Der Architekt muss solchen Baumaßnahmen besondere Aufmerksamkeit widmen, bei denen sich im Verlauf der Bauausführung Anhaltspunkte für Mängel ergeben. Er muss insbesondere eine regelmäßige und angemessene Überwachung der Bauleistungen vornehmen. Besonders wichtige Bauabschnitte, von denen das Gelingen des ganzen Werkes abhängt, muss der Architekt persönlich überwachen und sich sofort nach der Ausführung der Arbeiten von deren Ordnungsmäßigkeit überzeugen. Zudem gehören gerade Drainagearbeiten zu besonders schwierigen und gefahrträchtigen Arbeiten, welche besonders beobachtet und überprüft werden müssen
OLG Schleswig, Urteil vom 09.03.2022 – 12 U 16/21
Gründe
I.
Randnummer1
Die Parteien streiten um Schadensersatz im Hinblick auf Architektenleistungen des Beklagten bezüglich des vom Kläger errichteten Einfamilienpassivhauses in B. Die Nebenintervenientin ist Erbin des Herrn W., der die Drainage zu dem Gebäude erstellt hat.
Randnummer2
Das Landgericht hat einen Teil der Streitsache abgetrennt (Beschluss vom 18.12.202, Blatt 419 ff. d. A.) und mit dem angegriffenen Urteil den in diesem Verfahren verbliebenen Antrag des Klägers auf Kostenvorschuss für die Höherlegung des Hauses entschieden. Bezüglich des weiteren Sachverhalts wird auf das angegriffene Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs.1 Nr. ZPO).
Randnummer3
Das Landgericht hat der Kostenvorschussklage in Höhe von 186.500,00 € stattgegeben. Der Feststellungsantrag des Klägers sei unzulässig, weil kein Feststellungsinteresse bestehe. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs enthalte ein Urteil, mit welchem dem Auftraggeber Vorschuss auf Mängelbeseitigungskosten zugesprochen werde, regelmäßig bereits die Feststellung, dass der Auftragnehmer verpflichtet sei, die gesamten Mängelbeseitigungskosten zu tragen. Es entspreche der Natur des Vorschussanspruches, dass über den Vorschuss abzurechnen sei und bei den den Vorschuss übersteigenden Kosten eine Nachzahlung zu leisten sei. Weil diese Rechtsfolge bereits in dem Ausspruch über den Kostenvorschuss enthalten sei, bestehe an einer separaten Feststellung kein schutzwürdiges Feststellungsinteresse.
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Der Kläger habe aus § 280 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses der für die Beseitigung des durch die mangelhafte Planung entstandenen Schadens erforderlichen Kosten in Höhe von 186.500,00 €.
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Der Beklagte habe eine Pflicht aus dem Architektenvertrag verletzt, indem er das Bauwerk nicht in einer Höhe eingeordnet habe, die eine Drainage entbehrlich gemacht habe. Von dieser Pflichtverletzung sei das Gericht nach dem Ergebnis der Beweiserhebung, insbesondere der Anhörung des Sachverständigen K. überzeugt.
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Nach dem Ergebnis der Beweiserhebung bestünden keine technischen oder bauordnungsrechtlichen Vorschriften, die eine höhere Einordnung des Gebäudes zwingend erforderlich gemacht hätten. Pflicht des Architekten sei es, eine ordnungsgemäße, nach den einschlägigen technischen Vorschriften erforderliche Abdichtung des Gebäudes herzustellen. Nach der Einlassung des Sachverständigen sei dazu entweder eine höhere Einordnung des Gebäudes oder eine dauerhaft funktionsfähige Drainage erforderlich. Die bloße Abänderung des Gefälles der Außenanlagen sei nicht hinreichend, um eine ordnungsgemäße Abdichtung des Gebäudes zu erreichen.
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Ein Architekt erfülle, wenn die rechtlichen und technischen Vorgaben für ein konkretes Bauvorhaben mehrere Planungsmöglichkeiten zuließen, die Pflichten aus dem Architektenvertrag nicht schon dadurch, dass er eine technisch und bauordnungsrechtlich zulässige Planung erstelle. Vielmehr habe er aus den verschiedenen Möglichkeiten diejenige Möglichkeit auszuwählen, die am besten für das konkrete Bauvorhaben geeignet sei und die den Vorstellungen des Bauherrn möglichst nahe komme. Bestünden insoweit Zweifel darüber, welcher Möglichkeit der Vorzug zu geben sei, habe der Architekt den Bauherrn über die verschiedenen Möglichkeiten und deren Auswirkungen zu informieren und eine informierte Entscheidung des Bauherrn zu erwirken. Danach habe der Beklagte nicht ohne Rücksprache mit dem Kläger die Gebäudeabdichtung mittels einer Drainage planen dürfen. Nach den Feststellungen des Sachverständigen sei das Anlegen einer Drainage im Vergleich zur höheren Planung des Gebäudes die teurere Möglichkeit, die indes keine Vorteile gegenüber der Höhersetzung des Gebäudes habe.
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Die Pflichtverletzung des Klägers habe auch zu einem Schaden des Gebäudes geführt. Den Vortrag des Klägers, er hätte sich bei ordnungsgemäßer Aufklärung über die Möglichkeit zwischen Drainage und Höhersetzung des Gebäudes für die Höhersetzung entschieden, habe vom Beklagten nicht erschüttert werden können. Ob dieser Vortrag des Klägers im Einzelfall prozessual lediglich einer Erschütterung bedürfe oder sogar eine Beweislastumkehr nach der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gegeben sei, bedürfe nicht der Entscheidung, weil die Behauptung schon nicht erschüttert sei. Denn die Einlassung des Beklagten, der Kläger hätte nur einen stufenlosen Zugang akzeptiert, sei von der Dokumentenlage widerlegt. Ausweislich der E-Mail des Klägers an den Beklagten vom 06.07.2012 (Anlage B 2) habe der Kläger angefragt, ob auf die zuvor angedachten Rollstuhlauffahrten verzichtet werden könne, wenn man das Außengelände auf das Höhenniveau der Hauseingänge bringe. Die Frage sei erkennbar offen gestellt und schließe die Möglichkeit von Rampen gerade nicht aus. Die Frage der Gestaltung der Außenanlagen sei unabhängig von der Frage zu betrachten, in welcher Höhe das Gebäude im Vergleich zum Straßenniveau anzulegen sei. Es sei jedenfalls unter Zugrundelegung des Kenntnisstandes des Klägers vom 06.07.2012 nicht von vornherein ausgeschlossen, das Gebäude im Vergleich zum Straßenniveau anzuheben und dennoch durch die Gestaltung der Außenanlagen einen rampenfreien Zugang zu ermöglichen. Der E-Mail des Klägers vom 06.07.2012 könne danach kein Hinweis dahin entnommen werden, dass sich der Kläger nach ordnungsgemäßer Information für eine Drainagelösung entschieden hätte.
