen BK 13 a, BK 13 b und BK 13 c gehandelt. Die Übergabe der Montagepläne an den Geschäftsführer der Klägerin sei nach Baufortschritt jeweils im Baubüro erfolgt. Der Zeuge ### ergänzte seine Bekundungen weiter dahingehend, dass er selbst beobachtet habe, dass Mitarbeiter der Klägerin diese Montagepläne auf der Rüstung benutzt hätten. Der Zeuge ### führte weiter glaubhaft und nachvollziehbar aus, dass es sich um Fassadenzeichnungen gehandelt habe, deren genauen Inhalt er zwar nicht mehr erinnere, aber ohne die die streitgegenständlichen Arbeiten gar nicht hätten ausgeführt werden können. Er konnte sich darüber hinaus auch – genauso wie der Zeuge ### – daran erinnern, dass die Zeichnungen mit den Mitarbeitern der Klägerin auf der Rüstung durchgesprochen worden seien, wobei er präzisierte, dass es sich dabei vornehmlich um die ebenfalls in der Sitzung vom 11. August 2020 (Bl. 44 ff. Bd. V) vor dem Senat vernommenen Zeugen ### gehandelt habe, da diese bei der Klägerin als Bauleiter beschäftigt gewesen seien.

In diesem Zusammenhang ist weiter zu berücksichtigen, dass die Klägerin unstreitig stellt, dass sie vor und während der Bauausführung per E-Mail Pläne im Datenformat PDF übersendet bekommen hat, so dass ihr diese bekannt waren, wenn auch, wie sie behauptet, ohne maßstäblich übertragbare Maßangaben (Bd. III, Bl. 142). Dass eine Übersendung von Planungsunterlagen per E-Mail mit PDF-Dateien von Beklagten- an Klägerseite stattgefunden hat, hat auch die Zeugin ### bei ihrer Vernehmung vor dem Senat in der Sitzung vom 11. August 2020 (Bl. 44 ff. Bd. V) bestätigt. Diese gab darüber hinaus weiter an, dass sämtlicher Schriftverkehr über ihren Schreibtisch als Geschäftsführerin gegangen sei und “sie“, die Klägerin, sukzessive Teile von Plänen im DIN-A-4-Format erhalten habe, die teilweise gefaxt und zeitweise per E-Mail im PDF-Format übersandt worden seien. Die Pläne der Anlage BK 13a bis 13c seien der Klägerin erst nach der Kündigung übergeben worden. Die gefaxten oder auch zuvor übergebenen Pläne seien Teilausschnitte davon. Ob diese in der Summe die großen Pläne ergeben würden, wisse sie nicht. Große Ausführungszeichnungen hätten sie nicht erhalten, insbesondere habe sie der Geschäftsführer der Klägerin nicht mitgebracht. Vor der Kündigung des Vertrages sei sie nicht regelmäßig bei Besprechungen im Baubüro anwesend gewesen. Im Büro der Baustelle sei zwar ein Plotter vorhanden gewesen, dieser habe jedoch zeitweise nicht funktioniert. Sie glaube, es ausschließen zu können, dass geplottete Pläne von Herrn ### an ihren, der Zeugin, Vater, dem Geschäftsführer der Klägerin, übergeben worden seien. Sie habe in dem Zusammenhang auch angeregt, dass die Pläne durch den Bauleiter der Kundin in einem anderen Baubüro hätten ausgeplottet werden können, was abgelehnt worden sei. Anhand der kleinen Pläne seien die Arbeiten ausgeführt worden oder es sei ohne Pläne vorgearbeitet worden. Das Fehlen der ausgeplotteten Pläne sei per E-Mail und telefonisch von ihr beanstandet worden. Die ihr vorgehaltenen Pläne der Anlage BK 13 a bis 13c hätten erst nach der Kündigung vorgelegen.

Sofern die Zeugen ### zu dieser entscheidungserheblichen Frage in der Sitzung vom 11. August 2020 (Bl. 44 ff. Bd. V) vernommen worden sind, waren deren Angaben unergiebig, da sie zu den entscheidungserheblichen Tatsachen ihrem Bekunden nach keine Erinnerung (mehr) hatten, was angesichts des inzwischen mehr als zehn Jahre zurückliegenden Zeitraums und der Angabe des Zeugen ###, nach der er seitdem auf etwa 300 Baustellen als Bauleiter gearbeitet hat, durchaus lebensnah erscheint. Beide Zeugen hatten auch keinerlei Erinnerung daran, ob es Probleme mit der Bauausführung und/oder Übergabe von Montageplänen gegeben habe.

Im Übrigen bleibt die Klägerin die Erklärung schuldig, wie sie überhaupt ein Angebot hat erstellen und in der Folge die Arbeiten hat ausführen können, wenn ihr die Pläne nicht vorlagen.

Die Zeugin ### konnte hierzu auch keine eigenen Wahrnehmungen wiedergeben, sondern äußerte letztlich lediglich Vermutungen, denn aufgrund ihrer Angaben steht bereits fest, dass sie bei Besprechungen auf der Baustelle nicht regelmäßig anwesend gewesen ist und schon deshalb aus eigener Wahrnehmung hierzu nichts zu bekunden hatte.

Vor diesem Hintergrund hat der Senat für die Aufteilung des Einheitspreises der Positionen 1 und 2 die Feststellungen des Sachverständigen Dr.-Ing. ### in seinem. 2. Ergänzungsgutachten vom 17. März 2021 zugrunde gelegt (vgl. Tabelle 5: Zusammensetzung Einheitspreis, S. 9 des Gutachtens).

Die Aufteilung des Einheitspreises und die gutachterlichen Ausführungen sind alle in sich schlüssig, widerspruchsfrei und nachvollziehbar. Die Klägerin greift diese auch nicht substantiell an. Die Beklagte bezeichnet die Ausführungen des Sachverständigen in ihrer letzten Stellungnahme zu dem zweiten Ergänzungsgutachten (Bl. 183 f. Bd. V) ausdrücklich als zutreffend. Mit zutreffenden und nachvollziehbaren Erwägungen, die sich der Senat nach eigener Prüfung zu eigen macht, kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass bei einem (unstreitigen) Einheitspreis von 50, 61Euro/m2 ein Abzug bei den abgerechneten Leistungen für nicht erbrachte Teile von insgesamt 13,30 Euro/m2 für fehlende Anschlussarbeiten bei Kassetten- und Trapezprofilanschlüssen von jeweils 6,65 Euro vorgenommen werden müsse (vgl. Seite 8 f. des Ergänzungsgutachtens vom 17. März 2021).

Soweit die Klägerin den vom Sachverständigen festgesetzten Anteil für den Aufwand der Montage der Kassetten in Höhe von 40 % der Gesamtleistung (= 20,24 Euro/m2) in Zweifel zieht und insbesondere einen Mehraufwand aufgrund Verwendung einer Hebeeinrichtung behauptet, hat der Sachverständige hierzu in seinem Ergänzungsgutachten vom 8. Juni 2018 bereits plausibel und nachvollziehbar Stellung genommen und darauf verwiesen, dass das verwendete Hebegerät nicht relevant sei, da sich ein eventueller Mehraufwand auf alle Teilleistungen gleich auswirke.

Hieraus kann die Klägerin mithin keine für sie günstigen Folgen ableiten.

Sofern die Klägerin weiter die von dem Sachverständigen angestellten Berechnungen und Berechnungsgrundlagen in ihrem Schriftsatz vom 14. Mai 2021 (Bl. 172 ff. Bd. V d.A.) angegriffen und Ergänzungsfragen formuliert hat, auf die der Senat Bezug nimmt, sind diese durch die erneute Anhörung des Sachverständigen im Termin zur mündlichen Verhandlung am 24. August 2021 (Bl. 41 ff. Bf. VI d. A.) aufgeklärt worden. Insoweit hat der Sachverständige nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, und der Senat schließt sich den zutreffenden Erwägungen nach eigener Prüfung an, dass es sich bei dem Baupreislexikon welches durch die Firma ### herausgegeben werde, nicht um ein Technikregelwerk handele, sondern um ein Kalkulations-Tool, mit welchem die Löhne und Preise nahezu tagesaktuell ermittelt werden könnten. Er selbst habe bei seiner Kalkulation, insbesondere was die Abzüge für die nicht erbrachten Teile der streitgegenständlichen Leistungen der Klägerin anginge, jedoch nicht auf das Baupreislexikon zurückgegriffen, sondern lediglich die dort dargestellten Aufwandswerte genutzt. In diesem Punkt würden sich auch keine Unterschiede ergeben, sondern europaweit derselbe Aufwand anfallen. Der Standort des Bauvorhabens in ### spielt nach alldem also keine Rolle für die Preisfindung.

Dies überzeugt nach Auffassung des Senats insbesondere deshalb, weil es, wie der Sachverständige weiter zutreffend ausführt, vorliegend lediglich um die Lohnkosten zwecks Aufschlüsselung des fest vereinbarten Einheitspreises ging, den die Parteien als solchen auch nicht angreifen. Alternative Erkenntnisquellen zur Baupreisfindung würden nach den Angaben des Sachverständigen zwar existieren, allerdings würden sich diese in der Regel nur auf Rohbauleistungen beziehen, und nicht auf Fassaden. Im Übrigen sei das Baupreislexikon schon allein deshalb bei der Preisbildung vorzuziehen, weil es im Gegensatz zu gedruckten Regelwerken nahezu tagesaktuell sei.

Die Klägerin behauptet darüber hinaus auch weiteren Mehraufwand, weil ein Austausch der C-Profile durch U-Profile erforderlich geworden sei (Bd. 111, Bl. 174 d.A.) und die Kassetten entgegen der Leistungsbeschreibung nicht mit Bolzen, sondern mittels der Herstellung von Langlöchern an der Fassade montiert worden seien (Bd..111, Bl. 174/175).

Hierzu gilt Folgendes:

Die von der Klägerin behaupteten Abweichungen vom Leistungsverzeichnis würden Preisgrundlagenänderungen nach § 2 Abs. 5 VOB/B darstellen, für die ein neuer Preis hätte vereinbart werden können. Dass die Klägerin dies jemals verlangt hat, ist nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen, so dass dieser behauptete Mehraufwand, wenn es ihn denn tatsächlich gegeben hat – die Beklagte bestreitet dies -, nicht im Rahmen des Anteils für den Aufwand der Montage der Kassetten zu berücksichtigen ist.

e) Bei Zugrundelegung der von dem Sachverständigen ermittelten Aufteilung der Einheitspreise für die Positionen 1 und 2 aus der Rechnung vom ### 2010 und der erbrachten Leistungen, wobei – wie dargelegt – hier grundsätzlich von den ermittelten Maßen der Beklagten auszugehen war, steht der Klägerin aus dieser Rechnung ein Vergütungsanspruch in Höhe von insgesamt 44.008,49 Euro netto bzw. 50.009,76 Euro brutto zu. Von diesem Anspruch sind Abzüge für Wasser und Strom und für die Bauwesenversicherung vorzunehmen sowie die bereits erbrachten Zahlungen abzuziehen, so dass noch ein restlicher Vergütungsanspruch in Höhe von 3.895,91 Euro verbleibt, der jedoch aufgrund der von der Beklagten erklärten Aufrechnung mit Avalzinsen erloschen ist, § 389 BGB.

Im Einzelnen:

Aus dem aus 13 Positionen bestehenden Auftrags-Leistungsverzeichnis (Anlage K 6) hat die Klägerin lediglich die Positionen 1-3 und 12 als teilweise erbracht abgerechnet, die das Landgericht fehlerhaft ohne Beweisaufnahme als begründet angesehen hat.

Zu Pos. 1 der Rechnung:

Nach dem Auftragsleistungsverzeichnis (Anlage K 6) waren auf 2.139 m2 Kassetten, Wärmedämmplatten und Trapezprofile an der Fassade der Kesselhauswand zum Einheitspreis von 50,61 Euro zu montieren.

Da die Klägerin, wie an anderer Stelle ausgeführt, darlegungs- und beweispflichtig für die von ihr tatsächlich erbrachten Leistungen ist, der Vortrag zum Aufmaß aber zum einen nicht schlüssig ist und zum anderen von der Beklagten bestritten wird, ist grundsätzlich das Aufmaß der Beklagten zugrunde zu legen.

Diese hat hinsichtlich der Kassetten folgende Maße ermittelt:

Fassade F

692,62 m2

Fassade 12.2

167,83 m2

Fassade D

490,62 m2

Insgesamt ergibt dies eine Fläche von 1.351,07 m2. Unter Zugrundelegung der vom Sachverständigen ermittelten 13,59 Euro/m2 folgt daraus ein Gesamtbetrag in Höhe von 18.361,04 Euro.

In Bezug auf die Wärmedämmung hat die Beklagte folgende Maße angenommen:

Fassade F

692,20 m2

Fassade 12.2

0,00 m2

Fassade D

0,00 m2

Bei einer Fläche von 692,20 m2 x 4,05 Euro ergibt dies einen Gesamtbetrag von 2.803,41 Euro.

Hinsichtlich der Trapezbleche hat die Beklagte folgende Maße zugestanden:

Fassade F

692,62 m2

Fassade 12.2

0,00 m2

Fassade D

0,00 m2


Bei einer Fläche von 692,62 m2 x 19,67 Euro ergibt dies einen Gesamtbetrag von 13.623,84 Euro.

Insgesamt sind daher 34.788,29 Euro für die Position 1 in Ansatz zu bringen.

Zu Pos. 2 der Rechnung:

Die Position entspricht der Position 1, betrifft aber die Fassade Müllbunker Kesselhaus, die nach Leistungsverzeichnis (Anlage K 6) mit 113 m2 zum Einheitspreis von 50,61 EURO in Auftrag gegeben und von der Klägerin mit entsprechender Fläche als voll erbracht zum Preis von 50,61 Euro/m2 abgerechnet wurde.

Die Beklagte hat in ihrer Rechnungsprüfung (Anlage B 10 und B 11) statt der 113 m2 sogar deutlich darüber hinausgehende 198,88 m2 für Kassetten, 198,88 m2 für Trapezprofile, aber nur 96,8 m2 für Dämmplatten angeführt. Der Ansatz für die Wärmedämmung ist dabei allerdings nicht nachvollziehbar. Denn nach der von der Beklagten selbst eingereichten Skizze (Anlage B 13) ist ein Aufbau von innen nach außen (Kassette Dämmung Trapezblech) vorgesehen. Wenn die Beklagte daher für Kassetten und Trapezbleche jeweils ca. 198 m2 anerkennt, dann ist nicht verständlich, wieso die Fläche der eigentlich dazwischenliegenden Dämmung nur geringere 97 m2 betragen soll. Für die Anteile, die der Berechnung für die Dämmung zugrunde gelegt werden, sind daher dieselben Flächen wie für die Trapezprofile anzusetzen, d.h. 198,88 m2.

Danach ergibt sich für die Position 2 ein Gesamtbetrag in Höhe von 7.420,20 Euro, der sich wie folgt zusammensetzt:

198,88 x 13,59 Euro = 2.702,77 Euro 198,88 x 4,05 Euro = 805,47 Euro 198,88 x 19,67 Euro = 3.911,97 Euro

Zu Pos. 3 der Rechnung:

Laut Auftragsleistungsverzeichnis (Anlage K 6) betraf diese Position den Warmdachaufbau Kesselhaus mit Trapezprofilen, Dampfsperre, Wärmedämmung 25 cm zweilagig, Dachentwässerung (Gullys, Fallrohre, Notablauf, Sekuranten), Dampfsperre überlappend verlegt inkl. Verlegung von Gehwegplatten und Gummimatten. Die Fläche sollte 600 m2 und der Einheitspreis 47,40 EURO betragen. Die Klägerin hat je 600 m2 Trapezprofile und “Verl. Dämmung” zu Einheitspreisen von 30,81 EURO und 16,59 Euro abgerechnet und behauptet, die Leistung voll erbracht zu haben (Bd. I, Bl. 14). Die Beklagte hat dies hinreichend substantiiert bestritten und vorgetragen (Bd. I, Bl. 66; Bd. III, Bl. 6), dass die Leistungen nicht wie behauptet erbracht worden seien, sondern lediglich einige Quadratmeter Trapezprofile verlegt worden seien, jedoch weder Dämmung aufgebracht, Dampfsperren ausgeführt noch Gullys, Fallrohre oder Notablauf für Sekuranten (lt. Internet: Absturzsicherungen), Gehweg- und Gummiplatten verlegt worden seien. Bei der Verlegung der Trapezbleche habe die Klägerin zudem sämtliche Ausschnitte zu groß ausgeschnitten bzw. seien diese nicht nach Verlegeplan verlegt worden, so dass sie einschließlich des Dämmmaterials wieder hätten entfernt werden müssen (Bd. III, Bl. 90).

Grundsätzlich hat die Klägerin die fehlerhaften Ausschnitte für die Rauch- und Wärmeabzugsanlage-Öffnungen (RWA) unstreitig gestellt (Bd. III, Bl. 43 f.), jedoch unter Beweisantritt vorgetragen, dass die nur erfolgt sei, weil die Beklagte insoweit fehlerhafte Pläne mit falschen Angaben zur Größe der Ausschnitte und entsprechend auch fehlerhaftes Material zur Verfügung gestellt habe, was sie, die Klägerin, nicht habe erkennen können (Bd. I, Bl. 113; Bd. II, Bl. 144). Die von der Beklagten vorgelegten Zeichnungen (Anlage BK 12 und BK 13) hätten ihr im Zeitpunkt der Ausführung nicht vorgelegen, im Übrigen seien in der Anlage BK 13 keine Öffnungen dargestellt (Bd. III, Bl. 108). Die Beklagte bestreitet dies und hat ebenfalls Beweis durch Zeugenvernehmung und Sachverständigengutachten angeboten (Bd. I, Bl. 151; Bd. II, Bl. 65, 187; Bd. III, Bl. 88 ff.).

