Ax Tiefbaurecht

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Kanzlei Ax Vergaberecht Ax TiefbauRecht Ax HochbauRecht – Vergaberechts- und Baurechtswissen auf dem allerneuesten Stand – von dem unsere Kundinnen profitieren

Kanzlei Ax Vergaberecht Ax TiefbauRecht Ax HochbauRecht – Vergaberechts- und Baurechtswissen auf dem allerneuesten Stand – von dem unsere Kundinnen profitieren

Ausschreibung: Rahmenvertrag über die Belieferung der Bibliothek der Kanzlei Ax Vergaberecht Ax TiefbauRecht HochbauRecht mit fortlaufender juristischer Fachliteratur (Zeitschriften, Loseblatt-Kommentare, weitere Loseblatt-Sammlungen) zum Vergaberecht, zum privaten und öffentlichen TiefbauRecht und HochbauRecht, beginnend ab dem 01.01.2026

Die Belieferung hat beginnend ab dem 01.01.2026 unmittelbar nach Erscheinen zu erfolgen, wobei die Belieferung der einzelnen Werke erstmalig zu dem Zeitpunkt zu erfolgen hat, in dem die jeweilige bisherige Belieferung nach Wirksamwerden der Kündigung der bisherigen laufenden Abonnements endet. Vom neu zu beauftragenden Unternehmen ist somit eigenständig unter Berücksichtigung der jeweiligen Kündigungen der nahtlose Übergang der Belieferung – ohne Doppellieferung und ohne Bestelllücken – zu sichern.

Für die Beschaffung ist es des Weiteren erforderlich, dass qualifiziertes Personal auf Seiten der Buchhandlung eingesetzt wird, und zwar ein(e) Buchhändler(in) mit Erfahrung mit wissenschaftlicher Literatur. Denn nur so wird die fortlaufende ununterbrochene Be­schaffung der gesamten zur Beschaffung anstehenden rechtswissenschaftlichen Litera­tur hinreichend gesichert. Hierzu gehört auch die angemessene Beachtung von Verän­derungen z.B. durch Namens- oder Autorenwechsel oder die Belieferung mit möglichen Zusatzwerken der jeweiligen laufenden Lieferungen.

Zwingend erforderlich ist auch ein hinreichender Kundendienst. Hierzu gehört der Ser­vice durch eine(n) konkrete(n) persönlichen Ansprechpartner(in), der bzw. die telefonisch erreichbar ist und grundsätzlich für alle Angelegenheiten dieses Auftrages zuständig ist. Es soll von Seiten der Buchhandlung überwacht werden, ob alle Fortsetzungswerke ge­liefert werden. Im Weiteren ist dieser umfassend für die Kommunikation mit den Verlagen zuständig, z.B. bei Reklamationen bei Nicht-, Falsch- oder Schlechtlieferung. Fehlerhaft oder mangelhaft gelieferte Werke sind vom Buchhandel abzuholen und an den Verlag zurückzusenden.

Die Belieferung sollte während der Geschäftszeiten der Kanzlei Ax Vergaberecht Ax TiefbauRecht HochbauRecht ohne Verpackung frei Haus erfolgen. Ein Direktversand kommt nicht in Betracht. Eine Versendung mit Paketen der jeweiligen Nachlieferung ist auch aus Umweltgründen zu vermei­den.

Schließlich gehört zum Kundendienst auch die zeitweise – kostenfreie –zur Verfügungsstellung von An­sichtsexemplaren von Werken, deren Anschaffung erwogen wird.

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Vertrag über die Ausführung von Gartenbauarbeiten auf einem “verwilderten” Grundstück ist ein Bauvertrag i.S.v. § 650a BGB

Vertrag über die Ausführung von Gartenbauarbeiten auf einem "verwilderten" Grundstück ist ein Bauvertrag i.S.v. § 650a BGB

vorgestellt von Thomas Ax

Ein Vertrag über die Ausführung von Gartenbauarbeiten auf einem “verwilderten” Grundstück ist ein Bauvertrag i.S.v. § 650a BGB. Wird der Bauvertrag mit einem privaten Auftraggeber “vor Ort” geschlossen, handelt sich um einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag. Damit hat der Auftraggeber als Verbraucher ein Widerrufsrecht. Die 14-tägige Widerrufsfrist beginnt grundsätzlich mit Vertragsschluss. Das gilt nicht, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist. Dann läuft das Recht des Verbrauchers zum Widerruf innerhalb von einem Jahr und 14 Tagen nach Vertragsschluss ab. Wurde der Verbraucher-Bauherr nicht ordnungsgemäß belehrt und hat er sein Widerrufsrecht fristgerecht ausgeübt, steht dem Unternehmer für die ausgeführten Arbeiten grundsätzlich weder ein Vergütungsanspruch noch ein Anspruch auf Wertersatz zu.
LG Frankenthal, Urteil vom 15.04.2025 – 8 O 214/24
Tatbestand:

Die Parteien streiten um Vergütung von Gartenbauarbeiten, die der Kläger erbracht hat.

Nachdem der Beklagte den Kläger telefonisch kontaktiert und kurz sein Anliegen geschildert hatte, vereinbarten die Parteien einen gemeinsamen Termin für den 06.04.2024 im ###-Weg ### in ### vor Ort. Das dortige Grundstück des Beklagten hat eine Größe von ca. ### qm und war zum Zeitpunkt der Besichtigung durch den Kläger “verwildert”. Dort führten Mitarbeiter des Klägers anschließend Gartenbauarbeiten aus. Der Kläger erbrachte auch an einem weiteren Grundstück des Beklagten in ### weitere Tätigkeiten für den Beklagten. Die näheren Einzelheiten sowie die Beauftragung selbst sind durch den Beklagten vollumfänglich bestritten.

Der Kläger rechnete die Arbeiten unter dem 15.05.2024 ab. Die beiden Rechnungen (eAkte S. 6 f. u. 10 f.) beliefen sich auf einen Gesamtbetrag in Höhe der geltend gemachten Klageforderung. Die erste Rechnung weist einen Betrag in Höhe von 15.544,97 Euro für die Tätigkeiten in H. aus, die weiteren 3.439,10 Euro sind für die Arbeiten in D. abgerechnet.

Eine Zahlung durch den Beklagten ist nicht erfolgt.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 10.09.2024 meldete sich der Beklagte bei dem Kläger und erklärte den Widerruf seiner Willenserklärungen. (eAkte S. 12). Er rügte zudem die Prüffähigkeit der Rechnungen.

Der Kläger trägt vor, die Parteien hätten am 06.04.2024 vor Ort den Arbeitsumfang der auszuführenden Arbeiten in ### besprochen, wobei der Beklagte den Stundensatz des Klägers von 55 Euro zzgl. MwSt. akzeptiert habe.

Zu einem späteren Zeitpunkt, am 18.04.2024 oder 19.04.2025 hätten die Parteien ebenfalls den Umfang der auszuführenden Arbeiten in D. besprochen und der Beklagte habe auch hier die Stundensätze akzeptiert.

Sämtliche Arbeiten seien durch den Kläger in der Zeit zwischen dem 12.04.2024 und 22.04.2024 durchgeführt worden. Im Wesentlichen hätten der Kläger bzw. seine Mitarbeiten Wildwuchs auf den Grundstücken entfernt und diese hergerichtet. Im Einzelnen sei hier auf die in den Rechnungen abgerechneten Leistungen verwiesen.

Die Parteien hätten bei dem gemeinsamen Termin am 06.04.2024 den Beginn der Arbeiten am 12.04.2024 auf dem Grundstück in ### abgestimmt. Es seien im Rahmen dieses Termins die Arbeiten für den 12.04. und 13.04. besprochen worden. Insbesondere habe Efeu und weitere Bepflanzung/ Unkraut entfernt werden sollen. Diese Arbeiten seien von den Mitarbeitern ###, ### und ### ausgeführt worden.

Die am 15.04.2024, 16.04., 17.04., 18.04., 19.04., ausgeführten Arbeiten auf dem Grundstück in ### seien jeweils gesondert gegenüber dem Mitarbeiter S. durch den Beklagten beauftragt worden und in der Folge entsprechend ausgeführt worden.

Im Rahmen eines Telefonats am 18.04. oder 19.04. habe der Beklagte gegenüber dem Kläger mitgeteilt, noch ein weiteres Grundstück in ###, ###-Weg ### zu haben, für welches der Kläger ebenfalls Gartenbauarbeiten ausführen solle. Der Kläger habe sich abends zu diesem Grundstück begeben. Auch dieses Grundstück habe im Auftrag des Beklagten wieder hergerichtet werden sollen. Am 20.04. und am 22.04. hätten sodann die Mitarbeiter, die zuvor auf dem Grundstück in ### tätig gewesen seien, die mit dem Beklagten abgesprochenen Arbeiten in ### durchgeführt. Die Ausführung der Arbeiten sei am 22.04. vorzeitig beendet worden. Nach Rücksprache mit dem Kläger hätten die Mitarbeiter die Baustelle noch gereinigt und anschließend vorzeitig um 14:00 Uhr verlassen.

Im Rahmen eines Treffens im August 2024 habe der Beklagte – unter Vorhalt des seiner Ansicht nach ihm zustehenden Widerrufsrechts – dem Kläger zur Gesamtabgeltung die Zahlung eines Betrages von 2.500,00 Euro in bar angeboten, was der Kläger abgelehnt habe.

Der Kläger ist der Ansicht, der erklärte Widerruf sei unwirksam. Es habe sich schon nicht um ein Haustürgeschäft im Sinne des § 312b Abs. 1 S. 1 BGB gehandelt, denn alle weiteren Arbeiten ab dem 14.04. seien zeitlich versetzt beauftragt worden, sodass die Voraussetzung der gleichzeitigen Anwesenheit der Parteien bei Vertragsschluss nicht vorliege. Zudem sei der Schutzzweck der Norm nicht erfüllt, eine Situation der “Überrumplung” habe es nicht gegeben.

Im Übrigen sei im vorliegenden Fall die Ausübung des Widerrufrechts unzulässig, denn der Beklagte berufe sich missbräuchlich auf Unionsrecht. Weiter liege auch Verstoß gegen § 242 BGB vor.

Der Kläger beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 18.984,07 Euro zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 24.10.2024;

2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.021,00 Euro zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 24.10.2024.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte meint, die Willenserklärungen seien wirksam widerrufen. Ein Anspruch auf Vergütung bestünde mithin nicht. Mangels erforderlicher Belehrung über das Widerrufsrecht stünde dem Kläger auch kein Wertersatzanspruch für etwaig ausgeführte Arbeiten zu. Im Übrigen seien keine Lohnzettel vorhanden und die Rechnungen insgesamt nicht prüffähig. Der vereinbarte Stundensatz von 55 Euro habe die Mehrwertsteuer beinhaltet.

Zur ergänzenden Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze sowie das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 25.03.2025 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

I.

Das angerufene Gericht ist sachlich gem. § 1 ZPO in Verbindung mit §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG und örtlich gem. §§ 29 Abs. 1, 29c Abs. 1 ZPO zuständig.

II.

Dem Kläger steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt der geltend gemachte Zahlungsanspruch zu.

Die Parteien haben zwar zunächst einen Bauvertrag im Sinne des § 650a BGB zur (Wieder)Herstellung von Garten- bzw. Grundstücksflächen vereinbart, aus welchem der Kläger grundsätzlich die vereinbarte Vergütung für geleistete Arbeiten verlangen kann. Für das Vorliegen dieser Anspruchsvoraussetzung ist der Kläger darlegungs- und beweisbelastet. Sofern der Beklagte den Vertragsschluss schriftsätzlich pauschal bestritt, hat er hiervon im Rahmen der mündlichen Verhandlung Abstand genommen und eingeräumt, dass entsprechende Vereinbarungen in Form der Beauftragung grundsätzlich getroffen wurden.

Der konkrete Inhalt dieser Vereinbarungen, für welchen der Kläger darlegeungs- und beweisbelastet ist, kann dahin gestellt bleiben, da der Beklagte seine in diesem Zuge abgegebenen Willenserklärungen allesamt wirksam widerrufen hat. Insofern kann der Kläger ohnehin keinen vertraglichen Vergütungsanspruch mehr geltend machen. Auch ein bereicherungsrechtlicher Wertersatzanspruch greift nicht durch.

1. Dem Beklagten stand ein Widerrufsrecht zu. Es handelt sich um einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag im Sinne des § 312b Abs. 1 BGB. Damit hat der Beklagte als Verbraucher (§ 13 BGB) nach § 312g Abs. 1 BGB gem. § 355 BGB ein Widerrufsrecht.

Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge sind solche, die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers – oder von Personen, die in ihrem Namen oder Auftrag handeln – an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers bzw. kein dem Unternehmer zugerechneter Geschäftsraum ist (MüKoBGB/Wendehorst, 9. Aufl. 2022, BGB § 312b Rn. 34, beck-online).

Selbst nach dem Vortrag des Klägers sind diese Voraussetzungen erfüllt. Danach haben die Parteien am 06.04. vor Ort auf dem Grundstück des Beklagten alle Modalitäten besprochen, damit also sowohl Angebot als auch Annahme erklärt. Hieran ändert auch nichts, dass der Beklagte selbst die Initiative ergriffen haben soll, auf den Kläger zugegangen ist und ihn mithin zur Angebotsabgabe auf seinem Grundstück aufgefordert hat.

Denn es nicht maßgeblich, wo die Motivation des Verbrauchers zum Vertragsschluss geweckt wurde, entscheidend ist vielmehr, wo die zum Vertragsschluss führenden Willenserklärungen abgegeben wurden und – jedenfalls nach § 312 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 – auch dem anderen Teil zugehen und wirksam werden (MüKoBGB/Wendehorst, 9. Aufl. 2022, BGB § 312b Rn. 35, beck-online).

Auch hinsichtlich der weiteren “Aufträge”, die gegenüber den Mitarbeitern des Klägers erteilt worden sein sollen, gilt nichts anderes. Der körperlichen Anwesenheit des Unternehmers steht die körperliche Anwesenheit jeder Person gleich, welche im Namen oder Auftrag des Unternehmers handelt. Diese Regelung ist nicht auf Stellvertreter beschränkt, sondern umfasst gleichermaßen Empfangs- sowie Erklärungsboten (MüKoBGB/Wendehorst, 9. Aufl. 2022, BGB § 312b Rn. 37, beck-online). Wenn der Beklagte vor Ort mit dem Mitarbeiter des Klägers vereinbart hat, welche Arbeiten am jeweiligen Tag durchgeführt werden sollen, dann liegen auch für diese vertraglichen Vereinbarungen jeweils die Voraussetzungen des außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge vor.

Dass diese zeitlich versetzt in Auftrag gegeben worden sind, schadet der Einordnung im Sinne des § 312b Abs. 1 BGB mithin ebenfalls nicht. Dies wäre allenfalls zu berücksichtigen, sofern zwischen dem jeweiligen Angebot und der entsprechenden Annahme ein zeitlicher Versatz festzustellen wäre (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 6. Juli 2023 – VII ZR 151/22 -). Vorliegend stellt sich die Situation jedoch in Bezug auf jegliche vertragliche Übereinkünfte so dar, dass diese an Ort und Stelle jeweils abgesprochen worden sind und damit die konkreten Angebote und Annahmen, auf die es isoliert ankommt, nicht mit zeitlicher Verzögerung erklärt worden sind. Dass vorab Preise im Sinne eines Stundensatzes abgesprochen wurden, stellte für den Beklagten kein Angebot des Klägers dar, das an den Folgetagen jeweils angenommen wurde. Vielmehr erfolgten Angebot und Annahme am jeweiligen Tag durch Vereinbarung der auszuführenden Arbeiten.

Der Ausschlusskatalog des § 312g Abs. 1 BGB, insbesondere Nr. 11, ist vorliegend mangels dringender Instandhaltungsarbeiten nicht erfüllt.

Selbige Ausführungen gelten entsprechend für die vertragliche Vereinbarung hinsichtlich der in ### ausgeführten Arbeiten, für welche der Kläger nach eigenem Vortrag ebenfalls auf telefonischen Anruf hin vor Ort mit dem Beklagten alles besprochen haben will und damit also vor Ort sein Angebot abgegeben hat, welches sodann von Seiten des Beklagten angenommen worden ist.

2. Der Widerruf ist gem. § 355 Abs. 1 S. 2 BGB durch den Beklagten jedenfalls mit anwaltlichem Schreiben vom 10.09.2024 erklärt worden.

3. Die Erklärung erfolgte auch fristgerecht. Grundsätzlich beginnt die 14-tägige Frist gem. § 355 Abs. 2 BGB mit Vertragsschluss. Nach § 356 Abs. 3 S. 1 BGB beginnt die Frist hiervon abweichend allerdings nicht, bevor der Verbraucher nicht entsprechend Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist.

Eine ordnungsgemäße Belehrung ist auch nach dem Vortrag des hierfür beweisbelasteten Klägers weder vor Vertragsschluss noch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt. Der Lauf der Widerrufsfrist wurde damit auch bis heute nicht in Gang gesetzt.

Andere Umstände, die den Beginn des Fristlaufs zur Folge haben (etwa gem. § 356 Abs. 2, 4 oder 5) liegen ebenfalls nicht vor.

Damit läuft gemäß § 356 Abs. 3 S. 2 BGB in Verbindung mit 355 Abs. 2 S. 2 BGB das Recht zum Widerruf des Verbrauchers mit der Höchstfrist von einem Jahr und 14 Tagen nach Vertragsschluss ab. Dass diese Frist durch den am 10.09.2024 erklärten Widerruf gewahrt wurde, steht im Hinblick auf die erste Kontaktaufnahme zwischen den Parteien am 06.04.2024 außer Frage.

4. Dem Kläger steht auch kein Wertersatz für die bereits erbrachten Leistungen zu, denn hierfür ist nach § 357a Abs. 2 BGB in Umsetzung der Verbraucherschutz-Richtlinie (Art. 14 der Richtlinie 2011/83) in jedem Fall Voraussetzung, dass der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche ordnungsgemäß informiert hat. Es liegt die Konstellation vor, dass der Unternehmer mangels entsprechender Widerrufsbelehrung vor Ablauf der dem Verbraucher zustehenden Widerrufsfrist bereits Leistungen erbracht hat und der Verbraucher erst nach Erbringung der Leistungen sein Widerrufsrecht ausübt.