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Zur Schadensbeseitigung sei die Höherlegung des Hauses erforderlich. Zwar lasse sich eine technisch ordnungsgemäße Abdichtung ausweislich der Feststellungen des Sachverständigen K. auch durch das Anlegen einer funktionsfähigen Drainage erreichen. Es sei jedoch nicht nur die technisch ordnungsgemäße Abdichtung des Gebäudes zwischen den Parteien vereinbart, sondern die für das konkrete Bauvorhaben optimale Abdichtung. Der Kläger müsse sich auch nicht aus Wirtschaftlichkeitsgründen auf die Abdichtung im Wege der Drainage verweisen lassen. Eine Unverhältnismäßigkeit der Nachbesserungskosten werde in aller Regel nur anzunehmen sein, wenn einem objektiv geringen Interesse des Bestellers an einer völlig ordnungsgemäßen Vertragsleistung ein ganz erheblicher und deshalb unangemessener Aufwand gegenüberstehe. Sei die Funktionsfähigkeit des Werkes spürbar beeinträchtigt, so könne Nachbesserung regelmäßig nicht wegen hoher Kosten verweigert werden (BGH, Urteil vom 04.07.1996, VII ZR 24/95). Diese Grundsätze, die zu den Kosten der Nacherfüllung ergangen seien, seien auf die vorliegende Situation des Schadensersatzes übertragbar. Vorliegend könne daher ein Unwirtschaftlichkeitseinwand schon wegen der Funktionsbeeinträchtigung durch die Drainageerstellung nicht mit Erfolg geltend gemacht werden. Die Drainage sei nämlich gegenüber der Höherlegung in der Funktion nachteilig, weil sie einer (wenn auch geringfügigen) Wartung bedürfe und weil eine Inanspruchnahme des klägerischen Grundstücks für das Erstellen eines oberirdischen Druckentspannungsschachtes oder einer Zisterne erforderlich sei.
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Die erforderlichen Kosten der Höherlegung seien in Höhe von 186.500,00 € bewiesen. Weil über den Kostenvorschuss nach Durchführung der Maßnahme abgerechnet werden müsse und die nachträgliche Abrechnung notwendig genauer sei als die vorherige Kostenermittlung, sei für die Höhe des Kostenvorschusses das Beweismaß deutlich unter den Beweismaßstab des § 286 ZPO abgesenkt. In der Regel sei ein Privatgutachten oder ein Kostenvoranschlag ausreichend, um den erforderlichen Beweis zu führen. Danach sei in Höhe von 131.500,00 € der Beweis über die Kostenhöhe durch Vorlage der Kostenermittlung des Dipl.-Ing. Torsten Matthäus vom 18.10.2019 (Anlage K 14) geführt. In Höhe weiterer 10.000,00 € für Auszug, Unterbringung, Wiedereinzug und Sonstiges sowie weiterer 45.000,00 € für Architektenhonorar seien die Kosten plausibel und aus der Lebenserfahrung beziehungsweise der HOAI zum Zwecke der Entscheidung über einen Kostenvorschussanspruch hinreichend nachvollziehbar.
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Der Beklagte führt in seiner Berufungsbegründung aus, die Entscheidung des Landgerichts sei in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht nicht haltbar. Dem Beklagten sei keine schuldhafte Pflichtverletzung vorzuhalten. Die Baugrundstellungnahme vom 15.04.2011 (Anlage K 13) beinhalte keinerlei Hinweise oder Anhaltspunkte dahingehend, dass der Beklagte als Architekt hätte erkennen müssen, dass bei einer um 19 cm höheren Gründung die Errichtung einer Drainage hätte entfallen können. Vielmehr weise der Inhalt darauf hin, dass im Zuge der Gründung und Abdichtung die Kombination zwischen einer Abdichtung gemäß DIN 18195 Teil 4 in Kombination mit einer Drainage planerisch vorzusehen gewesen sei. Exakt diesen planerischen Ansatz habe der Beklagte in ordnungsgemäßer Form verfolgt. Die Gründungsempfehlung sei auch generell eingehalten worden. Es werde bestritten, dass bei einer theoretischen Höherlegung des Hauses um 19 cm allein deshalb eine Drainage entfallen könne. Die geplante und ausgeführte Gründung in Kombination mit der Drainage stelle eine einwandfreie fachliche Planung dar. Dies habe auch der Sachverständige K. in seiner Anhörung am 30.10.2020 bestätigt, der erklärt habe, dass man eine Lösung der Trockenlegung mit einer Drainage erreichen könne. Es hätten insoweit keinerlei Anhaltspunkte oder gar Verpflichtungen vorgelegen, eine Planung vorzusehen, welche ohne Drainage auskomme. Wenn es mehrere Planungsvarianten gebe, beinhalte dies nicht die Verpflichtung des Architekten, sämtliche Planungsvarianten aufzuzeigen. Es habe keine zwingende Verpflichtung des Beklagten gegeben, das Gebäude höher anzuordnen. Die Planungsleistung des Beklagten in der Kombination Abdichtung gemäß DIN 18195 Teil 4 mit Drainage sei vollkommen ordnungsgemäß gewesen und habe den einschlägigen technischen Vorschriften entsprochen.
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Zudem habe der Kläger die Außenanlagen in Eigenleistung zum Gebäudekörper hin modelliert. Die Geländeoberfläche sei höhengleich und damit barrierefrei an den Gebäudekörper und die Eingangsbereiche angeschlossen worden. Hierdurch sei das Wasser zum Gebäudekörper hingeführt worden. Erst dadurch sei der Lastfall gemäß Teil 6 der DIN 18195 herbeigeführt worden. Die entsprechende Gründungssituation sei erst nachträglich durch den Kläger selbst herbeigeführt worden.
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Eine Anhebung des Gebäudes bei gleichzeitiger Beibehaltung der Gestaltung der Außenanlagen in barrierefreier Form komme nicht in Betracht und würde zu keiner Änderung der Situation führen. Die barrierefreie Gestaltung der Außenanlagen in Relation zum Gebäudekörper sei dem Kläger sehr wichtig gewesen, was deutlich werde im Schreiben des Klägers als E-Mail vom 06.07.2012 als Anlage B 2. Das Problem liege hier darin, dass eine „Tiefgründung“ unterhalb der Geländeoberkante vorliege und das Gebäude nicht oberhalb der Geländeoberfläche liege. Dies sei allein darauf zurückzuführen, dass die Außenanlagen bis oberhalb der Sohle und sogar bis zur Oberkante des Fertigfußbodens geführt worden seien. Wäre die Planung des Beklagten mit einem Höhenunterschied von 18 cm zur Geländeoberkante durchgeführt worden, wäre auch unter Berücksichtigung des Fußbodenaufbaus von 12 cm die Oberkante der Sohle 6 cm oberhalb des Geländes gewesen. In diesem Fall hätte es noch nicht einmal einer Drainage bedurft. Insofern liege kein planerisch fehlerhafter Ansatz des Beklagten vor. Wären die Außenanlagen entsprechend seinen Vorgaben hergestellt worden, würde es noch nicht einmal einer zusätzlichen Drainage bedürfen. Diese habe ein zusätzliches „Sicherungsmittel“ dargestellt, weil der Kläger ständig eine „Havarie“ befürchtet habe. Allenfalls wären somit die Kosten für eine Drainage unnütz aufgewandt worden. Im Übrigen werde auch die Anspruchshöhe bestritten.