Unabhängig von der Frage der Beweislast für die (fehlende) mangelfreie Erbringung der berechneten Leistung ist der Vortrag der Klägerin jedenfalls nicht ausreichend substantiiert, weshalb auch eine Beweiserhebung durch Zeugenvernehmung ausscheidet. Denn eine Aushändigung fehlerhafter Pläne durch die Beklagte als Ursache für die mangelhafte Werkleistung wäre nur dann schlüssig vorgetragen, wenn die Klägerin diese Pläne vorgelegt hätte, um anhand ihres Inhalts prüfen zu können, worin das Fehlerhafte in der Planzeichnung zu sehen sei. Der Senat kann auf der vorgetragenen Grundlage aber insbesondere nicht feststellen, ob der Vortrag der Klägerin entscheidungserheblich und gegebenenfalls beweisbedürftig wäre.

Damit war der erhobene Anspruch auf Zahlung von 28.440,00 Euro hinsichtlich der Position zu 3. mangels schlüssiger Darlegung zurückzuweisen.

Zu Pos. 12 der Rechnung:

Beauftragt waren. laut Leistungsverzeichnis (Anlage K 6) der Einbau von 53 Fenstern, Wandöffnungsanschluss für Fenster inklusive aller allgemeinen verlegetechnischen Vorschriften der IFBS-Richtlinie 8.01 zum Einheitspreis von 148,42 Euro. Die Klägerin hat 20 Fenster als voll erbracht abgerechnet. Die Beklagte hat die vollständige Erbringung bezüglich dieser 20 Fenster bestritten (Bd. I, Bl. 67 f.) und hält allenfalls einen Anteil von 90,00 Euro vom Einheitspreis für angemessen. Sie begründet dies damit, dass vorliegend nur zwei von sechs erforderlichen Arbeitsschritten erbracht worden seien, nämlich die Ausschnitte der Öffnungen in die fertige Fassade und das Einsetzen der Fenster in die Fassade.

Das Landgericht hat die Forderung als begründet angesehen, weil die Anschlussarbeiten in Position 12 nicht aufgeführt seien und zur IFBS-Richtlinie 8.01 nicht substantiiert vorgetragen sei. Dies begegnet durchgreifenden Bedenken. Denn die Beklagte hat unter Hinweis auf die Vereinbarung in dem Leistungsverzeichnis, dass der Einbau der Fenster inklusive aller allgemeinen verlegetechnischen Vorschriften der IFBS-Richtlinie 8.01 vereinbart war und. der detaillierten Darlegung, welche Tätigkeiten eine ordnungsgemäße Montage erfordert hätte (Bd. I Bl. 67 d.A.) und welche Arbeitsschritte die Klägerin lediglich erbracht habe, substantiiert vorgetragen. Es wäre Sache der Klägerin gewesen, dem im einzelnen entgegenzutreten und die Vollständigkeit des Fenstereinbaus nach Maßgabe der verlegetechnischen Vorgaben der Richtlinie darzulegen. Dies ist nicht geschehen.

Dass die Klägerin entsprechend der Behauptung der Beklagten nach dem Leistungsverzeichnis verpflichtet gewesen ist, die Fenster erst nach einer Montageanleitung zusammenzubauen, ist allerdings nicht erkennbar. Im Regelfall werden Fenster bereits in fertig montiertem Zustand mit Verglasung auf die Baustelle geliefert. Die Klägerin war nicht mit der Herstellung und Lieferung von Fenstern beauftragt, sondern nur mit dem “Einbau von Fenstern“. Sie war daher auch nicht zur Verglasung verpflichtet. Darauf kommt es aber im Ergebnis auch nicht an, denn unstreitig sind die 20 Fenster zusammengebaut worden.

Wenn die Klägerin es nicht gewesen sein will, muss es die Beklagte selbst oder eine sonstige Drittfirma gewesen sein. Der Transport der Fenster zum konkreten Montageort dürfte im geschuldeten Leistungsumfang der Klägerin dagegen mit enthalten sein. Auch dies ist aber geschehen. Soweit die Klägerin ferner meint (Bd. I, Bl. 114), sie sei nicht verpflichtet gewesen, die Ausschnitte in der Fassade herzustellen, dürfte diese Leistung eigentlich schon Gegenstand der geschuldeten Fassadenherstellung entsprechend den übergebenen Plänen gewesen sein (vgl. Anlage K 11). Entsprechend den Besonderheiten der Fassade und der hierfür geltenden und vereinbarten Richtlinie war die Klägerin zweifelsohne auch verpflichtet, den Einbau der Fenster nach diesen Maßstäben umzusetzen. Dies ist offensichtlich nicht bzw. nicht vollständig geschehen, denn die Klägerin behauptet selbst (Bd. I, Bl. 115), dass sie nicht verpflichtet gewesen sei, die Fenster- und Laibungsbleche zu montieren und Dichtungen einzusetzen. Dies gehört im Normalfall zum ordnungsgemäßen Einbau von Fenstern. Nach der Richtlinie sind die Dichtungen und auch Sohlbänke einzusetzen. Ist dies – wie offensichtlich unstreitig – nicht geschehen, so hat die Klägerin ihre Leistung auch bei den berechneten 20 Fenstern noch nicht vollständig erbracht. Wie sie auf welche sonstige Weise die Fenster eingebaut haben will, hat die Klägerin nicht dargetan. Ihr pauschaler Vortrag (Bd. I, Bl. 114), sie habe die “Rahmen der Fenster vertragsgemäß eingebaut“, ist unter Beachtung der vorstehenden Umstände zu unsubstantiiert und der angetretene Zeugenbeweis (Bd. I, Bl. 114) würde auf eine im Zivilprozess unzulässige Ausforschung hinauslaufen.

Soweit die Beklagte auch Sicherungsarbeiten, wie Marken der Scheiben und Warnhinweise, solange die Scheiben noch nicht festmontiert waren, als nicht erbracht beanstandet (Bd. I, Bl. 68), ist eine entsprechende Leistungsverpflichtung weder aus dem Leistungsverzeichnis noch aus der Richtlinie erkennbar.

Auf der Grundlage der im Übrigen nachvollziehbaren Darlegung der Beklagten, weshalb für 20 Fenster als Wert jeweils 90,00 Euro zugrunde zu legen waren, hat der Senat den Wert der erbrachten Leistung auf dieser Grundlage gemäß § 287 Abs. 2 ZPO geschätzt. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass die Klägerin sich in erheblichem Umfang nicht an die Anforderungen für den Einbau der Fenster gehalten hat, den die Beklagte schlüssig darlegt.

Dies ergibt für die Rechnungsposition einen Anspruch von 1.800,00 Euro als berechtigte Forderung der Klägerin.

f) Abzug für Strom/Wasser, Versicherung und Sicherheitseinbehalt

Soweit das Landgericht für Wasser/Strom gemäß Ziffer 14.6 des Verhandlungsprotokolls (Anlage K 1) 3% der Bruttoschlussrechnungssumme und für die Bauwesenversicherung gemäß Ziffer 8.1 des Protokolls 0,27% der Nettoabrechnungssumme und danach insgesamt 3.623,09 Euro und 283,55 Euro abgezogen hat, sind die Berufungsangriffe der Klägerin ebenfalls nichtberechtigt, da die Vereinbarung zwischen den Parteien so getroffen worden ist und auch keine Wirksamkeitshindernisse bestehen. Mit dem erst in zweiter Instanz vorgetragenen Abzug eines Sicherheitseinbehalts ist die Beklagte ausgeschlossen.

aa) Versicherung

Bezüglich der Versicherungsbeteiligung ist der Text im Protokoll der Beklagten formularmäßig vorgedruckt. Dennoch unterliegt die Klausel über die Bauwesenversicherung nicht der Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB, weil sie keine Preisnebenabrede regelt. Leistungsbeschreibungen, die dazu dienen, die Art und den Umfang der vertraglichen Leistungspflicht unmittelbar zu regeln, sind der Inhaltskontrolle entzogen (BGH, Urteil vom 10. Juni 1999, Az. VII ZR 365/98, NJW 1999, 3260; BGH, Urteil vom 06. Juli 2000, Az. VII ZR 73/00, NJW 2000, 3348).

Nach dem Inhalt des Protokolls wurde eine Bauleistungsversicherung abgeschlossen, lag also bei Vertragsschluss schon vor. Die Klägerin hätte sich diese ohne Weiteres vorlegen lassen können, wozu sie damals offensichtlich keine Veranlassung gesehen hat. Soweit die Klägerin diese Versicherung jetzt im Nachhinein bestritten hat, ist dies unerheblich, einer Erhebung der von der Beklagten angetretenen Beweise (Bd. II, Bl. 118) bedarf es nicht.

bb) Strom- und Wasserkosten

Bezüglich der Strom- und Wasserkosten hat das Landgericht darauf abgestellt, dass es sich hierbei um eine Individualabrede handelt, die nicht der Inhaltskontrolle der §§ 305 ff. BGB unterliegt. Dies greift die Klägerin zu Recht an. Zwar spricht es indiziell dafür, dass dann; wenn in einem vorformulierten Vertragstext handschriftlich eine nicht vorgesehene und auch nicht im Wege der “Lückenausfüllung” zu ergänzende gesonderte Regelung hinzugesetzt wird, es sich um eine Individualvereinbarung handelt (BGH, Urteil vom 12. Mai 1992, Az. XI ZR 258191, NJW 1992, 2285 [2286]). Stichhaltig ist die Argumentation des Landgerichts nach dem Gesetzeswortlaut des § 305 BGB jedoch nicht, worauf die Klägerin in der Berufung zu Recht hinweist. Maßgebend ist vielmehr, dass diese Klausel tatsächlich individuell ausgehandelt wurde, was mehr als ein bloßes Verhandeln bedeutet (Grüneberg in: Palandt, BGB, 80. Auflage 2021, § 305 Rn. 20). Für eine beabsichtigte« mehrfache Verwendungsabsicht der Beklagten spricht die Klausel selbst, denn die generalisierende Formulierung deutet auf eine Vereinbarung der Umlage auch mit den anderen Baubeteiligten hin.

Die Klägerin hat zudem unter Beweisantritt bereits erstinstanzlich nachvollziehbar vorgetragen, dass bei ihren Arbeiten kaum Strom und Wasser verbraucht worden und deswegen auch nur eine Beteiligung von 3 °/00 und nicht 3 % vereinbart worden sei (Bd. I, Bl. 116 f. und Bd. II, Bl. 32 f.). Auch dies spricht für die individuelle Aushandlung unter Berücksichtigung der konkreten Verbrauchssituation der Klägerin. Danach ist vorliegend von einer Vereinbarung von zumindest 3 ‰ auszugehen, die auch einer Inhaltskontrolle standhält. Die Beweislast dafür, dass es sich um eine AGB-Klausel handelt bzw. nur 3 %o vereinbart wurden, trifft zwar die Klägerin, die sich darauf beruft (Palandt a.a.O. Rn. 23).

Die Beklagte hat die Behauptung, dass die Vereinbarung nur 3 %o betroffen habe, jedoch nicht konkret bestritten.

cc) Sicherheitseinbehalt

Erstmals im Schriftsatz vom 28. Oktober 2016 (Bd. III, Bl. 7) hat die Beklagte auch einen Sicherheitseinbehalt von 5 % der Bruttoabrechnungssumme geltend gemacht. Ein solcher ist zwar in Ziffer 9.5 des Verhandlungsprotokolls grundsätzlich vereinbart worden, allerdings wird dort auf die Dauer der Verjährungsfrist gemäß Ziffer 12 des Verhandlungsprotokolls verwiesen, die dazu überhaupt keine Aussage enthält Gewährleistungsfristen nach VOB/B oder BGB sind inzwischen jedoch abgelaufen und die Beklagte begehrt vorliegend auch keine Mangelbeseitigung mehr, so dass ein Anspruch auf den Sicherheitseinbehalt nicht mehr besteht.

2. Rechnung ###

Mit der Rechnung (Anlage K 12) hat die Klägerin entgangenen Gewinn von 15% für nicht mehr erbrachte Leistungen in Höhe von 14.045,14 EUR geltend gemacht, die das Landgericht zu Recht abgewiesen hat. Die Klägerin greift dies mit ihrer Berufung ohne Erfolg an. Ihr steht ein entsprechender Anspruch nicht zu.

Mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die Rechnung als nicht prüffähig angesehen. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Beklagte die Rechnung innerhalb der Frist des § 1.6 Nr. 3 VOB/B als nicht prüffähig beanstandet hat, wie zwischen den Parteien streitig ist. Selbst wenn eine entsprechende Zurückweisung nicht erfolgt wäre, hätte dies nur zur Folge, dass eine Sachprüfung des geltend gemachten Vergütungsanspruchs erfolgen müsste, wozu auch dessen schlüssige Darlegung gehört. Dies ist weder in der Rechnung noch sonst geschehen. Zu Recht hat das Landgericht auf das im Vorverfahren zwischen den Parteien erlassene Urteil des Bundesgerichtshofes vom 6. März 2014 – VII ZR 349/12 – Bezug genommen, in dem der Bundesgerichtshof ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass der Unternehmer zur Darlegung seiner Forderung ersparte Aufwendungen und anderweitigen Erwerb vorzutragen und zu beziffern hat und nicht die hier erfolgte Beschränkung auf die Behauptung eines bestimmten Gewinnentgangs ausreicht.

Letztlich kann auch dies dahinstehen, denn der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Vergütung der nicht erbrachten Leistungen zu, weil die fristlose Kündigung vom ### 2010 (Anlage K 7) aus wichtigem Grund aus den zutreffenden Gründen des Landgerichts berechtigt war und es sich mithin nicht um eine freie Kündigung im Sinne von § 8 Nr. 1 VOB/B gehandelt hat.

a) Nach bislang richterrechtlich geprägten Grundsätzen, die zwischenzeitlich. Eingang in die seit dem 1. Januar 2018 geltende, hier gemäß Art. 229 § 39 EGBGB noch nicht unmittelbar anwendbare Vorschrift des § 648a BGB gefunden haben, besteht in Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 314 BGB nämlich ein – eine Vergütungspflicht für nicht erbrachte Leistungen ausschließendes – außerordentliches Kündigungsrecht des Auftraggebers, wenn der Werkunternehmer Vertragspflichten derart verletzt, dass das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört oder die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (vgl. nur BGH, NJW 2016, 1945 [1949], Rdnr. 40 mit weiteren Nachweisen; beispielhaft aus dem Schrifttum Joussen/Vygen in: Ingenstau/Korbion, VOB, 21. Aufl. 2020, vor §§ 8, 9 VOB/B Rdnr. 14).

Unabhängig von § 8 Abs. 3 VOB/B ist der Auftraggeber also nur dann berechtigt, das Vertragsverhältnis außerordentlich zu kündigen, wenn der Auftragnehmer seine Vertragspflichten in dem vorbezeichneten Sinn gravierend verletzt. Ein solcher Sachverhalt kann auch gegeben sein, wenn es zu einer vom Auftragnehmer zu vertretenden ganz beträchtlichen Verzögerung des Bauvorhabens gekommen ist und es dem Auftraggeber bei der gebotenen Gesamtwürdigung nicht zugemutet werden kann, eine weitere Verzögerung durch Nachfristsetzung hinzunehmen oder eine solche von vornherein keinen Erfolg verspricht (BGH, Urteil vom 08. März 2012 –VII ZR 118/10). Eine vorherige Fristsetzung und Kündigungsandrohung ist in Fällen der schwerwiegenden Vertragsverletzung grundsätzlich nicht erforderlich (BGH, Urteil vom 23. Mai 1996 – VII ZR 140/95). Eine fristlose Kündigung ohne Nachfristsetzung ist jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn der Auftragnehmer trotz Abmahnungen des Auftraggebers mehrfach und nachhaltig gegen eine Vertragspflicht verstößt und wenn das Verhalten des Auftragnehmers ein hinreichender Anlass für die Annahme ist, dass der Auftragnehmer sich auch in Zukunft nicht vertragstreu verhalten wird (BGH, Urteil vom 23. Mai 1996 –VII ZR 140/95). Insbesondere ist der Auftraggeber berechtigt, einen Bauvertrag aus wichtigem Grund zu kündigen, wenn. der Auftragnehmer die Erfüllung des Vertrags unberechtigt und endgültig verweigert und es deshalb der vertragstreuen Partei nicht zumutbar ist, das Vertragsverhältnis fortzusetzen (BGH, Urteil vom 28. Oktober 1999 – VII ZR 393/98).

Diese Voraussetzungen liegen hier in der Gesamtschau vor. Die Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs für die infolge der Kündigung nicht mehr erbrachten Leistungen gemäß § 8 Nr. 1 Absatz 2 VOB/B, § 649 Satz 2 BGB sind damit nicht gegeben.

Das Landgericht hat insoweit auf den im vorangegangenen Verfahren erlassenen Beschluss des Kammergerichts vom 27. Januar 2012 – 21 U 174/10 – Bezug genommen und sich dessen Gründe zu den Ziffern 5 und 6 nach eigener Würdigung zu eigen gemacht. Auch der Senat geht aus diesen zutreffenden Gründen davon aus, dass die Kündigung vom 28. Januar 2010 aus wichtigem Grund gerechtfertigt war.

Der 21. Zivilsenat des Kammergerichts führt in seinem Beschluss vom 27. Januar 2012 zu der außerordentlichen Kündigung aus:

5. Ein Anspruch auf Vergütung für infolge der Kündigung der Beklagten nicht erbrachte Leistungen dürfte der Klägerin nicht zustehen. Der Vergütungsanspruch für nicht erbrachte Leistungen gemäß § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B i.V.m. 649 Satz 2 BGB setzt voraus, dass die außerordentliche Kündigung unwirksam ist und in eine sog. “freie” Kündigung gemäß § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOB/B umgedeutet werden kann. Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 28. Januar 2010 dürfte jedoch wirksam sein.