5. Gleiches gilt auch für einen dem Grunde nach in Betracht kommenden bereicherungsrechtlichen Anspruch des Klägers. Die entsprechend einschlägigen nationalen Normen dienen der Umsetzung von Art. 14 der Richtlinie 2011/83 (Verbraucherschutz-Richtlinie) sodass es auf die Auslegung der Richtlinie ankommt.

Danach ist die Anwendung bereicherungsrechtlicher Wertersatzansprüche ausgeschlossen.

Denn Sanktion der Richtlinie ist nicht nur, dass im engeren Sinne (lediglich) nach den Rechtsfolgen des Widerrufs ein Wertersatz nicht zu leisten ist, sondern dass die normierte Sanktion auch nicht durch die Anwendung anderer nationaler Normen ausgehebelt und umgangen wird. Andernfalls würde die durchaus harte Rechtsfolge, die zugleich als Sanktion des Unternehmers zu verstehen ist, den beabsichtigten Anreiz zur Rechtsbefolgung konterkarieren (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Mai 2023 – C-97/22 -).

6. Dem Beklagten ist eine Berufung auf sein Widerrufsrecht auch nicht deshalb verwehrt, weil er sich damit in missbräuchlicher Weise auf Unionsrecht beruft. In diesem Zuge wird teilweise versucht, das Ergebnis unter Anwendung von § 242 BGB zu korrigieren.

Es entspricht zwar der etablierten Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass eine im Einzelfall missbräuchliche und gegen Treu und Glauben verstoßende Berufung auf das Unionsrecht “nicht erlaubt” ist.

Die Annahme einer Treuwidrigkeit der Berufung auf den Ausschluss von Wertersatz gem. Art. 14 Abs. 4 Richtlinie 2011/83 auf Grundlage genereller Gesichtspunkte wurde von Seiten des EuGH (aaO) indes bereits eindeutig verneint.

Sofern sich der Kläger auf die Auffassung des Kammergerichts Berlin beruft, vermag dies nicht abzuhelfen.

Das Kammergericht Berlin hat in einem ähnlich gelagerten Fall mit Beschluss vom 09. April 2024 (- 21 U 61/23 -) dem Gerichtshof die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob eine Einschränkung der – oben dargestellten – Rechtsfolgen in Form des Zugestehens von Wertersatz aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben im Einzelfall einzuschränken sein kann (aaO, Rn. 54).

Der vorliegende Fall ist indes schon insoweit anders gelagert, als der Verbraucher in dem Verfahren vor dem Kammergericht Berlin unter Einschaltung eines Architekten beraten war.

Abgesehen hiervon knüpft das Kammergericht Berlin die Möglichkeit, die Treuwidrigkeit der Berufung eines Verbrauchers auf den Ausschluss von Wertersatz gem. Art. 14 Abs. 4 Richtlinie 2011/83 zu bejahen, daran, dass im dortigen Fall ein besonderer Ausnahmefall vorliege. Dies sei mit Blick auf die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs des Verbots einer missbräuchlichen Berufung auf Unionsrecht auch vereinbar, denn die vorgesehene Rechtsfolge des Widerrufs wird nicht vollständig revidiert, sondern lediglich in wenigen Ausnahmefällen modifiziert bzw. beschränkt.

Besondere Umstände, die den vorliegenden Rechtsstreit als einen Ausnahmefall charakterisieren würden, vermag die Kammer indes nicht festzustellen. Es liegen keine außergewöhnlichen Umstände vor, die neben dem Vorliegen der grundsätzlich schon misslichen Situation hinausgehen und mithin die beabsichtigte Sanktion besonders “hart” und mithin eine Modifikation erforderlich erscheinen ließen.

Davon, dass der Beklagte in berechnender Weise vorgegangen ist, indem er sich nach Erbringung der Dienstleistungen auf das ihm zustehende Widerrufsrecht beruft, was gegebenenfalls zur Begründung eines außergewöhnlichen Umstands herangezogen werden könnte, ist nach Überzeugung der Kammer nicht auszugehen. Dies käme etwa dann in Betracht, wenn der Beklagte vor Vertragsschluss in berechnender Weise darauf spekuliert hätte, keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung von Seiten des Unternehmers zu erhalten, um so aufgrund der langen Höchstfrist von über einem Jahr erst im Anschluss aus die dann durchgeführten Arbeiten den Vertrag zu widerrufen. Dies würde indes voraussetzen, dass zur Überzeugung nach § 286 Abs. 1 ZPO feststeht, dass der Beklagte schon vor Vertragsschluss von dieser Rechtslage überhaupt Kenntnis hatte.

Da sich der Kläger auf diese für ihn günstige Tatsache beruft, liegt auch bei ihm die Darlegungs- und Beweislast. Der klägerseits behauptete Inhalt des Gesprächs zwischen den Parteien im August 2024, in welchem der Beklagte dem Kläger zur Abgeltung insgesamt 2.500,00 Euro in bar angeboten haben soll, belegt lediglich die Kenntnis des Beklagten von der Rechtslage zu diesem Zeitpunkt. Diese Kenntnis kann der Beklagte aber auch durch eine zwischenzeitlich erfolgte Beratung oder Recherche erlangt haben. Selbst wenn das Gespräch in dieser Art stattgefunden haben sollte, vermag das zwar für den Kläger den Anschein eines “dreisten” Ausnutzens der Rechtslage zu erwecken, lässt aber gerade nicht darauf schließen, dass der Beklagte bereits vor dem 06.04.2024 oder während der Auftragsdurchführung ein solches Vorgehen planmäßig beabsichtigt hat.

7. Im Ergebnis bleibt es mithin dabei, dass der Kläger von dem Beklagten als durchaus harte Sanktion auch keinen Wertersatz verlangen kann.

Da dies vom EuGH für die vorliegende Fallgestaltung bereits entschieden wurde und kein besonderer Ausnahmefall vorliegt, bedarf es auch keiner Vorlage an den EuGH durch die Kammer und auch keiner Verfahrensaussetzung gemäß oder analog § 148 ZPO im Hinblick auf die oben erörterte Vorlageentscheidung des Kammergerichts Berlin.

III.

Die Entscheidung über die Kosten hat ihre Grundlage in § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, die der vorläufigen Vollstreckbarkeit in § 709 S. 1 und S. 2 ZPO.

AxTiefbaurecht begleitet GU bei Jahrhundert-Fahrradweg-Provisorium: B 42: Hessen Mobil schließt die Lücke des Rhein-Radweges bei Rüdesheim

AxTiefbaurecht begleitet GU bei Jahrhundert-Fahrradweg-Provisorium: B 42: Hessen Mobil schließt die Lücke des Rhein-Radweges bei Rüdesheim

Beabsichtigt ist der Lückenschluss am Rhein-Radweg entlang der Bundesstraße 42 bei Rüdesheim. Mit der Ergänzung des Radweges um ein provisorisches Teilstück wird die Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmenden in dem Bereich deutlich erhöht und Radfahrenden ein sicheres Befahren des Streckenabschnittes am Ortsausgang der Stadt Rüdesheim ermöglicht. Die umfangreichen Bauarbeiten für den Radweg werden voraussichtlich bis ins Frühjahr 2026 andauern und mit wechselnden Einschränkungen für den Verkehr auf der B 42 verbunden sein. Über den genauen Zeitplan und aktuelle Änderungen informiert Hessen Mobil in weiteren Pressemitteilungen sowie über den kostenlosen Baustelleninfo-Service auf WhatsApp.

Einseitiger Umleitungsverkehr über Presberg

Mit der Baustelleneinrichtung am 25. Juni trat eine einseitige Sperrung der B 42 in Kraft. Während der Verkehr von Rüdesheim nach Assmannshausen weiter auf der B 42 fließen kann, werden Verkehrsteilnehmende in der Gegenrichtung (Assmannshausen nach Rüdesheim) über Presberg umgeleitet. Die ausgeschilderte Umleitungsstrecke führt ab Lorch über die L 3272 nach Presberg und dann über die L 3454 nach Rüdesheim. Für Radfahrende wird eine Umleitung ab Assmannshausen über die L 3034 und das Niederwalddenkmal ausgeschildert. Aufgrund der nicht zu vermeidenden steilen Anstiege auf dieser Route eignet sich diese allerdings nur für geübte Radler oder E-Bikes. Auf diesen Umstand wird mit einer entsprechenden Beschilderung aufmerksam gemacht und allen anderen Betroffenen das Ausweichen auf den Bahnverkehr empfohlen.

Änderungen für den Fährverkehr Rüdesheim-Bingen

Für Nutzerinnen und Nutzer des Fährverkehrs von und nach Bingen bedeutet die einseitige Sperrung, dass das Auffahren auf die Fähre nur aus der Richtung von Rüdesheim kommend möglich ist. Der von der Fähre abfahrende Verkehr wird in Richtung Lorch geleitet. Verkehrsteilnehmende, die Richtung Rüdesheim weiterfahren möchten, müssen die oben genannte Umleitung über Presberg nutzen. Zusätzlich muss die Nutzung der Fähre von Bingen Richtung Rüdesheim für besonders lange Fahrzeuge beschränkt werden. Fahrzeuge über 6 Meter tatsächlicher Länge können die Verbindung vorübergehend nicht nutzen, da die Auffahrt auf die B42 einen zu engen Kurvenradius aufweist. Verkehrsteilnehmende werden über elektronische Anzeigetafeln auf die Ausweichmöglichkeiten Fähre Kaub und Autobahn 60 Mainz hingewiesen. Der konkrete Bauzeitenplan mit den Terminen für die weiteren Bauabschnitte liegt momentan noch nicht in seiner finalen Version vor. Sobald die Informationen bereitstehen, informieren wir in einer gesonderten Pressemitteilung sowie per WhatsApp.

Radweg wird auf Bahndamm angelegt

Das neue Teilstück des Rhein-Radweges wird – anders als die bestehende Trasse – nicht auf der Uferseite der B42 verlaufen, sondern auf der gegenüberliegenden Bahntrasse errichtet. Da die Bahntrasse auf einem erhöhten Damm verläuft, wird ein Teil der Begrenzungsmauer abgebrochen und eine Rampe vom Straßenniveau auf den Bahndamm eingerichtet. Dieser ermöglicht dem Radfahrenden ein komfortables Weiterkommen. Bereits erfolgt sind vorbereitende Arbeiten auf dem Bahndamm, wo das an die B42 angrenzende Bahngleis zurückgebaut wurde, um Raum für das Anlegen des Radweges zu schaffen. Der Abschnitt ist etwas mehr als 300 Meter lang. Das östliche Ende befindet sich auf Höhe des Stellwerksgebäudes am Bahnhof Rüdesheim, westlich endet das Teilstück unweit des jetzigen Endes des Rhein-Radweges. Um ein sicheres Überqueren der B42 zu ermöglichen, werden an beiden Enden des Radweg-Teilstückes Ampelanlagen eingerichtet. Diese sind mit Anforderungstastern ausgestattet und auch mit den Lichtsignalen für die Abwicklung des Fährverkehrs synchronisiert.

Quelle: Pressemitteilung Hessen Mobil

OLG Düsseldorf zu der Frage der Zulässigkeit der negativen Feststellungsklage über die Frage der Rechtmäßigkeit einer Teilkündigung eines Bauvertrags

OLG Düsseldorf zu der Frage der Zulässigkeit der negativen Feststellungsklage über die Frage der Rechtmäßigkeit einer Teilkündigung eines Bauvertrags

vorgestellt von Thomas Ax

Ein Rechtsverhältnis ist die aus einem konkreten Sachverhalt abgeleitete rechtliche Beziehung von Personen untereinander oder von Personen zu Sachen (BGH NZBau 2022, 20 mwN). Nur das Rechtsverhältnis selbst kann Gegenstand der Feststellung sein, nicht bloße Vorfragen. Gegenstand der Feststellung können aber einzelne auf einem umfassenderen Rechtsverhältnis beruhende Rechte oder Pflichten sein sowie der Inhalt und Umfang einer Leistungspflicht (vgl. BGH, NZBau, 2022, 20; BGH NZBau 2019, 572; NZBau 2015, 229). Ein Kündigungsgrund allein kann ein Rechtsverhältnis darstellen, wenn die Kündigung selbst bereits zu bestimmten Rechtsfolgen führt (vgl. BGH, NW 2013, 1744). Im Hinblick auf die unterschiedlichen Rechtsfolgen einer freien Kündigung oder einer Kündigung aus wichtigem Grund bei einem nach der VOB/B zu beurteilenden Werkvertrag, hat der BGH in der Rechtsnatur einer ausgesprochenen Kündigung ein zwischen den Parteien streitiges Rechtsverhältnis gesehen (vgl. BGH, NJW 2013, 1744). Zwar erging die Entscheidung im Hinblick auf eine Zwischenfeststellungklage nach § 256 Abs. 2 ZPO. Allerdings sind die Anforderungen an ein Rechtverhältnis in Abs. 1 und Abs. 2 des § 256 ZPO identisch (vgl. Zöller-Greger § 256 Rn. 24; BeckOK ZPO/Bacher, 45. Ed. 1.7.2022, ZPO § 256 Rn. 41).

Insofern handelt es sich bei der Rechtsnatur der Teilkündigung um ein Rechtsverhältnis iSd § 256 Abs. 1 ZPO. Bei einer wirksamen Entziehung des Auftrags könnte der Beklagte von der Klägerin nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 VOB/B Ersatz von Fertigstellungsmehrkosten verlangen. Zudem könnte die Klägerin dann keine Vergütung für die nicht ausgeführten Leistungen verlangen. Da eine Feststellungsklage sowohl auf die Feststellung des Bestehens als auch des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses gerichtet sein kann (vgl. BGH, NZBau 2019, 572 Rn. 29), ist auch die hier erhobene negative Feststellungsklage zulässig.

Die VOB/B geht von einer Vollkündigung aus. Eine Teilkündigung ist für die Kündigung in den Fällen des fruchtlosen Fristablaufs gemäß § 4 Abs. 7 und 8 Nr. 1 und § 5 Abs. 4 VOB/B vorgesehen. In diesen Fällen kann die Kündigung auf einen in sich abgeschlossenen Teil der Leistung beschränkt werden, vgl. § 8 Abs. 3 Nr. 1 S. 2 VOB/B. Bezieht sich eine Teilkündigung nicht auf abgeschlossene Teile der Leistung, ist sie unwirksam (vgl. BGH, NJW 2009, 3717).

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der sich der Senat anschließt, ist der Begriff des in sich abgeschlossenen Teils einer Leistung eng auszulegen. Denn bei seiner Auslegung sind die Ziele des § 12 Abs. 2 VOB/B, in welchem der Begriff ebenfalls verwendet wird, zu beachten. Nach den durch den BGH aufgestellten Auslegungsgrundsätzen ist ein Begriff, der innerhalb eines AGB-Klauselwerks mehrfach verwendet wird, grundsätzlich für alle Klauseln einheitlich auszulegen (vgl. BGH, NJW 2009, 3717 zustimmend: OLG Celle Urt. v. 27.2.2019 – 7 U 227/18). Während im Rahmen des § 8 Abs. 3 Nr. 1 S. 2 VOB/B einer weiten Auslegung nichts entgegenstünde, ist eine Teilabnahme nur für den Auftragnehmer günstig. Ihrer Annahme sind durch den Begriff des in sich abgeschlossenen Teils der Leistung Grenzen gesetzt. Hierdurch wird das hohe Interesse des Auftraggebers daran geschützt, dass zusammengehörende Leistungsteile nicht dadurch zergliedert werden, dass für sie unterschiedliche Abnahmewirkungen eintreten, wie z.B. unterschiedliche Gewährleistungsfristen oder Gefahrübergänge (vgl. BGH, NJW 2009, 3717, beckonline). Dem schließt sich der Senat an.

Keine in sich abgeschlossenen Teile der Bauleistung sind einzelne Teile eines Rohbaus, wie zum Beispiel eine Betondecke oder ein Stockwerk (vgl. BGH, NJW 1968, 1524). Grundsätzlich können Leistungsteile innerhalb eines Gewerks nicht als abgeschlossen angesehen werden, da es ihnen regelmäßig an der Selbstständigkeit mangelt, die eine eigenständige Beurteilung der Teilleistung ermöglicht. Dies kann bei klarer räumlicher oder zeitlicher Trennung der Leistungsteile eines Gewerks anders zu beurteilen sein. Eine ausreichende räumliche Trennung kann etwa dann angenommen werden kann, wenn die Leistungsteile an verschiedenen Bauwerken, wie etwa an mehreren zu errichtenden Häusern, zu erbringen sind (vgl. BGH, NJW 2009, 3719). Entscheidend ist, ob eine funktionale und in sich selbstständig beurteilbare Teilleistung vorliegt (vgl. Ingenstau/Korbion VOB 21. Auflage, § 8 Abs. 3 VOB/B Rn. 30). Bei der Frage der Abgeschlossenheit kann es auch auf die Vertragsgestaltung ankommen (vgl. BGH NJW 2009, 3717).

OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.12.2022 – 5 U 232/21

Gründe

I.

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer am 2.12.2016 aus wichtigem Grund ausgesprochenen Teilkündigung eines Auftrags über Dachabdichtungsarbeiten.

Der Beklagte ließ das Justizzentrum in Bochum erreichten. Dies ist ein Komplex aus mehreren Gebäuden, die aneinander anschließen bzw. miteinander verbunden sind. Für die Bauphase waren die Teile des Komplexes als Bauteile A – F bezeichnet. Das Bauteil F (auch “BT F”), in dem sich u.a. die Wachmeisterei befindet, ist deutlich niedriger als die übrigen Bauteile und ist an die Bauteile A, D und E angeschlossen. Zur Veranschaulichung wird auf Seite 10 des Gutachtens des Sachverständigen A. vom 16.3.2018, 14e OH 1/17 (Anlage B8) und den als Anlage zum Protokoll vom 3.11.2022 genommenen Ausdruck Bezug genommen.