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Das Landgericht habe auch zu Unrecht angenommen, dass die Funktionsfähigkeit des Werkes spürbar beeinträchtigt sei. Der Kläger verfüge über eine technisch einwandfreie Lösung. Soweit das Gericht auf die Zisterne verweise, so sei diese bereits von Anfang an Gegenstand des Leistungsumfangs gewesen. Dass ein Druckentspannungsschacht erforderlich sei, werde bestritten. Im Übrigen stelle dieser keine Beeinträchtigung dar, selbst wenn er oberirdisch ausgeführt werden sollte.
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Am Unverhältnismäßigkeitseinwand werde festgehalten. Dass bei einer Drainage Wartungskosten anfielen, stehe dem nicht entgegen, zumal es sich um keine wartungsintensive Drainage handele. Im Übrigen könne der Vertragspartner eines Architekten nicht per se immer das absolute und vermeintliche Optimum verlangen. Gerade bei Architektenleistungen stehe eine Vielzahl gestalterischer und technischer Möglichkeiten zur Auswahl. Die Planung und Umsetzung einer Drainage stelle eine übliche Maßnahme dar. Da der Kläger eine Einbettung des Gebäudes in den Außenanlagen erreichen wollte, letztlich sogar unter dem Maß von 18 cm, hätte er bei einer vorgeschlagenen Höherlegung einen Vorsprung von 30 cm nicht akzeptiert. Damit verlange er vom Beklagten etwas, das er ohnehin nicht umsetzen würde.
Randnummer16
Die Nebenintervenientin meint, der vom Landgericht festgestellte „geringfügige“ Wartungsaufwand für eine Drainage vermöge eine ausgeurteilte Vorschusszahlung in Höhe von 186.500,00 € nicht zu rechtfertigen, zumal bei einer wenig oder nicht beanspruchten Drainage der Wartungsaufwand im Verlauf der erwarteten Lebensdauer des streitgegenständlichen Hauses gen Null tendieren dürfte. Beeinträchtigungen durch einen oberirdischen Druckentspannungsschacht oder eine Zisterne seien in der Entscheidung nicht nachvollziehbar dargestellt, zumal auf dem Grundstück ohnehin eine Zisterne auf Wunsch des Klägers angelegt worden sei. Soweit das Landgericht auf den „oberirdischen Druckentspannungsschacht“ abstelle, beruhten diese Ausführungen des Sachverständigen auf der informellen Anfrage bei einem fachkundigen Tiefbauer. Soweit das Landgericht dies für entscheidungserheblich gehalten habe, hätte es diesbezüglich zuvor einen rechtlichen Hinweis geben und die entsprechende Frage näher aufklären müssen.
Randnummer17
Im Verhältnis der Streithelferin zum Kläger ergebe sich aus dem Berufungsurteil HRO 1 S 250/14, dass die Drainage nach der Auffassung des Gerichts falsch geplant gewesen sei, weil die Drainageleitungen zu weit vom Haus weg angelegt worden seien. Von einem Druckentspannungsschacht finde sich im Urteil nichts. Zudem gehe aus dem Urteil hervor, dass die Streithelferin nur für den Zustand verantwortlich sei, wie er sich aus den Lichtbildern des Sachverständigen K. Blatt 172 bis 175 Band I d. A. ergebe. Dort sei die mit Vlies ummantelte, aber noch nicht verfüllte Drainageleitung zu sehen. Für die nicht funktionierende Drainage sei entweder der Kläger selbst oder eine von ihm beauftragte Firma verantwortlich, welche für die nicht fachgerechte Verfüllung mit nicht sickerfähigem Material verantwortlich gewesen seien. Es habe keine ausreichende Fachplanung einer Drainage für das Grundstück des Klägers gegeben. Zur Funktionsfähigkeit der vorhandenen Drainage schweige sich das angegriffene Urteil aus. Es fehlten zudem Ausführungen dazu, welche Wartungsarbeiten das Landgericht für erforderlich und nicht zumutbar gehalten habe. Die Drainage sei im Übrigen funktionsfähig. Es komme nur kein Sickerwasser an, weil die Verfüllung nicht ausreichend sickerfähig sei. Dafür spreche, dass es in dem vom Kläger angelegten Entwässerungsgraben noch nie einen Rückstau aus der Kanalisation gegeben habe. Das Grundstück des Klägers liege nicht nur deutlich über der Rückstauebene, das Regenwasser staue sich auch nach den örtlichen Gegebenheiten bei Starkregen nicht bis zur Rückstauebene hoch. Zwischen dem Wasserspiegel in der Kanalisation und der Drainage sei immer ausreichend Gefälle vorhanden, sodass ohne Rückstauklappe, Pumpenanlage und Druckentspannungsschacht in die Kanalisation entwässert werden könne.
Randnummer18
Zudem wisse der Kläger offensichtlich selbst nicht, was er wolle, Anheben des Hauses oder fachgerechte Drainage. Dies ergebe sich aus seinem Schreiben an die Streithelferin vom 25.03.2021, in welchem er von dieser einen Kostenvorschuss in Höhe von rund 15.000,00 € für die Erneuerung der Drainage einfordere (Blatt 512 ff. d. A.). Offensichtlich sei die Beeinträchtigung durch die Drainage für den Kläger nicht so groß, dass er deshalb darauf verzichten wolle. Wenn diese ordentlich funktioniere, gebe es keinen nachvollziehbaren Grund für den Wunsch des Klägers auf Anheben des Hauses.
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Der Beklagte beantragt,
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das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 29.01.2021 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
Randnummer23
Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil. Die Pflichtverletzung des Beklagten habe darin bestanden, das Gebäude in der Höhe fehlerhaft einzuordnen und, um einen Fehler zu kaschieren, nachträglich eine Drainage zu planen. Noch der Bauantrag sei ohne die Planung einer Drainage erstellt worden. Diese sei erst nachträglich zur Verdeckung des Fehlers des Beklagten geplant worden. Dabei habe er gegen seine umfassenden Hinweis- und Aufklärungspflichten verstoßen. Über mögliche verschiedene Planungsansätze habe der Beklagte den Kläger nicht aufgeklärt. Der Einwand der Unverhältnismäßigkeit greife nicht durch, wenn durch die fehlerhafte Planung die Funktionsfähigkeit des Werkes spürbar beeinträchtigt sei (Verweis auf BGH-Urteil vom 04.07.1996, VII ZR 24/95).