Der Auftraggeber eines VOB/B-Vertrages ist berechtigt, den Vertrag wegen positiver Vertragsverletzung fristlos zu kündigen, wenn durch ein schuldhaftes Verhalten des Auftragnehmers der Vertragszweck so gefährdet ist, dass es dem vertragstreuen Auftraggeber nicht zumutbar ist, den Vertrag fortzusetzen (BGH, Urteil vom 24. Juni 2004 – VII ZR 271/01; Urteil vom 23. Mai 1996 – VII ZR 140/95; Vygen in: Ingenstau/Korbion, VOB Teile A und B, 17. Auflage 2010, § 8 Abs. 3 VOB/B, Rn 17, 26; Werner in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13. Auflage 2011, Rn 1752, 1761). Diese Voraussetzungen dürften im Streitfall erfüllt sein.

Die Beklagte hat schlüssig vorgetragen, dass die Mitarbeiter der Klägerin trotz vorheriger Abmahnung durch den Sicherheitsbeauftragten auf der Baustelle und durch die Beklagte wiederholt gegen die vertraglich von der Klägerin übernommene Verpflichtung zur Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen der Bauherrin auf der Baustelle verstoßen hätten. Aus dem als Anlage B1 vorgelegten Schreiben der Bauherrin vom 27. Januar 2010, dem im Anlagenkonvolut B2 vorgelegten Bericht der von der Bauherrin beauftragten Sicherheitsfirma vom 2./3. November 2009 und der mit eben diesem Anlagekonvolut vorgelegten E-Mail der Bauherrin vom 5. November 2009 ergibt sich, dass am 2. November 2009, 5. November 2009, 21. Januar 2010 und 27. Januar 2010 jeweils Sicherheitsverstöße von Mitarbeitern der Klägerin, darunter auch ihrem Bauleiter, von der Bauherrin bzw. deren Bauleitung und Sicherheitsbeauftragten moniert und geahndet wurden. In dem Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 29. Januar 2010 (Anlage K7, dort Seite 2, Punkt 1, 3. Pfeilstrich) räumt die Klägerin zudem selbst Sicherheitsverstöße mehrerer ihrer Mitarbeiter ein. Das diesbezügliche pauschale prozessuale Bestreiten der Klägerin ist bereits wegen des Widerspruchs zu diesem Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten unschlüssig und im Übrigen auch nicht hinreichend substantiiert. Insoweit hätte die Klägerin zu den Vorfällen, die zu den Ahndungen wegen Sicherheitsverstößen geführt haben, näher vortragen müssen. Der Klägerin sind die schuldhaften Pflichtverletzungen ihrer Mitarbeiter nach § 278 BGB zuzurechnen.

6. Durch den Baustellenverweis der Klägerin als juristische Person wurde der Zweck des Bauvertrages der Parteien auch derart gefährdet, dass der Beklagten die Fortsetzung des Vertrages unzumutbar geworden sein dürfte. Wegen ihres Verweises von der Baustelle war die Klägerin nicht mehr in der Lage, ihre Vertragspflichten durch eigene Leistungen zu erfüllen. Für die Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung aus der Sicht der Beklagten spricht vorliegend weiterhin der Umstand, dass der Baustellenverweis durch die Bauherrin rechtmäßig und daher nicht angreifbar war. Aufgrund der hohen Unfallgefahr auf der Großbaustelle und dem damit verbundenen hohen Haftungsrisiko der Bauherrin hatte diese ein erhebliches und berechtigtes Interesse an der Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen. Durch die mehrfachen und hartnäckigen Verstöße mehrerer Mitarbeiter der Klägerin – darunter auch ihres Bauleiters – gegen diese Sicherheitsbestimmungen trotz eindringlicher vorheriger Abmahnungen hat die Klägerin sich als untauglich erwiesen, die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften durch ihre Mitarbeiter sicherzustellen. Die Bauherrin musste das damit verbundene erhöhte Haftungsrisiko nicht hinnehmen und durfte die Klägerin als juristische Person von der Baustelle verweisen. Aus diesem Grund dürfte die Beklagte entgegen der Auffassung der Klägerin auch unter Beachtung des zwischen den Bauvertragsparteien bestehenden Kooperationsgebots nicht verpflichtet gewesen sein, sich bei der Bauherrin gegen den Baustellenverweis zur Wehr zu setzten.

Diesen zutreffenden Erwägungen schließt sich der erkennende Senat an.

Die Beklagte hat schlüssig dargetan (Bd. I, Bl. 51 ff.), dass die Mitarbeiter und sogar der Bauleiter der Klägerin selbst wiederholt gegen die sicherheitstechnischen Vorgaben der vereinbarten Baustellenordnung (Anlage K 9) verstoßen haben und in diversen Schreiben von der Bauleitung und der Beklagten abgemahnt wurden (vgl. Schreiben und E-Mails vom ### 2010 (Anlage B 3), ### 2009 (Anlage B 4), 2. und 5. November 2009 (Anlagen B 5 bis B 7) und vom ### 2010 (Anlage B 8)), Dass die Vorwürfe gegen ihre Mitarbeiter unberechtigt sein könnten, ergibt sich auch aus dem Schreiben der Klägerin vom 2010 nicht und die Klägerin hat diese Rügen auch nicht bestritten (Bd. I, Bl. 89 ff.). Soweit die Klägerin ausgeführt hat, dass dies stets daran gelegen habe, dass die Beklagte ihren Mitwirkungspflichten nicht ordnungsgemäß nachgekommen sei, ist dies unsubstantiiert und nicht nachvollziehbar. Die Vorwürfe lauteten im Wesentlichen dahin, dass die Mitarbeiter keine Sicherungsgurte trotz bestehender Absturzgefahr trugen. Was dies damit zu tun haben soll, dass das Gerüst keinen ausreichenden Abstand von der Fassade gehabt haben soll oder keine Möglichkeit bestanden habe, die Kassetten mittels Einsatzes einer Hebeeinrichtung zwischen dem Stahlbauskelett und dem Gerüst einzufädeln, ist schlichtweg nicht nachvollziehbar. Eine Absturzsicherung am Gerüst war so oder so möglich. Allenfalls hätten eben mangels genügenden Zwischenraums die Kassetten nicht eingefädelt werden können. Dies rechtfertigt indes nicht die Verstöße gegen die Sicherungsvorschriften. Die Klägerin hätte gemäß §§ 4 Nr. 3, 6 Nr. 1 VOB/B schriftlich eine Behinderung anzeigen müssen. Soweit die Klägerin behauptet (Bd. I, Bl. 92), sie habe die Beklagte im Zusammenhang mit jeder Rüge eines Verstoßes gegen die Sicherungsvorschriften aufmerksam gemacht, teilweise auch schriftlich, ist dies bestritten (Bd. I, Bl. 143) und auch unsubstantiiert. Entsprechende Behinderungsanzeigen hat die Klägerin weder vorgelegt noch behauptet sie solche nach Zeit, Inhalt und Erklärungsempfänger hinreichend konkret. Demgegenüber hat die Beklagte detailliert und unter Beweisantritt vorgetragen (Bd. I, Bl. 140 ff.), dass das Gerüst von der Fa. ### erst gemäß der im Detail getroffenen Absprache mit der Klägerin errichtet worden ist und auch sicherheitstechnisch abgenommen Wurde. Dem ist die Klägerin nicht mehr entgegengetreten. Aus dem Verhandlungsprotokoll ergibt sich auch keine Verpflichtung der Beklagten zur Bereitstellung eines Krans (vgl. Ziffer 14.5.) oder eine Vereinbarung hinsichtlich der Erstellung des Gerüsts in einem bestimmten Abstand.

Entgegen der Auffassung der Klägerin rechtfertigen die über einen längeren Zeitraum gerügten Sicherheitsverstöße ihrer Mitarbeiter, für die sie gemäß § 278 BGB einzustehen hat auch den schließlich am ### 2010 von der Oberbauleitung ausgesprochenen Baustellenverweis der Klägerin. Nachdem bereits zuvor einzelne Mitarbeiter nach wiederholten Verstößen von der Baustelle verwiesen wurden und die Klägerin offensichtlich nicht in der Lage war, die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften durch ihre Mitarbeiter nachhaltig sicherzustellen, war der Baustellenverweis der Klägerin berechtigt und aus diesem Grund war auch die Beklagte befugt, das Subunternehmerverhältnis ohne Verstoß gegen Treu und Glauben aus wichtigem Grund fristlos zu kündigen, da ihr eine Vertragsfortsetzung auf dieser Grundlage nicht mehr zumutbar war. Die Problematik ist zwischen den Parteien auch umfassend in den wechselseitigen Schriftsätzen behandelt worden, sodass entgegen der Auffassung der Klägerin auch kein Verstoß gegen die Hinweispflichten und eine Verletzung des rechtlichen Gehörs festgestellt werden kann, zumal die Klägerin auch in der Berufung keinen weiteren Vortrag dazu abgegeben hat.

Soweit die Klägerin nunmehr mit der Berufungsbegründung vorträgt, es habe eine Vereinbarung zwischen den Parteien am ### 2010 gegeben, von einer Kündigung zunächst bis zum ### 2010, 12 Uhr, abzusehen und die Beklagte habe trotz dieser Vereinbarung die Kündigung ausgesprochen, kann sie mit diesem – von der Beklagten bestrittenen Vortrag nicht mehr gehört werden, § 531 Absatz 2 ZPO. Es handelt sich insoweit um neuen Vortrag, da die Klägerin dies in erster Instanz schriftsätzlich nicht vorgetragen und auch keinen Beweis angetreten hat.

Ungeachtet dessen hat die Klägerin aber auch selbst vorgetragen, dass der – zu jener Zeit aus der Geschäftsführung abberufene (vgl. Anlage B 21) – Geschäftsführer der Beklagten in

der Besprechung am ### 2010 geäußert habe, dass er eine Aussage zur Rechtslage nicht treffen wolle (was die Offenhaltung einer Kündigungsmöglichkeit impliziert) und

dass die das Datum vom ### 2010 tragende Kündigung ohnehin erst am ### 2010 mittels einer Übersendung per Telefax um 9:56 Uhr ausgesprochen worden sei, so dass die Ausführungen der Klägerin zur Unwirksamkeit der Kündigung keinen Bestand haben können.

3. Rechnung ###

Mit dieser Rechnung (Anlage K 13) macht die Klägerin eine Vergütung von 151.517,10 Euro für Regiearbeiten und Wartezeiten geltend, die das Landgericht mangels Darlegung der Voraussetzungen der §§ 6 Nr. 6 VOB/B, 642 BGB (Wartezeiten) und § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 VOB/B (Regiearbeiten) zutreffend als nicht begründet angesehen hat.

Die Klägerin greift dies ausschließlich damit an, dass das Landgericht hierbei das rechtliche Gehör verletzt habe. Ihr Prozessbevollmächtigter habe auf die entsprechenden mündlichen Ausführungen der Vorsitzenden Richterin in der mündlichen Verhandlung vom 26. Januar 2015 erklärt, dass die Absicht bestehe, den bisherigen Sachvortrag zu ergänzen. Das Landgericht hätte daher Gelegenheit zur weiteren Äußerung geben müssen. Dies ist unsubstantiiert und kann dahinstehen, denn unabhängig davon, dass sich aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung kein Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Schriftsatzfrist ergibt, trägt die Klägerin auch in der Berufung nicht substantiiert dazu vor, was sie denn erheblich in diesem Sinn zur Ergänzung ihres Vorbringens vorgetragen hätte. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat die Berufungsbegründung, wenn sie die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) rügt, gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO zur Entscheidungserheblichkeit des Verfahrensfehlers darzulegen, was bei Gewährung des rechtlichen Gehörs vorgetragen worden wäre und dass nicht auszuschließen ist, dass dieser Vortrag zu einer anderen Entscheidung des Erstgerichts geführt hätte (vgl. nur BGH, Beschluss vom 12. Februar 2020 – XII ZB 445/19). Dies hat die Klägerin nicht getan. Eine entscheidungserhebliche Verletzung des rechtlichen Gehörs vermag der Senat daher nicht festzustellen.

4. Hilfsaufrechnungen der Beklagten

Der restliche Vergütungsanspruch der Klägerin in Höhe von 3.895,21 Euro ist in Höhe von 2.122,58 Euro durch Aufrechnung mit der bereits erstinstanzlich geltend gemachten Avalkosten erloschen, § 362 Abs. 1 BGB. Die Feststellungen des Landgerichts Berlin sind insoweit nicht mit der Berufung der Klägerin angegriffen worden und damit nicht Gegenstand der Berufung.

Nach Abzug dieser Kosten verbleibt ein restlicher Vergütungsanspruch in Höhe von (3.895,21 Euro – 2.122,58 Euro =) 1.773,33 Euro.

Soweit die Beklagte erstinstanzlich außerdem zunächst mit der Vertragsstrafe in Höhe von 3.693,36 Euro hilfsweise aufgerechnet hat, macht sie diesen Anspruch, den das Landgericht als unbegründet angesehen hat, mit ihrer Berufung ersichtlich nicht mehr geltend.

Des Weiteren fordert die Beklagte Ersatzansprüche in Höhe von 219.601,79 Euro (Bd. II, Bl.68) und hat mit diesen Ansprüchen hilfsweise aufgerechnet. In erster Instanz hatte sie Mehraufwand von 218.206,53 EUR für Fertigstellungsarbeiten sowie Mängelbeseitigungsmaßnahmen zur Aufrechnung gestellt (Bd. I, Bl. 73 f. und Korrektur Bd. I, Bl. 161), die die Klägerin zulässig mit Nichtwissen bestritten hat (Bd. I, Bl. 124).

Die Berechnung auf Seite 22 der Berufungsbegründung (Bd. II, Bl. 68) ist nicht nachvollziehbar. Die behaupteten Gegenansprüche von 405.581,98 EUR aus der Fertigstellung übersteigen das gesamte Auftragsvolumen mit der Klägerin (228.464,84 EUR) um immerhin rund 77,5% und den von der Beklagten berechneten Anteil der nicht erbrachten Leistungen (185.980,19 EUR) um sogar 118%. Die Beklagte hatte nach eigenen Angaben ein Auftragsvolumen von 1,12 Mio. (Bd. I, Bl. 72), sodass hier naheliegt, dass hier Kosten der ohnehin zu erbringenden Mehrleistungen eingerechnet werden.

Entgegen ihrer Berufungsrüge (Bd. II, Bl. 66) hat die Beklagte in der ersten Instanz keineswegs die Ersatzmaßnahmen, die nach der fristlosen Kündigung und dem Baustellenverweis notwendig gewesen sein sollen, im Einzelnen aufgeführt und unter Beweis gestellt. Zu Recht hat das Landgericht ausgeführt, dass die Klägerin auch Kosten für die Mangelbeseitigung berechnet hat, ohne dazu und zu den Voraussetzungen der §§ 4 Nr. 7 bzw. 13 Nr. 7 VOB/B konkret vorzutragen. Die Einreichung der Anlagen B 37 ff. kann einen substantiierten Vortrag nicht ersetzen. Zutreffend hat das Landgericht darauf abgestellt, dass die pauschale Differenzberechnung der Klägerin weder unter § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbsatz noch unter § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 2 VOB/B subsumierbar ist. Die Beklagte behauptet eigene Arbeitslöhne in Höhe von 168.847,00 EUR gehabt zu haben, für die dem Landgericht Lohnbelege übersandt worden sein sollen. Dies war lediglich angekündigt (vgl. Bd. I, Bl. 161), ist jedoch weder in erster Instanz noch in zweiter Instanz geschehen. Selbst wenn sie sie eingereicht hätte, wird dadurch entsprechender schriftsätzlicher Vortrag nicht entbehrlich, worauf das Landgericht ausdrücklich hingewiesen hat. Es ist weder dargetan noch unter Beweis gestellt, welche eigentlich der Klägerin obliegenden Tätigkeiten welcher Arbeitnehmer wann ausgeführt haben soll. Dies ergibt sich auch nicht aus der Anlage B 42.

Gleiches gilt auch bezüglich der Kosten der Drittfirmen, wobei beispielsweise die Rechnungen der Fa. ### und ### bereits vom ### 2009 stammen und daher keine Arbeiten nach Kündigung zur Fertigstellung betroffen haben können. Welche Arbeiten geleistet wurden, ergibt sich daraus ebenfalls nicht. Ebenso lassen die späteren Rechnungen die Arbeiten und ihre Zuordnung konkret nicht erkennen. Die angetretenen Beweise (Bd. II, Bl. 67) wären auf eine unzulässige Ausforschung gerichtet.

Der Senat vermag daher mangels schlüssiger Darlegung der Forderung die Mehrkosten der festzustellen noch zu schätzen.

Die Hilfsaufrechnung in Höhe von 3.090,60 Euro bezüglich der Avalzinsen im Zeitraum vom 1. Juli 2014 bis 31.12.2016 hat dagegen Erfolg.

Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2016 ihren Anspruch auf Avalprovisionen um 3.090,60 Euro gemäß Rechnung vom ### 2016 erweitert hat (Bd. III, Bl. 9, Anlage BK 12 [Bd. III, Bl. 10 ff.], Zeitraum 01. Juli 20.14 bis 31. Dezember 2016), hat die Klägerin dies zunächst zwar bestritten und einen aktuellen Nachweis gefordert (Bd. III, Bl. 50 f.). Dass diese tatsächlich angefallen sind, ist nunmehr aber aufgrund der Einreichung der Anlage BK 17 durch die Beklagte mit ihrem Schriftsatz vom 25. September 2019 (Bl. 142 Bd. IV) hinreichend belegt, ohne dass noch ein Vortrag von Klägerseite hierzu erfolgt wäre, sodass der Beklagtenvortrag als zugestanden anzusehen ist (§ 138 Abs. 3 ZPO).