Nach öffentlicher Ausschreibung erteilte der Beklagte der Klägerin unter dem 17.7.2013 (Anlage K 2) den Auftrag über die Dachabdichtungsarbeiten für das gesamte Vorhaben. Vertragsbestandteil des Vertrages waren u.a. eine Leistungsbeschreibung vom 3.5.2013, das Angebot der Klägerin vom 10.6.2013, ein Verhandlungsprotokoll vom 24.6.2013 (Anlage K1) sowie die VOB/B in der Fassung 2012. Unter dem 23.7.2013 wurde eine Auftragsleistungsbeschreibung erstellt (Anlage K3), auf die Bezug genommen wird.

In der Folgezeit führte die Klägerin die Arbeiten auf den Bauteilen A bis E durch. Die Arbeiten auf dem Bauteil F wurden zunächst zurückgestellt, wobei die Gründe streitig sind. Im Sommer 2016 kam es zu Unstimmigkeiten zwischen den Parteien. Der Beklagte rügte Mängel an den Bauteilen A bis E, insbesondere ein zu geringes Gefälle der wasserführenden Ebene. Der Beklagte nahm von geforderten Abschlagszahlungen unter Berufung auf die in der Diskussion befindlichen Mängel Kürzungen oder Einbehalte vor.

Es kam zu Streit über die Ausführung der noch ausstehenden Arbeiten. Die Klägerin wies darauf hin, ohne weitere – nicht im Leistungsverzeichnis enthaltene – Maßnahmen könne auf dem Bauteil F nicht das verlangte Gefälle von 2,5% erreicht werden. Unter dem 3.11.2016 (Anlage K9) meldete sie Bedenken zur Wasserführung auf dem Verbindungsgang A/B an.

Mit Schreiben vom 2.12.2016 (Anlage K4) erklärte der Beklagte eine auf § 8 Abs. 3 VOB/B gestützte Teilkündigung hinsichtlich der noch ausstehenden Arbeiten auf dem Bauteil F und einem Verbindungsgang zwischen den Bauteilen A und B. Er stützte sich drauf, die Klägerin habe die Arbeiten an dem Bauteil nicht wieder aufgenommen und eine Fertigstellung bis zum 23.12.2016 sei nicht mehr realisierbar. Zudem berief der Beklagte sich auf eine unzureichende Kooperations- und Leistungsbereitschafft der Klägerin. Die Klägerin hält die Kündigung für unwirksam.

Am 10.1.2017 (vgl. Anlage K5 der Beiakte) lehnte der Beklagte eine Abnahme der Teilleistungen zu dem Bauteil F und dem Verbindungsgang aufgrund von Mängeln ab.

Der Beklagte beauftragte auf Basis einer Leistungsbeschreibung vom 5.12.2016 eine Drittfirma mit der Fertigstellung der Arbeiten an dem Bauteil F und dem Verbindungsgang.

Unter dem 21.3.2017 reichte die Klägerin eine weitere Klage gegen den Beklagten ein, gerichtet auf Feststellung, dass die Wirkungen der Abnahme bezogen auf das Bauteil F (nachfolgend auch: “BT F”) und den Verbindungsgang zwischen BT A und BT B am 10.1.2017 eingetreten sind. Die Akten Landgericht Düsseldorf 14e O 49/17 14e OH 1/17 waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Senat.

Zu den Anträgen und zum Vorbringen der Parteien, sowie zur Prozessgeschichte im ersten Rechtszug wird im Übrigen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Feststellungen im Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Mit dem am 20.8.2021 verkündeten Urteil hat die 11. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf – Einzelrichter – festgestellt, die von dem Beklagten mit Schreiben vom 2.12.2016 ausgesprochene Teilkündigung des Bauvertrages sei ihrer Rechtsnatur nach keine berechtigte Kündigung aus wichtigem Grund (Entziehung des Auftrags nach § 8 Abs. 3 VOB/B).

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Feststellungsklage sei zulässig. Ein Kündigungsgrund könne ein Rechtsverhältnis iSd § 256 ZPO sein, wenn die Kündigung selbst zu bestimmten Rechtsfolgen führe. So sei der Fall hier. Die Klägerin habe ein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung, weil sich der Beklagte auf Grundlage der Kündigung erheblicher Erstattungsansprüche wegen Mehrkosten durch die Inanspruchnahme von Drittfirmen berufe. Die Feststellungsklage bleibe auch dann zulässig wenn – wie hier – eine Bezifferung im Laufe des Prozesses möglich geworden sei.

Die Feststellungsklage sei begründet. Der Beklagte habe unter dem 2.12.2016 keine berechtigte Kündigung aus wichtigem Grund ausgebracht, die ihn zur Entziehung des Auftrages nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B berechtigt habe. Der Ausspruch der Teilkündigung sei unzulässig gewesen. Aus § 12 Abs. 2 VOB/B werde geschlussfolgert, dass nur in sich abgeschlossene Teile der Leistung isoliert gekündigt werden könnten. Wie bei der Teilabnahme bestehe die Voraussetzung, dass die Teile funktional selbständig seien. Der BGH habe zur § 8 Abs. 3 Nr. 1 S. 2 VOB/B entschieden, dass der Begriff der Abgeschlossenheit entsprechend des gleichlautenden Begriffs in § 12 Abs. 2 VOB/B zu verstehen sei. Damit werde das Ziel verfolgt, eine klare Trennung der beiden Leistungsbereiche sicher zu stellen, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung von Mehrkosten und im Hinblick auf Gewährleistungsansprüche.

Wann eine in sich abgeschlossene Leistung vorliege, sei eine Frage des Einzelfalls. Einem Unternehmer, der in verschiedenen Stockwerken eines Gebäudes tätig werde, könne der Auftrag nicht für einzelne Stockwerke aus wichtigem Grund entzogen werden. Gegen die Zulässigkeit der Teilkündigung spreche, dass es sich um verbundene Gebäudeteile handele und gerade auch das Verbindungsstück zwischen den Bauteilen A und B von der Kündigung habe erfasst sein sollten. Die Klägerin habe unwidersprochen vorgetragen, die Beklagte selbst habe Teilabnahmen als nicht möglich angesehen. Die Klägerin habe wiederholt erfolglos Teilabnahmen wegen bereits in den Jahren 2014 und 2015 fertiggestellter Arbeiten verlangt. Dann sei es dem Beklagten verwehrt, außerordentliche Teilkündigungen hinsichtlich einzelner Komplexe auszusprechen. Die Einteilung der Arbeiten in Bauabschnitte rechtfertige kein anderes Ergebnis. Ein sachlicher Unterschied zu Arbeiten an einem Gewerk in verschiedenen Etagen sei nicht ersichtlich. Eine klare Trennung der gekündigten und der nicht gekündigten Leistungsbereiche sei nicht sicherzustellen.

Darauf, dass ein wichtiger Kündigungsgrund in der Sache nicht ausreichend dargetan sei, komme es demnach nicht mehr an. (Dies wird im Urteil ausgeführt weiter ausgeführt).

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung, in der er wie folgt vorträgt:

Es liege eine Überraschungsentscheidung vor. Das Gericht habe ohne richterlichen Hinweis seine Rechtsauffassung seit der letzten mündlichen Verhandlung zum Urteilsausspruch hin in allen streitentscheidenden Punkten geändert. Hätte das Gericht auf die Änderung seiner Rechtsauffassungen hingewiesen, hätte es die mit dieser Berufung geltend gemachten zusätzlichen Argumente bereits erstinstanzlich vorgetragen. Noch in dem Termin zur mündlichen Verhandlung vom 29.07.2021 habe das Gericht bei seiner Darstellung der Sach- und Rechtslage deutlich gemacht, dass nach seiner vorläufigen Auffassung von dem Vorliegen eines zur außerordentlichen Kündigung berechtigenden Grundes positiv auszugehen sei und die Frage, ob ein in sich abgeschlossener Teil der Leistung vorliege positiv bewertet. Auf die mündliche Verhandlung sei dann ein ergänzender Schriftsatz der Klägerin vom 26.08.2021 erfolgt. Dieser müsse das Gericht umgestimmt haben, obwohl es im Urteil ausgeführt habe, der Schriftsatz der Klägerin vom 26.08.2021 gebe keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

Das Landgericht habe in seiner Entscheidung zudem Recht fehlerhaft angewandt und in streitentscheidenden Punkten die Tatsachenfeststellung unvollständig ausgeführt, da es über streitentscheidende Tatsachen trotz entsprechender Beweisangebote keinen Beweis erhoben habe.

Der Feststellungtrag betreffe lediglich eine rechtliche Vorfrage über das Bestehen eines Rechtsverhältnisses. Mit dem Feststellungantrag der Klägerin wird gerade keine Feststellung darüber begehrt, ob das Rechtsverhältnis der Parteien besteht oder nicht.

Der Klage fehle zudem jedenfalls ab dem Zeitpunkt das Feststellungsinteresse, zu dem für die Klägerin die Höhe einer einzuklagenden Honorarforderung offenbar geworden sei.

Eine Teilkündigung bezogen auf die Dacharbeiten an dem Gebäude F und einen Verbindungsgang sei möglich. Die Arbeiten am Gebäude F und an dem Verbindungsgang stellten in sich abgeschlossene Leistungsteile dar. Das Gericht habe hierzu in seinem Tatbestand festgestellt, dass sich die Bauleistung der Klägerin insgesamt auf sechs einzelne Gebäude bezogen habe. Anders als in der von dem Landgericht zitierten Entscheidung, habe es sich nicht um Arbeiten in verschiedenen Stockwerken eines Gebäudes gehandelt. Im Übrigen habe der BGH im Urteil vom 20. 08.2009 – VII ZR 212/07 ausdrücklich ausgeführt, dass selbst bei gleichem Gewerk mehrere in sich abgeschlossene Teilleistungen vorliegen können, wenn sie sich auf mehrere Gebäude bezögen.

Soweit das Gericht ausgeführt habe, dass er der Meinung gewesen sei, Teilabnahmen seien wegen der fehlenden Abgeschlossenheit der Gebäude nicht möglich, sei dies unzutreffend. Diese Tatsache ergebe sich nicht aus dem von dem Gericht festgestellten Tatbestand und sei auch von der Klägerin nicht vorgetragen. Richtig sei, dass er mit dem Schreiben Anlage K8 auf das Teilabnahmeverlangen der Klägerin (Anlage K7) nicht positiv reagiert habe. Er habe dies aber zu keiner Zeit auf die fehlende Abgeschlossenheit einzelner Gebäude gestützt.

Mit Schriftsatz vom 27.10.2022 trägt er vor, das Landgericht sei zunächst auch davon ausgegangen, dass ein in sich abgeschlossener Leistungsteil vorliege. Hierfür könne der Beklagtenvertreter als Zeuge benannt werden. Das Landgericht habe zum Ausdruck gebracht, es sehe die Voraussetzungen einer außerordentlichen Teilkündigung als gegeben an. Da das Gericht seine Einschätzung geändert habe, hätte er die Möglichkeit erhalten müssen, zum Schriftsatz der Klägerin vom 26.8.2021 Stellung zu nehmen. Da dies nicht erfolgt sei, sei er in seinem Recht auf rechtliches Gehör verletzt. Das Landgericht sei von einem Gebäudekomplex mit 6 Gebäuden ausgegangen. Soweit es von Gebäudeteilen spreche, stelle dies eine tatsächliche Wertung dar, dass es sich um einzelnen Gebäude handele, die verbunden seien. Auch ohne Aufteilung in verschiedene Lose sei nach der Leistungsbeschreibung eine Differenzierung nach in sich abgeschlossenen Teilen möglich. Weder die Verbindung der Gebäude noch die zunächst vorgesehene Gesamtabnahme seien Indizien gegen eine Abgeschlossenheit. Baustelleneinrichtungen würden mitunter einheitlich für Leistungen aus verschiedenen Verträgen verfolgen. Auch eine einheitliche Dokumentation sei bei vertraglich getrennten Leistungen möglich. Eine räumliche Trennung iSd der Entscheidung BGH NJW 2009, 3717 sei unstreitig.

Es sei unzutreffend, dass er Teilabnahmeverlangen wegen des Fehlens einer in sich abgeschlossenen Leistung abgelehnt habe. Dies folge auch nicht aus der Anlage K8, mit der er das Teilabnahmeverlangen schlicht nicht beantwortet habe. Die verlangte Teilabnahme zeige, dass auch die Klägerin von einer abgeschlossenen Leistung ausgegangen sei.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf, die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise, die Zurückverweisung an das Gericht 1. Instanz

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.

Zutreffend habe das Landgericht Düsseldorf in erster Instanz festgestellt, dass die am 02.12.2016 ausgesprochene Teilkündigung des Bauvertrages keine berechtigte Kündigung aus wichtigem Grund darstelle. Dass der Beklagte beantragte Teilabnahmen verweigert habe, sei ein gewichtiges Indiz dafür, dass er vor Ausspruch der Kündigung ebenfalls nicht von abgrenzbaren Teilleistungen ausgegangen sei.

Die Feststellungsklage sei zulässig, da sie ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zum Gegenstand habe. Der zwischen den Parteien bestehende Werkvertrag sei ein Rechtsverhältnis, da aus diesem Schuldverhältnis subjektive Rechte und Pflichten folgen. Dieses Rechtsverhältnis sei Gegenstand der Feststellung, und zwar hinsichtlich einzelner auf einem umfassenden Rechtsverhältnis beruhender Rechte oder Pflichten sowie Inhalt und Umfang einer Leistungspflicht. Insoweit sei auch darauf hinzuweisen, dass mit Zustimmung des Beklagten der Rechtsstreit betreffend ihrer Zahlungsklage der Klägerin (Restforderung aus der Schlussrechnung, Vergütung für nicht erbrachte Leistungen) und die Widerklage des Beklagten (Gegenforderungen wegen Mehrkosten etc.) bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens ausgesetzt worden sei.

Das Urteil sei nicht überraschend. Der Vorsitzende habe darauf hingewiesen, dass er sich noch nicht eingehend mit dem Vorbringen beider Parteien habe beschäftigen können. In diesem Zusammenhang seien sämtliche streitigen Positionen erörtert worden. Ihr Schriftsatz vom 26.8.2021 habe keine neuen Tatsachen enthalten.

Die ausgesprochene Teilkündigung für die noch fehlenden restlichen Dachabdichtungsarbeiten am Bauteil F sowie am Verbindungsgang zwischen den Bauteilen A und B sei unzulässig gewesen. Entgegen der Darstellung des Beklagten sei das Gericht nicht von “sechs einzelnen Gebäuden” ausgegangen, sondern davon, dass es sich um “verbundene Gebäudeteile” und einen “Gebäudekomplex” handele. Die von dem Beklagten vorgenommene Trennung in Gebäudeteile mit unterschiedlicher Nutzung führe nicht zu einer räumlichen Trennung im Sinne in abgeschlossene Teile einer Leistung. Auch gibt es keinen “eigenständigen Verbindungsgang”. Die Funktion als Verbindungsgang schließe die Eigenständigkeit bereits aus.

Gegen eine Abgeschlossenheit spreche, dass

– in der Leistungsbeschreibung keine Differenzierung nach den Bauteilen erfolge

– sämtliche Bauteile miteinander verbunden seien;

– im Verhandlungsprotokoll keine Teilabnahme vorgesehen sei;

– nur eine Vergütung für das Einrichten der Baustelle ausgeschrieben sei;

– Teilabnahmen für einzelne Gebäudeteile abgelehnt und der Gewährleistungsbeginn bis zur vollständigen Herstellung hinausgeschoben worden sei;

– Leistungen für die Wartung auch für die Gebäudeteile A bis E erst nach Gesamtabnahme zu vergüten seien.

Es handele sich um einen ineinander übergehenden Gebäudekomplex mit unterschiedlichen Nutzungen. Die Gebäudeteile besäßen zentrale Eingänge und Zufahrten und seien entweder über Verbindungsgänge oder Durchschreiten der einzelnen Bauteile erreichbar. Zudem sei eine einheitliche Versorgung der Gebäudeteile gegeben. Bereits mit der Klageschrift sei vorgetragen worden, dass der Beklagte ständig die Auffassung vertreten habe, dass Teilabnahmen hinsichtlich einzelner Gebäudeteile nicht möglich seien. Dem habe der Beklagte weder in der Klageerwiderung noch in einem späteren Schriftsatz widersprochen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin erklärt, es gebe noch ein weiteres Hauptsacheverfahren, das vor dem Landgericht Düsseldorf geführt werde. Es handele sich um eine Zahlungsklage ihrerseits auf Werklohn. In diesem Verfahren habe der Beklagte Widerklage erhoben im Hinblick auch auf die Mehrkosten, die ihm durch die Teilkündigungen entstanden sein sollen. Dieses Verfahren ruht im Hinblick auf die Entscheidung dieses Rechtsstreites.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens im Berufungsverfahren wird auf die wechselseitigen Schriftsätze und Urkunden Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

1.

Die Feststellungsklage ist zulässig.

a)

Die Klägerin begehrt die Feststellung eines Rechtsverhältnisses iSd § 256 Abs. 1 ZPO.

Ein Rechtsverhältnis ist die aus einem konkreten Sachverhalt abgeleitete rechtliche Beziehung von Personen untereinander oder von Personen zu Sachen (BGH NZBau 2022, 20 mwN). Nur das Rechtsverhältnis selbst kann Gegenstand der Feststellung sein, nicht bloße Vorfragen. Gegenstand der Feststellung können aber einzelne auf einem umfassenderen Rechtsverhältnis beruhende Rechte oder Pflichten sein sowie der Inhalt und Umfang einer Leistungspflicht (vgl. BGH, NZBau, 2022, 20; BGH NZBau 2019, 572; NZBau 2015, 229). Ein Kündigungsgrund allein kann ein Rechtsverhältnis darstellen, wenn die Kündigung selbst bereits zu bestimmten Rechtsfolgen führt (vgl. BGH, NW 2013, 1744). Im Hinblick auf die unterschiedlichen Rechtsfolgen einer freien Kündigung oder einer Kündigung aus wichtigem Grund bei einem nach der VOB/B zu beurteilenden Werkvertrag, hat der BGH in der Rechtsnatur einer ausgesprochenen Kündigung ein zwischen den Parteien streitiges Rechtsverhältnis gesehen (vgl. BGH, NJW 2013, 1744). Zwar erging die Entscheidung im Hinblick auf eine Zwischenfeststellungklage nach § 256 Abs. 2 ZPO. Allerdings sind die Anforderungen an ein Rechtverhältnis in Abs. 1 und Abs. 2 des § 256 ZPO identisch (vgl. Zöller-Greger § 256 Rn. 24; BeckOK ZPO/Bacher, 45. Ed. 1.7.2022, ZPO § 256 Rn. 41).