Randnummer24
Soweit der Beklagte behaupte, er sei der Gründungsempfehlung der Baugrundstellungnahme vom 15.04.2011, Anlage K 13, gefolgt, so ergebe sich daraus gerade keine Gründungsempfehlung, sondern diese verhalte sich nicht zur Höheneinordnung. Zudem entbinde eine Gründungsempfehlung den Beklagten nicht von der Einhaltung der DIN-Vorschriften. Da sich auf dem Grundstück des Klägers ein bindiger Boden befinde, sei vom Lastfall „drückendes Wasser“ auszugehen, sodass eine Abdichtung nach DIN 18195 Teil 6 erforderlich sei. Der Beklagte sei fehlerhaft vom Bezugspunkt für die Höheneinordnung des Gebäudes von dem uneinheitlichen Gelände ausgegangen und nicht vom Schachtdeckel der Anliegerstraße. Die Sockeloberkante hätte bei 300 mm über diesem Bezugspunkt von 11,53 m HN liegen müssen, also bei HN 11,83 m.
Randnummer25
Der Beklagte sei auch auf der Baustelle noch vor dem ersten Aushub auf seinen Planungsfehler der fehlerhaften Höheneinordnung hingewiesen worden, und zwar vom Vermesser Dipl.-Ing. Kr. und Herrn W. Er hätte deshalb noch vor Beginn der eigentlichen Bauarbeiten seinen Fehler problemlos korrigieren können und es wären dann keine Mehrkosten entstanden. Insofern sei hier auch das Verschulden des Beklagten zu berücksichtigen, der geradezu sehenden Auges die Katastrophe in Kauf genommen habe.
Randnummer26
Soweit eine Abdichtung nach DIN 18195 Teil 4 in Kombination mit einer Drainage als fachgerechte Planung dargestellt werde, lasse dies unberücksichtigt, wo das Drainagewasser bleiben solle. Die Genehmigung der Einleitung durch den Zweckverband Kühlung sei nur unter dem strikten Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs erfolgt. Zudem hätten die Maßgaben des ZVK in Planung und Bau der Ringdrainage beim Bauvorhaben des Klägers keine Berücksichtigung gefunden. Auch biete selbst eine funktionierende Drainage im Havariefall keine Sicherheit. Hätte der Beklagte den Kläger umfassend aufgeklärt, hätte der Kläger selbstverständlich die risikoärmere, einfachere und preiswertere Möglichkeit der um 19 cm höheren Gründung gewählt.
Randnummer27
Die fehlerhafte Geländemodellierung sei auch nicht vom Kläger veranlasst worden, sondern vom Beklagten. Dies ergebe sich aus dem Auftrags- und Leistungsverzeichnis des Tiefbauunternehmers W. (Anlage K 18, Punkt 02.1 und Punkt 02.2), nach dem durch Verteilen und Andecken des Oberbodens das Gelände verändert werden sollte. Der Beklagte selbst habe das Verbleiben von Mutterboden auf dem Grundstück angeordnet, obwohl ihm bekannt gewesen sei, dass dies einen lehmigen Anteil gehabt habe. Auf Anweisung des Beklagten sei der gelagerte Mutterboden auf dem Grundstück verteilt worden.
Randnummer28
Zutreffend sei das Landgericht davon ausgegangen, dass der Kläger nicht nur einen stufenlosen Zugang akzeptiert hätte. Es gehe auch zu Recht von einem abgesenkten Beweismaß für die Feststellung der Höhe des Kostenvorschusses aus.
Randnummer29
Auch der Unverhältnismäßigkeitseinwand greife nicht durch. Die Haushebung versetze das Bauwerk in einen Zustand erheblich niedrigerer Schadensanfälligkeit als eine Drainagerevision. Aufgrund des Klimawandels müsse verstärkt mit Starkregenereignissen und Überschwemmungen gerechnet werden, sodass ein Widerruf der Einleitungsgenehmigung für das Drainagewasser möglich sei.
II.
Randnummer30
Die Berufung ist teilweise begründet. Dem Kläger steht ein Vorschussanspruch gerichtet auf Neuherstellung der Drainage sowie Geländemodellierung, nicht jedoch auf Anhebung des Hauses zu.
1.
Randnummer31
Der Vorschussanspruch ergibt sich aus §§ 634,280 BGB. Der Bundesgerichtshof hat entschieden (vgl. Urteil vom 22.02.20218 – VII ZR 46/17, Zitat nach juris), dass der Besteller vom Architekten für Planungs- und Überwachungsfehler, die sich im Bauwerk bereits verwirklicht haben, im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs gemäß §§ 634 Nr. 4, 280 BGB einen Vorschuss verlangen kann, ebenso wie gegenüber dem Bauunternehmer. Architekt und Bauunternehmer hafteten insofern gemeinsam für Mängel des Bauwerks und den hierdurch entstandenen Schaden (BGH, aaO, Rn. 68).
a)
Randnummer32
- aa) Eine Pflichtverletzung des Beklagten in Form eines Planungsfehlers ist nicht festzustellen. Unzutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Architekt die am besten geeignete Lösung auszuwählen hat. Nach Auffassung des Senates stellt es keinen Planungsfehler dar, wenn ein Architekt nicht die „Ideallösung“ erbringt. Entsprechendes ergibt sich auch nicht aus der als „Optimierungsurteil“ bezeichneten Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH NJW 1998, 1064).
Randnummer33
Entscheidend sind vielmehr die Vorgaben des Bauherrn. Wird von diesen abgewichen, wird dies regelmäßig zu einer mangelhaften Planung führen, auch wenn dem Architekten ein gewisses Maß an planerischem Ermessen zuzugestehen ist. Die Vorgaben des Bauherrn sind für den Architekten verbindlich (vgl. hierzu Korbion/Mantscheff/Vygen-Wirth, HOAI, 9. Aufl., Teil B, Rn. 488 mwN).
Randnummer34
Ausgangspunkt ist hier die Vereinbarung der Parteien in der Anlage K 2, wo sich unter der Überschrift „Gebäudekonzept“ folgende Angabe findet:
Randnummer35
„Höhenunterschied von ca. 18 cm zwischen OK FFB und OK Gelände“.
Randnummer36
Die entsprechenden Angaben finden sich auch in der Anlage K 3, der Planzeichnung, in der ein Wert von – 0,18 der Oberkante Fertigfußboden zum Gelände angegeben wird. Die entsprechende Höhe sollte überbrückt werden durch die geplanten Rampen, welche das Gebäude barrierefrei machen sollten. Die ursprüngliche Planung enthielt keine Drainage, sondern diese wurde erst nachträglich geplant. Sie findet sich in der genannten Schnittzeichnung vom 15.05.2011 (Anlage K 3).