Hinsichtlich der Einführung des Inhalts der Anlage BK 17 gilt die Vorschrift des § 533 ZPO, denn es handelt sich um eine neue Aufrechnung. Eine ausdrückliche Einwilligung von Klägerseite liegt nicht vor. Ein Schweigen der Partei kann jedoch als vermutete Einwilligung auszulegen sein (in diesem Sinne: Heßler in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 533 ZPO, Rn 24). Hierfür spricht bereits der Gesichtspunkt, dass die Klägerin mit der Berufung die erstinstanzliche bereits berücksichtigte Avalzinsforderung der Beklagten in Höhe von 2.122,58 Euro mit der Berufung nicht mehr beanstandet und sich zu der erweiterten Forderung in zweiter Instanz bestreitend zur Sache eingelassen hat. Im Ergebnis kommt es aber auf die Einwilligung der Klägerin nicht an. Denn die Erweiterung ist jedenfalls sachdienlich im Sinne des § 533 Nr. 1 ZPO. Sachdienlichkeit ist dann gegeben, wenn die Zulassung der Aufrechnung zur umfassenden Beilegung des Streits der Parteien beiträgt und einem andernfalls zu gewärtigenden Folgeprozess vorbeugt (Musielak/Voit/Ball, 18. Aufl. 2021, ZPO § 533 Rn. 13). Eine solche Sachlage ist hier zweifelsfrei gegeben und der erweiterte Antrag zulässig.

Sofern die Beklagte keine formelle Aufrechnungserklärung abgegeben hat, gilt Folgendes:

Für eine Aufrechnungserklärung reicht es aus, dass der Wille der Partei erkennbar ist, ihre Gegenforderung zur Verrechnung zu stellen. Die Erklärung muss jedoch nicht ausdrücklich und kann nach allgemeinen Grundsätzen auch stillschweigend erfolgen oder in einem tatsächlichen Vorgang liegen, soweit der Erklärungsinhalt und/oder die äußeren Umstände mit hinreichender Deutlichkeit auf einen Aufrechnungswillen schließen lassen (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 21. April 2021 – 11 U 43/20). Dies ist hier gegeben, die Beklagte stellt hinreichend klar, dass die Aufrechnung (hilfsweise) von einem etwaigen der Klägerin (noch) zustehenden Vergütungsanspruch abzuziehen sei.

Verzugszinsen in Höhe von 451,41 Euro auf die zur Aufrechnung gestellten und bereits vom Landgericht berücksichtigten ersten Provisionsbeträge in Höhe von 2.122,58 Euro stehen der Beklagten nicht zu. Insoweit ist bereits kein Verzug gegeben.

Zusammenfassend hat die Klägerin nur aus der Rechnung vom ### 2010 über 120.769,55 Euro einen Vergütungsanspruch in Höhe von 44.008,49 Euro netto bzw. 50.009,76 Euro brutto, der sich wie folgt berechnet:

o Pos. 1 der Rechnung:

Kassetten:

Fassade F

692,62 m2

Fassade 12.2

167,83 m2

Fassade D

490,62 m2

Insgesamt: 1.351,07 m2 x 13,59 Euro/m2 = 18.361,04 Euro

Wärmedämmung:

Fassade F

692,20 m2 (oder auch 692,62? Bd. III/5)

Fassade 12.2

0,00 m2

Fassade D

0,00 m2

Insgesamt: 692,20 m2 x 4,05 Euro/m2 = 2.803,41 Euro

Trapezbleche:

Fassade F

692,62 m2

Fassade 12.2

0,00 m2

Fassade D

0,00 m2

Insgesamt 692,62 m2 x 19,67 Euro = 13.623,84 Euro

Gesamtergebnis: 34.788,29 Euro

o Pos. 2 der Rechnung

Kassetten: 198,88 m2 x 13,59 Euro/m2 = 2.702,77 Euro Wärmedämmung: 198,88 m2 x 4,05 Euro/m2 = 805,47 Euro Trapezbleche: 198,88 m2 x 19,67 Euro/m2 = 3.911,97 Euro

Gesamtergebnis: 7.420,20 Euro

o Pos. 3 der Rechnung: kein Vergütungsanspruch

o Pos. 12 der Rechnung

20 Fenster x 90 Euro = 1.800 Euro

Gesamt: 44.008,49 Euro netto

zzgl. 6.601,27 Euro (15% Steuern)

= 50.009,76 Euro brutto

abzgl. 118,82 Euro (0,27% vom Netto für Versicherung)

abzg1.150,03 Euro (0,3% vom Brutto für Wasser/Strom)

abzgl. 45.845,00 Euro (geleistete Zahlungen)

= 3.895,91 Euro

abzgl. 2.122,58 Euro (mit der Berufung nicht angegriffen)

abzgl: 3.090,60 Euro (erfolgreiche Aufrechnung durch Beklagte)

Von den für diese Rechnung ursprünglich beanspruchten 120.769,55 Euro war zusammenfassend lediglich ein Zahlungsanspruch in Höhe von brutto 50.009,76 Euro gerechtfertigt. Unter Berücksichtigung der weiter vorzunehmenden Abzüge und den bereits gezahlten 45.845,00 Euro sowie der hilfsweise erklärten Aufrechnung mit den Avalkosten verbleibt keine mehr von der Beklagten auszugleichende Restforderung.

5. Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist aus den zutreffenden Gründen des Landgerichts nicht begründet. Das Berufungsvorbringen der Klägerin ist nicht geeignet, ein abweichendes Ergebnis zu rechtfertigen. Soweit die Klägerin jetzt darauf abstellt, dass die Tätigkeit schon zur Vermeidung der Kündigung und wegen ihrer Unkenntnis des deutschen Rechts zu ihrer rechtlichen Beratung erforderlich gewesen sei, mag dies zutreffen, jedoch ergibt sich daraus kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte, zumal die Kündigung aus oben aufgeführten Gründen berechtigt war.

6. Da keine Hauptforderung mehr besteht, die zu verzinsen wäre, ist ein Zinsanspruch ebenfalls nicht gegeben.

7. Die von der Klägerin begehrte Schriftsatzfrist war nicht zu gewähren. Der Schriftsatz der Beklagten vom 11. August 2021 – soweit sich der Antrag im Termin am 24. August 2021 auf einen Schriftsatz vom 1. August 2021 bezog, ist hiermit offensichtlich der Schriftsatz der Beklagten vom 11. August 2021 gemeint – enthielt keinen neuen, entscheidungserheblichen Vortrag. Es war auch nicht erforderlich, der Klägerin Gelegenheit zu geben, schriftlich zu den mündlichen Erläuterungen des Sachverständigen Stellung nehmen. Das Nachreichen einer schriftlichen Beweiswürdigung kann grundsätzlich nicht verlangt werden (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 1990, Az, XII ZR 101/89, NJW 1991, 1547). Nur wenn eine sofortige Verhandlung über das Ergebnis der Beweisaufnahme nicht zumutbar ist, z.B. weil der Sachverständige in der mündlichen Erörterung Fragen aufgeworfen hat, zu denen sich die Partei ohne sachkundige Beratung nicht äußern kann, ist der Partei Gelegenheit zu einer nachträglichen Stellungnahme nach Vorliegen des Protokolls zu geben (vgl. Greger in: Zöller, ZPO, 33. Auf. 2020, § 285 Rn. 2 m.w.N.). Das war hier jedoch nicht der Fall.

Der Sachverständige ist ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 24. August 2021 (Seite 2, Bl. 41, Bd. VI d. A.) lediglich zur Erläuterung seines Ergänzungsgutachtens vom 17. März 2021 und diesbezüglich auch begrenzt auf die von der Klägerin selbst aufgeworfenen Ergänzungsfragen angehört worden. Der Umfang der von der Klägerin selbst angestoßenen ergänzenden Beweisaufnahme war damit von vornherein begrenzt, die Fragestellungen überschaubar und die Äußerungen des Sachverständigen gut verständlich und nicht besonders komplex. Der Sachverständige gab auch keine neuen Erklärungen ab, die über das Beweisthema oder über die Beantwortung der von der Klägerin schriftlich angekündigten Erklärungen hinausgingen. Die Parteien hatten anschließend Gelegenheit zur Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme und die Sach- und Rechtslage wurde im Rahmen der dann geführten Vergleichsgespräche unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme erneut erörtert. Eine Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme zu den Erläuterungen des Sachverständigen war vor diesem Hintergrund entbehrlich.

In der Gesamtschau greift die Berufung der Beklagten, sofern sie auf die Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und Aufrechterhaltung des klageabweisenden Versäumnisurteils gerichtet ist, durch und die Berufung der Klägerin ist insgesamt erfolglos. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ein Grund, die Revision zuzulassen, war nicht gegeben, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Absatz 2 Satz 1 ZPO).

Von der Redaktion

Unternehmen und ihre versierten Angebote

Die TiefbauRecht hat sich zum Ziel gesetzt, Baupraktikern/-innen – also Rechtsanwälte/-innen, Richter/-innen, Architekten und Ingenieuren/-innen, Bausachverständigen, Bauunternehmen, Mitarbeitern von Bund, Ländern und Kommunen, Studierenden und Rechtsreferendaren/-innen – ein Forum zum Networken sowie für einen Austausch über typische Probleme des TiefbauRechts zu bieten.

Im Fokus steht daher einerseits eine „erweiterte Ausbildung“ zur Vermittlung von Grundlagen und praktischen „Tricks“ etwa zu bauprozessualen Fragen, Fragen der Mandatsbearbeitung im Baurecht aber auch zu Fragen der Baupraxis (etwa Technik, Betriebswirtschaft), die für das Verständnis des Tiefbaurechts von Bedeutung sind. Alle Leser sind aufgerufen, aktiv an der Gestaltung der TiefbauRecht mitzuwirken.

Zum schnellen und unkomplizierten Networken und zum Austausch von Informationen werden wir bei XING eine Gruppe einrichten.

Neben dem Austausch im Internet findet eine jährliche zentrale Veranstaltung zum TiefbauRecht aus der Praxis für die Praxis statt, auf der namhafte Referenten/-innen vortragen.

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TiefbauRecht – TiefbauVertragsRecht – kurz belichtet

TiefbauRecht - TiefbauVertragsRecht - kurz belichtet

In die Kanalisation gelangter Beton

OLG Hamm, Urteil vom 30.07.2002 – 24 U 200/01

Die Sorgfaltspflicht, bei Bauarbeiten die städtische Kanalisation vor dem Einlauf von Beton zu schützen, trifft auch den ausführenden Bauunternehmer.

Kabelschaden bei Tiefbauarbeiten: Technischer Minderwert?

OLG Bremen, Urteil vom 18.09.2003 – 2 U 78/02

1. Die Kabelschutzanweisung ist Ausdruck dessen, was dem Tiefbauunternehmen im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht obliegt.

2. Ein Tiefbauunternehmen muss durch geeignete Maßnahmen ermitteln, ob die Auskünfte eines Dritten auf hinreichend sicheren Informationen beruhen, sofern es sich bezüglich der Lage von Versorgungsleitungen auf diese Auskünfte verlassen will.

3. Für die Feststellung des Minderwertes eines beschädigten kv-Kabels kann das Rahmenregulierungsabkommen der VDEW mit dem HUK-Verband als Schätzgrundlage nach § 287 ZPO herangezogen werden.

Sorgfaltsanforderungen bei Versorgungsleitungen

OLG Naumburg, Urteil vom 05.02.2004 – 4 U 155/03

Auch wenn ein Energieversorgungsunternehmen einem Tiefbauunternehmen eine Schachtgenehmigung erteilt hat, ist dieses bei Unklarheiten zwischen dem angezeigten Schachtverlauf und der Schachtgenehmigung wegen seiner gesteigterten Sorgfaltspflichten gehalten, vor Beginn der Grabungsarbeiten ergänzende Überprüfungen anzustellen.

Hohe Erkundigungs- und Sicherungspflichten für Tiefbauunternehmen

OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.11.2004 – 15 U 29/04

1. Ein Tiefbauunternehmer muss bei Bauarbeiten an öffentlichen Straßen einer Stadt in gleichem Maße mit der Existenz von Telekommunikationsleitungen privater Anbieter rechnen, wie mit dem Vorhandensein von Strom-, Gas- oder Wasserleitungen der Versorgungsunternehmen oder mit Telefonleitungen.

2. Er muss sich im Rahmen der allgemeinen technischen Erfahrung die Kenntnisse verschaffen, welche die sichere Bewältigung der auszuführenden Arbeiten voraussetzt.

Haftung für Tiefbauarbeiten auf Privatgrundstücken

OLG Hamm, Urteil vom 14.11.2006 – 21 U 43/06

Ein Tiefbauunternehmen hat bei Arbeiten auf einem Privatgrundstück nur dann erhöhte Erkundigungs- und Informationspflichten, wenn aufgrund der örtlichen Gegebenheiten besondere Anhaltspunkte für ein Vorhandensein von Versorgungsleitungen bestehen.

Schutz des Bestellers vor drohenden Schäden

OLG Naumburg, Urteil vom 20.10.2006 – 10 U 46/06

Dem Unternehmer obliegt als Nebenpflicht zum Werkvertrag die Pflicht, den Besteller vor drohenden Schäden zu bewahren. Schafft er durch seine Arbeit eine Gefahrenquelle, hat er diese zu bewachen und ggfls. abzusichern.

Tiefbauarbeiten: Haftung für Schäden

OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.02.2010 – 19 U 13/09

1. § 830 BGB dient der Überwindung von Beweisschwierigkeiten des Geschädigten bezüglich der haftungsbegründenden Kausalität.

2. Allein aus dem Vorhandensein von Schäden kann eine Sorgfaltspflichtverletzung ausführender Unternehmen bei der Durchführung von Leistungen nicht gefolgert werden.

3. Der Rechtsgedanke der §§ 904, 906 BGB ist nicht nur auf den Eigentümer des Nachbargrundstückes, sondern auch auf denjenigen, der die Nutzungsart des beeinträchtigten Grundstückes bestimmt, übertragbar.

4. Rissbildungen an Gebäuden in unmittelbarem Zusammenhang zur Durchführung von Tiefbauarbeiten können für einen verschuldensunabhängigen Ausgleichsanspruch ausreichen.

5. Bei der Bemessung eines derartigen Schadenersatzanspruches sind die Grundsätze der Vorteilsausgleichung zu beachten.

Nachbarschäden durch Kanalbauarbeiten: Wer haftet?

OLG Koblenz, Urteil vom 01.04.2011 – 1 U 379/06

Kommt es aufgrund fehlerhaft ausgeführter Kanalbauarbeiten zu Gebäudeschäden, so steht dem betreffenden Hauseigentümer ein Anspruch auf Entschädigung gegen die auftragsvergebende Verbandsgemeinde und auf Schadensersatz gegen die ausführende Baufirma zu.

Straßenbauarbeiten: Gemeinde haftet für Gebäudeschäden!

OLG Brandenburg, Urteil vom 19.02.2010 – 5 U 200/08

Kommt es bei durch eine Gemeinde beauftragten Straßenbauarbeiten infolge des Einsatzes von Baumaschinen zu Rissen in einem Wohngebäude, so kann der Grundstückseigentümer einen angemessenen Ausgleich in Geld nach der Vorschrift über die Zuführung unwägbarer Stoffe verlangen.

Kurz belichtet: OLG Stuttgart zu der Frage ob der Ingenieur wirtschaftliche Belange des Bauherrn berücksichtigen muss

Kurz belichtet: OLG Stuttgart zu der Frage ob der Ingenieur wirtschaftliche Belange des Bauherrn berücksichtigen muss

vorgestellt von Thomas Ax

1. Bei einem vor dem 01.01.2018 geschlossenen – entgeltlichen – Vertrag über Ingenieurleistungen kann es sich um einen Werk- oder um einen Dienstvertrag handeln.

2. Grundsätzlich sind Architekten-/Ingenieurverträge über bauleitende bzw. planende Tätigkeiten dem Werkvertragsrecht zuzuordnen. Ein Werkvertrag liegt vor, wenn eine oder mehrere erfolgsorientierte Aufgaben den Vertrag prägen.

3. Sowohl Architekten als auch Ingenieure haben im Rahmen der vertraglichen Vereinbarung wirtschaftlich-finanzielle Gesichtspunkte des Auftraggebers zu berücksichtigen und darauf zu achten haben, dass kein übermäßiger, nicht erforderlicher Aufwand betrieben wird.

4. Wird ein Ingenieur mit der Planung des Einbaus einer neuen Heizungsanlage beauftragt, ist seine Leistung mangelhaft, wenn er den Einbau eines Blockheizkraftwerks vorschlägt, obwohl dieses nicht notwendig ist bzw. die Erhitzung des Wassers nicht kontinuierlich gewährleisten kann.

OLG Stuttgart, Urteil vom 21.03.2023 – 12 U 312/20

Kurz belichtet: KG zu der Frage ob vor Vertragsschluss über eine Vorstrafe wegen Bestechlichkeit ungefragt aufzuklären ist

BGH zu der Frage, wann ein Architekt wegen unerlaubter Rechtsberatung haftet

vorgestellt von Thomas Ax

1. Ein Architekt/Ingenieur muss vor Vertragsschluss ungefragt über eine Vorstrafe aufklären, wenn diese berechtigten Anlass zu der Befürchtung gibt, dass der Architekt/Ingenieur den Planungsvertrag entweder nicht ordnungsgemäß erfüllen oder aber dem Auftraggeber durch die Verletzung von Nebenpflichten Schaden zufügen wird.

2. Ein Architekt/Ingenieur täuscht den Auftraggeber arglistig, wenn er den Auftraggeber vor Vertragsschluss nicht auf den Umstand hinweist, dass er wegen Bestechlichkeit rechtskräftig zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, die er zur Zeit des Vertragsabschlusses im offenen Verzug verbüßt.

KG, Urteil vom 13.01.2023 – 21 U 74/22

BGH zu der Frage, wann ein Architekt wegen unerlaubter Rechtsberatung haftet

BGH zu der Frage, wann ein Architekt wegen unerlaubter Rechtsberatung haftet

vorgestellt  von Thomas Ax

Eine Vereinbarung, durch die sich ein Architekt verpflichtet, eine von ihm selbst entworfene, der Interessenlage des Bestellers entsprechende Skontoklausel zur Verwendung in den Verträgen mit den bauausführenden Unternehmern zur Verfügung zu stellen, ist wegen eines Verstoßes gegen das in § 3 RDG geregelte gesetzliche Verbot nach § 134 BGB nichtig.
BGH, Urteil vom 09.11.2023 – VII ZR 190/22
vorhergehend:
OLG Stuttgart, Urteil vom 30.09.2022 – 10 U 12/22
LG Tübingen, 23.12.2021 – 7 O 426/20

Tatbestand: 

Die Klägerin verlangt vom dem beklagten Architekten Schadensersatz.