Insofern handelt es sich bei der Rechtsnatur der Teilkündigung um ein Rechtsverhältnis iSd § 256 Abs. 1 ZPO. Bei einer wirksamen Entziehung des Auftrags könnte der Beklagte von der Klägerin nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 VOB/B Ersatz von Fertigstellungsmehrkosten verlangen. Zudem könnte die Klägerin dann keine Vergütung für die nicht ausgeführten Leistungen verlangen. Da eine Feststellungsklage sowohl auf die Feststellung des Bestehens als auch des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses gerichtet sein kann (vgl. BGH, NZBau 2019, 572 Rn. 29), ist auch die hier erhobene negative Feststellungsklage zulässig.

b)

Es besteht ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin an alsbaldiger Feststellung bestehen.

Das Feststellungsinteresse im Sinne eines rechtlichen Interesses ist gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr oder Unsicherheit droht und das Feststellungsurteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (vgl. BGH NJW-RR 2017, 1317) und unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu führen (vgl. BGH, NJW 1999, 3774). Dies ist vorliegend der Fall.

aa)

Die Klägerin befürchtete bei Klageerhebung, dass der Beklagte ihr die Mehrkosten der Fertigstellung durch eine Drittfirma berechnen und insoweit Zahlungen an sie zurückhalten würde (vgl. Bl. 17 GA) oder auch einen Gegenanspruch erheben würde. Die Gefahr war realistisch und gegenwärtig. Der Beklagte behielt sich in der Klageerwiderung die Geltendmachung gerade dieses Anspruches vor, s. Bl. 44 GA. Zudem hatte er bereits am 5.12.2016 die Restleistungen ausgeschrieben.

Insofern kommt es nicht darauf an, ob der Klägerin bei Klageerhebung bereits eine Bezifferung ihres Restwerklohnanspruches in Form der Schlussrechnung möglich gewesen wäre. Ob der Klägerin im Verlauf des Prozesses eine Bezifferung ihres Anspruchs möglich geworden wäre, ist ohnehin irrelevant. Die Feststellungsklage bleibt grundsätzlich auch dann zulässig, wenn eine Bezifferung im Laufe des Prozesses möglich geworden ist (vgl. BGH NJW-RR 2004, 79).

bb)

Das Feststellunginteresse ist ausnahmsweise nicht dadurch entfallen, dass inzwischen ein Rechtsstreit anhängig ist, mit dem die Klägerin einen Werklohnanspruch und der Beklagte einen Anspruch auf Erstattung von kündigungsbedingten Mehrkosten geltend macht.

Zwar wird eine negative Feststellungsklage unzulässig, wenn in einem anderen Rechtsstreit eine deckungsgleiche Leistungsklage erhoben wird und diese nicht mehr einseitig zurückgenommen werden kann (BGH Urteil vom 21.12.2005, X ZR 17/03; BGH NJW-RR 1990, 1532). Durch den grundsätzlichen Vorrang des Leistungsverfahrens gegenüber dem Feststellungsverfahren mit gleichem Streitstoff sollen widerstreitende Entscheidungen der Gerichte und mehrere parallele Verfahren über den gleichen Streitgegenstand vermieden werden (vgl. BGH; NJW-RR 1990, 1532, BGH Urteil vom 21.12.2005, X ZR 17/03). Dementsprechend ist nicht die später erhobene Leistungsklage wegen der bereits rechtshängigen Feststellungsklage unzulässig, sondern es wird die Feststellungsklage im Hinblick auf die später erhobene Leistungsklage unzulässig (vgl. Kniffka/Koeble, Teil 16, Rn. 22, beckonline).

Trotz einer späteren Leistungsklage bleibt die Feststellungsklage aus Gründen einer sinnvollen Prozessökonomie zulässig, wenn der Feststellungsrechtsstreit entscheidungsreif oder im Wesentlichen zur Entscheidungsreife fortgeschritten und die Leistungsklage noch nicht entscheidungsreif ist (vgl. BGH; NJW-RR 1990, 1532, BGH Urteil vom 21.12.2005, X ZR 17/03). Dies ist vorliegend der Fall. Der hiesige Rechtsstreit ist ohne weitere Aufklärung entscheidungsreif, während der Rechtsstreit über die auf Werklohn gerichtete Leistungsklage und die auf Mehrkostenerstattung gerichtete Widerklage im Hinblick auf das hiesige Verfahren ruht.

Das hiesige Verfahren ist auch geeignet, den Streitpunkt darüber, ob eine außerordentliche Teilkündigung vorliegt, einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung zuzuführen.

cc)

Das Feststellungsinteresse ist auch nicht durch die am 23.05.2017 erklärte außerordentliche Kündigung des Gesamtvertrages (Anlage B1 der BA) entfallen. Wäre diese Kündigung wirksam, so könnte sich auch hieraus ein Anspruch auf Schadensersatz/Erstattung von Mehrkosten für den Beklagten ergeben. Allerdings würde dieser Anspruch nur Maßnahmen oder Kosten erfassen, die nach dem 23.5.2017 angefallen sind. Die Klägerin musste den Rechtsstreit auch nicht auf die Kündigung vom 23.5.2017 ausweiten. Ein Rechtsschutzinteresse entfällt nicht dadurch, dass es einen weiteren Streitgegenstand gibt.

Auch die Möglichkeit einer weitergehenden Feststellungsklage steht dem Interesse einer auf einzelne Streitpunkte beschränkten Feststellung nicht entgegen, da anderweitig formulierte Feststellungsklagen stets nur “teilweise” weitergehend wären.

Durch eine negative Feststellungsklage dahingehend, dass dem Beklagten kein Anspruch auf Fertigstellungsmehrkosten aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B zustehe, könnte nicht auch zugleich geklärt werden, ob der Klägerin wegen der nicht ausgeführten Arbeiten ein Werklohnanspruch zustehen kann. Der Streit um die Folgen der Kündigung vom 2.12.2016 kann durch den hiesigen Prozess abschließend geklärt werden.

2.

Die Feststellungsklage ist begründet. Durch das Schreiben vom 2.12.2016 wurde der Klägerin der Auftrag nicht wirksam teilweise (hinsichtlich des Bauteils F und des Verbindungsgangs zwischen den Bauteilen A und B) entzogen iSd § 8 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B. Vielmehr war die Teilkündigung unwirksam, da sie sich nicht auf in sich abgeschlossene Teile der vertraglichen Leistung iSd § 8 Abs. 3 Nr. 1 S. 2 VOB/B bezog.

Zwischen den Parteien bestand aufgrund des Schreibens vom 17.7.2013 ein Werkvertrag über die Erstellung von Dachdeckerarbeiten auf dem Justizzentrum in Bochum. Die Geltung der VOB/B 2012 war vereinbart, s. Ziffer 1 des Verhandlungsprotokolls vom 24.6.2013.

a)

Die VOB/B geht von einer Vollkündigung aus. Eine Teilkündigung ist für die Kündigung in den Fällen des fruchtlosen Fristablaufs gemäß § 4 Abs. 7 und 8 Nr. 1 und § 5 Abs. 4 VOB/B vorgesehen. In diesen Fällen kann die Kündigung auf einen in sich abgeschlossenen Teil der Leistung beschränkt werden, vgl. § 8 Abs. 3 Nr. 1 S. 2 VOB/B. Bezieht sich eine Teilkündigung nicht auf abgeschlossene Teile der Leistung, ist sie unwirksam (vgl. BGH, NJW 2009, 3717).

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der sich der Senat anschließt, ist der Begriff des in sich abgeschlossenen Teils einer Leistung eng auszulegen. Denn bei seiner Auslegung sind die Ziele des § 12 Abs. 2 VOB/B, in welchem der Begriff ebenfalls verwendet wird, zu beachten. Nach den durch den BGH aufgestellten Auslegungsgrundsätzen ist ein Begriff, der innerhalb eines AGB-Klauselwerks mehrfach verwendet wird, grundsätzlich für alle Klauseln einheitlich auszulegen (vgl. BGH, NJW 2009, 3717 zustimmend: OLG Celle Urt. v. 27.2.2019 – 7 U 227/18). Während im Rahmen des § 8 Abs. 3 Nr. 1 S. 2 VOB/B einer weiten Auslegung nichts entgegenstünde, ist eine Teilabnahme nur für den Auftragnehmer günstig. Ihrer Annahme sind durch den Begriff des in sich abgeschlossenen Teils der Leistung Grenzen gesetzt. Hierdurch wird das hohe Interesse des Auftraggebers daran geschützt, dass zusammengehörende Leistungsteile nicht dadurch zergliedert werden, dass für sie unterschiedliche Abnahmewirkungen eintreten, wie z.B. unterschiedliche Gewährleistungsfristen oder Gefahrübergänge (vgl. BGH, NJW 2009, 3717, beckonline). Dem schließt sich der Senat an.

Keine in sich abgeschlossenen Teile der Bauleistung sind einzelne Teile eines Rohbaus, wie zum Beispiel eine Betondecke oder ein Stockwerk (vgl. BGH, NJW 1968, 1524). Grundsätzlich können Leistungsteile innerhalb eines Gewerks nicht als abgeschlossen angesehen werden, da es ihnen regelmäßig an der Selbstständigkeit mangelt, die eine eigenständige Beurteilung der Teilleistung ermöglicht. Dies kann bei klarer räumlicher oder zeitlicher Trennung der Leistungsteile eines Gewerks anders zu beurteilen sein. Eine ausreichende räumliche Trennung kann etwa dann angenommen werden kann, wenn die Leistungsteile an verschiedenen Bauwerken, wie etwa an mehreren zu errichtenden Häusern, zu erbringen sind (vgl. BGH, NJW 2009, 3719). Entscheidend ist, ob eine funktionale und in sich selbstständig beurteilbare Teilleistung vorliegt (vgl. Ingenstau/Korbion VOB 21. Auflage, § 8 Abs. 3 VOB/B Rn. 30). Bei der Frage der Abgeschlossenheit kann es auch auf die Vertragsgestaltung ankommen (vgl. BGH NJW 2009, 3717).

b)

Unter Anwendung der vorgenannten Grundsätze ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Arbeiten zu dem BT F und dem Verbindungsgang keine in sich abgeschlossenen Leistungen darstellen. Bei den von der Kündigung betroffenen Aufgaben handelte es sich um Leistungsteile innerhalb eines Gewerks, nämlich des Gewerkes Dachabdichtungsarbeiten. Dies spricht nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung gegen eine Abgeschlossenheit.

aa)

Entgegen der Ansicht des Beklagten handelt es sich bei den Dächern des Bauteils F und des Verbindungsgangs nicht um räumlich von den übrigen Dächern klar getrennte Bauwerke, sondern um Teile eines einheitlichen Gebäudekomplexes. Es liegt nicht dieselbe Situation vor wie z.B. bei der Errichtung zahlreicher Einzelhäuser in einer Neubausiedlung.

Der Senat konnte sich durch die in Augenscheinnahme des als Anlage zum Protokoll genommenen Lichtbildes und des Bildes auf Seite 10 der Anlage B8 ein zuverlässiges Bild von den örtlichen Gegebenheiten verschaffen. Dabei haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass der Senat die Zuordnung der Bauteile zu den Gebäudeteilen auf dem Lichtbild (Anlage zum Protokoll) zutreffend vorgenommen hat.

Wie sich aus den in Augenschein genommenen Lichtbildern ersehen lässt, handelt es sich bei dem Justizzentrum um einen aus diversen Teilen bestehenden Gebäudekomplex. Die Gebäude sind teilweise aneinandergebaut. Das als BT A (Bauteil A) bezeichnete Gebäude ist mit dem als BT B (Bauteil B) bezeichneten Gebäude durch den hier betroffenen Verbindungsgang verbunden. Der Verbindungsgang ist wie ein Flur gestaltet, mit Seitenwänden aus Glas/Metall und einem begrünten Flachdach. Zwar ist das Dach niedriger, als die Dächer der angrenzenden Bauteile. Es schließt aber an die Fassaden dieser beiden Bauteile an.

Das BT F ist ebenfalls niedriger als die übrigen Gebäudeteile. Es ist fast quadratisch geformt und befindet sich zwischen den Bauteilen D, E und A, an die es jeweils anschließt. Dabei grenzt eine Seite des BT F an das BT D und einen Innenhof, die gegenüberliegende Seite grenzt an das BT E und den Zugang zur Straße. Eine weitere Seite grenzt an das BT A und die vierte Seite zeigt zu einem Innenhof/Parkplatz. Soweit aus den Plänen ersichtlich, verbindet das BT F die Bauteile A, D und E miteinander. Auch hier ist das Dach niedriger, als die Dächer der angrenzenden Bauteile. Es gibt also keinen nahtlosen Übergang zwischen den Dacharbeiten auf den Bauteilen D- F. Allerdings schließt das Dach des BT F an die Fassaden der Bauteile A, D und E an.

bb)

Auch die Leistungsbeschreibung und Vertragsgestaltung sprechen gegen eine klare räumliche und oder zeitliche Trennung und Abgeschlossenheit der Arbeiten am Verbindungsgang und dem BT F.

Die Leistungsbeschreibung differenziert hinsichtlich der Grundarbeiten nicht zwischen den einzelnen Bauteilen. Zeitlich war eine einheitliche Leistungsausführung geplant, zu der es dann aus zwischen den Parteien streitigen Gründen nicht kam. Entsprechend sieht das LV eine einheitliche Baustelleneinrichtung (Ziffer 01.01.0010) vor.

Gegen eine Abgeschlossenheit spricht weiter, dass nach dem LV nur eine Verlegeplanung, ein Lagesicherheitsnachweis, ein Übereinstimmungsnachweis (Ziffern. 01.01.0070 – 0090) und eine Baudokumentation (Ziffer 01.08.0010) geschuldet sind. Wie soll eine isolierte Abnahme eines Bauteils erfolgen, wenn sich die Nachweise auf alle Bauteile beziehen sollen? Auch für die sich an die Fertigstellung anschließende Wartung ist lediglich ein Pauschalpreis pro Jahr ausgewiesen (Ziffer 01.07.0010). Die Wartungsverpflichtung sollte offensichtlich hinsichtlich aller Gebäudeteile einheitlich beginnen und durchgeführt werden.

Auch bei der auszuführenden Leistung wird weitgehend nicht nach Bauteilen differenziert. So beziehen sich das Säubern des Untergrundes, der Voranstrich und die Dampfsperrschicht beispielsweise auf eine Gesamtfläche von 5.300 m².

Weiter sind im Vertrag keine Teilabnahmen vorgesehen. Dabei ist davon auszugehen, dass die Parteien dies bewusst nicht vereinbart haben. Von der unter Ziffer 6.1. des Verhandlungsprotokolls vorgesehenen Möglichkeit, für bestimmte Leistungsabschnitte eine Teilabnahme zu vereinbaren, wurde kein Gebrauch gemacht. Das entsprechende Kästchen ist nicht angekreuzt. Vielmehr ist in Ziffer 6.4 festgehalten, es erfolge eine Schlusszahlung für die gesamte vertragliche Leistung nach erfolgreicher Schlussabnahme. Damit besteht auch kein Anhaltspunkt dafür, dass die Parteien durch die Vertragsgestaltung die einzelnen Bauteile als in sich abgeschlossene Teile der Leistung hätten bestimmen wollen.

Dem Beklagten mag zuzugeben sein, dass die genannten Punkte der Vertragsgestaltung jeweils für sich genommen nicht zwingend gegen eine in sich abgeschlossene Leistung sprechen. Allerdings ergibt sich bei der stets vorzunehmenden Gesamtschau ein deutliches Bild dahingehend, dass die Parteien keine in sich abgeschlossenen Leistungsteile begründen wollten.

cc)

Demgegenüber ist es kein aussagekräftiges Indiz, dass es bislang nicht zu Teilabnahmen kam. Zutreffend ist, dass die Klägerin bereits in der Klageschrift (Bl. 5 GA LG) vorgetragen hat, der Beklagte habe ständig die Auffassung vertreten, dass Teilabnahmen nicht möglich seien. Die Arbeiten an den BT A – E seien weitgehend 2014/2015 beendet gewesen. Hinsichtlich der fertigen Gebäudeteile habe sie seit Januar 2015 mehrmals die Abnahme verlangt, zuletzt am 18.10.2016. Die Abnahme einzelner Bauteile sei regelmäßig verweigert worden. Anders als das Landgericht, sieht der Senat in diesem unstreitigen Vortrag kein belastbares Indiz. So ist der Vortrag der Klägerin sehr pauschal. Sie benennt keinen konkreten Anlass, zu dem der Beklagte eine Teilabnahme eines gesamten Bauteils mangels Abgeschlossenheit verweigert hätte. Das Schreiben vom 18.10.2016 bezog sich lediglich auf Terrassenflächen des Bauteils E. Zudem standen ab Sommer 2016 Mängel im Raum, was ebenfalls zu einer Verweigerung einer Abnahme geführt haben könnte.

dd)

Allerdings zeigt auch der Streit der Parteien über die angeblichen Mängel, dass die Leistungen zum Bauteil F gerade nicht eigenständig beurteilt werden können. So rügt der Beklagte im Hinblick auf (fast) alle Bauteile ein zu geringes Gefälle in der wasserführenden Schicht. In dem Parallelverfahren spricht er von einem Systemmangel, der sich in allen Bereichen zeige. Gerade der Streit über das Leistungssoll zum Gefälle hat nach dem Verständnis des Senates zu Unstimmigkeiten im Hinblick auf die Fertigstellung der Arbeiten an dem BT F geführt.

ee)

Unerheblich ist, ob sich der Beklagte neben den in dem Kündigungsschreiben genannten Gründen wirksam auf weitere Gründe stützen könnte, die iSd § 314 BGB allgemein eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen könnten. Kommt es bei einem VOB/B-Werkvertrag zu einer außerordentlichen Kündigung jenseits der Kündigungsgründe der §§ 4 Abs. 7 und 8; 5 Abs. 4 VOB/B, so gilt zur Ausgestaltung der Kündigung kraft vertraglicher Vereinbarung wieder die VOB/B. Dies gilt insbesondere zu der nur eingeschränkten Möglichkeit der Teilkündigung (vgl. Ingenstau/Korbion VOB 21. Auflage, Vor §§ 8 und 9 VOB/B Rn. 57)

c)

  • 8 Abs. 3 Nr. 1 S. 2 VOB/B ist vorliegend auch nicht nach § 307 BGB unanwendbar. Zwar ist nach § 648 a Abs. 2 BGB in der seit dem 1.1.2018 geltenden Fassung die Teilkündigung für abgrenzbare Leistungen möglich. Der Begriff der abgrenzbaren Leistung ist weiter als der Begriff der in sich abgeschlossenen Leistung nach der VOB/B. Das hebt die Gesetzesbegründung ausdrücklich hervor (vgl. Kniffka/Koeble, Teil 8 5. Auflage, 2020, Rn. 9; Ingenstau/Korbion, VOB 21. Auflage, § 8 Abs. 3 VOB/B Rn. 31). In sich abgeschlossene Leistungen können nach der Rechtsprechung grundsätzlich nicht in einem Gewerk vorliegen. Das ist bei abgrenzbaren Leistungen anders. Für das Kriterium der Abgrenzbarkeit ist entscheidend, dass die Vertragspartner eine klare Abgrenzung der von der Teilkündigung erfassten und der danach noch von einem anderen Werkunternehmer zu erbringenden Leistungen vornehmen können und der von der Kündigung betroffene Unternehmer in der Lage ist, die von ihm noch geschuldeten Leistungen ohne Beeinträchtigung zu erbringen (vgl. Kniffka/Koeble, Teil 8, Rn. 9).
  • 648a Abs. 2 BGB n.F. findet auf den bereits vor dem 31.12.2017 geschlossenen Werkvertrag aber keine Anwendung. § 648a Abs. 2 n.F. wird vorliegend auch nicht im Rahmen einer Inhaltskontrolle der VOB/B relevant. Denn der Auftrag kam aufgrund einer Ausschreibung des Beklagten zustande. Die VOB/B wurde von dem Beklagten gestellt. Dann kann er sich als Verwender nicht darauf berufen, dass die Regelung der VOB/B ihn benachteilige (vgl. Kniffka/Koeble, Teil 8 Rn. 14; Ingenstau/Korbion VOB 21. Auflage, § 8 Abs. 3 VOB/B Rn. 31).