Zunächst hatte der Kläger diesbezüglich lediglich gerügt, dass die Drainage fehlerhaft geplant worden sei, weil sie nicht direkt an der Bodenplatte entlanggeführt worden war. Um den entsprechenden Abstand war bereits im Verfahren vor dem Landgericht Rostock zum Aktenzeichen 2 O 721/19 gestritten worden. In dem betreffenden Verfahren wurde festgestellt, dass nach den Ausführungen des Sachverständigen die Drainageanlage hätte anders geplant und angelegt werden müssen (Urteil LG Rostock, Seite 9).
Zudem wurde vom Kläger gerügt, dass das Außengelände ein Gefälle zum Haus hin aufwies und die vorhandene Abdichtung den Anforderungen der DIN 18195 Teil 6 (drückendes Wasser) nicht entsprach. Erst später wurde der Mangel darin verortet, dass die Bodenplatte nicht in der erforderlichen Höhe ausgebildet worden sei weil eine Festlegung der geplanten Höhen im Gebäude im Verhältnis zum Bezugspunkt Straßenmitte mit 11,53 m HN nicht erfolgt sei. Insofern ist der Kläger der Ansicht, dass das Gebäude so hätte geplant werden müssen, dass die Oberkante des Fertigfußbodens auf 11,95 m HN hätte liegen müssen, da in diesem Fall eine Drainage entbehrlich gewesen wäre.
Randnummer37
Der Fertigfußboden wurde indes so geplant, dass er nunmehr laut Feststellungen des Sachverständigen in seinem Gutachten 01 auf Seite 18 auf 11,76 m HN liegt. Die begehrte Anhebung von 19 cm bezieht sich auf die Differenz zwischen diesen 11,76 m HN und der verlangten Höhe des Fertigfußbodens von 11,95 m HN. Die maximale Sockelhöhe nach Bebauungsplan hätte bei 11,83 m HN gelegen, zu denen jedoch noch die 12 cm für den Fertigfußboden hinzukamen, da es sich bei der Festlegung im Bebauungsplan um die Höhe des Rohbaufußbodens handelt. Insofern verlangt der Kläger, dass der Beklagte die Vorgaben des Bebauungsplans hätte „ausreizen“ müssen, nach denen der Rohbaufußboden maximal 30 cm über dem festgelegten Bezugspunkt Straßenmitte von 11,53 m HN hätte liegen dürfen (vgl. hierzu Anlage B 14: Auszug aus dem B-Plan).
Randnummer38
Nach Ansicht des Senates ist zu unterscheiden zwischen der Verpflichtung, das Gebäude 18 cm über der Geländeoberkante zu errichten und der Einordnung des Gebäudes im Gelände. Die vertragliche Verpflichtung, dass der Bau 18 cm über Geländeoberkante liegt, ist vom Beklagten nicht eingehalten worden.
Randnummer39
Insoweit ist zwischen den Parteien streitig, ob die entsprechende Aufschüttung vom Kläger oder vom Beklagten zu vertreten ist. Die Entscheidung dieser Frage kann hier offenbleiben, da es maßgeblich auf den Zeitpunkt der Planung durch den Beklagten ankommt, denn er konnte damals noch nicht vorhersehen, dass nachträglich viel zu hoch aufgeschüttet werden würde, sodass zum einen ein Gefälle zum Haus hin entstehen und zum anderen die Drainage letztlich viel zu tief liegen und trocken laufen würde.
Randnummer40
Nach Ansicht des Senates schuldete der Beklagte keine Planung dahingehend, dass durch eine höhere Gründung insgesamt eine Drainage hätte entfallen können. Denn sowohl die Einhaltung der Vorgaben des Bebauungsplans als auch die Höhe des Fertigfußbodens von 18 cm über Geländeoberfläche wäre nach den ursprünglichen Geländehöhen mit der nunmehrigen Höhe des Fertigfußbodens einzuhalten gewesen. Dies ergibt sich aus der Anlage B 10, wo sich die ursprünglichen Geländehöhen mit 11,60 m HN wiederfinden. Auch die Baugrundstellungnahme als Anlage K 13 weist Höhenunterschiede nur in einer Größenordnung von 0,2 m auf dem Gelände aus.
Randnummer41
Der Sachverständige K. hat hierzu in dem Gutachten 01 vom 20.03.2014 auf Seite 34 ausgeführt:
Randnummer42
„Für die Höheneinordnung eines Gebäudes auf dem Grundstück ist üblicherweise der Architekt verantwortlich, wobei dieser allein das Verhältnis zwischen der Oberfläche des Fußbodens/der Bodenplatte zum anschließenden Gelände vorgibt, sofern durch ihn nicht auf einen besonderen Bezugspunkt hingewiesen wird. Insofern ist den Architektenplänen im Regelfall nicht die Einordnung nach HN oder NN zu entnehmen, sondern allein der oben ausgewiesene Höhenunterschied zwischen dem geplanten Gebäude und den Terrainebenen.“
Randnummer43
Nach den weiteren Ausführungen des Sachverständigen im Gutachten 02 auf Seite 26 wird die vom Kläger verlangte Höheneinordnung des Gebäudes im Gelände nicht als zwingend angesehen und eine Ausführung der Abdichtung nach DIN 18195, Teil 4 mit einer dauerhaft funktionsfähigen Drainage als den Fachregeln entsprechend bewertet, wobei allerdings diese Ausführung als wesentlich schadensanfälliger angesehen wird.
Randnummer44
Der Senat verkennt nicht, dass die Planung des Beklagten gegenüber Höhersetzung des Gebäudes Mehrkosten verursacht hat. Diese bewegen sich indes in dem Toleranzrahmen (30 %), welcher bei Baukostenüberschreitungen üblicherweise von der Rechtsprechung angenommen wird, um eine Pflichtverletzung bzw. einen Schadensersatzanspruch des Bestellers annehmen zu können.
Randnummer45
bb) Eine Verletzung der Aufklärungspflicht durch den Beklagten ist ebenfalls nicht festzustellen. Der Kläger meint, der Beklagte habe ihn über die verschiedenen Alternativen nicht aufgeklärt und insbesondere statt der Planung der Drainage nicht die Höherlegung des Gebäudes angeboten. Ein Gespräch auf der Baustelle stelle eine Zäsur dar, als bemerkt worden sei, dass eine Drainage nicht geplant worden war. In dieser Situation wäre es damals noch ein Leichtes gewesen, das Gebäude höher zu legen. Der Bundesgerichtshof habe bereits entschieden (Bau R 2002,1536), dass eine höhere Gründung eines Gebäudes zu einer Aufklärungspflicht führe; umgekehrt müsse das bei einer tieferen Gründung ebenso gelten (Schriftsatz vom 24.02.2022, Seite 8).