Anfang 2010 beauftragte M. V. e.K., der Rechtsvorgänger der Klägerin (nachfolgend einheitlich: Klägerin), den Beklagten mit Architektenleistungen der Leistungsphasen 1 bis 8 gemäß § 33 HOAI (2009) hinsichtlich des Neubaus eines Fabrikations- und Verwaltungsgebäudes. Der Beklagte stellte der Klägerin unter anderem einen Bauvertragsentwurf mit einer von ihm formulierten Skontoklausel zur Verfügung, den diese bei der Beauftragung von zumindest vier bauausführenden Unternehmern verwandte.

Unter Verwendung dieses Bauvertragsentwurfs beauftragte die Klägerin im März 2011 auch die J. & J. Bau GmbH mit Erd- und Kanalisations- sowie Rohbauarbeiten. Dieser Vertrag enthält unter “E. Auftragsbestätigung” folgende Vereinbarung: “Die Fa. J. gewährt … ein Skonto von 3 % bei Zahlungen der durch die Bauleitung geprüften und angewiesenen Abschlagszahlungen bzw. Schlussrechnung innerhalb 10 Arbeitstagen nach Eingang bei der Bauherrschaft.”

Von der Schlussrechnung der J. & J. Bau GmbH behielt die Klägerin einen 3 %-igen Skontoabzug von 105.125,00 Euro netto (entsprechend 125.098,75 Euro brutto) ein.

In einem Rechtsstreit der Klägerin gegen die J. & J. Bau GmbH erhob diese Widerklage auf Zahlung von 125.098,75 Euro mit der Begründung, die Skontoklausel sei als Allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam, so dass die Klägerin zu Unrecht von der Schlussrechnung 125.098,75 Euro einbehalten habe. In diesem Prozess schlossen die Klägerin und die J. & J. Bau GmbH einen Vergleich, in dem sich die Klägerin den von der Schlussrechnung zurückbehaltenen Betrag auf die von ihr gegen die J. & J. Bau GmbH geltend gemachten Ansprüche anrechnen ließ.

Die Klägerin ist der Auffassung, ihr sei der auf die Schlussrechnung der J. & J. Bau GmbH vorgenommene Skontoabzug nur deshalb nicht verblieben, da die vom Beklagten vorgeschlagene Skontoklausel unwirksam gewesen sei. Der Beklagte sei deshalb zum Schadensersatz in Höhe von 125.098,75 Euro verpflichtet.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Auf das Schuldverhältnis der Parteien ist das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung anzuwenden, die für ab dem 1. Januar 2002 und bis zum 31. Dezember 2017 geschlossene Verträge gilt, Art. 229 § 5 Satz 1, § 39 EGBGB.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung (IBR 2023, 28) im Wesentlichen ausgeführt:

Ein Anspruch der Klägerin aus § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB bestehe nicht.

Zwar habe der Beklagte mit der Skontoklausel eine Allgemeine Geschäftsbedingung vorgeschlagen, die einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht standhalte. Denn nach der Skontoklausel beginne die Skontofrist erst nach der Prüfung der Rechnung durch den Architekten und der Weiterleitung der geprüften Rechnung mit dem Eingang beim Auftraggeber, ohne dass der Auftragnehmer auf diesen Zeitraum vom Eingang der Rechnung beim Architekten bis zu deren Eingang beim Auftraggeber irgendeinen Einfluss hätte. Damit könne der Beginn der Skontofrist von Seiten des Auftraggebers auf einen vom Auftragnehmer nicht beherrschbaren Zeitraum verschoben werden, der unter Umständen Monate nach Rechnungseingang beim Architekten liege. Dies stelle eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers dar.

Der Beklagte habe mit dem Vorschlag zur Verwendung der Skontoklausel jedoch keine Pflicht verletzt. Nach Anlage 11 zu § 33 Satz 3 HOAI (2009) gehöre zur Leistungsphase 7 gemäß Buchst. h) die Mitwirkung bei der Auftragserteilung. Unter Mitwirkung bei der Auftragserteilung sei die Vorbereitung und Anpassung der Verträge zu verstehen. Damit komme jedoch nicht zum Ausdruck, dass der Beklagte einen juristisch geprüften, rechtlich einwandfreien Vertragsentwurf geschuldet habe. Ein Architekt würde wie ein Rechtsanwalt behandelt werden, wenn man ihm die Pflicht auferlegte, jede selbst entworfene oder aus einen ihm zur Kenntnis gelangten Bauvertrag entnommene Klausel einem Anwalt zur Überprüfung vorzulegen. Anderenfalls könnte der Architekt einer Haftung im Bereich der Vertragsgestaltung nur entgehen, wenn er sich selbst anwaltlich beraten lassen würde. Das Architektenhonorar decke jedoch grundsätzlich die Leistung des Architekten ab und nicht zusätzliche Anwaltskosten. Ein Bauherr könne auch von seinem Architekten angesichts von dessen Ausbildung bei der Vertragsgestaltung keine vertieften juristischen Kenntnisse erwarten.

Vor diesem Hintergrund sei eine Verletzung einer – beschränkten – Pflicht des Beklagten zur juristischen Kontrolle der von ihm vorgeschlagenen Skontoregelung nicht festzustellen. Eine nähere Prüfung oder die Anregung einer rechtlichen Überprüfung einer Vertragsbestimmung in einem Bauvertrag müsse der mit der Leistungsphase 7 beauftragte Architekt nur vornehmen oder veranlassen, wenn es hierfür einen konkreten Anlass gebe, was hinsichtlich der hier verwendeten Skontoklausel nicht der Fall sei. Eine eigene AGB-rechtliche Kontrolle der Klausel habe der Beklagte nicht vornehmen können und müssen.

Den Beklagten habe des Weiteren keine Hinweispflicht auf nur begrenzte Rechtskenntnisse getroffen, da auch ohne einen solchen Hinweis jedem klar sei und damit auch der Klägerin hätte klar gewesen sein müssen, dass von einem Architekten als Nicht-Juristen keine vertieften Rechtskenntnisse zu erwarten seien und auch nicht zu erwarten sei, dass der Architekt alle Verträge auf eigene Kosten rechtlich prüfen lasse.

In der Berufungsinstanz habe der Beklagte in der mündlichen Verhandlung erklärt, er habe die Skontoklausel entworfen und diese Fassung mit einem inzwischen verstorbenen Rechtsanwalt abgestimmt. Die Klägerin habe diesen Vortrag des Beklagten bestritten, aber nicht widerlegt. Damit habe der Beklagte seine Pflichten zur Mitwirkung an der Vertragsgestaltung dadurch vertragsgemäß erfüllt, dass er die Skontoklausel einem Rechtsanwalt zur Prüfung vorgelegt habe, der keinen Grund gesehen hätte, diese Klausel zu beanstanden.

Mangels Pflichtverletzung des Beklagten könne dahingestellt bleiben, ob die Klägerin und die J. & J. Bau GmbH die Skontoklausel individualvertraglich vereinbart hätten und ob der Klägerin tatsächlich ein Schaden entstanden sei.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden.

Zwar hat das Berufungsgericht jedenfalls im Ergebnis zu Recht einen Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB verneint. Der Revision kann aber gleichwohl der Erfolg nicht versagt werden, weil das Berufungsgericht bei seiner rechtlichen Würdigung den Streitstoff nicht ausgeschöpft hat. Auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts kommt nämlich ein Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz aus § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB beziehungsweise aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 3 RDG in Betracht, weil der Beklagte durch die Zurverfügungstellung der von ihm selbst entworfenen Skontoklausel gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz verstoßen hat. Unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt hat das Berufungsgericht den Sachverhalt nicht geprüft und deshalb eine hierauf gestützte Haftung des Beklagten in seine Erwägungen nicht einbezogen.

1. a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte einen Vertragstext mit der von ihm selbst entworfenen Skontoklausel der Klägerin zu deren Verwendung in ihren eigenen Verträgen mit den bauausführenden Unternehmern zur Verfügung gestellt. Die Klägerin hat diese Klausel in der Annahme, dass sie ihrer Interessenlage gerecht wird, bei Vertragsabschlüssen mit zumindest vier bauausführenden Unternehmern – darunter der Beauftragung der J. & J. Bau GmbH im März 2011 – verwendet. Dieser Erwartung der Klägerin wollte der Beklagte auch entsprechen, da er nach seinem Vortrag die von ihm entworfene Skontoklausel vor ihrer Verwendung einem Rechtsanwalt zur Prüfung vorgelegt hat.

b) Auf dieser Grundlage kann eine Haftung des Beklagten – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – nicht damit abgelehnt werden, “jedem” habe klar sein müssen, dass der Beklagte als Architekt nicht über entsprechende juristische Kenntnisse verfüge. Ein solcher Erfahrungssatz besteht nicht. Dem Besteller als im Regelfall Laien auf dem Gebiet des Bauens und des Rechts erschließt sich grundsätzlich nicht, was von der Kompetenz des Architekten noch umfasst wird oder ausschließlich zum Aufgabenbereich der Anwaltschaft gehört.

c) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft außer Betracht gelassen, dass die Parteien mit der Zurverfügungstellung der Skontoklausel durch den Beklagten, damit die Klägerin diese zur Wahrnehmung ihrer Interessen in den Verträgen mit den bauausführenden Unternehmern verwenden konnte, eine gemäß § 3 RDG unzulässige Rechtsdienstleistung zum Gegenstand ihres Architektenvertrages gemacht haben (dazu unter 2.). Der Verstoß gegen § 3 RDG entzieht zwar einem Schadensersatzanspruch aus § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB die erforderliche vertragliche Grundlage, da er jedenfalls insoweit zur Nichtigkeit des Vertrages gemäß § 134 BGB führt, als dieser die unerlaubte Rechtsdienstleistung umfasst. Er schließt aber eine Haftung des Beklagten aus § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB beziehungsweise aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 3 RDG nicht aus (dazu unter 3.).

2. Nach § 3 RDG ist die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch das Rechtsdienstleistungsgesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird.

Die Voraussetzungen von § 3 RDG liegen vor. Der Beklagte erbrachte eine Rechtsdienstleistung nach § 2 Abs. 1 RDG (a), die weder durch § 5 Abs. 1 Satz 1, 2 RDG (b) noch durch Anlage 11 Leistungsphase 7 Buchstabe h) zu § 33 Satz 3 HOAI (2009) erlaubt wird (c) und für die es auch sonst keine Rechtfertigung gibt (d).

a) Der Beklagte hat eine Rechtsdienstleistung erbracht, indem er der Klägerin eine vermeintlich ihrer Interessenlage entsprechende Skontoklausel zur Verwendung in den Verträgen mit den bauausführenden Unternehmern zur Verfügung gestellt hat.

Nach § 2 Abs. 1 RDG ist eine Rechtsdienstleistung jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine Prüfung des Einzelfalls erfordert. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfasst diese Vorschrift jede konkrete Subsumtion eines Sachverhalts unter die maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen, die über die bloße schematische Anwendung von Rechtsnormen ohne weitere rechtliche Prüfung hinausgeht. Ob es sich um eine einfache oder schwierige Rechtsfrage handelt, ist unerheblich (BGH, Urteil vom 31. März 2016 – I ZR 88/15 Rn. 23, NJW 2016, 3441).

Nach diesen Maßstäben erforderte die Zurverfügungstellung der Skontoklausel zur Verwendung in den Verträgen mit den bauausführenden Unternehmern eine Prüfung im Einzelfall, ob die Regelung der Interessenlage der Klägerin entspricht.

b) Die Rechtsdienstleistung des Beklagten war nicht nach § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 RDG erlaubt. Danach sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind. Ziel dieser Regelungen ist es einerseits, diejenigen, die in einem nicht spezifisch rechtsdienstleistenden Beruf tätig sind, in ihrer Berufsausübung nicht zu behindern und andererseits, den erforderlichen Schutz der Rechtsuchenden vor unqualifiziertem Rechtsrat zu gewährleisten (BGH, Urteil vom 31. März 2016 – I ZR 88/15 Rn. 32, NJW 2016, 3441; BT-Drucks. 16/3655, S. 51). Auf dieser Grundlage handelte es sich bei der vom Beklagten übernommenen Pflicht, der Klägerin eine ihrer Interessenlage entsprechende Skontoklausel zur Verwendung in den Verträgen mit den bauausführenden Unternehmern zur Verfügung zu stellen, nicht um eine Nebenleistung, die zum Berufs- oder Tätigkeitsbild des Architekten gehört.

aa) Der Architekt hat die Pflicht, die Leistungen zu erbringen, die erforderlich sind, um die mit dem Besteller vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen. Dieses Aufgabengebiet und damit das Berufsbild des Architekten hat in vielfacher Hinsicht Berührungen zu Rechtsdienstleistungen. So kann es zum Erreichen der vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele notwendig sein, über Kenntnisse des öffentlichen und privaten Baurechts zu verfügen und diese in der Beratung des Bauherrn umzusetzen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Architekt als geschäftlicher Oberleiter, sachkundiger Berater und Betreuer des Bauherrn nicht unerhebliche Kenntnisse des Werkvertragsrechts, des BGB und der entsprechenden Vorschriften der VOB/B besitzen (BGH, Urteil vom 26. April 1979 – VII ZR 190/78, BGHZ 74, 235, 238). Die Tätigkeit des Architekten kann zudem erfordern, dem Bauherrn das planerische, wirtschaftliche und rechtliche Umfeld des Vorhabens zu erläutern und in diesem Zusammenhang öffentlich-rechtliche Vorschriften zum Bauplanungs- und Bauordnungsrecht in seine Beratung einzubeziehen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 2021 – I ZR 227/19 Rn. 52, BauR 2021, 990 = NZBau 2021, 259). Insoweit soll der Architekt in seiner Berufsausübung durch das Rechtsdienstleistungsgesetz nicht behindert werden.

bb) Der Architekt ist jedoch nicht einem Rechtsberater des Bauherrn gleichzusetzen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 2021 – I ZR 227/19 Rn. 53, BauR 2021, 990 = NZBau 2021, 259; Urteil vom 25. Oktober 1984 – III ZR 80/83, NJW 1985, 1692, 1693 zu 2). Eine allgemeine Rechtsberatung wird von dem Berufsbild des Architekten nicht erfasst, da es insoweit an einer hinreichenden juristischen Qualifikation fehlt. Insoweit greift der Zweck des Rechtsdienstleistungsgesetzes, den Schutz der Rechtsuchenden vor unqualifiziertem Rechtsrat zu gewährleisten.

cc) Die Zurverfügungstellung einer der Interessenlage der Klägerin entsprechenden Skontoklausel zur Verwendung in den Verträgen mit den bauausführenden Unternehmern geht über die typischerweise mit der Verwirklichung von Planungs- und Überwachungszielen verbundenen Aufgaben und damit über das Berufsbild des Architekten hinaus. Denn die Erfüllung einer solchen Pflicht erfordert qualifizierte Rechtskenntnisse, wie sie grundsätzlich nur in der Anwaltschaft vorhanden sind. Es bedarf deshalb des Schutzes des Bauherrn als Rechtsuchenden vor unqualifiziertem Rat (vgl. Keldungs, Festschrift Ulrich Werner, S. 81, 86; Rath, Festschrift Koeble, S. 457, 460). Demgegenüber wird der Architekt in seiner Berufsausübung nicht behindert, da er die mit dem Bauherrn vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele erreichen kann, ohne selbst eine Skontoklausel zur Verfügung zu stellen, die die Interessenlage des Bauherrn im Verhältnis zu den bauausführenden Unternehmern abbildet. Der Architekt muss den Bauherrn nur darauf hinweisen, dass ihm eine solche Tätigkeit nicht erlaubt ist und sich der Bauherr insoweit an einen Rechtsanwalt zu wenden hat (vgl. schon zum Rechtsberatungsgesetz Kniffka, ZfBR 1994, 253, 256; vgl. des Weiteren Kniffka/Jurgeleit/Zahn, Bauvertragsrecht, 4. Aufl., § 650p Rn. 152). Die vom Senat getroffene Auslegung des Rechtsdienstleistungsgesetzes verletzt deshalb den Beklagten nicht in seinem Grundrecht auf Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG).

c) Die von dem Beklagten übernommene Rechtsdienstleistung war des Weiteren durch Anlage 11 Leistungsphase 7 h) zu § 33 Satz 3 HOAI (2009) weder unmittelbar noch mittelbar erlaubt.

aa) Nach dieser Regelung erhält ein Architekt ein Entgelt für das “Mitwirken bei der Auftragserteilung”. Insoweit wird vertreten, der Architekt sei verpflichtet, Verträge zu entwerfen bzw. sämtliche Vertragsunterlagen zusammenzustellen, die auf die Interessen des Bauherrn abgestellt sind (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 26. September 2002 – 12 U 63/02, BauR 2003, 1751 = NZBau 2003, 684; Locher/Koeble/Frik-Koeble, Kommentar zur HOAI, 15. Aufl., § 34 Rn. 205; Langen, AnwBl. 2009, 436, 438; Bruns, NZBau 2007, 737, 738; Preussner, Architektenrecht, 2. Aufl., Teil D Rn. 84 f.; ähnlich Korbion in Korbion/Mantscheff/Vygen, Kommentar zur HOAI, 9. Aufl., § 34 HOAI Rn. 239; a.A. Scholtissek, HOAI, 2. Aufl., § 34 Rn. 297; Keldungs, Festschrift Ulrich Werner, S. 81, 85 f.; Rath, Festschrift für Koeble, S. 457, 460). Soweit der Verordnungsgeber insbesondere für rechtsbesorgende Tätigkeiten im Rahmen der HOAI eine Vergütung vorgesehen habe, sei damit ein Erlaubnistatbestand im Sinne von § 5 Abs. 1 RDG geschaffen, weil ansonsten eine Leistung vergütet werde, die wegen § 134 BGB nicht wirksam vereinbart werden könne (Locher/Koeble/Frik-Locher, Kommentar zur HOAI, 15. Aufl., Einl. Rn. 209; vgl. zudem Langen AnwBl. 2009, 436, 438).

bb) Ein Erlaubnistatbestand im Sinne von § 5 Abs. 1 RDG kann unmittelbar aus Anlage 11 Leistungsphase 7 h) zu § 33 Satz 3 HOAI (2009) bereits deshalb nicht abgeleitet werden, weil der Verordnungsgeber durch die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage in Art. 10 § 1 MRVG nicht ermächtigt wurde, Erlaubnistatbestände für die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen im Sinne von § 3 RDG zu regeln.