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision musste mangels Vorliegens eines Grundes iSd § 543 Abs. 2 ZPO nicht gelassen werden.

Streitwert 2. Instanz: 43.000 EUR

Bau und Betrieb von Sportstätten und Bädern

Bau und Betrieb von Sportstätten und Bädern

Spitzenleistungen sind letztendlich nur aufgrund einer guten Sportstätteninfrastruktur möglich, die sich den ständig verändernden gesellschaftlichen Bedingungen anpasst. AR und AP verstehen sich in diesem Sinne als Dienstleister für Kommunen mit dem vorrangigen Ziel, die vorhandenen Sportanlagen im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten in einem funktionsfähigen Zustand zu erhalten.

Wir betreuen als Projekt auch und insbesondere was die notwendigen Beauftragungen anbelangt Baumaßnahmen in Bädern, Baumaßnahmen in Hallen und auf Sportplätzen. Schwerpunkte: Der Bau und die Sanierung von kommunalen Turn- und Sporthallen (Hallen für Turnen und Spiele), Sportfreianlagen (Sportplätze und Leichtathletikanlagen) sowie anderen diesen Zweck erfüllenden Räumlichkeiten und Anlagen (z. B. Gymnastikräume). Zielsetzung: Errichtung und Erhaltung kommunaler Sportstätten, die für Sport und Bewegung an Schulen und zugleich für den organisierten Übungs- und Wettkampfbetrieb von Sportvereinen und -verbänden genutzt werden sollen. Im Übrigen sollen diese Sportstätten sonstigen Benutzergruppen vorrangig zur vielseitigen sportlichen Betätigung zur Verfügung stehen. Unsere Kunden: Kommunale Träger (Gemeinden, Gemeindeverwaltungsverbände, Landkreise, Schulverbände, kommunale Beteiligungsunternehmen).

Bau und Betrieb von Sporthallen

Bau und Betrieb von Sporthallen

Spitzenleistungen sind letztendlich nur aufgrund einer guten Sportstätteninfrastruktur möglich, die sich den ständig verändernden gesellschaftlichen Bedingungen anpasst. AR und AP verstehen sich in diesem Sinne als Dienstleister für Kommunen mit dem vorrangigen Ziel, die vorhandenen Sportanlagen im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten in einem funktionsfähigen Zustand zu erhalten. Wir betreuen als Projekt auch und insbesondere was die notwendigen Beauftragungen anbelangt Baumaßnahmen in Sporthallen.

Wir kümmern uns um Vergabeverfahren und Beauftragungen, und auch die Handhabung der geschlossenen Verträge unter aller relevanten Gesichtspunkten wie Qualität, Termine, Vergütung.

Sporthallen gehören zu den zentralen Ressourcen des Vereins-, Breiten- Leistungs- und Schulsports. Sie sind mit vielfältigen Herausforderungen konfrontiert, insbesondere einem großen Sanierungs- und Modernisierungsdruck, aber auch neuen Anforderungen an ökologische und energieeffiziente Bauweisen. Die Komplexität der Planung von Sporthallenbauten hat daher in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Es bedarf somit einer zeitgemäßen Planungs- und Bauqualität, um ein nachhaltiges Bauen von Sporthallen zu gewährleisten. Nachhaltigkeit im Sporthallenbereich ist somit nicht nur ein Gebot unserer Zeit, sondern setzt auch vielfältige ökologische Standards und umweltrechtliche Vorgaben um. Darüber hinaus sollte es zunehmend nicht nur um die Erfüllung von Normen und Rechtsvorschriften gehen. Nachhaltigkeitsprinzipien und die Berücksichtigung von ökologischen, sozialen und ökonomischen Faktoren eröffnen vielmehr neue Chancen für die Weiterentwicklung der Sportinfrastruktur in Deutschland. Sie fördern eine notwendige „Lebenszyklusbetrachtung“ einer Sportstätte und eröffnen neue Perspektiven für umweltfreundliche, nachfragegerechte, sportfunktionale, gesunde und wirtschaftliche Sportanlagen. Oder kürzer: Nachhaltigkeit führt zu mehr Qualität im Sportanlagenbau.

LG Dessau-Roßlau zur der Frage, dass wenn der Auftraggeber im Erstprozess zunächst den Bauunternehmer verklagt, der bei einem Planungsfehler des Architekten ggfs. nur mit der Quote haftet, dieser in diesem Vorprozess dem Architekten trotz beider (des Bauunternehmers und des Architekten) prinzipiell gesamtschuldnerischer Haftung den Streit verkünden kann, weil jedenfalls in Höhe des Ausfalls im Erstprozess wegen der Mitverschuldensquote eine weitergehende und damit alternative Haftung des Architekten in Betracht kommt

LG Dessau-Roßlau zur der Frage, dass wenn der Auftraggeber im Erstprozess zunächst den Bauunternehmer verklagt, der bei einem Planungsfehler des Architekten ggfs. nur mit der Quote haftet, dieser in diesem Vorprozess dem Architekten trotz beider (des Bauunternehmers und des Architekten) prinzipiell gesamtschuldnerischer Haftung den Streit verkünden kann, weil jedenfalls in Höhe des Ausfalls im Erstprozess wegen der Mitverschuldensquote eine weitergehende und damit alternative Haftung des Architekten in Betracht kommt

vorgestellt von Thomas Ax

Verklagt der Auftraggeber im Erstprozess zunächst den Bauunternehmer, der bei einem Planungsfehler des Architekten ggfs. nur mit der Quote haftet, so kann er in diesem Vorprozess dem Architekten trotz beider (des Bauunternehmers und des Architekten) prinzipiell gesamtschuldnerischer Haftung den Streit verkünden, weil jedenfalls in Höhe des Ausfalls im Erstprozess wegen der Mitverschuldensquote eine weitergehende und damit alternative Haftung des Architekten in Betracht kommt. Eine solche Streitverkündung ist zulässig (§ 72 Abs. 1 ZPO) und entfaltet ihre prozessrechtlichen (§ 74 Abs. 1, Abs. 3, 68 ZPO) und materiellen Wirkungen (§ 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB).
Ein mit der Planung der parkartigen Gestaltung eines Außenbereichs beauftragter Landschaftsarchitekt hat das von ihm in die Planung einbezogene und ausgeschriebene Baumaterial auf dessen Brauchbarkeit für die in Aussicht genommenen funktionellen Zwecke zu überprüfen und den Auftraggeber auch insoweit aufzuklären und – insbesondere wenn sich Alternativen stellen – zu beraten. Geht es um das Material von ganzjährig im Außenbereich aufzustellenden Parkbänken, so genügt er dieser Pflicht nicht schon dadurch, dass er sich auf die Herstellerangabe, wonach die zur Auswahl stehenden Holzarten für den Außenbereich geeignet seien, verlässt. Vielmehr hat er sich beim Hersteller (oder auf anderem Wege, etwa Holzlexika, Nachfrage bei Verbänden der holzhandelnden oder holzverarbeitenden Industrie) danach zu erkundigen, welchen (hier sehr unterschiedlichen) Dauerhaftigkeitsklassen die zur Auswahl stehenden Holzarten angehören.
LG Dessau-Roßlau, Urteil vom 17.05.2013 – 1 S 19/13
Gründe
I.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen (§§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO, § 26 Nr. 8 S. 1 EGZPO).
II.
Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 1. Fall, 546 ZPO), noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1, 2. Fall ZPO). Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 4.823,47 Euro aus dem Architektenvertrag vom 21.05.2002 (einschließlich seines Nachtrages) in Verbindung mit den §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 2. Fall BGB zu. Daher hat das Amtsgericht mit dem angefochtenen Urteil zu Recht das Versäumnisurteil vom 20.07.2011 aufrechterhalten, dessen Hauptsachetenor nach teilweiser Klagerücknahme (in Bezug auf die Höhe des Zinsfußes) so klarzustellen war, wie dies im Tenor dieses Urteils geschehen ist. Nach § 269 Abs. 3 S. 1, 2. HS. ZPO ist das aufrechterhaltene Versäumnisurteil in Höhe des zurückgenommenen Zinsfußanteils wirkungslos.
1. Der Beklagten steht kein Leistungsverweigerungsrecht aus § 214 Abs. 1 BGB wegen Verjährung zu. Die Berufung meint, Verjährung sei eingetreten, weil die Streitverkündung der Klägerin gegenüber dem hiesigen Beklagten in dem Vorprozess zwischen der Klägerin und dem Bauunternehmer (Az. 2 O 380/09, LG Dessau-Roßlau) wegen des Fehlens eines Alternativverhältnisses unzulässig gewesen sei; deshalb habe die Streitverkündung nicht die materielle Interventionswirkung nach § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB entfalten können. Dem kann nicht gefolgt werden.
Abstrakt richtig ist der Ausgangspunkt der Berufung: Eine Streitverkündung löst nur dann materiell- und prozessrechtliche Wirkungen aus, wenn sie zulässig ist, was als Voraussetzung der Interventionswirkung erst im “Folgeprozess”, mithin im hiesigen Verfahren, zu prüfen ist. Das Amtsgericht ist indes richtig von der Zulässigkeit der Streitverkündung ausgegangen, und zwar aus den Gründen, die die Berufungserwiderung unter der dortigen Ziffer 1. im Einzelnen benennt, wobei sie zutreffend die Ausführungen bei Werner/Pastor (Der Bauprozess, 13. Auflage, Rdnrn. 553 f.) und die dort zitierte BGH-Rechtsprechung wiedergibt. Verklagt – wie hier die Klägerin im Vorprozess – der Auftraggeber wegen eines Werkmangels zunächst den Bauunternehmer, der bei einem Planungsfehler des Architekten ggfs. nur mit der Quote haftet, so kann er in diesem (Vor-) Prozess dem Architekten trotz beider (des Bauunternehmers und des Architekten) prinzipiell gesamtschuldnerischer Haftung den Streit verkünden, weil jedenfalls in Höhe des Ausfalls im Erstprozess wegen der Mitverschuldensquote eine weitergehende und damit alternative Haftung des Architekten in Betracht kommt (zum Ganzen: Ulrich, Zur Reichweite der Streitverkündung, BauR 2013, 9, 11; sh. dort auch Fn. 16). Das entspricht nicht nur der bei Werner/Pastor (a.a.O.) zitierten älteren BGH-Rechtsprechung, sondern ist auch in der jüngsten Vergangenheit von Obergerichten mehrfach so entschieden worden (OLG Zweibrücken, Urteil v. 30.04.2009 – 1 U 166/08 – , BeckRS 2011, 14463 – Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss des BGH v. 12.05.2011 – IX ZR 103/09 – ; OLG Rostock, Urteil v. 03.03.2010 – 2 U 68/07 – , IBR 2012, 365 – Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss des BGH v. 22.12.2011 – VII ZR 55/10 – ; OLG Celle, Urteil v. 23.06.2011 – 16 U 26/11 – , BauR 2011, 1855). Die Klägerin hat sich hier im Vorprozess im Sinne der oben beschriebenen Fallgestaltung verhalten. Sie hat dem Beklagten mit dem Schriftsatz vom 08.06.2010 den Streit verkündet, und zwar unter Hinweis auf das bisherige Ergebnis der dortigen Beweisaufnahme, die ergeben habe, dass das Holz der Parkbänke (entgegen ihrer Ursprungsbehauptung) nicht bereits im Zeitpunkt der Bauausführung beschädigt war, sondern als Ursache der Mängel an den Bänken ein Planungsfehler des Beklagten, nämlich die Ausschreibung und Planung von Parkbänken aus einer ungeeigneten Holzart, in Betracht komme. Weil sie – die Klägerin – zu besorgen habe, den Rechtsstreit gegen den Bauunternehmer (wegen Mitverschuldens ganz oder teilweise) zu verlieren, und sie für diesen Fall einen weitergehenden Haftungsanspruch gegen den streitverkündungsempfangenden Architekten geltend machen könne, verkünde sie dem Beklagten den Streit. Die Berufung verkennt diese Zusammenhänge, wenn sie offenbar vom Fall eines – zweifellos zu einer unzulässigen Streitverkündung führenden – vollständigen Nebeneinanders der gesamtschuldnerischen Haftung des bauaufsichtsführenden Architekten und des fehlerhaft ausführenden Unternehmers ausgeht und den Versuch unternimmt, die zu dieser Fallkonstellation anerkannten Grundsätze auf den hiesigen Fall zu übertragen. Dass hingegen bei einer nicht im gleichen Umfang stattfindenden gesamtschuldnerischen Haftung von (Teil-) Alternativität auszugehen ist, ist demgegenüber verfahrensrechtlich und im Besonderen bauverfahrensrechtlich allgemein anerkannt (vgl. schon: BGHZ 65, 127, 131; 70, 187, 189, 191; Messerschmidt/Voit/Koenen, 2. Aufl., Privates Baurecht, Rdn. S 41; Zöller/Vollkommer, 29. Aufl., § 72 ZPO, Rdn. 8).
Dem hat der Beklagtenvertreter in der Berufungsverhandlung die Überlegung entgegengehalten, ob hier nicht deshalb etwas anderes gelten könne, weil der Bauunternehmer nach dem Urteil im Vorprozess gegen seine Bedenkensmitteilungspflicht aus § 4 Nr. 3 VOB/B verstoßen hatte, so dass – so die Überlegung – eine Art “Planungsfehler” des Bauunternehmers neben den Planungsfehler des Architekten getreten sei. In der Konsequenz hieraus sei von einer vollumfänglichen gesamtschuldnerischen Haftung beider auszugehen. Diesem Gedankengang kann nicht gefolgt werden, weil schon die Gleichstellung der aus § 4 Nr. 3 VOB/B folgenden Prüfungs- und Bedenkensmitteilungspflicht des Unternehmers mit der Planungsaufgabe des Architekten und dessen daraus folgenden Pflichten nicht sachgerecht erscheint.
2. War demnach die Streitverkündung zulässig, so entfaltete sie nicht nur rechtzeitig die verjährungshemmende Wirkung nach § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB, sondern auch die Interventionswirkung aus §§ 74 Abs. 1, Abs. 3, 68 ZPO. Mithin ist mit den tatsächlichen Feststellungen des Urteils des LG Dessau-Roßlau vom 31.01.2011 (Az. 2 O 380/09) und dem zugrundeliegenden Sachverständigengutachten davon auszugehen, dass die von dem Beklagten geplanten und ausgeschriebenen Parkbänke der Holzart “C.P.” der Dauerhaftigkeitsklasse 4 (weniger dauerhaft) oder 5 (nicht dauerhaft) angehören und damit der – angesichts der geplanten Daueraufstellung der Bänke im Freien – deutlich höheren Dauerhaftigkeitsanforderung nicht genügten. Entgegen der Berufung war es eine schuldhafte Pflichtverletzung des Beklagten (§ 280 Abs. 1 BGB), sich auf “Zuruf” der Herstellerin auf die dortige (bestrittene) Aussage, beide für den vom Beklagten ausgeschriebenen Banktyp verfügbaren Holzarten (“K.” und “C.P.”) seien “empfehlenswert für den Außenbereich”, ohne eigene vertiefende Nachfrage und Prüfung zu verlassen und in der weiteren Folge den vom Hersteller vorgeschlagenen Ausschreibungstext ungeprüft in das vom Beklagten zu erstellende Leistungsverzeichnis zu übernehmen.
a) Auch die Berufung will nicht grundlegend in Frage stellen, dass der mit der Planung und Ausschreibung beauftragte Architekt das in seine Planung einbezogene und ausgeschriebene Baumaterial auf dessen Brauchbarkeit für die in Aussicht genommenen funktionellen Zwecke zu überprüfen und den Auftraggeber auch insoweit aufzuklären und – insbesondere auch bei sich stellenden Alternativen – zu beraten hat (Messerschmidt/Voit/Ohler, 2. Aufl., Privates Baurecht, Rdn. D 371; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13. Aufl., Rdn. 1990). Diese Pflichtanforderungen machten es hier notwendig, sich beim Hersteller und/oder auf einem anderen geeigneten Wege (Holzlexika, Nachfrage bei Verbänden der holzhandelnden und/oder holzverarbeitenden Industrie) danach zu erkundigen, welche Dauerhaftigkeitsklassen die zur Auswahl stehenden Holzarten aufweisen, war doch die Zugehörigkeit zu evtl. unterschiedlichen Dauerhaftigkeitsklassen aus der Warte der Auftraggeberin erkennbar ein ganz wesentliches, sachgerechtes Beratungs- und Auswahlkriterium. Dass die Klägerin die Planung und Ausschreibung des Beklagten billigte, kann dem Beklagten nicht zum Vorteil gereichen, wenn er die Klägerin – wie hier – in diesem zentralen Punkt der Dauerhaftigkeit der zu verwendenden Holzart (mangels vertiefender Nachfrage) nicht aufklärte und beriet. Dementsprechend greift es zu kurz, wenn sich der Beklagte darauf beruft, die Klägerin habe sich, weil sie Tropenholz aus Afrika (“K.”) nicht gewünscht habe, für die minder widerstandsfähige Holzart “C.P.” entschieden. Dies geschah ersichtlich auf einer (vom Beklagten zu verantwortenden) unvollständigen Informationsgrundlage in einem essentiellen Auswahlgesichtspunkt.
b) Aus der von der Berufung angeführten Entscheidung des OLG München vom 22.02.2011 – 13 U 4056/10 – folgt für den vorliegenden Fall nichts Abweichendes. Zunächst ist festzuhalten, dass auch das OLG München weder in diesem Urteil noch in anderen Rechtsentscheiden die grundsätzliche Verantwortung des Architekten für die richtige Auswahl von Baumaterialien und die diesbezügliche Prüfungs-, Aufklärungs- und Beratungspflicht in Frage stellt (vgl. beispielsweise OLG München, NJW-RR 1988, 85; sh. beispielhaft auch OLG Hamm, NJW-RR 1990, 523). Von einem Landschaftsarchitekten, dem die Planung einer Freianlage mit dort ganzjährig aufzustellenden Parkbänken einschließlich der Erarbeitung der Ausschreibung aufgegeben ist, ist zu erwarten, sich nicht “blind” auf das von der Berufung in den Fokus gerückte “Renommee” des Herstellers und dessen Aussage, wonach beide verfügbaren Holzarten (“K.” und “C.P.”) “empfehlenswert für den Außenbereich” seien, zu verlassen, sondern vertieft zu der jeweiligen Einordnung in Dauerhaftigkeitsklassen nachzufragen. Die Überlegung, dass im Außenbereich verwendetes Holz, was gerade angesichts unterschiedlicher Verwendungsmöglichkeiten im Außenbereich (Abräumung in der Schlechtwetterzeit oder – wie hier – ganzjähriger Einsatz) von großer Bedeutung ist, unterschiedlich widerstandsfähig ist, muss sich dem planenden Architekten aufdrängen und erfordert keine (hier von der Berufung verneinten) “Spezialkenntnisse” des Architekten. Wenn dem der Beklagtenvertreter in der Berufungsverhandlung entgegengehalten hat, es sei fraglich, ob ein Architekt überhaupt auf den Gedanken des Vorhandenseins unterschiedlicher Dauerhaftigkeitsklassen kommen müsse, ist dies klar zu bejahen. Gerichtsbekanntermaßen lernt man schon in der Schule, dass die verschiedenen Holzarten Unterschiede in puncto Festigkeit und Reaktion auf äußere Einwirkungen wie Feuer und Feuchtigkeit aufweisen. Für einen Architekten sollte der Gedankenschritt hin zu der Überlegung, dass es für verschiedene Holzarten auch unterschiedliche Klassifizierungseinstufungen bzgl. ihrer Widerstandsfähigkeit bei Verwendung im Außenbereich geben dürfte, selbstverständlich sein.
Nach alledem verfängt es schon in diesem Punkt nicht, wenn die Berufung die Rechtsprechung zur ausnahmsweisen Nichthaftung des Architekten bei Einschaltung von Sonderfachleuten (vgl. dazu Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13. Aufl., Rdn. 2004) auf den vorliegenden Sachverhalt zu übertragen versucht. Bezeichnenderweise lag der Sachverhalt, über den das OLG München in seinem Urteil vom 22.02.2011 zu befinden hatte, gänzlich anders. Dort ging es um eine Spezialfrage der richtigen Dachneigung und der Ausführung eines Unterdaches, wobei sich der Architekt dort gerade nicht “blind” auf eine erste Auskunft des Dachziegelherstellers verlassen hatte, sondern von diesem eine dezidierte, schriftliche, fachliche Stellungnahme eines dort beschäftigten Diplom-Bauingenieurs erwirkt hatte. Nach dem Inhalt dieser Erklärung “garantiert(e)” der Ziegelhersteller gegenüber der Auftraggeberin dafür, dass die Ziegel bei einer bestimmten, von der Regeldachneigung abweichenden Dachneigung sach- und fachgerecht verwendet werden können; im Übrigen sei die geplante Unterdachausführung bei Verwendung bestimmter, im Einzelnen benannter Baumaterialien ausreichend. In der Folge, so das OLG München, habe der mit der Vollarchitektur beauftragte und über keine Spezialkenntnisse bzgl. der Dachneigung und dem Aufbau des Unterdaches verfügende Architekt auf diese “Garantie”-Erklärung eines Fachmanns vertrauen dürfen.
Rechtserhebliche Parallelen zum vorliegenden Sachverhalt sind nicht erkennbar. Hier ging es bei der Erfragung der Einordnung der zur Auswahl stehenden Holzarten in bestimmte Dauerhaftigkeitsklassen um eine keine “Spezialkenntnisse” erfordernde Aufgabenstellung (wie oben ausgeführt). Auch kann sich der Beklagte nicht darauf berufen, es hätten “keine Verdachtsmomente … gegen den Hersteller” bestanden. Das in diesem Zusammenhang angeführte “Renommee” des Bankherstellers leitet der Beklagte aus werbenden Aussagen auf der Website ab und aus der Selbstdarstellung als ein erfahrener Hersteller von Produkten im öffentlichen Verkehrsraum. Ein Rechtsgrundsatz, wonach sich die Prüf-, Aufklärungs- und Beratungspflichten eines Architekten bzgl. des verwendeten Baumaterials in gleichem Maße reduzieren, wie der Materialhersteller sein Renommee und seine Erfahrung hervorhebt, besteht nicht. Im Übrigen entbanden ein unterstelltes Renommee und eine unterstellte große Erfahrung des Herstellers den Beklagten nicht davon, durch eine Nachfrage nach der Dauerhaftigkeitsklasseneinordnung eine verlässliche und dann auch erst eine eine sachgerechte Beratung der Klägerin ermöglichende Informationsgrundlage zu schaffen. Eine solche Informationsgrundlage hätte dann, soweit es die Holzart “C.P.” betrifft, die vom Beklagten vermissten Verdachtsmomente im Hinblick auf die in Aussicht genommene ganzjährige Daueraufstellung der Bänke im Freien ausgelöst.
3. Dass und warum das Vorhandensein von verschiedenen Sachbereichen im Hoch- und Tiefbauamt der Klägerin und die Billigung der vom Beklagten vorgeschlagenen Planung und Ausschreibung diesen nicht von seinen dargestellten Prüf-, Aufklärungs- und Beratungspflichten gegenüber der Klägerin entband, hat das Amtsgericht zutreffend und unter Anführung einschlägiger obergerichtlicher Rechtsprechung dargestellt (S. 5 des angefochtenen Urteils). Ohnedies hatte die Klägerin dezidiert dargetan, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der unterschiedlichen Sachbereiche keinerlei Qualifikation besitzen, um den Planungsfehler des Beklagten aufdecken zu können, noch dazu, da der Beklagte die Klägerin wegen der unzureichenden Informationsgrundlage bzgl. der Dauerhaftigkeitsklasseneinordnung nicht hinreichend umfassend informiert hatte.
4. Richtigerweise hat das Amtsgericht keine Absetzung für einen “Abzug Neu für Alt” vorgenommen. Der Schaden der Klägerin bemisst sich nach der Differenz zwischen den infolge des Planungsfehlers tatsächlich aufgewendeten und den bei fehlerfreier Planung entstandenen Kosten. Tatsächlich aufgewendet hat die Klägerin 4 x 2.650,00 Euro netto/Parkbank (“C.P.”) plus 4 x 1.520,00 Euro netto/Parkbank (“K.”), insgesamt also 16.680,00 Euro netto. Bei fehlerfreier Planung hätte die Klägerin 4 x 1.520,00 Euro netto/Parkbank aufgewendet (= 6.080,00 Euro netto). Ihr Schaden beträgt also 10.600,00 Euro netto, wovon unter Zugrundelegung der Mitverschuldensquote auf den Beklagten 2/3 entfallen (= 7.066,67 Euro). 1/3 hiervon (in dieser Höhe will der Beklagte einen “Abzug Neu für Alt” ansetzen) sind 2.355,56 Euro. Es verbleibt ein Schaden in Höhe von 4.711,11 Euro netto oder 5.606,22 Euro brutto (plus 19% USt. = 895,11 Euro) und damit ein Betrag, den der hier geltend gemachte Schadensersatzbetrag in Höhe von 4.823,47 Euro brutto unterschreitet.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10 n. F., 711, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen. Weder handelt es sich um eine Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichtes

OLG Frankfurt zu der Frage, dass Mehraufwendungen, die auf falschen Angaben des Auftraggebers in der Leistungsbeschreibung beruhen, durch den vereinbarten Preis nicht abgegolten sind

OLG Frankfurt zu der Frage, dass Mehraufwendungen, die auf falschen Angaben des Auftraggebers in der Leistungsbeschreibung beruhen, durch den vereinbarten Preis nicht abgegolten sind

vorgestellt von Thomas Ax

Auch wenn es keinen Erfahrungssatz dahingehend gibt, dass ein Unternehmer nur kalkulierbare Verpflichtungen eingeht und nicht auch einmal riskante Leistungen übernimmt, sind doch Mehraufwendungen, die auf falschen Angaben des Auftraggebers in der Leistungsbeschreibung beruhen, durch den vereinbarten Preis nicht abgegolten (vgl. BGH VII ZR 59/95, Urteil vom 27.06.1996, “Kammerschleuse”, zitiert nach juris, Rdn. 13 f, 21). Die Formulierung in einem Werkvertrag, die AN habe “als Fachunternehmen durch eigene Besichtigungen und Untersuchungen ausreichend Gelegenheit … (gehabt), den erforderlichen Leistungsumfang zu ermitteln”, kann daher bei verständiger Auslegung nur so verstanden werden, dass dies Offenliegendes betraf – beispielsweise die Angaben zu Flächen oder sichtbaren Materialien. Eine mit einer entsprechenden Risikoübernahme verbundene Obliegenheit, Dinge zu “ermitteln”, die ohne Bauteilöffnungen nicht sichtbar waren, kann der Klausel bei verständiger Würdigung nicht entnommen werden.

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 29.03.2018 – 22 U 104/16

Gründe

I.

Die Klägerin, ein Erdbau- und Industrieabbruchunternehmen, führte im Auftrag der Beklagten Abbrucharbeiten auf dem “Campus Stadt1”, dem Gelände der früheren D-Hochschule in Stadt1, durch.

Bereits seit 2005 wurden die abzureißenden Baulichkeiten durch die A GmbH, ein Sachverständigenbüro, begutachtet. Es wurden ein Schadstoffkataster (Anlagen K 14 b und K 14 c) sowie eine funktionale Bau- und Leistungsbeschreibung (CD Anlage K 13) erstellt. Auf die darin enthaltene Beschreibung der Position 02.02.36 bezüglich der Fensterelemente, die im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils wörtlich zitiert ist, wird verwiesen.

Nachdem ein am 26.04.2011 mit der Streithelferin der Beklagten, vertreten durch die B GmbH, abgeschlossener Werkvertrag (Anlage K 5) über die Abbrucharbeiten nicht zur Durchführung gekommen war, traten die Prozessparteien miteinander in Verhandlungen und schlossen am 05.03.2012 in Kenntnis aller vorhandenen Unterlagen einen Werkvertrag (Anlage K 11), auf den – insgesamt und insbesondere im Hinblick auf die im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils wörtlich zitierte Regelung des § 3.1 – Bezug genommen wird.

Als die Klägerin ab März 2012 die Abbrucharbeiten ausführte, stellte sich heraus, dass in den Fensterlaibungen außer den dort nach der Leistungsbeschreibung zu erwartenden KMF-Stopfmassen auch asbesthaltige Stopfmasse, sog. Blauasbest, als Füllmaterial vorhanden war. Die Klägerin änderte daraufhin ihr Arbeitskonzept teilweise, weil sie Schwarzbereiche nunmehr ohne die als Abgrenzung vorgesehenen Fenster schaffen und das asbesthaltige Material gesondert entsorgen musste. Sie kündigte mit Nachtragsangeboten vom 08.05.2012 (Anlage K 19) und 30.05.2012 (Anlagen K 19a und K 19b) Mehrkosten an. Die Beklagte lehnte die Nachtragsangebote mit Schreiben vom 06.06.2012 (Anlage K 20) ab, woraufhin die Klägerin die erforderlichen Leistungen unter dem Vorbehalt der Nachforderung (Schreiben vom 25.06.2012, Anlage K 21) ausführte. Unter dem 09.11.2012 (Anlage K 22) und 08.11.2013 (Anlagen K 30 ff) stellte die Klägerin der Beklagten Mehrkosten in Höhe der Klageforderung in Rechnung.

Die Parteien vertreten unterschiedliche Ansichten zur Auslegung der vertraglichen Regelungen, insbesondere zu der Frage, wer das Kostenrisiko bezüglich des unvorhergesehen aufgetretenen asbesthaltigen Materials zu tragen habe.

Das Landgericht hat die Geschäftsführer der Parteien persönlich angehört und den Zeugen C gemäß dem Beweisbeschluss vom 16.12.2015 vernommen. Auf die Sitzungsprotokolle vom 30.09.2015 und 16.03.2016 wird verwiesen. Nach der Beweisaufnahme hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, ein Anspruch auf Mehrvergütung sei durch die individualvertragliche Regelung in § 3.1 des zwischen den Parteien bestehenden Werkvertrags ausgeschlossen. Die Klägerin habe das Risiko, dass Mehrkosten entstehen könnten, übernommen.

Wegen der Einzelheiten der Begründung und des erstinstanzlichen Vortrags der Parteien sowie wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Gegen das ihr am 21.06.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21.07.2016 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 21.09.2016 mit an diesem Tag eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die Klägerin trägt vor, die Leistungsbeschreibung bezüglich der auszubauenden Fensterelemente sei falsch gewesen. Sie ist der Auffassung, sie habe das Risiko der zusätzlichen Kosten durch Ausbau und Entsorgung des Blauasbests nicht übernommen, sondern sich auf die Richtigkeit der Feststellungen des Sachverständigen verlassen dürfen. Das Landgericht habe die vertraglichen Regelungen nicht zutreffend ausgelegt.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 213.264,– € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 % über dem jeweiligen Basiszins der EZB seit dem 21.11.2013 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von netto 2.534,20 € zu zahlen.

Die Beklagte und ihre Streithelferin beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte und ihre Streithelferin verteidigen das angefochtene Urteil. Sie meinen, aus der Formulierung der Leistungsbeschreibung zu den Fensterelementen ergebe sich nicht, dass dort nur KMF-Stopfmasse (und nicht auch asbesthaltige Stopfmasse) Verwendung gefunden hätte. Die Auslegung des gesamten Vertragswerks und die Würdigung der Aussage des Zeugen C ergäben, dass die Klägerin durch ein funktionales Pauschalpreisangebot das für sie erkennbare Risiko, dass nach der stichprobenartigen Untersuchung des Sachverständigen noch weitere Leistungen zur Erreichung des versprochenen Ziels erforderlich werden könnten, übernommen habe.

Wegen der Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze und das Protokoll der Berufungsverhandlung vom 01.02.2018 verwiesen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist im Hinblick auf den Grund des geltend gemachten Anspruchs auch begründet, während zur Höhe des Zahlungsanspruchs noch weitere Erörterungen erforderlich sind. Der Senat übt sein ihm durch § 304 ZPO eingeräumtes Ermessen dahingehend aus, dass er durch Grundurteil entscheidet und Feststellungen zur Höhe des Anspruchs dem später durchzuführenden Betragsverfahren überlässt.

Der Anspruch der Klägerin auf Mehrvergütung ergibt sich aus dem zwischen den Parteien bestehenden Werkvertrag vom 05.03.2012 in Verbindung mit § 2 VI, VII VOB/B.

Dieser Werkvertrag ist als Individualvertrag anzusehen. Der – vorrangig erstinstanzlich gehaltene – Vortrag der für die Anwendung der ihrem Schutz dienenden Vorschriften des AGB-Rechts darlegungsbelasteten Klägerin zum Vorliegen eines den AGB-Regeln unterliegenden Vertragsverhältnisses ist nicht geeignet, den individualvertraglichen Charakter der Parteivereinbarung in Zweifel zu ziehen: Die beklagte ARGE war speziell für das Projekt “Campus Stadt1” gebildet worden und hatte nur einen Unternehmer mit Abbrucharbeiten beauftragt. Es gab Überarbeitungen und Ergänzungen des ursprünglich mit einem anderen Vertragspartner auf Auftraggeberseite ins Auge gefassten Vertragswerks. Dies zeigt, dass es sich bei dem Werkvertrag um eine ausführlich vorbereitete Individualabrede handelte, die nicht dem § 305 BGB unterfiel.

Die Parteien haben einen Detail-Pauschalvertrag abgeschlossen. Dieser zeichnet sich dadurch aus, dass die Parteien den Umfang der geschuldeten Leistungen durch Angaben in einem Leistungsverzeichnis und anderen Vertragsunterlagen (z.B. den Raumbüchern) näher, also detailliert, festgelegt haben (vgl. Werner/Pastor, 16. Auflage, Rdn.1528).