Randnummer46
Einer Aufklärungspflichtverletzung steht bereits entgegen, dass damals nicht ohne weiteres erkennbar war, dass durch eine Höherlegung des Gebäudes die Drainage entfallen würde. Dies hat sich erst ex post durch entsprechende Begutachtung herausgestellt.
Randnummer47
Außerdem kann bei der Verletzung von Aufklärungs- bzw. Beratungspflichten nicht ohne weiteres ein beratungsgerechtes Handeln unterstellt werden. Für die Fälle der Baukostenüberschreitung hat die Rechtsprechung insofern entschieden, dass sich eine typisierende Betrachtungsweise verbietet, wonach davon auszugehen sei, dass sich der Auftraggeber bei der geschuldeten Aufklärung sachgerecht verhalten hätte (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Auflage, Rn. 2287).
Im vorliegenden Fall kann ein Wunsch des Klägers (bei unterstellter Aufklärung durch den Beklagten), das Gebäude ohne Drainage höher zulegen, schon deshalb nicht unterstellt werden, da in diesem Fall zumindest die 0,18 m Abstand zur Geländeoberkante erhalten geblieben wären, die er ausweislich der E-Mail-Korrespondenz (Anlage B 2) gerne vermeiden wollte.
Randnummer48
Der Kläger, der sich offensichtlich viele Sorgen bezüglich eines Havariefalls während seiner Eigentümerstellung und der seiner Nachfahren macht – wie er auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärte -,verfolgt außerdem nach dem insoweit unbestrittenen Vortrag der Nebenintervenientin in der Berufungsinstanz nach wie vor einen Vorschuss zur korrekten Herstellung der Drainage von der Nebenintervenientin parallel zu dem hier verfolgten Vorschuss für eine Höherlegung des Gebäudes. Auch diese Umstände begründen durchgreifende Zweifel daran, ob der Kläger tatsächlich bereit gewesen wäre, auf die Drainage zu verzichten, die er in einem anderen Verfahren eingeklagt hat.
Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger letztlich den Nachtrag hinsichtlich der Drainage gebilligt und auch den Einbau der Drainage mitbekommen und entsprechend befürwortet hat.
Randnummer49
cc) Dem Beklagten ist allerdings die fehlerhafte Planung bzw. Überwachung des Drainagebaus sowie eine fehlende Überwachung der Geländegestaltung vorzuwerfen. Der Architekt muss solchen Baumaßnahmen besondere Aufmerksamkeit widmen, bei denen sich im Verlauf der Bauausführung Anhaltspunkte für Mängel ergeben. Er muss insbesondere eine regelmäßige und angemessene Überwachung der Bauleistungen vornehmen. Besonders wichtige Bauabschnitte, von denen das Gelingen des ganzen Werkes abhängt, muss der Architekt persönlich überwachen und sich sofort nach der Ausführung der Arbeiten von deren Ordnungsmäßigkeit überzeugen. Zudem gehören gerade Drainagearbeiten zu besonders schwierigen und gefahrträchtigen Arbeiten, welche besonders beobachtet und überprüft werden müssen (vgl. zum Ganzen Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Auflage, Rn. 2021).
Randnummer50
Zwischen den Parteien ist streitig, ob die entsprechende Aufschüttung des Geländes vom Kläger oder dem Beklagten zu vertreten ist. Der Kläger wollte ausweislich der E-Mail Anlage B 2 vom 06.07.2012 gerne auf die 18 cm Unterschied zur Geländeoberkante verzichten, um auf die Rollstuhlauffahrten zu verzichten. Er fragt in dieser E-Mail an, ob dies möglich sei, indem man alles auf das Höhenniveau der Hauseingänge bringe. Dem hat der Beklagte seinerzeit mit der Maßgabe zugestimmt, dass noch ein Gefälle vom Gebäude weg vorhanden sein sollte. Die entsprechenden Anlagen sollten ausweislich der entsprechenden E-Mail-Korrespondenz vom Gala-Bauer fertiggestellt werden. Der Kläger bezieht sich insofern auf das vorgelegte Leistungsverzeichnis am Ende der Anlage K 17, wo es unter 02.2 heißt „Oberboden liefern und den zum Teil seitlich gelagerten Oberboden wieder aufnehmen und im Baustellenbereich verteilen und andecken, Auftragsdicke: i.M. 40 cm“.
Randnummer51
Demgegenüber verweist der Beklagte darauf, dass er für die Gestaltung der Außenanlagen nicht verantwortlich gewesen sei.
Randnummer52
Aus dem geschlossenen Vertrag als Anlage K 1 ergibt sich insofern ein Pauschalhonorar für die Planung der Terrassen, der Pflasterwege entlang des Gebäudes und von der Straße zum Carport sowie die Planung des Carports mit Lagerraum von 1.000,00 €. Auch die E-Mail-Korrespondenz zwischen den Parteien belegt, dass der Beklagte in die Planung der Außenanlagen eingebunden war.
Randnummer53
Hinzu kommt, dass nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen K. (Gutachten 02, Seite 41) folgende Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um bei der vom Beklagten vorgenommenen Planung eine ausreichende Sicherheit des Hauses gegen Niederschlagsbeeinträchtigungen herzustellen:
Randnummer54
– Herstellung einer fachgerecht hergestellten Abdichtung nach Vorgabe der DIN 18195, Teil 4,
Randnummer55
– eine auf die tatsächlichen Verhältnisse abgestimmte dauerhaft funktionsfähige Drainage nebst Rückstausicherung und
Randnummer56
– eine notwendige Geländemodellierung.
Randnummer57
Mithin erforderte die vom Beklagten konkret gewählte Planung auch eine Überwachung der Ausführung der Modellierungsarbeiten. Der Beklagte hätte zumindest sicherstellen müssen, dass gerade im Hinblick auf die vom Auftraggeber gewünschte Heranführung des Geländes bis auf Bodenniveau dieses nicht zu hoch angeschüttet wird und kein entsprechendes Gefälle zum Gebäude hin entsteht.
Randnummer58
Das Gefälle zum Gebäude hin ist auf den entsprechenden Lichtbildern deutlich ersichtlich und aufgrund der behaupteten Hinweise an den Beklagten seinerzeit durch Herrn W. und Herrn Kr. (vgl. hierzu Vortrag Blatt 112 d.A. und Anlage K 7) ist dem Beklagten auch bekannt gewesen, dass diesbezüglich besondere Umsicht vonnöten war. Es bestand insofern eine gesteigerte Pflicht zur Planung bzw. Überwachung, dass aufgrund der geplanten Drainage und des geplanten Höhenunterschiedes bzw. der möglicherweise auch entfallenden Rampen eine nicht zu hohe Anschüttung erfolgte. Aus der Anlage B 2 ergibt sich, dass die Problematik dem Beklagten bekannt war. Da er selbst auf die entsprechenden Hinweise für die relativ tiefe Gründung des Gebäudes hin keine Höherlegung veranlasst hatte, trafen ihn bei der von ihm gewählten Planungsvariante insofern zumindest gesteigerte Sorgfaltspflichten im Hinblick auf die korrekte Planung und Durchführung der nunmehr gewählten Ausführungsvariante.