Gemäß Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der dem Verordnungsgeber erteilten Ermächtigung in dem ermächtigenden Gesetz bestimmt werden. Beachtet die Verordnung diese Grenzen der Ermächtigung nicht, ist sie insoweit unwirksam (vgl. BVerfG, Urteil vom 6. Juli 1999 – 2 BvF 3/90, BVerfGE 101, 1; BGH, Urteil vom 24. April 2014 – VII ZR 164/13 Rn. 13 ff., BGHZ 201, 32). Mit Art. 10 § 1 MRVG hat der Gesetzgeber die Bundesregierung ausschließlich ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats eine Honorarordnung für Ingenieur- und Architektenleistungen zu erlassen. Art. 10 § 1 MRVG enthält dagegen über die reinen Honorarregelungen hinaus keine Ermächtigung, das Architekten- und Ingenieurrecht zu gestalten und beispielsweise Erlaubnistatbestände für grundsätzlich unzulässige Rechtsdienstleistungen zu normieren. Dementsprechend ist Anlage 11 Leistungsphase 7 zu § 33 HOAI Satz 3 (2009) verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass diese Regelung keinen Erlaubnistatbestand im Sinne von § 3 RDG enthält.

cc) Aus Anlage 11 Leistungsphase 7 h) zu § 33 Satz 3 HOAI (2009) kann daher auch nicht mittelbar geschlossen werden, eine Vereinbarung über die Zurverfügungstellung einer Skontoklausel, die die Interessen des Bauherrn berücksichtigt, zur Verwendung in den Verträgen mit bauausführenden Unternehmern sei vom Berufsbild des Architekten gedeckt. Eine solche Auslegung verkennt zudem das Verhältnis von formellen und materiellen Gesetzen wie dem Rechtsdienstleistungsgesetz zu bloß materiellen Gesetzen wie der HOAI als Rechtsverordnung.

Die HOAI steht als Rechtsverordnung im Rahmen der Normenhierarchie unter dem Rechtsdienstleistungsgesetz als formellem Gesetz, das deshalb Vorrangwirkung entfaltet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Februar 1981 – 1 BvR 413/80, 768/80, 820/80, BVerfGE 56, 216). Dementsprechend ist nicht das Rechtsdienstleistungsgesetz unter Heranziehung der Honorarregelungen der HOAI auszulegen. Vielmehr ist umgekehrt bei der Frage der Auslegung von Anlage 11 Leistungsphase 7 h) zu § 33 HOAI Satz 3 (2009) zu berücksichtigen, dass es keine Vergütung für eine Verpflichtung geben kann, die nach § 3 RDG in Verbindung mit § 134 BGB nichtig ist.

d) Schließlich ist die von dem Beklagten übernommene unzulässige Rechtsdienstleistung nicht deshalb gerechtfertigt, weil er sich nach seinem Vortrag hinsichtlich der Skontoklausel der Hilfe eines Rechtsanwalts bedient hat. Die Einbeziehung eines Rechtsanwalts als Erfüllungsgehilfen zur Erbringung der Rechtsdienstleistung ändert nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nichts an der Unzulässigkeit der Rechtsdienstleistung und der Nichtigkeit der entsprechenden schuldrechtlichen Vereinbarung (BGH, Urteil vom 30. Juli 2019 – VI ZR 486/18 Rn. 21 m.w.N., NJW-RR 2019, 1524).

3. Vereinbarungen, die auf die Erbringung einer unerlaubten Rechtsdienstleistung zielen, sind nach § 134 BGB nichtig (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 2019 – VIII ZR 285/18 Rn. 58 m.w.N., NJW 2020, 208).

Die Nichtigkeit der Vereinbarung der Parteien zur Pflicht des Beklagten, eine der Interessenlage der Klägerin entsprechende Skontoklausel zur Verwendung in den Verträgen mit den bauausführenden Unternehmern zur Verfügung zu stellen, führt nicht dazu, dass der streitgegenständliche Anspruch nicht besteht. Zwar ergibt sich ein solcher Anspruch, wie vom Berufungsgericht ausschließlich geprüft, nicht aus § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB. Er kann jedoch unter den Voraussetzungen von § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 2019 – VIII ZR 285/18 Rn. 94, NJW 2020, 208) beziehungsweise gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 3 RDG (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juli 2019 – VI ZR 486/18 Rn. 19, NJW-RR 2019, 1524; OLG Koblenz, Urteil vom 7. Mai 2020 – 3 U 2182/19, BauR 2021, 99 = NZBau 2021, 187) zuzusprechen sein.

III.

Das Berufungsurteil kann deshalb keinen Bestand haben und ist aufzuheben. Der Senat kann nicht gemäß § 563 ZPO in der Sache selbst entscheiden. Die Sache ist vielmehr zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um diesem Gelegenheit zu geben, die erforderlichen weiteren Feststellungen zu einem Anspruch der Klägerin aus § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB bzw. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 3 RDG zu treffen.

Sollte es für die neue Verhandlung und Entscheidung darauf ankommen, ob die von dem Beklagten zur Verfügung gestellte Skontoklausel einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB standhält, weist der Senat darauf hin, dass die Erwägungen des Berufungsgerichts zu § 307 BGB rechtlich nicht zu beanstanden sind.

OLG Köln zu der Frage, ob die Werkleistung den anerkannten Regeln der Technik entsprechen muss

OLG Köln zu der Frage, ob die Werkleistung den anerkannten Regeln der Technik entsprechen muss

vorgestellt von Thomas Ax

1. Das Werk eines Bauunternehmers ist mangelfrei, wenn es zum Zeitpunkt der Abnahme die vereinbarte Beschaffenheit hat, den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht und funktionstauglich ist. Das gilt nicht nur im VOB/B-, sondern auch im BGB-Vertrag.
2. Der Unternehmer hat vor der Abnahme die Mangelfreiheit des Werks zu beweisen. Das ist nicht anders zu beurteilen, wenn der Besteller bereits vor der Abnahme Mängelansprüche geltend macht.
3. Eine Zustimmung des Bestellers zu einer hinter den allgemein anerkannten Regeln der Technik zurückbleibenden Ausführung kommt regelmäßig nur in Betracht, wenn der Unternehmer auf die damit verbundenen Konsequenzen und Risiken hinweist, es sei denn, diese sind dem Besteller bekannt oder ergeben sich ohne Weiteres aus den Umständen.
4. Gegenüber einem privaten, im Baurecht nicht bewanderten und bei Vertragsschluss nicht durch einen erfahrenen Fachmann rechtsgeschäftlich vertretenen Besteller wird die VOB/B nur dann wirksam in den Vertrag einbezogen, wenn der Unternehmer dem Besteller die Gelegenheit einräumt, den vollen Text der VOB/B zur Kenntnis zu nehmen.
5. Die Bezugnahme auf die VOB/B im schriftlichen Vertrag reicht bei einem im Baurecht unerfahrenen privaten Besteller für ihre Einbeziehung nicht aus. Auch der Umstand, dass der Besteller zunächst noch selbst von der Einbeziehung der VOB/B ausgeht, ist unerheblich.
OLG Köln, Urteil vom 10.02.2021 – 11 U 128/19

Gründe:

A.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten zu 1 Schadensersatz wegen einer angeblich mangelhaften Werkleistung. Die Beklagte zu 2 nimmt sie als Bürgin der Beklagten zu 1 in Anspruch.

Mit schriftlichem Vertrag vom 8. Februar 2003 (Anlage K 1 zur Klageschrift), der Bezug nahm auf ein Einheitspreisangebot vom Vortag (Anlage K 2 zur Klageschrift) und auf die VOB Teil B, beauftragte die Klägerin die Beklagte zu 1 mit der Aufstockung des Flachdaches eines ihr und ihrem Ehemann gemeinsam gehörenden Wohnhauses. Die von der Beklagten zu 1 übernommenen Leistungen umfassten die Lieferung und Herstellung einer mit einer Holzverschalung zu versehenen Außenwand (Position 1.4), die Lieferung und Herstellung von Gipskartonwänden im Inneren (Position 1.5), die Lieferung und Montage einer Dachrinne (Position 6.1) und eines Regenfallrohres (Position 6.6) sowie Heizungs- und Sanitärinstallationen (Titel 10). Den weiteren Innenausbau des neu zu errichtenden Dachgeschosses, insbesondere Maler- und Tapezierarbeiten, schuldete die Beklagte zu 1 nicht.

Die Leistungen der Heizungs- und Sanitärinstallation wurden nicht von der Beklagten zu 1, sondern von einer Firma X. ausgeführt. Diese hatte die Klägerin zumindest mit der Lieferung der einzubauenden Sanitärobjekte (Waschtisch, WC, Dusche, Heizkörper) beauftragt, da ihr die von der Beklagten zu 1 angebotenen Objekte nicht zugesagt hatten. Jedenfalls diese Leistungen hatten die Parteien deshalb einvernehmlich aus dem Auftragsumfang der Beklagten zu 1 herausgenommen. Ob dies auch hinsichtlich der übrigen Leistungen der Heizungs- und Sanitärinstallation, also insbesondere hinsichtlich der Verlegung der erforderlichen Rohre und des Anschlusses der Sanitärobjekte, geschehen war oder ob die Firma X. insoweit als Subunternehmerin der Beklagten zu 1 tätig wurde, ist streitig. Im Zuge der Arbeiten schloss die Firma X. die Abwasserleitungen des neu errichteten Bades an eine bereits vorhandene Entwässerungsleitung an. Die vorhandene Leitung wurde darüber hinaus auch mit einem Fallrohr der Regenrinne verbunden, das durch eine an das Nachbargebäude angrenzende Gebäudeabschlusswand in das Gebäude geführt wurde; wer diese Arbeiten ausführte, ist streitig.

Nachdem die Beklagte zu 1 ihre Arbeiten – abgesehen von der Heizungs- und Sanitärinstallation – zumindest weitgehend fertiggestellt hatte, ließ die Klägerin die Leistungen durch den Bausachverständigen C. begutachten. Dieser stellte in einem Gutachten vom 21. August 2003 zahlreiche Mängel unter anderem an der Holzverschalung und den Trockenbauwänden fest; abschließend führte er aus, bis zur Beseitigung der Mängel könne eine Abnahme nicht erfolgen (Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 25. Juni 2014).

Ohne Berücksichtigung von Leistungen der Heizungs- und Sanitärinstallation und unter Berücksichtigung unstreitiger Änderungen des Auftragsumfangs stellte die Beklagte zu 1 der Klägerin unter dem 9. Februar 2004 eine Schlussrechnung über 77.838,66 Euro. Unter Berücksichtigung eines seinerzeit streitigen Skontoabzugs hatte die Klägerin 52,39 Euro mehr als den Rechnungsbetrag bereits gezahlt. Mit Schreiben vom 28. Februar 2004 forderte sie die Beklagte zu 1 auf, mehrere Mängel zu beseitigen, nämlich unter anderem angebliche Setzungen an den Decken und Wänden des Dachgeschosses sowie eine angeblich nicht ordnungsgemäße Montage von Rollladenkästen. Unter Bezugnahme auf dieses Schreiben und einen Ortstermin vom 13. März 2004 wies die Beklagte zu 1 die Mängelrüge mit Schreiben vom 17. März 2004 zurück und teilte mit, die Arbeiten seien vereinbarungsgemäß ausgeführt worden. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 25. Juni 2004 kam die Klägerin auf die Mängelrüge zurück und setzte der Beklagten zu 1 eine Frist zur Beseitigung der angeblichen Mängel.

Durch rechtskräftig gewordenes Urteil des Landgerichts Köln vom 15. Juli 2005 – 17 O 334/04 – wurde die Beklagte zu 1 verurteilt, den zu viel gezahlten Betrag von 52,39 Euro an die Klägerin zurückzuzahlen und eine Gewährleistungsbürgschaft zu stellen. Die Beklagte zu 2 übernahm daraufhin am 28. Juli 2005 für die Leistungen der Beklagten zu 1 eine Gewährleistungsbürgschaft in Höhe eines Betrags von 3.777,79 Euro.

Infolge des Anschlusses der im Dachgeschoss neu errichteten Toilette an die vorhandene Entwässerungsleitung kam es am 5. Oktober 2005 zu einer Rohrverstopfung, für deren Beseitigung dem Ehemann der Klägerin 252,78 Euro in Rechnung gestellt wurden. Um die Ursache für diese und weitere Verstopfungen sowie für einen bei starkem Regen regelmäßig auftretenden Rückstau in der Wasserleitung feststellen zu lassen, wurde die Leitung am 11. Oktober 2005 mit einer Kamera untersucht, wofür dem Ehemann der Klägerin weitere 534,88 Euro in Rechnung gestellt wurden.

Im Jahr 2006 ließ die Klägerin die Leistungen der Beklagten zu 1 durch den Bausachverständigen O. begutachten (Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 11. Januar 2021), der ihr dafür 1.295,78 Euro in Rechnung stellte. Anschließend rügte die Klägerin mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 28. März 2007 gegenüber der Beklagten zu 1 verschiedene angebliche Mängel, nämlich unter anderem die Durchdringung der Gebäudeabschlusswand durch das Fallrohr, den Anschluss des Fallrohres an den vorhandenen Entwässerungsstrang, einen angeblich nicht ordnungsgemäßen Abfluss der Abwässer der neu errichteten Toilette, Risse in den Gipskartonwänden sowie Zuglufterscheinungen im Bereich der Flachdachaufstockung. Zur Beseitigung der angeblichen Mängel setzte die Klägerin der Beklagten zu 1 eine Frist bis zum 27. April 2007. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 14. Dezember 2007 rügte die Klägerin darüber hinaus angebliche Mängel der Holzverschalung. Mit weiterem Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 14. Dezember 2007 machte sie gegenüber der Beklagten zu 2 die Forderung aus der Bürgschaft geltend. Mit weiterem Schreiben vom 22. August 2008 forderte der Prozessbevollmächtigte die Beklagte zu 2 erneut zur Zahlung auf.

Mit notariellem Vertrag vom 17. Mai 2013 verkauften die Klägerin und ihr Ehemann das Grundstück zum Preis von 269.000 Euro (Anlage zum Schriftsatz der Beklagten zu 1 vom 30. April 2019).

Mit ihrer bereits am 29. Januar 2009 erhobenen Klage verlangt die Klägerin von der Beklagten zu 1 Schadensersatz in Höhe eines Betrags von 20.420,40 Euro. Die Klägerin hat zunächst geltend gemacht, dieser Betrag sei erforderlich, um die vorgerichtlich gerügten Mängel zu beseitigen. Nach einem Hinweis des Landgerichts auf die Änderung der Rechtsprechung zur Schadensbemessung nach fiktiven Mängelbeseitigungskosten hat die Klägerin den Anspruch unter anderem auf einen angeblichen Minderwert des Grundstücks gestützt. Über den Betrag von 20.420,40 Euro hinaus verlangt die Klägerin von der Beklagten zu 1 Ersatz der wegen der Rohrverstopfung aufgewandten Beträge (787,66 Euro), der Gutachterkosten (1.295,78 Euro) und vorgerichtlicher Anwaltskosten (1.065,04 Euro). Die Beklagte zu 2 nimmt sie in Höhe der Bürgschaftssumme (3.777,79 Euro) zuzüglich vorgerichtlicher Anwaltskosten (402,81 Euro) in Anspruch. Nach einem weiteren Hinweis des Landgerichts hat die Klägerin ihren Klageantrag dahin umgestellt, dass sie in Höhe eines Betrags von insgesamt 21.485,44 Euro (20.420,40 Euro + 1.065,04 Euro) nicht länger Zahlung nur an sich selbst, sondern Zahlung an sich und ihren Ehemann begehrt hat.

Das Landgericht hat sodann der Klage nach Vernehmung mehrerer Zeugen und Einholung mehrerer Sachverständigengutachten stattgegeben. Auf sein Urteil wird insbesondere hinsichtlich der erstinstanzlichen Anträge und des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien Bezug genommen.

Dagegen richten sich die Berufungen beider Beklagten. Die Beklagte zu 1 wiederholt und vertieft im Berufungsverfahren im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie rügt, dass das Landgericht dieses Vorbringen nicht ausreichend berücksichtigt habe. Die Beklagte zu 2 schließt sich der Berufungsbegründung der Beklagten zu 1 an.

Die Beklagten beantragen,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

B.

Die Berufung der Beklagten zu 2 hat keinen, die Berufung der Beklagten zu 1 nur zu einem geringen Teil Erfolg.

I.