Einen Global-Pauschalvertrag, wie ihn die Beklagte nach den Äußerungen ihres Geschäftsführers in der Berufungsverhandlung eigentlich abschließen wollte (“ein leeres Loch nach einem Jahr für 2 Millionen Euro”), haben die Parteien dagegen bei verständiger Auslegung des Vertragswerks nicht abgeschlossen.

Hiergegen sprechen die Umstände des Einzelfalls: Die dem Vertrag zugrundeliegenden Unterlagen waren in langer Arbeit mit Hilfe eines Sachverständigenbüros erstellt worden. Es gab Raumbücher, Schadstoffkataster und eine funktionale Bau- und Leistungsbeschreibung. Auf der Grundlage dieser Vorbereitungen und für die so beschriebene Leistung war ein Pauschalpreis vereinbart worden. Die Pauschalierung betraf also die Vergütung, nicht aber die auszuführenden Leistungen.

Diese Betrachtungsweise entspricht der Rechtsprechung des BGH, der sich der Senat anschließt:

Im Verfahren VII ZR 13/10 (Urteil vom 30.06.2011, “Klinikabbruch”, zitiert nach juris) wird zwar zunächst betont, dass ein Unternehmer grundsätzlich das Risiko einer unauskömmlichen Kalkulation trägt (Rdn. 23), dass sich jedoch aus den Umständen ergeben kann, dass bestimmte vorgegebene Punkte einer Pauschalpreisvereinbarung zugrunde gelegt wurden. Detaillierte Angaben zu Mengen oder anderen Faktoren, die erhebliche Bedeutung für die Kalkulation des Pauschalpreises haben, sind “häufig nach Treu und Glauben dahin zu verstehen” (Rdn. 24), dass die Angaben zur Geschäftsgrundlage des Vertrags erhoben werden sollen. Eine detaillierte Leistungsbeschreibung erweckt dabei Vertrauen in ihre Angaben (Rdn. 28), so dass eine Aussage dahingehend, dass Positionen vor Angebotsübernahme zu überprüfen sind, nicht die Bedeutung hat, dass das Risiko einer Abweichung vollständig vom Auftragnehmer übernommen werden soll (Rdn. 29). Wenn eine realistische Möglichkeit zur Überprüfung von Angaben (dort: der Estrichstärke, hier: des Stopfmaterials) nicht gegeben ist, sondern Probebohrungen (hier: Bauteilöffnungen) erforderlich wären, kann dies nach Treu und Glauben nicht vom Auftragnehmer erwartet werden (Rdn. 29). Auch wenn es keinen Erfahrungssatz dahingehend gibt, dass ein Unternehmer nur kalkulierbare Verpflichtungen eingeht und nicht auch einmal riskante Leistungen übernimmt, sind doch Mehraufwendungen, die auf falschen Angaben des Auftraggebers in der Leistungsbeschreibung beruhen, durch den vereinbarten Preis nicht abgegolten (vgl. BGH VII ZR 59/95, Urteil vom 27.06.1996, “Kammerschleuse”, zitiert nach juris, Rdn. 13 f, 21).

Anders als in den Verfahren VII ZR 129/91 (Urteil vom 09.04.1992, “Wasserhaltung I”, zitiert nach juris), VII ZR 47/93 (Urteil vom 11.11.1993, “Wasserhaltung II”, zitiert nach juris) und VII ZR 310/86 (Urteil vom 25.02.1988, “frivole Kalkulation”, zitiert nach juris) lagen im hier zu entscheidenden Fall detaillierte Planungsunterlagen vor und die Klägerin hatte nicht bei erkennbar lückenhaftem Leistungsverzeichnis mehr oder weniger ins Blaue hinein, wenn nicht sogar spekulativ, kalkuliert (so in VII ZR 310/86, a.a.O., Rdn. 20) und den Erfolg ohne Planungsunterlagen pauschal versprochen (so in VII ZR 129/91, a.a.O., Rdn. 14).

Die Klägerin hat ihr hinsichtlich der Vergütung pauschaliertes Angebot auf der Grundlage der langjährigen Vorbereitungen, die von den Rechtsvorgängern der ARGE durchgeführt wurden, getroffen. Es war also im vorliegenden Fall nicht etwa so, wie die Beklagte es darstellen möchte, dass der Klägerin als renommiertem Fachunternehmen die beklagte ARGE als Quereinsteiger und Laie gegenüberstand; vielmehr standen der Beklagten bei Aufstellung der Leistungsbeschreibung die von ihren Vorgängern eingeholten sachverständigen Angaben zur Verfügung. Die Klägerin hatte – auch als Fachfirma – nicht die Untersuchungsmöglichkeiten eines Sachverständigenbüros, das in monatelanger Arbeit eine Bestandsaufnahme durchgeführt hatte. In der der Angebotsabgabe vorausgehenden Phase konnte von der Klägerin nicht erwartet werden, dass sie die Arbeiten des Sachverständigenbüros – ohne eine dafür vorgesehene Vergütung – quasi wiederholte, um sie zu verifizieren. Die Formulierung in § 3.1 des Werkvertrags, die Klägerin habe “als Fachunternehmen durch eigene Besichtigungen und Untersuchungen ausreichend Gelegenheit … (gehabt), den erforderlichen Leistungsumfang zu ermitteln”, kann daher bei verständiger Auslegung nur so verstanden werden, dass dies Offenliegendes betraf – beispielsweise die Angaben zu Flächen oder sichtbaren Materialien. Eine mit einer entsprechenden Risikoübernahme verbundene Obliegenheit, Dinge zu “ermitteln”, die ohne Bauteilöffnungen nicht sichtbar waren, kann der Senat der Klausel bei verständiger Würdigung nicht entnehmen (ähnlich hat der Senat bereits in 22 U 141/13, Urteil vom 28.05.2015, zitiert nach juris, Rdn. 32, entschieden, dass Mehrkosten auch beim Detail-Pauschalvertrag verlangt werden können, wenn ein bestimmter Planungsstand der Kalkulation zugrunde gelegt worden ist).

In § 5.4 des Werkvertrags vom 05.03.2012 verpflichtet sich die Klägerin, ihre Leistungen “unabhängig von der Richtigkeit etwaiger Leitmengen bzw. Massenangaben in den Leistungsbeschreibungen (zu) erbringen”. Nach dieser Vorschrift sind “Massenüberschreitungen … im vereinbarten Pauschalpreis bereits berücksichtigt und führen nicht zu einer Änderung des Pauschalfestpreises”. Die Parteien haben also ganz deutlich vereinbart, dass falsche Massenangaben in den Sachverständigengutachten unerheblich für die Höhe des Vergütungsanspruchs sind. Hieraus kann als argumentum e contrario gefolgert werden, dass falsche Angaben zu nicht ohne Bauteilöffnung sichtbaren Materialien gerade nicht unerheblich für den vereinbarten Pauschalpreis sind.

An dieser Würdigung der Vertragsbestimmung des § 3.1 des Werkvertrags ändert auch die Aussage des Zeugen C, die Klägerin habe sich “pauschalpreismäßig binden” können, weil die “Unterlagen so detailliert waren, sodass wir das Risiko eingehen konnten” nichts. Der Zeuge C war an den Vertragsverhandlungen selbst nicht beteiligt, sondern hörte nur einige Gespräche zwischen den Geschäftsführern und wirtschaftlich Verantwortlichen mit, da er als Bauleiter vorgesehen war und “in das Projekt hineinkommen” sollte. Dass mit den Aussagen zur Risikoübernahme auch ausgesprochen und gemeint war, dass der Pauschalpreis unabhängig von der Richtigkeit der vorgelegten Unterlagen gelten sollte, hat der Zeuge nicht bekundet. Eine Klarstellung hierzu hätten die Parteien ohne weiteres in den Vertrag aufnehmen können. Im Sinne der Klägerin hätte eingefügt werden können, dass die Richtigkeit der von der Beklagten vorgelegten sachverständigen Äußerungen unterstellt werde; die Beklagte hätte eine Formulierung, dass ohne Rücksicht auf die Richtigkeit der vorgelegten Unterlagen das Pauschalangebot der Klägerin gelten solle, in die Verhandlung einbringen können. Beides ist nicht geschehen, so dass die Vertragsauslegung durch den Senat – wie geschehen – notwendig wurde.

Die Formulierung in § 3.1 des Werkvertrags, dass die Klägerin ohne zusätzlichen Vergütungsanspruch als Auftragnehmerin “in Ergänzung des beschriebenen Leistungsumfangs verpflichtet ist, alle Lieferungen und Leistungen zu erbringen, die zu der für den vorgesehenen Zweck funktionstüchtigen Herstellung der beauftragten Leistung entsprechend der im Übrigen ausdrücklich vereinbarten Ausführungsstandards erforderlich sind”, wenn der “Leistungsumfang nicht abschließend oder nicht zweifelsfrei bestimmt sein sollte”, trifft nicht den hier vorliegenden Fall, dass der Leistungsumfang in den den Vertragsverhandlungen zugrunde liegenden Unterlagen falsch beschrieben ist. Die CD in Anlage K 13 ist ausweislich Nr. 1.6 des Verhandlungsprotokolls vom 02./03.02.2012 (Anlage K 6) Gegenstand des Vertrags.

Naturgemäß beruhen die Angaben des Sachverständigenbüros nicht auf einer 100 %igen Tatsachengrundlage. Der Sachverständige wird vielmehr, wie es die Beklagte vorträgt, nach dem Nehmen von Stichproben seine Gutachten erstellt haben. Wenn er jedoch auf der Grundlage dieser Stichproben, die er für eine tragfähige Begutachtung für ausreichend gehalten hat, unter Anwendung seines Sachverstands Aussagen zum Baukörper und seinen Bestandteilen trifft, ist das so gefundene Ergebnis maßgebend für die am Bau Beteiligten und muss sich einer Prüfung als “richtig” oder “falsch” stellen.

Die Fensterelemente sind in Position 02.02.36 der Anlage K 13 so beschrieben, dass “KMF-Stopfmassen an allen Wand- und Deckenanschlüssen, … asbesthaltiger Fensterkitt” vorhanden seien. Im Schadstoffkataster (Anlage K 14b, S. 19) findet sich zu den Stopfmassen im Fensterbereich der Hinweis, dass mit weiteren KMF-Massen zu rechnen sei. Von einer Asbestbelastung steht dort nichts. Der Hinweis auf S. 11 der Anlage K 14b auf weiteren Asbest bezieht sich ausdrücklich auf den Bodenaufbau sowie auf verkleidete oder verputzte Oberflächen. Zu diesen Bauteilen gehören die Fensterelemente nicht.

Für die Frage, wie Schwarzbereiche eingerichtet werden können, ist die Frage nach den Stopfmassen an den Fensteranschlüssen entscheidend. Ist dort asbesthaltiges Material vorhanden, muss der Schwarzbereich unter Einschluss des Fensterelements durch eine Abdichtung von außen errichtet werden. Findet sich das asbesthaltige Material nur im Innenbereich (z.B. Bodenaufbau und Oberflächen, s.o.), kann das Fensterelement zur Abgrenzung des Schwarzbereichs verwendet und anschließend insgesamt (einschließlich des asbesthaltigen Fensterkitts) abtransportiert werden. Die Aussage des Sachverständigen, die KMF-Stopfmasse sei an allen (Unterstreichung von den Unterzeichnenden) Wand- und Deckenanschlüssen verwendet worden, ist nach der Ansicht des Senats aus der Sicht eines sachkundigen und verständigen Baubeteiligten so zu verstehen, dass nur und ausschließlich KMF-Stopfmasse an den angegebenen Stellen Verwendung gefunden habe. Das Übersehen des asbesthaltigen Materials am unteren Teil der Fensterelemente war ein Fehler des Sachverständigen, der zu einer falschen Aussage bezüglich der im Fensterbereich verwendeten Stopfmassen führte.

Das § 2 V, VI VOB/B entsprechende Verfahren der Geltendmachung der Mehrkosten vor Ausführung der Arbeiten in § 7 des Werkvertrags vom 05.03.2012 hat die Klägerin mit den Schreiben und Angeboten in K 19 – K 19b eingehalten. Der Klageanspruch ist damit dem Grunde nach gerechtfertigt.

Eine Kostenentscheidung und eine Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit sind bei diesem Grundurteil nicht veranlasst. Die Zulassung der Revision kommt nicht in Betracht, da die Voraussetzungen des § 543 II ZPO nicht gegeben sind. Der Senat hat im vorliegenden Einzelfall die Vertragsauslegung nach den in der BGH-Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen vorgenommen.

Kooperation ist alles!

Kooperation ist alles!

vorgestellt von Thomas Ax

Die Vertragsparteien eines VOB/B Vertrages sind während der Vertragsdurchführung zur Kooperation verpflichtet. Der Bauvertrag bedarf in besonderem Maße einer Kooperation und Abstimmung der beiden Vertragspartner. Dazu gehören je nach Gegebenheiten des Falls Informations-, Mitwirkungs- und Rügeobliegenheiten und -pflichten und die Bemühung um eine einvernehmliche Lösung.

Entstehen während der Vertragsdurchführung Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien über die Notwendigkeit oder die Art und Weise einer Anpassung des Vertrages oder seiner Durchführung an geänderte Umstände, sind die Parteien grundsätzlich verpflichtet, durch Verhandlungen eine einvernehmliche Beilegung der Meinungsverschiedenheiten zu versuchen, BGH, Urteil vom 28. 10. 1999 – VII ZR 393/98:

„Die Kooperationspflichten sollen unter anderem gewährleisten, dass in Fällen, in denen nach der Vorstellung einer oder beider Parteien die vertraglich vorgesehene Vertragsdurchführung oder der Inhalt des Vertrages an die geänderten tatsächlichen Umstände angepasst werden muss, entstandene Meinungsverschiedenheiten oder Konflikte nach Möglichkeit einvernehmlich beigelegt werden (Nicklisch/Weick, VOB, 2. Aufl., § 2 Rdn. 6). Ihren Ausdruck haben sie in der VOB/B insbesondere in den Regelungen des § 2 Nr. 5 und Nr. 6 gefunden. Danach soll über eine Vergütung für geänderte oder zusätzliche Leistungen eine Einigung vor der Ausführung getroffen werden. Diese Regelungen sollen die Parteien anhalten, die kritischen Vergütungsfragen frühzeitig und einvernehmlich zu lösen und da-durch spätere Konflikte zu vermeiden. Entstehen während der Vertragsdurchführung Meinungsverschiedenheiten über die Notwendigkeit oder die Art und Weise einer Anpassung, ist jede Partei grundsätzlich gehalten, im Wege der Verhandlung eine Klärung und eine einvernehmliche Lösung zu versuchen. Die Verpflichtung obliegt einer Partei ausnahmsweise dann nicht, wenn die andere Partei in der konkreten Konfliktlage ihre Bereitschaft, eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen, nachhaltig und endgültig verweigert.“

Dem Auftragnehmer kann im Einzelfall nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) ein Leistungsverweigerungsrecht zustehen, wenn er dem Auftraggeber nicht nur ordnungsgemäß seine Bedenken mitgeteilt hat, sondern wenn die Prüfung dieser Bedenken mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das Ergebnis hat, dass die vom Auftraggeber vorgesehene Art der Ausführung zum Eintritt eines erheblichen Leistungsmangels oder eines sonstigen nicht nur geringfügigen Schadens führen wird, OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.03.2018 – 22 U 71/17.

Geht der Auftraggeber auf fachlich begründete Bedenken des Auftragnehmers überhaupt nicht ein und lehnt er den vom Auftragnehmer – für den Fall einer entgegen seinen Bedenken weisungsgemäß erfolgenden Arbeitsaufnahme und Ausführung – erbetene Freistellung von der Gewährleistung ohne hinreichende Begründung ab, kann die Weisung des Auftraggebers, die Werkleistung auf eine gegen die Regeln der Technik verstoßende Weise zu erbringen, insoweit treuwidrig sein, als der Auftraggeber vom Auftragnehmer nicht verlangen darf, durch eigenes Handeln einen so gut wie sicher voraussehbaren (Sach- bzw. Personen-)Schaden herbeizuführen bzw. zumindest zu fördern bzw. seinen Versicherungsschutz wegen einer bewussten Pflichtwidrigkeit zu gefährden bzw. zu verlieren, OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.03.2018 – 22 U 71/17.

Wenn der Auftraggeber eine von ihm zu treffende Entscheidung (ggf. Anordnung i.S.v. § 1 Abs. 3 VOB/B) als notwendige Mitwirkungshandlung verzögert bzw. nicht trifft, stehen dem Auftragnehmer die Rechte aus §§ 304, 642 BGB zu. Der Auftragnehmer ist berechtigt, mit der Ausführung der Arbeiten, auf die sich seine fundiert vorgebrachten Bedenken beziehen, eine angemessene Zeit nach Zugang der Mitteilung beim Auftraggeber zu warten, bis er seinerseits unter normalen Umständen den Zugang einer Entschließung des Auftraggebers erwarten kann, OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.03.2018 – 22 U 71/17.

Meldet der Auftragnehmer (insoweit als Nachunternehmer) nach Besichtigung der vom Auftraggeber (bzw. in dessen Auftrag) erbrachten Vorunternehmerleistungen konkrete Bedenken gem. § 4 Abs. 3 VOB/B an und lehnt er für den Fall der Ausführung seiner Arbeiten ohne vorherige Nachbesserung der von ihm konkret beanstandeten Mängel des Vorgewerks jede Gewährleistung für darauf beruhende Mängel ab, so berechtigt dies den Auftraggeber nicht zur Kündigung des Vertrags mit dem Auftragnehmer (als Nachunternehmer) aus wichtigem Grund. Dies gilt selbst dann, wenn solche Bedenken zu Unrecht, indes nach hinreichender fachlicher Überlegung, erhoben wurden, OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.03.2018 – 22 U 71/17.

Grundlage eines Leistungsverweigerungsrechts des Auftragnehmers aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) kann auch sein, dass sich der Auftraggeber hinsichtlich eingereichter Nachtragsangebote – unter Verstoß gegen seine Kooperationspflichten – völlig passiv verhält, denn dem Auftragnehmer kann nicht zugemutet werden, Anordnungen des Auftraggebers gem. § 1 Abs. 3 bzw. Abs. 4 Satz 1 VOB/B befolgen zu müssen, ohne auf der anderen Seite Klarheit über die ihm dafür zustehende Vergütung zu erhalten, OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.03.2018 – 22 U 71/17.