Randnummer59
Da sich entsprechende Planungs- bzw. Überwachungsfehler bereits im Bauwerk verwirklicht haben, ist eine Nacherfüllung nicht mehr möglich.
Randnummer60
b) Der Beklagte schuldet einen Vorschuss, soweit durch seine Pflichtverletzung ein kausaler Schaden entstanden ist.
Randnummer61
Dieser besteht zunächst in den Kosten für die Herstellung einer funktionstüchtigen Drainage, die der Gutachter in seinem ersten Gutachten vom 20.03.20214 (Gutachten 01, Seite 34) anhand von Kostenschätzungen mit 18.372,00 € netto bewertet hat. Im Hinblick auf die gerichtsbekannten Kostensteigerungen im Baugewerbe nimmt der Senat eine Anpassung von 16 % an, so dass sich der Nettobetrag auf 21.311,52 € und der Bruttobetrag auf 25.360,70 € erhöht.
Randnummer62
Den voraussichtlichen Aufwand des Klägers für die erforderliche Geländemodellierung schätzt der Senat, der seit einigen Jahren mit Bausachen betraut ist und über einschlägige Erfahrungen mit den Kosten von Erdarbeiten verfügt, gemäß § 287 ZPO wie folgt:
Randnummer63
Die Grundstücksfläche beträgt 1308 m², die Grundfläche des Hauses 126,52 m² und die Fläche der Nebenanlagen 189 m². Mithin ist eine Fläche von maximal 992,48 m² zu bearbeiten.
Randnummer64
– Arbeitsaufwand von 120 Stunden á 70 € pro Stunde = 8.400,00 €,
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– Abfuhr von Erdreich und Entsorgung, pauschal: 1.500,00 €,
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– neues Erdreich liefern und einbauen, pauschal: 2.500,00 €,
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– Maschinenkosten: 1.000,00 €
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– Ansatz für Unvorhergesehenes: 500,00 €,
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– Planungskosten (6 Stunden á 250,00 €): 1500,00 €
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– Summe netto: 15.400,00 €
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– Summe brutto 18.326,00 €
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Insgesamt besteht mithin ein Vorschussanspruch des Klägers in Höhe von 43.686,70 €. Der Senat geht auch davon aus, dass der Kläger gewillt ist, die entsprechenden Maßnahmen nach Zahlung des Vorschusses in Auftrag zu geben.
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Dieser Betrag ist seit dem 02.06.2017 zu verzinsen.
Randnummer74
Zwar hat der Kläger zunächst Schadensersatz in Höhe von 100.000,00 € verlangt, nach Hinweis des Landgerichts wegen der geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auf einen Vorschussanspruch umgestellt und diesen auf die Kosten gerichtet, die für die Anhebung seines Hauses anfallen werden. Dieser Umstand ist jedoch unerheblich, denn die Vorschussklage umfasst immer den Vorschussanspruch in der Höhe, in der er zur Beseitigung des Mangels sachlich erforderlich ist (vgl. Werner-Pastor, a.a.O., Rn. 2145).
Randnummer75
c) Sofern abweichend von vorstehenden Ausführungen zu aa) und bb) eine Pflichtverletzung des Beklagten festzustellen wäre, würde der geltend gemachte Vorschussanspruch auf Hebung des Hauses jedenfalls daran scheitern, dass die geforderten Aufwendungen nicht erforderlich sind; außerdem greift der Unverhältnismäßigkeitseinwand des Beklagten durch.
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aa) Grundsätzlich richtet sich bereits die Erforderlichkeit der Aufwendungen für die Schadensbeseitigung danach, für welche Maßnahme sich ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Besteller bei einer ex-ante-Betrachtung nach sachkundiger Beratung entscheiden würde (vgl. Messerschmidt/ Voit-Moufang/Koos, Privates Baurecht, 3. Auflage, § 635, Rn. 58).
Randnummer77
Der Kläger hat die Kosten mit 208.500,00 € beziffert (vgl. Blatt 244 f. d.A.) zuzüglich Architektenkosten von 45.000,00 € weiteren 10.000,00 € für Versicherung des Gebäudes, Umzugskosten und Unterbringungskosten, insgesamt 263.500,00 €.
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Nach Auffassung des Senates würde sich ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Besteller nicht für die entsprechende Lösung entscheiden.
Randnummer79
Zunächst ist die Hebung des Hauses mit erheblichen Risiken behaftet ist. Der Kläger hat selbst vorgetragen, dass es ihm anfangs nicht gelungen sei, einen Architekten zu finden, welcher bereit war, das Projekt planerisch zu begleiten (vgl. Schriftsatz vom 03.06.2020, Blatt 303 d.A.).
Randnummer80
Es kommt hinzu, dass das Grundstück nach den Angaben der Nebenintervenientin über dem Rückstauniveau liegt, sodass sich eine Hebung nicht als einzige Möglichkeit darstellt, um möglichen Feuchtigkeitseintritten vorzubeugen. Der vom Kläger angelegte Graben funktioniert bisher. Auch hat der Gutachter bestätigt, dass eine Drainage in Verbindung mit der vorhandenen Abdichtung und ggf. einer Ummodellierung des Geländes zur Abdichtung des Gebäudes fachgerecht wäre. Vor diesem Hintergrund eine planerisch unsichere Lösung zu wählen und sich für die Risiken zu entscheiden, welche mit einer Gebäudehebung einhergehen, erscheint nicht vernünftig und wirtschaftlich. Außerdem wäre mit erheblichen Eingriffen in die Statik zu rechnen, welche einen Minderwert des Gebäudes bei einem künftigen Verkauf zur Folge hätte, im Gegensatz zu bloßen Arbeiten an der Drainage und am Gelände, welche die Bausubstanz des Gebäudes unangetastet lassen würden (vgl. zum Ganzen Löffelmann/Keldungs/Baldringer, Architektenrecht, 7. Auflage, E. Rn. 168).
Randnummer81
Eine abweichende Beurteilung ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Gesamtkosten des Hauses, die der Kläger mit 500.000 € angegeben hat. Der Kostenkalkulation des Klägers folgend würden hiernach mehr als 50 % der ursprünglichen Herstellungskosten des Hauses für die verlangte Anhebung entstehen. Diese Kosten stehen nach Ansicht des Senates außer Verhältnis zu der damit einhergehenden Verbesserung des Schutzes des Hauses vor Feuchtigkeitseinflüssen. Hierbei übersieht der Senat nicht, dass nach den Feststellungen des Sachverständigen K. die vom Beklagten gewählte Planung gegenüber der grundsätzlichen Heraushebung des Geländefußpunktes aus der wasser-/ feuchtigkeitsbelasteten Zone schadensanfälliger ist und eine Drainage der Wartung bedarf.