Zur Berufung der Beklagten zu 1

1. Ohne Erfolg wendet sich die Beklagte zu 1 dagegen, dass das Landgericht der Klägerin gemäß den §§ 634 Nr. 4, 280 Absätze 1 und 3, 281 Abs. 1 Satz 1 BGB Schadensersatz wegen eines mangelbedingten Minderwerts des Grundstücks zugesprochen hat. Dieser Anspruch ist allerdings der Höhe nach begrenzt auf den von der Klägerin geltend gemachten Betrag von 20.420,40 Euro. Soweit das Landgericht einen Anspruch in Höhe von 21.485,44 Euro angenommen hat, hat es übersehen, dass der Differenzbetrag von 1.065,04 Euro auf vorgerichtliche Anwaltskosten entfällt (dazu unten Ziffer 4).

a) Zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1 ist unstreitig ein Werkvertrag über die Aufstockung des Flachdaches des im gemeinschaftlichen Eigentum der Klägerin und ihres Ehemannes stehenden Wohnhauses zustande gekommen. Die VOB Teil B ist entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht Vertragsinhalt geworden. Die Bezugnahme im schriftlichen Vertrag reicht dafür nicht aus. Denn gegenüber Vertragspartnern, die im Baurecht nicht bewandert sind und bei Vertragsschluss auch nicht durch einen erfahrenen Fachmann, etwa einen Architekten, rechtsgeschäftlich vertreten sind (Jurgeleit, in: Kniffka/Koeble/Sacher/Jurgeleit, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl., 2. Teil Rn. 187), wird die VOB Teil B nur wirksam einbezogen, wenn der Verwender seinem zukünftigen Vertragspartner die Gelegenheit einräumt, den vollen Text zur Kenntnis zu nehmen (BGH, Urteil vom 10. Juni 1999 – VII ZR 170/98, NJW-RR 1999, 1246, 1247 mwN). Dass dies im Streitfall geschehen ist, ist trotz eines Hinweises des Senats nicht dargelegt. Nicht dargelegt ist auch, dass die Klägerin bei Vertragsschluss im Baurecht bewandert war. Die Beklagte zu 1 hat hierzu auf den Hinweis des Senats vorgetragen, die Klägerin sei ausgewiesene Bankkauffrau und habe den Bauantrag mit Hilfe eines Architekten selbst gestellt. Das reicht nicht aus, um auf hinreichende baurechtliche Kenntnisse schließen zu können. Die vorgetragene Einschaltung eines Architekten bei Stellung des Bauantrages führt ebenfalls nicht zur wirksamen Einbeziehung der VOB/B, da der Architekt am Abschluss des Vertrages nicht beteiligt war. Auch der Umstand, dass die Klägerin jedenfalls bis zu dem Hinweis des Senats selbst von der Einbeziehung der VOB Teil B ausgegangen ist, ist unerheblich (vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 1994 – VII ZR 26/93, NJW 1994, 2547).

b) Da die Beklagte zu 1 das Werk als fertiggestellt angeboten und eine Schlussrechnung erteilt hat, kann die Klägerin den Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung in Form des kleinen Schadensersatzes auch unabhängig von einer Abnahme geltend machen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2017 – VII ZR 301/13, NJW 2017, 1604 Rn. 44).

c) Zu Lasten der Beklagten zu 1 ist davon auszugehen, dass das von ihr hergestellte Werk in mehrfacher Hinsicht mangelhaft ist.

aa) Die Beweislast trifft insoweit die Beklagte zu 1. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Auftragnehmer vor der Abnahme die Mangelfreiheit seiner Leistungen zu beweisen. Dies gilt auch dann, wenn der Auftraggeber vor der Abnahme Mängelansprüche geltend macht (Urteil vom 23. Oktober 2008 – VII ZR 64/07, NJW 2009, 360 Rn. 14 mwN). Im Streitfall ist eine Abnahme nicht erfolgt.

Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1 hat die Klägerin das Werk nicht im September 2003 gegenüber dem für die Beklagte zu 1 tätigen Zeugen Z. abgenommen. Die Beklagte zu 1 verweist insoweit auf ihren Vortrag, wonach der Zeuge, als er mit restlichen Bauteilen auf die Baustelle gefahren sei, festgestellt habe, dass die von der Beklagten zu 1 noch nicht vollständig fertiggestellten Trockenbauwände bereits von einem anderen Unternehmer verspachtelt und verschlossen worden seien. Die Klägerin habe dazu erklärt, die von ihr beauftragten Leute seien gut und könnten die Arbeiten ordnungsgemäß ausführen. Diese angebliche Erklärung der Klägerin bezieht sich nur auf die Fertigstellung der Trockenbauwände durch einen anderen Unternehmer. Der Erklärung lässt sich hingegen nicht entnehmen, dass die Klägerin die von der Beklagten zu 1 in Bezug auf die Trockenbauwände erbrachten Leistungen als vertragsgemäß gebilligt hat; dies gilt erst recht für die weiteren vertraglich geschuldeten Leistungen an anderen Gebäudeteilen.

Nicht nachvollziehbar ist, dass die Beklagte zu 1 in diesem Zusammenhang auf das Privatgutachten des Bausachverständigen C. vom 21. August 2003 verweist. Ausweislich des Gutachtens hat der Sachverständige der Klägerin ausdrücklich von einer Abnahme abgeraten. Dass die Klägerin dieser Empfehlung nicht gefolgt ist, lässt sich nicht feststellen.

Auch mit der Behauptung, die Klägerin habe am 4. November 2003 3.927,50 Euro gezahlt, womit sie – die Beklagte zu 1 – bereits überzahlt gewesen sei, hat die Beklagte zu 1 eine (stillschweigende) Abnahme nicht dargelegt. Denn die Schlussrechnung datiert erst vom 9. Februar 2004. Auf diese Schlussrechnung hat die Klägerin keine weiteren Zahlungen mehr geleistet. Stattdessen hat sie unter dem 28. Februar und 25. Juni 2004 Mängel gerügt. Dass sie zu irgendeinem Zeitpunkt – etwa bei dem Ortstermin vom 13. März 2004 – von diesen Rügen abgerückt ist, ist nicht dargetan. Es ist deshalb auch nicht zu erkennen, dass die Klägerin das Werk durch Nutzung des Gebäudes stillschweigend abgenommen hat.

Eine fiktive Abnahme gemäß § 12 Nr. 5 VOB/B 2002 scheidet schon deshalb aus, weil die VOB Teil B nicht wirksam in den Werkvertrag einbezogen worden ist (dazu oben a). Dass die Klägerin im Vorprozess 17 O 334/04 Landgericht Köln selbst von einer fiktiven Abnahme ausgegangen und das erkennende Gericht dem gefolgt ist, ist unerheblich. Denn an ihre im Vorprozess vertretene Rechtsauffassung ist die Klägerin nicht gebunden. Die rechtliche Beurteilung des Landgerichts im Vorprozess ist auch nicht in Rechtskraft erwachsen.

bb) Den ihr in Ermangelung einer Abnahme obliegenden Beweis der Mangelfreiheit der Werkleistung hat die Beklagte zu 1 bezüglich mehrerer Mängelrügen nicht geführt.

(1) Dies gilt zunächst hinsichtlich der von der Klägerin gerügten Rissbildungen im Bereich der Trockenbauwände.

(a) Der Sachverständige L. hat in seinem Gutachten vom 11. Januar 2013 zahlreiche Risse im Bereich der Anschlüsse der Trockenbauwände an die Decke, im Bereich von Wand-Wand-Anschlüssen sowie an den Fugen der Plattenanschlüsse an den Decken und Wänden festgestellt (Seiten 6 ff.). Jedenfalls ein Teil dieser Risse ist nach den Ausführungen des Sachverständigen auf eine nicht fachgerechte Konstruktion der Wände zurückzuführen. An einer von ihm vorgenommenen Bauteilöffnung im zufällig ausgewählten Bereich eines Wand-Decken-Anschlusses hat der Sachverständige nämlich festgestellt, dass entgegen den Herstellerrichtlinien kein konstruktiver Anschluss der innen liegenden Wand an die Decke erfolgt ist und zudem die Befestigungsklammer nicht den Querbalken der Unterkonstruktion getroffen hat. Darüber hinaus wies auch die Trennwand zwischen Flur und Kinderzimmer keinen konstruktiven Anschluss an die Außenwand auf. Der Sachverständige konnte ein Lineal 13 Zentimeter weit in den im Bereich des Anschlusses vorgefundenen Riss schieben und konnte das Lineal über die gesamte Risshöhe nach oben und unten bewegen, ohne auf Widerstand zu stoßen (Seiten 33, 51 ff. und 58 des Gutachtens vom 11. Januar 2013, Seiten 3 und 6 der Sitzungsniederschrift vom 10. Juni 2015).

Sichere Feststellungen zum Ausmaß der konstruktionsbedingten Mängel können nicht getroffen werden. Dazu wären nach den Ausführungen des Sachverständigen weitere Bauteilöffnungen erforderlich (Seite 59 des Gutachtens vom 11. Januar 2013, Seite 3 der Sitzungsniederschrift vom 10. Juni 2015). Solche Öffnungen waren beim ersten Ortstermin nicht gewünscht; beim zweiten Ortstermin waren sie nicht mehr möglich, weil das Grundstück zwischenzeitlich veräußert worden war und die Erwerber keine weiteren Untersuchungen vor Ort duldeten (Seite 4 des Ergänzungsgutachtens vom 8. Mai 2013, Seite 3 der Sitzungsniederschrift vom 10. Juni 2015). Dass sich an dieser Haltung der Erwerber zwischenzeitlich etwas geändert hat, hat die Beklagte zu 1 auch nach einem diesbezüglichen Hinweis des Senats nicht dargelegt; auch ein von ihr vorgelegtes Schreiben der Erwerber vom 23. Dezember 2020 bietet dafür keine Anhaltspunkte (Anlage zum Schriftsatz vom 14. Januar 2021).

Da weitere Ermittlungen demzufolge nicht möglich sind, muss zu Lasten der beweisbelasteten Beklagten zu 1 davon ausgegangen werden, dass konstruktionsbedingte Mängel in einem erheblichen Ausmaß vorliegen. Dass der Sachverständige neben den Konstruktionsmängeln auch eine fehlerhafte Ausbildung und Verspachtelung von Fugen als Ursache von Rissbildungen in Betracht gezogen hat (Seiten 56 ff. des Gutachtens vom 11. Januar 2013), steht dem nicht entgegen. Der Sachverständige ist nämlich, ohne insoweit abschließende Feststellungen treffen zu können, vor allem auf Grund der Größe der vorgefundenen Risse zu der nachvollziehbaren Einschätzung gelangt, dass jedenfalls die meisten Risse auf Bewegungen in der Konstruktion zurückzuführen sind, die darauf schließen lassen, dass die Konstruktion nicht in Ordnung ist. Er hält es sogar für möglich, dass mehr oder minder alle Risse auf die Konstruktion zurückzuführen sind (Seiten 3 ff. der Sitzungsniederschrift vom 10. Juni 2015). Daran hat er auch in seinem abschließenden mündlichen Ergänzungsgutachten festgehalten (Seite 6 der Sitzungsniederschrift vom 20. März 2019). Schließlich hat die Beklagte zu 1 auch selbst vorgetragen, ihre Arbeiten insoweit nicht abschließend fertiggestellt zu haben (siehe sogleich unten Buchstabe b). Ob und inwieweit die Beklagte zu 1 für eine fehlerhafte Ausbildung und Verspachtelung von Fugen verantwortlich ist, kann der Senat deshalb offenlassen.

(b) Dass die Klägerin auf eine fachgerechte Fertigstellung der Konstruktion der Trockenbauwände verzichtet hat, lässt sich nicht feststellen.

Die Beklagte zu 1 hat – ohne nähere Erläuterung – eingeräumt, bei der Herstellung der Trockenbauwände hätten noch “das Anbringen der Blech-Kantteile an den im Grundriss 45°-Wänden” und “der Gips-Eckplatten in den Anschlussbereichen” gefehlt (Seiten 9 f. des Schriftsatzes vom 8. April 2013). Sie hat behauptet, der Zeuge Z. habe, als er mit den so vorbereiteten Teilen auf die Baustelle gefahren sei, festgestellt, dass die nicht vollständig fertiggestellten Trockenbauwände bereits von einem anderen Unternehmer verspachtelt und verschlossen worden seien. Der Zeuge habe daraufhin der Klägerin erklärt, das eigenmächtige Verschließen der noch offenen Wandteile lasse keine Überprüfung durch die Beklagte zu 1 mehr zu. Die Klägerin habe erklärt, die von ihr beauftragten Leute seien gut und könnten die Arbeiten ordnungsgemäß ausführen.

Dieser Vortrag ist unerheblich. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt eine rechtsgeschäftliche Zustimmung des Auftraggebers zu einer hinter den allgemein anerkannten Regeln der Technik zurückbleibenden Ausführung regelmäßig nur in Betracht, wenn der Auftragnehmer auf die damit verbundenen Konsequenzen und Risiken hinweist, es sei denn diese sind dem Auftraggeber bekannt oder ergeben sich ohne Weiteres aus den Umständen (Urteil vom 14. November 2017 – VII ZR 65/14, NJW 2018, 391 Rn. 29). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Denn weder hat der Zeuge Z. die Klägerin auf das Risiko von Rissbildungen hingewiesen noch bestehen Anhaltspunkte dafür, dass der Klägerin dieses Risiko auch ohne einen solchen Hinweis klar vor Augen stand.

(2) Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen L. liegt ein weiterer Mangel der Werkleistung darin, dass die Rollladenkästen im Schlafzimmer des Dachgeschosses nicht luftdicht verschlossen sind (Seite 62 des Gutachtens vom 11. Januar 2013).

(3) Des Weiteren sind die Entwässerungsleitungen in zweifacher Hinsicht mangelhaft.

(a) Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen M. ist zum einen die Hindurchführung des Regenfallrohres durch die an das Nachbargebäude angrenzende Gebäudeabschlusswand nicht fachgerecht. Bei dieser Wand handelt es sich um eine Brandwand, durch die nach § 33 Abs. 5 BauO NRW 2000 Leitungen nur hindurchgeführt werden durften, wenn eine Übertragung von Feuer und Rauch nicht zu befürchten war oder Vorkehrungen hiergegen getroffen waren. Diesen Anforderungen genügt die Hindurchführung des Regenfallrohres nicht. Es fehlen die erforderlichen Rohrabschottungen nach DIN 4102-11 (Seiten 2 f. des Gutachtens vom 16. September 2010, Seiten 2 f. der Sitzungsniederschrift vom 4. Mai 2018).

Zum anderen werden die Abwasserleitungen des neu errichteten Bades über das Regenfallrohr entlüftet. Das ist unzulässig, weil nach DIN 1986-100 Abschnitt 5 Regen- und Schmutzwasser über getrennte Leitungen aus dem Gebäude herauszuführen sind (Seiten 3 f. der Sitzungsniederschrift vom 4. Mai 2018, Seite 4 des Gutachtens vom 16. September 2010).

(b) Für beide Mängel ist die Beklagte zu 1 verantwortlich.

Ihre Behauptung, die Parteien hätten sämtliche Leistungen der Heizungs- und Sanitärinstallation nachträglich aus dem Auftragsumfang herausgenommen, ist unerheblich, da die Verlegung des Regenfallrohres zu den Klempnerarbeiten (Titel 6 des Angebots vom 7. Februar 2003) und nicht zu den Leistungen der Heizungs- und Sanitärinstallation gehört (Titel 10).

Im Übrigen hat das Landgericht die Behauptung nach Vernehmung von drei Zeugen als widerlegt angesehen. Es spricht viel dafür, dass diese Würdigung einer Überprüfung gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO standhält. Das kann aber letztlich offenbleiben. Denn für ihren Einwand einer nachträglichen Vertragsänderung ist die Beklagte zu 1 beweisbelastet. Jedenfalls diesen Beweis hat sie angesichts der divergierenden Zeugenaussagen nicht geführt. Mit dieser Maßgabe nimmt der Senat Bezug auf die Würdigung im angefochtenen Urteil und schließt sich dieser an.

Dass die Klägerin die behauptete Auftragsänderung im Vorprozess 17 O 334/04 Landgericht Köln nicht bestritten hatte, ist unerheblich. Denn daran ist sie nicht gebunden. Sie ist auch nicht dafür verantwortlich, dass die Beklagte zu 1 eine Vergütung für die Leistungen der Heizungs- und Sanitärinstallation zu keinem Zeitpunkt gefordert hat.

(4) Ob und in welchem Umfang die von der Klägerin gerügten Mängel an der Holzverkleidung der Fassade vorliegen, lässt der Senat offen.

d) Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 28. März 2007 hat die Klägerin der Beklagten zu 1 eine angemessene Frist zur Nacherfüllung bestimmt. Diese ist erfolglos abgelaufen. Das gilt auch für die Luftundichtigkeit der Rollladenkästen. Eine Reaktion der Beklagten zu 1 auf die diesbezügliche Fristsetzung lässt sich nur insoweit feststellen, als die Beklagte zu 1 der Klägerin während des Prozesses eine Nacherfüllung angeboten hat (Seite 63 des Gutachtens des Sachverständigen V. vom 11. Januar 2013). Dieses Angebot kam zu spät, weil die Frist zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen war.

e) Umstände, auf Grund derer die Beklagte zu 1 die Mängel und deren Nichtbeseitigung innerhalb der Nacherfüllungsfrist nicht zu vertreten hätte, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB).

f) Durch die Mängel ist der Klägerin ein Schaden in Höhe von mindestens 20.420,40 Euro entstanden.

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Besteller die Möglichkeit, den Schaden nach allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen in der Weise zu bemessen, dass er im Wege einer Vermögensbilanz die Differenz zwischen dem hypothetischen Wert der durch das Werk geschaffenen oder bearbeiteten, im Eigentum des Bestellers stehenden Sache ohne Mangel und dem tatsächlichen Wert der Sache mit Mangel ermittelt (Urteil vom 22. Februar 2018 – VII ZR 46/17, NJW 2018, 1463 Rn. 27 mwN). Dabei kann in geeigneten Fällen der mangelbedingte Wertunterschied aus Gründen der Vereinfachung anhand fiktiver Mängelbeseitigungskosten geschätzt werden (Beschluss vom 8. Oktober 2020 – VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 30).

bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen, die nach dem Rechtsgedanken des § 1011 BGB auch bei einer nur im Miteigentum des Bestellers stehenden Sache Geltung beanspruchen, schätzt der Senat im Streitfall den Unterschied zwischen dem tatsächlichen Wert des Grundstücks und dem hypothetischen Wert des Grundstücks ohne Mängel auf Grund der vorliegenden Sachverständigengutachten bezogen auf den Zeitpunkt des Grundstücksverkaufs im Jahr 2013 auf mindestens 20.420,40 Euro (§ 287 Abs. 1 ZPO).