Ein fachkundiges Spezialunternehmen muss den nicht sachkundigen Auftraggeber aktiv aufklären und instruieren, wenn dieser im Rahmen seiner Möglichkeiten die Unterlagen vorlegt, die er erklärtermaßen für ausreichend hält, um seinerseits den eigenen Mitwirkungspflichten zu genügen, die sich aber aus Sicht des Auftragnehmers als unzureichend erweisen. Verletzt der Auftragnehmer seine bauvertragliche Kooperationspflicht erheblich, kann der Auftraggeber vom Bauvertrag zurücktreten, OLG Nürnberg, Urteil vom 10.12.2020 – 13 U 2087/18.

Die Kündigungstatbestände der VOB/B sind nicht abschließend. Über die in den §§ 8 und 9 VOB/B geregelten Fälle hinaus können beide Vertragsparteien den Bauvertrag kündigen, wenn durch ein schuldhaftes Verhalten des anderen Vertragspartners der Vertragszweck so gefährdet ist, dass der vertragstreuen Partei die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann, OLG Stuttgart, Urteil vom 31.01.2017 – 10 U 70/16.

Die Kündigung eines Bauvertrags aus wichtigem Grund ist grundsätzlich erst zulässig, wenn der andere Vertragsteil nachdrücklich und unmissverständlich auf die Folgen einer weiteren Nichterfüllung der Vertragspflichten hingewiesen worden ist. Einer Fristsetzung mit Kündigungsandrohung bzw. einer Abmahnung bedarf es ausnahmsweise nicht, wenn entweder eine solche Nachfristsetzung bzw. Androhung von vornherein keinen Erfolg verspricht oder sich das Verhalten des Kündigungsgegners als eine besonders schwere Vertragsverletzung darstellt, die es dem Kündigenden unzumutbar macht, noch weiterhin mit diesem Partner im Vertrag zu bleiben bzw. den Ablauf einer durch die Abmahnung eröffneten, noch weiteren Zeitspanne abzuwarten, OLG Stuttgart, Urteil vom 31.01.2017 – 10 U 70/16.

Die unberechtigte Verweigerung der Bezahlung von Abschlagsrechnungen kann einen Grund zur fristlosen Kündigung darstellen. Steht aber nur ein geringer Betrag zur Zahlung offen, ist der Auftragnehmer gehalten, sich vor einer fristlosen Kündigung um eine einvernehmliche Beilegung des Konflikts zu bemühen, OLG Stuttgart, Urteil vom 31.01.2017 – 10 U 70/16.

BGH zu der Frage, dass die VOB/B-Klauselkontrolle bereits bei geringfügiger Abweichung stattfindet

BGH zu der Frage, dass die VOB/B-Klauselkontrolle bereits bei geringfügiger Abweichung stattfindet

vorgestellt von Thomas Ax

Jede auch nur geringe Abweichung von der VOB/B führt, selbst wenn sie sich in einem Vertrag mit einem öffentlichen Auftraggeber befindet, dazu, dass die VOB/B nicht als Ganzes vereinbart ist. Dies hat zur Folge, dass sämtliche Bestimmungen der Vereinbarung der Inhaltskontrolle unterliegen. Der Bundesgerichtshof sieht in einer vertraglichen Regelung, aufgrund derer der Auftraggeber eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Form einer Bürgschaft auf erstes Anfordern verlangen kann, eine insoweit relevante Abweichung von § 17 Nr. 4 VOB/B. Die danach aus § 309 BGB folgende Unwirksamkeit der vertraglichen Regelung hat zur Folge, dass sich der Auftraggeber nicht auf § 16 Nr. 3 VOB/B (Schlusszahlungseinrede) berufen kann.
BGH vom 10.05.2007 – Az. VII ZR 226/05

Tatbestand
Die Parteien streiten um die Abrechnung eines gekündigten Vertrages. Im Revisionsverfahren verlangt die Klägerin noch Mehrkosten für die Fertigstellung, der Beklagte in der Widerklage Restwerklohn.
Der Beklagte wurde von der Klägerin mit Wärmedämmarbeiten an der Heizzentrale der JVA H. beauftragt. Für den Vertrag gelten die Vertragsbestimmungen der Klägerin in der Reihenfolge Besondere Vertragsbedingungen – EVM (B) BVB, Zusätzliche Vertragsbedingungen – EVM (B) ZVB/E, Technische Vertragsbedingungen, VOB/B 1998 und VOB/C 1998.
Nach einem Streit über die Berechtigung von Nachträgen erklärte die Klägerin die außerordentliche Kündigung. Sie stellte selbst Schlussrechnung, nachdem der Beklagte ihrer Aufforderung zur Vorlage der Schlussrechnung nicht Folge geleistet hatte, und übersandte diese dem Beklagten am 10. Januar 2002. Die Klägerin wies in diesem Schreiben mit Belehrung auf die Ausschlusswirkung des § 16 Nr. 3 Abs. 2 bis 4 VOB/B hin. Der Beklagte erklärte am 14. Februar 2002 einen Vorbehalt, legte jedoch erst am 29. Januar 2003 selbst seine Schlussrechnung vor, die einen restlichen Vergütungsanspruch in Höhe von 81.127,32 € aufwies. Mit der Klage verlangte die Klägerin Ersatz von Fertigstellungsmehrkosten und Erstattung der Kosten für die Erstellung ihrer Schlussrechnung in Höhe von insgesamt 7.521,33 €. Der Beklagte begehrt in der Widerklage die Restvergütung aus seiner Schlussrechnung.

Das Landgericht hat Klage und Widerklage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat auf Berufung des Beklagten und Anschlussberufung der Klägerin nur der Widerklage in Höhe von 7.986,57 € stattgegeben.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Widerklagebegehren weiter, soweit nicht bereits zu seinen Gunsten erkannt worden ist, also in Höhe von 73.140,75 € (81.127,32 € abzüglich 7.986,57 €).
Die Klägerin begehrt in der Anschlussrevision auf die Klage noch 7.054,22 € für die Fertigstellungsmehrkosten sowie die vollständige Abweisung der Widerklage.

Gründe
Die Revision des Beklagten hat in vollem Umfang Erfolg, die Anschlussrevision der Klägerin nur zu einem geringen Teil. In diesem Umfang ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Die weitergehende Anschlussrevision der Klägerin ist unbegründet.
Auf das Schuldverhältnis sind die bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Rechtsvorschriften anwendbar (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.
1. Das Berufungsgericht spricht dem Beklagten auf die Widerklage eine Vergütungsforderung von noch 7.986,57 € aus der von der Klägerin selbst erstellten Schlussrechnung zu.
Die weiteren in der Widerklage geltend gemachten Ansprüche in Höhe von 73.140,75 € erkennt das Berufungsgericht ab. Die Klägerin habe sich zu Recht auf die Ausschlusswirkung des § 16 Nr. 3 VOB/B berufen. Der Beklagte habe zwar am 14. Februar 2002 einen Vorbehalt erklärt, jedoch nicht innerhalb der folgenden 24 Werktage eine prüffähige Abrechnung vorgelegt. Auf die Ausschlusswirkung könne sich die Klägerin berufen, weil die Parteien die Geltung der VOB/B insgesamt vereinbart hätten. Dies gelte auch unter Berücksichtigung der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach jede vertragliche Abweichung von der VOB/B dazu führe, dass diese nicht als Ganzes vereinbart worden sei. Die besonderen Vertragsbedingungen enthielten einheitliche Bestimmungen für Bauvorhaben öffentlicher Auftraggeber. Sie enthielten nur Konkretisierungen, ohne die VOB/B entscheidend zu ändern. Dies gelte insbesondere für die vom Beklagten kritisierten Nummern 8, 16.1, 18, 23 und 26.3 der zusätzlichen Vertragsbedingungen.

2. Die mit der Anschlussberufung in Höhe von noch 7.521,33 € verfolgte Klage hält das Berufungsgericht für unbegründet, weil die Klägerin nicht zur fristlosen Kündigung nach § 8 Nr. 3 VOB/B berechtigt gewesen sei.
Entgegen der noch vom Landgericht vertretenen Ansicht habe die Klägerin nicht erklärt, unter keinen Umständen eine zusätzliche Vergütung für die Pass- und Endscheiben entrichten zu wollen. Jedoch stelle sich die Weigerung des Beklagten, die Wärmedämmarbeiten wieder aufzunehmen, wegen der Bußgeldandrohung in § 13 der damals gültigen Heizungsanlagen-Verordnung unter Berücksichtigung des Schreibens der Klägerin vom 22. Mai 2001 nicht als so grobe Vertragsverletzung dar, dass eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt gewesen sei. Der Beklagte habe darauf hingewiesen, dass die nach der DIN 4140 erforderlichen Abstände zwischen den gedämmten Rohren untereinander und zu den Wänden nicht vorhanden seien und die Missachtung der in der Heizungsanlagen-Verordnung bestimmten Werte bußgeldbewehrt sei. Die Klägerin habe die Ansicht vertreten, die DIN 4140 sei nicht allein einschlägig. Sie sei damit einverstanden, dass eine geringere Dämmung aufgebracht werde, habe den Beklagten jedoch gleichzeitig darauf hingewiesen, dass die Heizungsanlagen-Verordnung anzuwenden sei. Letztlich könne offen bleiben, ob das Gebäude der JVA von der Heizungsanlagen-Verordnung ausgenommen gewesen sei. Weil die Klägerin den Beklagten in seiner Auffassung, die Heizungsanlagen-Verordnung sei anwendbar, bestärkt habe, liege in der Weigerung des Beklagten nicht ein vertragsuntreues Verhalten von solchem Gewicht, dass die außerordentliche Kündigung gerechtfertigt gewesen sei.

II.
Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision des Beklagten haben Erfolg.
Sie beanstandet zu Recht die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte sei gemäß § 16 Nr. 3 VOB/B gehindert, weitere Vergütung geltend zu machen. Auf diesen Einwand kann sich die Klägerin nicht berufen, weil die VOB/B nicht als Ganzes vereinbart ist (1.) und der Schlusszahlungseinwand daher unwirksam ist (2.).
1. Die VOB/B ist nur dann einer Inhaltskontrolle nach dem hier geltenden Gesetz über Allgemeine Geschäftsbedingungen entzogen, wenn sie als Ganzes vereinbart worden ist. Dabei kommt es nicht darauf an, welches Gewicht der Eingriff hat. Die Inhaltskontrolle ist auch dann eröffnet, wenn nur geringfügige inhaltliche Abweichungen von der VOB/B vorliegen. Eine derartige Abweichung enthält jedenfalls die Nr. 26.3 in Verbindung mit Nr. 30 der Zusätzlichen Vertragsbedingungen der Klägerin.

Nach Nr. 26.3 der Zusätzlichen Vertragsbedingungen der Klägerin ist bei Abschlagszahlungen eine Bürgschaft zu leisten. Nr. 30 legt fest, dass es sich um eine Bürgschaft auf erstes Anfordern handeln muss.

Nach § 16 Nr. 1 VOB/B sind auf Antrag Abschlagszahlungen in Höhe des Wertes der jeweils nachgewiesenen Leistung zu zahlen. Ist vertragsgemäß eine Bürgschaft für diese Abschlagszahlungen zu stellen, so handelt es sich um eine Vertragserfüllungsbürgschaft, die den Regelungen des § 17 VOB/B unterfällt. Für die insoweit als eine der in § 17 Nr. 2 VOB/B vorgesehenen Sicherheiten vereinbarte Bürgschaft enthält die VOB/B in § 17 Nr. 4 eine Regelung, die eine Bürgschaft auf erstes Anfordern nicht zulässt. Dies galt der Sache nach auch bereits vor der ausdrücklichen Klarstellung durch die Neufassung in der VOB/B 2002. Denn nach dem Sicherungssystem der VOB/B, wie es sich bei einer Gesamtbetrachtung darstellt, soll die Sicherheitsleistung mittels Bürgschaft dem Auftragnehmer die Liquidität dauerhaft erhalten. Diesem Ziel läuft die Vereinbarung der Bürgschaft auf erstes Anfordern zuwider.
An dieser Beurteilung ändert nichts, dass die Vertragsbedingungen von einem öffentlichen Auftraggeber verwendet worden sind. Auch für ihn gelten die Erwägungen im Senatsurteil vom 22. Januar 2004 (BGH, Urteil vom 22. Januar 2004 – VII ZR 419/02, BGHZ 157, 346, 349). Danach ist die Inhaltskontrolle selbst dann eröffnet, wenn nur geringe inhaltliche Abweichungen von der VOB/B vorliegen und auch unabhängig davon, ob eventuell benachteiligende Regelungen im vorrangigen Vertragswerk möglicherweise durch andere Regelungen ausgeglichen werden.

2. Die Klägerin kann sich nicht auf § 16 Nr. 3 VOB/B berufen, weil diese Vertragsklausel der isolierten Inhaltskontrolle nicht standhält (BGH, Urteil vom 17. September 1987 – VII ZR 155/86, BGHZ 101, 357 und vom 19. März 1998 – VII ZR 116/97, BGHZ 138, 176). Denn die Regelung des § 16 Nr. 3 Abs. 2 bis 5 VOB/B über den Ausschluss von Nachforderungen bei vorbehaltloser Annahme einer Schlusszahlung oder einer ihr gleichstehenden Schlusszahlungserklärung verstößt auch nach der Neufassung der VOB/B zum 19. Juli 1990, soweit nicht die VOB/B “als Ganzes” vereinbart worden ist, gegen § 9 AGBG und ist deswegen unwirksam.

3. Die Abweisung der Widerklage kann daher mit der im Berufungsurteil gegebenen Begründung nicht aufrechterhalten werden. Der Vergütungsforderung des Beklagten steht, soweit sie auf Bezahlung nicht erbrachter Leistungen gerichtet ist, auch nicht bereits eine wirksame Kündigung der Klägerin aus § 8 Nr. 3 VOB/B entgegen (dazu unten IV. 1.). Zur Berechtigung der Widerklageforderung hat das Berufungsgericht – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – im Übrigen keine Feststellungen getroffen. Dies wird es nachzuholen haben, wobei die Klägerin Gelegenheit hat, ihre weiteren in der Revisionserwiderung enthaltenen Bedenken zur Geltung zu bringen.

IV.
Die Anschlussrevision ist nur zu einem geringen Teil begründet.

1. Rechtlich nicht zu beanstanden ist die Abweisung der Klage durch das Berufungsgericht. Die Voraussetzungen des von der Klägerin auf § 8 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B gestützten Schadensersatzanspruchs sind nicht erfüllt, da das Berufungsgericht die von der Klägerin ausgesprochene Kündigung rechtsfehlerfrei als freie Kündigung im Sinne des § 8 Nr. 1 VOB/B angesehen hat.
Die Klägerin hat den Vertrag unter Hinweis auf § 8 Nr. 3 VOB/B gekündigt, weil der Beklagte die Arbeiten nicht innerhalb der ihm mit Schreiben vom 22. Mai 2001 bis zum 5. Juni 2001 gesetzten Frist wieder aufgenommen hat. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Klägerin sei nicht nach § 8 Nr. 3 VOB/B zur fristlosen Kündigung berechtigt gewesen, begegnet keinen Bedenken.
Ob ein zur Kündigung berechtigender wichtiger Grund vorliegt, ist eine Frage tatrichterlicher Würdigung, die in der Revisionsinstanz nur beschränkt überprüft werden kann, insbesondere darauf, ob der Tatrichter Tatsachen außer Acht gelassen oder nicht vollständig gewürdigt hat (BGH, Urteil vom 23. Mai 1996 – VII ZR 140/95, BauR 1996, 704 = ZfBR 1996, 267).

Unter Berücksichtigung der zwischen den Parteien bestehenden Kooperationspflichten (vgl. dazu BGH, Urteile vom 28. Oktober 1999 – VII ZR 393/98, BGHZ 143, 89, 93; vom 22. Mai 2003 – VII ZR 143/02, NJW 2003, 2678 = ZfBR 2003, 567 = BauR 2003, 1207 = NZBau 2003, 497) war die Klägerin gehalten, sich zunächst um eine einvernehmliche Beilegung des noch bestehenden Konflikts zu bemühen und durfte nicht fristlos kündigen. Da nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der Beklagte erhebliche Bedenken haben konnte, ob auf das Vorhaben die Vorschriften über die Mindestdämmung der Heizungsanlagen-Verordnung anwendbar waren, deren Nichtbeachtung für den Beklagten mit der Gefahr eines Bußgeldes verbunden war, durfte die Klägerin sich nicht einerseits mit einer geringeren Dämmung einverstanden erklären, andererseits aber den Beklagten auf die Anwendung der Heizungsanlagen-Verordnung verweisen. Jedenfalls aus revisionsrechtlicher Sicht ist es nicht rechtsfehlerhaft, dass das Berufungsgericht bei diesem Sachverhalt kein schuldhaftes Verhalten des Beklagten darin gesehen hat, dass er die Arbeiten nicht innerhalb der ihm gesetzten kurzen Frist wieder aufgenommen hat.
Da es an einem schuldhaften Verhalten des Beklagten fehlt, hat die Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung der im Revisionsverfahren noch weiter geltend gemachten Fertigstellungsmehrkosten.

2. Die Klägerin konnte daher auch nicht gegen den vom Berufungsgericht auf die Widerklage hin zuerkannten Teilbetrag der Vergütungsforderung des Beklagten aufrechnen.
Lediglich in Höhe von 290,11 € hat die Anschlussrevision Erfolg, soweit sie sich gegen die Widerklageforderung richtet. Denn soweit das Berufungsgericht einen Betrag von 7.986,57 € aufgrund der eigenen Berechnung der Klägerin zuerkennt, weist die Berechnung einen Fehler auf.
Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts hat die Klägerin nicht einen Vergütungsanspruch von netto 13.465,84 DM, sondern von 12.976,69 DM berechnet. Das Berufungsgericht hätte daher mit der gegebenen Begründung lediglich einen Betrag von 7.696,46 € zuerkennen dürfen (12.976,69 DM + 16 % Mehrwertsteuer/2.076,27 DM = 15.052,96 DM = 7.696,46 €).