Randnummer82
Unzutreffend ist die wiederholt vom Prozessbevollmächtigten des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vertretene Ansicht, es müsse für die Beurteilung der Erforderlichkeit der Aufwendungen auf den Zeitpunkt der Pflichtverletzung des Beklagten abgestellt werden, zu dem seiner Ansicht nach keine oder nur geringere Kosten angefallen wären.
Randnummer83
bb) Der Einwand der Unverhältnismäßigkeit greift durch. Der Architekt kann sich, wenn auch nicht nach § 635 Abs. 3, so doch nach § 251 Abs. 2 BGB auf Unverhältnismäßigkeit berufen (vgl. Beck´scher HOAI und Architektenrechtskommentar- Klein, 2. Auflage, § 650 q, Rn. 168). Insofern sind unverhältnismäßig hohe Kosten der Mangelbeseitigung nicht zu ersetzen. Die Grenze liegt dort, wo Kosten als unnötig, unzweckmäßig oder überteuert anzusehen sind (vgl. Beck´scher HOAI und Architektenrechtskommentar, a.a.O.).
Randnummer84
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat im Urteil vom 26.03.2019 zum Aktenzeichen 23 U 102/18 (Beck RS 2019, 19093) ausführt:
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„Unverhältnismäßig in diesem Sinne sind Aufwendungen für die Beseitigung des Mangels, wenn der in Richtung auf die Beseitigung des Mangels erzielte Erfolg oder Teilerfolg bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür gemachten Geldaufwandes steht und es dem Unternehmer nicht zugemutet werden kann, die vom Besteller in nicht sinnvoller Weise geltend gemachten Aufwendungen tragen zu müssen. In einem solchen Fall würde es Treu und Glauben widersprechen, wenn der Besteller diese Aufwendungen dem Unternehmer anlasten könnte.“ (OLG Düsseldorf, a.a.O., Rn. 22 unter Verweis auf BGH, Urteil vom 11.10.2012, Az.: VII ZR 179/11, NJW 2013, 370).
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Die Frage der Verhältnismäßigkeit kann weder allein aufgrund der Höhe der Mängelbeseitigungskosten noch aufgrund einer Relation dieser Kosten zu den Herstellungskosten der mangelhaften Bausache entschieden werden (vgl. BGH, BauR 1995, 540,541). Der Einwand der Unverhältnismäßigkeit ist deshalb nur dann gerechtfertigt, wenn das Bestehen auf ordnungsgemäßer Vertragserfüllung mit Rücksicht auf das objektive Interesse des Bestellers an der ordnungsgemäßen Erfüllung im Verhältnis zu dem dafür erforderlichen Aufwand unter Abwägung aller Umstände einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt. Besteht nur ein objektiv geringes Interesse des Auftraggebers an einer mangelfreien Vertragsleistung und steht diesem ein ganz erheblicher und deshalb vergleichsweise unangemessener Kostenaufwand gegenüber, kann von einer Unverhältnismäßigkeit gesprochen werden (vgl. Werner-Pastor, a.a.O., Rn. 2102). Diese für die verweigerte Nacherfüllung entwickelten Grundsätze sind auch vorliegend zu berücksichtigen.
Randnummer87
Die vom Beklagten vorgenommene Planung ist nicht mangelhaft. Es wird auf die Ausführungen des Sachverständigen K. (Gutachten 02, Seite 26) verwiesen. Da der Beklagte gegenüber der Anhebung der Bodenplatte eine schadensanfälligere und teurere, jedoch den Fachregeln entsprechende Variante gewählt hat, wird die unterlassene Aufklärung des Klägers vom Senat lediglich als fahrlässiges Verhalten bewertet.
Randnummer88
Das Interesse des Klägers auf Anhebung des Gebäudes stellt sich bei objektiver Betrachtung als gering dar. Er befürchtet, dass die Einwilligung des Anschlusses an die neu zu errichtende Drainage von der Behörde widerrufen werden könnte. Eine solche Gefahr des Widerrufs ist jedoch nicht konkret festzustellen. Nach den Erfahrungen des Senates handelt es sich bei der entsprechenden Klausel um die übliche Genehmigungspraxis der Behörden, um auf etwaige Veränderungen der tatsächlichen Verhältnisse reagieren zu können. Dass einmal von dem Widerrufsvorbehalt Gebrauch gemacht wurde, ist dem Senat nicht bekannt.
Randnummer89
Der in der mündlichen Verhandlung geäußerte Wunsch des Klägers, der von einer Lebensdauer des Hauses zwischen 100 -150 Jahren ausgeht und das Eigentum späteren Generationen mit einem größtmöglichen Schutz vor Wasserbeeinträchtigungen und Wasserschäden vererben möchte, lässt bereits außer Betracht, dass die Folgen des Klimawandels selbst in den kommenden Jahrzehnten noch nicht absehbar sind (Zunahme von Starkregenereignissen/Trockenheit und Wasserverknappung auch in Mitteleuropa). Insofern ist schon nicht feststellbar, ob in Zukunft überhaupt eine größere Belastung des streitgegenständlichen Grundstücks mit Wassereintrag zu erwarten ist.
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Schließlich vermag auch die dem Senat bekannte, überschaubare Pflegebedürftigkeit einer Drainage kein erhebliches Interesse des Klägers an der verlangten Anhebung des Hauses zu begründen. In der Regel ist die Wartung einer Drainage nach dem Kenntnisstand des Senats in mehrjährigen Abständen mittels Sichtkontrollen und gegebenenfalls notwendig werdenden Reinigungsarbeiten durchzuführen.
Randnummer91
Im Rahmen der Abwägung ist schließlich auch der vom Kläger veranschlagte Kostenaufwand für die Anhebung des Hauses mit 263.500,00 € im Verhältnis zu den Herstellungskosten von 500.000,00 € zu berücksichtigen. Insoweit wird auf die Ausführungen zu aa) verwiesen.
Randnummer92
Nach alledem stellt sich das Verlangen auf Anhebung des Hauses als unverhältnismäßig dar.
Randnummer93
Aus diesen Gründen kann dahinstehen, ob sich der Beklagte auch auf ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 275 Abs. 2 BGB wegen faktischer oder praktischer Unmöglichkeit berufen kann, wofür nach Auffassung des Senates einiges sprechen dürfte.
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Eine abweichende Beurteilung ergibt sich auch nicht aus den Darlegungen im Schriftsatz vom 24.02.2022, soweit sie Rechtsauffassungen enthalten.
2.
Randnummer95
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.