Bezüglich der Trockenbauwände hat der Sachverständige L. Mangelbeseitigungskosten in Höhe von 15.000 Euro netto geschätzt (Seite 82 des Gutachtens vom 11. Januar 2013, Seite 16 der Aktennotiz zum Anhörungstermin vom 20. März 2019). Dieser Betrag ist ausgehend davon, dass zu Lasten der Beklagten zu 1 von konstruktionsbedingten Mängeln in einem erheblichen Ausmaß auszugehen ist, nicht zu beanstanden. Denn bereits den Aufwand für die Sanierung der beiden von ihm untersuchten und einer möglichen weiteren Fehlstelle hat der Sachverständige auf 6.500 Euro bis 8.500 Euro geschätzt. In Abhängigkeit vom Ergebnis weiterer Bauteilöffnungen können nach den Ausführungen des Sachverständigen auch deutlich höhere Kosten als 15.000 Euro anfallen (Seiten 5 f. der Sitzungsniederschrift vom 10. Juni 2015).

Die Kosten für ein Verschließen und eine eventuelle Erneuerung der undichten Rollladenkästen hat der Sachverständige auf 2.000 Euro netto geschätzt (Seite 82 des Gutachtens vom 11. Januar 2013, Seite 16 der Aktennotiz zum Anhörungstermin vom 20. März 2019).

Der Sachverständige M. hat schließlich die Kosten für eine Ertüchtigung der Hindurchführung des Regenfallrohres durch die Brandwand auf 800 Euro netto und die Kosten für eine Fallrohrentlüftung der Schmutzwasserleitung auf 3.400 Euro netto geschätzt (Seite 3 des Gutachtens vom 19. März 2012). Sowiesokosten sind insoweit nicht abzuziehen. Denn die Beklagte zu 1 schuldete eine insgesamt fachgerechte Leistung, zu der auch eine ordnungsgemäße Entlüftung der Abwasserleitung gehörte.

Es errechnet sich auch ohne Berücksichtigung von Umsatzsteuer und Regiekosten ein zur Beseitigung der Mängel erforderlicher Gesamtbetrag von 21.200 Euro. Dass die Wertminderung des Grundstücks diesen Betrag unterschreitet, ist nicht ersichtlich. Denn nach der nachvollziehbaren Einschätzung des Sachverständigen L. wird sich ein über die Mängel vollständig aufgeklärter Kaufinteressent an den Mangelbeseitigungskosten orientieren (Seiten 16 f. der Aktennotiz zum Anhörungstermin vom 20. März 2019).

cc) Zu welchen Konditionen die Klägerin und ihr Ehemann das Grundstück verkauft haben, ist unerheblich. Denn sollte das Grundstück über Wert verkauft worden sein, würde der Schaden dadurch nicht gemindert. Nach den von Treu und Glauben geprägten schadensrechtlichen Wertungen unter Berücksichtigung des in § 254 Abs. 2 BGB zum Ausdruck gekommenen Gedankens sollen dem Ersatzpflichtigen nämlich solche Vorteile grundsätzlich nicht zugutekommen, die sich der Ersatzberechtigte durch Abschluss eines Vertrags mit einem Dritten erarbeitet hat (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 2018 – VII ZR 46/17, NJW 2018, 1463 Rn. 29). Eine abweichende Beurteilung ist selbst dann nicht gerechtfertigt, wenn man zugunsten der Beklagten zu 1 unterstellt, dass die Klägerin und ihr Ehemann das Grundstück nur deshalb über Wert verkaufen konnten, weil sie die Erwerber über die Mängel arglistig getäuscht haben. In diesem Fall ist eine Vorteilsanrechnung nämlich schon deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin und ihr Ehemann den Erwerbern zum Schadensersatz verpflichtet sind (§ 437 Nr. 3, § 280 Absätze 1 und 3, § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB).

g) Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1 ist der Anspruch nicht nach § 640 Abs. 2 BGB in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung ausgeschlossen. Denn diese Vorschrift betrifft nur die in § 634 Nr. 1 bis 3 BGB geregelten Rechte, nicht aber den in § 634 Nr. 4 BGB geregelten Schadensersatzanspruch. Ohnehin liegt eine Abnahme nicht vor.

h) Der Anspruch ist schließlich auch nicht verjährt. Die fünfjährige Verjährungsfrist des § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB hat erst mit der Entstehung des Abrechnungsverhältnisses, also mit der Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs (vgl. § 281 Abs. 4 BGB), die frühestens im Jahr 2007 erfolgt sein kann, begonnen. Die Frist ist deshalb durch die Klageerhebung Anfang 2009 gehemmt worden. Unerheblich ist es, dass die Klägerin den Klageantrag später insoweit umgestellt hat, als sie zunächst Zahlung nur an sich und später Zahlung an sich und ihren Ehemann verlangt hat. Denn durch diese Korrektur des Antrags hat sich der Streitgegenstand ebenso wenig geändert wie durch die Änderung der Schadensberechnung.

2. Mit Erfolg wendet sich die Beklagte zu 1 dagegen, dass das Landgericht sie ohne nähere Begründung gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB zum Ersatz der wegen der Rohrverstopfung aufgewandten Beträge verurteilt hat. Nach den Feststellungen des Sachverständigen M. war die Rohrverstopfung auf eine Engstelle in der im Bestand bereits vorhandenen Entwässerungsleitung zurückzuführen, an die die Firma X. die Abwasserleitungen des neu errichteten Bades angeschlossen hatte (Seite 2 des Gutachtens vom 19. März 2012, Seite 4 der Sitzungsniederschrift vom 4. Mai 2018). Nach den weiteren Ausführungen des Sachverständigen war die Beklagte zu 1 nicht verpflichtet, die Bestandsleitung vor dem Anschluss der neuen Abwasserleitungen zu untersuchen (Seiten 5 f. der Sitzungsniederschrift vom 4. Mai 2018). Ein Mangel liegt deshalb insoweit nicht vor.

3. Neben dem mangelbedingten Minderwert des Grundstücks kann die Klägerin von der Beklagten zu 1 in Höhe eines Betrags von 647,89 Euro anteiligen Ersatz der Kosten des Sachverständigen O. verlangen (§ 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB). Der geltend gemachte Gesamtaufwand von 1.295,78 Euro, der durch die an die Klägerin gerichtete Rechnung des Sachverständigen (Anlage K 9 zur Klageschrift) hinreichend belegt ist (§ 287 Abs. 1 ZPO), erweist sich auch in Ansehung des vorangegangenen Gutachtens des Sachverständigen C. insoweit als ersatzfähig, als der Sachverständige O. sich mit den zwischenzeitlich aufgetretenen Rissbildungen (Titel 4, dazu oben Ziffer 1 Buchstabe c Doppelbuchstabe bb Ziffer 1) und den von der Klägerin gerügten Zuglufterscheinungen (Titel 3, dazu oben Ziffer 1 Buchstabe c Doppelbuchstabe bb Ziffer 2) beschäftigt hat. Soweit der Sachverständige O. darüber hinaus Ausführungen zur Engstelle der im Bestand vorhandenen Entwässerungsleitung gemacht hat (Titel 2), ist die Beklagte zu 1 dafür hingegen nach den vorstehenden Ausführungen (oben Ziffer 2) nicht verantwortlich. Entsprechendes gilt für die Ausführungen unter Titel 1, die einen im vorliegenden Verfahren nicht geltend gemachten Mangel betreffen. Den ersatzfähigen Anteil der Kosten schätzt der Senat gemäß § 287 Abs. 1 ZPO auf 50 %, also auf 647,89 Euro.

4. Des Weiteren kann die Klägerin von der Beklagten zu 1 gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB Ersatz der durch das Anwaltsschreiben vom 28. März 2007 entstandenen Kosten verlangen. Ersatzfähig sind eine 1,3 Geschäftsgebühr aus einem Wert von bis zu 22.000 Euro zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer, wobei die bis zum 31. Juli 2013 geltende Gebührentabelle heranzuziehen ist. Es errechnet sich ein Betrag von 1.023,16 Euro.

5. Die Zinsansprüche folgen aus den § 288 Abs. 1, § 291 BGB.

II.

OLG München zu der Frage, ob Mängelansprüche der Erwerber zeitlich unbeschränkt fortwirken

OLG München zu der Frage, ob Mängelansprüche der Erwerber zeitlich unbeschränkt fortwirken

vorgestellt von Thomas Ax

1. Auch wenn die Abnahme fehlschlägt, bestehen Mängelansprüche der Erwerber nicht zeitlich unbeschränkt fort. Die Erwerber können ihre Mängelansprüche verwirken.
2. Allein ein erheblicher Zeitablauf reicht nicht aus, um von einer Verwirkung der Mängelansprüche auszugehen. Maßgeblich ist jeweils eine Gesamtschau der konkreten Umstände des Einzelfalls.
3. Die Verwendung einer unwirksamen Abnahmeklausel durch den Bauträger steht der Verwirkung der Mängelansprüche nicht entgegen.
OLG München, Beschluss vom 19.10.2023 – 28 U 3344/23 Bau

Hinweis

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 13.07.2023, Az. 2 O 1924/22, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

I. Urteil des Landgerichts

Das Landgericht wies die auf Kostenvorschuss der klagenden Wohnungseigentumsgemeinschaft gerichtete Klage als verwirkt ab.

Zur Begründung wird ausgeführt, dass zwischen den Mitgliedern der Klägerin und der Rechtsvorgängerin der Beklagten 1999 ein Bauträgervertrag geschlossen worden sei. Die Erwerber hätten das Gemeinschaftseigentum nicht abgenommen; die Verträge sähen eine Abnahme durch einen vom Käufer unwiderruflich zu bestellenden Sachverständigen vor, wobei streitig geblieben sei, ob der eingesetzte Sachverständige nach Übergabe des Objekts 2001 die Abnahme erklärt habe.

Die Klägerin habe 2004 diverse Mängel an der Heizanlage gerügt, in der Folgezeit habe sie einen Sachverständigen beauftragt, der 2005 auf 37 Seiten eine Vielzahl an Mängeln festgestellt habe. Die Klägerin sei davon ausgegangen, dass 2006 die Mängel überwiegend behoben worden seien; 2007 sei in einer Eigentumsversammlung vermerkt worden, dass die Gewährleistung nunmehr abgelaufen sei, die Mängelbeseitigung weit fortgeschritten und fast abgeschlossen sei.

Die Klägerin habe 2021 erhebliche Mängel am Dach gerügt, deren Beseitigung sie mit über 800.000 Euro beziffert habe.

Die im Raum stehenden Ansprüche der Klägerin seien aber verwirkt.

II. Berufung der Klägerin

Die Klägerin argumentiert, das Erstgericht habe zu Unrecht eine Verwirkung der Ansprüche angenommen.

III. Gegenwärtige Einschätzung des Senats

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.

1. Die im Raum stehenden Ansprüche der Klageseite gemäß § 637 Abs. 3 BGB sind jedenfalls verwirkt.

a) Die im vorliegenden Fall zu behandelnde – eher rechtspolitische – Fragestellung ist, ob im Hinblick auf eine fehlgeschlagene Abnahme Mängelansprüche zeitlich unbeschränkt fortbestehen.

Dies ist aus Sicht des Senats mit den Gründen der Rechtssicherheit und der Billigkeit nicht in jedem Fall zu vereinbaren. Der 28. Zivilsenat hat in diversen Entscheidungen hierbei aber deutlich gemacht, dass allein auch ein erheblicher Zeitablauf nicht ausreichend ist, die Verwirkung die Ausnahme darstellt und diese auf besondere und atypische Einzelfälle beschränkt ist. Maßgeblich ist jeweils eine Gesamtschau der konkreten Umstände des Einzelfalls.

b) Mit der Verjährung hat der Gesetzgeber ein Rechtsinstitut geschaffen, dass aus Gründen des Schuldnerschutzes und vor allem des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit allgemein als zwingend erforderlich anerkannt ist, eine spezialgesetzliche Ausformulierung von Treu und Glauben darstellt und letztlich auch öffentliche Interessen schützt.

Der Gesetzgeber hat sich hierbei wertend entschieden, den Aspekt der Verjährung auf Ansprüche i.S.d. § 194 BGB zu beschränken und gerade das gesetzliche Regelungskonzept der §§ 197, 199, 200 f. BGB zeigt, dass grundsätzlich keine Ausnahmen gewollt sind und sogar Zustände, wie z.B. das Eigentum, betroffen sein können (§ 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB).

Auch die §§ 438 Abs. 3, 634a Abs. 3 BGB zeigen, dass sogar bei einem arglistigen (meist gleichzeitig deliktischem) Verhalten den Aspekten des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit immanente Bedeutung zugemessen wird und eine Verjährung in Betracht kommt.

Gleiche Erwägungen gelten im Hinblick auf die Dauer der Verjährungsfristen. Auch insoweit hat der Gesetzgeber Wertungsentscheidungen dahingehend getroffen, welche Vertragsseite das Risiko in Richtung der Lebensdauer von Wirtschaftsgütern tragen muss. In Bausachen wird eine Gewährleistung als nicht mehr gerechtfertigt angesehen, wenn sich nicht innerhalb eines Zeitraums von 5 Jahren Mängel zeigen.

Zur Überzeugung des Senats müssen diese Wertungen bei der Anwendung des § 242 BGB einfließen, um unbillige Ergebnisse zu korrigieren.

c) Im vorliegenden Fall prägen folgende tatsächliche Momente die Entscheidung.

aa) Die erhebliche Zeitdauer von etwa 20 Jahren, gemessen zwischen Übergabe im Jahr 2001 und den Beanstandungen der streitgegenständlichen Mängel im Jahr 2021.

Berücksichtigt man die Wertung in § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB ist das Zeitmomentum das Vierfache der regulären Verjährungsfrist überschritten und sogar im Strafrecht kommt der doppelten Verjährungsfrist erhebliche Rechtsbedeutung zu (§ 78c Abs. 3 S. 2 StGB).

In § 199 Abs. 4 BGB ist eine allgemeine Verjährungshöchstfrist von 10 Jahren vorgesehen.

bb) Die Besteller – und diesem Gesichtspunkt kommt erhebliches Gewicht zu – handelten im Bewusstsein (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB), dass ihnen potentiell Ansprüche zustehen.

So haben sie von ihrem Recht Gebrauch gemacht, die fertig gestellte Sache auf ihre Mangelhaftigkeit hin zu untersuchen, Mängel wurden festgestellt, diese wurden rechtlich geltend gemacht und durchgesetzt.

Die Situation ist somit – was die Berufung rügt – nicht im Ansatz mit einer Fallgestaltung vergleichbar, in der ein Gläubiger keine Kenntnis von seiner Rechtsposition hat, von dieser erst später erfährt und dessen Unkenntnis daher schützenswert scheint (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB).

cc) Abnahmeklauseln – wie hier verwendet – waren zum Zeitpunkt der Errichtung des gegenständlichen Objekts die Regel und wurden notariell beurkundet.

Die Rechtsprechung hat – bis heute – erhebliche Schwierigkeiten im Umgang mit der Abnahme des Gemeinschaftseigentums bei Wohnungseigentumsanlagen, ein Umstand, der durch die Nachzügler-Rechtsprechung noch verschärft wird.

(1) Einem Unternehmer kann daher bei einer Gesamtbetrachtung nicht der Vorwurf gemacht werden, sich unredlich verhalten zu haben.

Diesen, im Hinblick auf die Unwirksamkeit der Abnahmeklauseln, für alle Zeit zu sanktionieren, ist eher eine angloamerikanische Betrachtungsweise.

Im deutschen Zivilrecht neigt man stattdessen zu hypothetischen Erwägungen und im vorliegenden Fall wäre dann ausgeschlossen, dass die Klägerin für die geltend gemachten Mängel noch Ersatz fordern könnte. Die Klägerin hat umfassend zum Zeitpunkt des vermeintlichen Verjährungseintritts die Sache untersucht. Da eine positive Untersuchung stattfand und sich – in Richtung der streitgegenständlichen Mängel – weder Mängelsymptome gezeigt haben, noch Mängelursachen festgestellt wurden, ist nicht ersichtlich, dass sie durch die unwirksame Abnahmeklausel Nachteile erlitten hätte.

(2) Auch die konkrete Form der Abnahmeklausel ist zu berücksichtigen.

Die Rechtsprechung sieht formularmäßige Klauseln zur Abnahme kritisch, da das Rechtsinstitut der Abnahme nicht nur eine Pflicht des Bestellers ist, sondern gleichzeitig dessen Recht, dem überragende Bedeutung zukommt.

Im konkreten Fall sah der Vertrag vor, dass der Besteller unwiderruflich einen Sachverständigen wählt, der die Abnahme erklärt. Auch wenn insoweit die Klausel im Hinblick auf die nicht gegebene Widerruflichkeit nicht ausreichend dem gesetzlichen Wertbild entspricht, wurde zumindest gewährleistet, dass das Prüfrecht des Dritten in der Bestellersphäre verankert war.

(3) Der Senat misst dem Umstand, dass die Besteller / Klägerin zweifach das Werk über einen Sachverständigen prüfen ließ und die Beklagte jeweils die dort festgestellten Mängel beseitigt hat, erhebliches Gewicht zu.

Auch wurden, soweit die Klägerin ohne Einsatz eines Sachverständigen Mängel gerügt hat, diese abgearbeitet.

(a) Das Objekt wurde unmittelbar nach der Übergabe am 22.02.2001 durch den Sachverständigen Winkler geprüft, der nach einer weiteren Begehung im Mai 2001 eine mehrseitiges “Mängelprotokoll” erstellte.

(b) Vier Jahre später beauftragte die Klägerin den Sachverständigen ###, der 2005 insgesamt 140 Positionen rügte.

(c) Die Klägerin hat im Jahr 2004 Mängel an der Heizanlage gerügt.

(d) Für einen verständigen Empfänger in der Position der

Beklagten, haben die Besteller durch ihr Verhalten zum Ausdruck gebracht, abschließend die Gewährleistungssituation beurteilen zu wollen.

Wäre eine Abnahme wirksam vorgenommen worden, wären die Sekundäransprüche 2007 verjährt. Der Einsatz eines Privatsachverständigen kurz vor dem Eintritt der vermeintlichen Verjährung bringt gegenüber der Beklagten deutlich zum Ausdruck, dass die Klägerin als Bestellerin umfassend ihr Prüfrecht wahrnehmen wollte.

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