von Thomas Ax
Ausgangspunkt für die Feststellung des Bausolls ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (insbesondere BGH, Urteil vom 20.08.2009, VII ZR 205/07, Tz. 77 ff.), wonach es für die Verteilung des sog. “Baugrundrisikos” in erster Linie auf die Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien ankommt. Diese Rechtsprechung ist weiter aktuell (vgl. Bolz, NJW 2022, 1709, und Kniffka, BauR 2015, 1893 ff.).
In dem vorgenannten Urteil des VII. Zivilsenats heißt es u.a., Baugrundgutachten, die der Ausschreibung zugrunde lägen, würden zur vertraglichen Leistungspflicht erhoben, insbesondere wenn sie für die Preiskalkulation erheblich sind (Tz. 78), an eine Risikoübernahme durch den Auftragnehmer, die sich auf unbekannte Bodenverhältnisse bezieht, seien strenge Anforderungen zu stellen, insbesondere wenn sie die Baukosten erheblich beeinflussen können (Tz. 81, unter Verweis auf BGH, Urteil vom 13.08.2008, VII ZR 194/06, NJW 2008, 2106, Tz. 34). Lasse die Ausschreibung aber keinen Zweifel daran, dass der Auftragnehmer eine unkalkulierbare Leistung zu einem bestimmten Preis übernehmen soll und komme auf Grundlage dieser Ausschreibung ein Vertrag zustande, so gelte der vertraglich vereinbarte Preis auch dann, wenn sich die Kalkulationsannahmen als unzutreffend erwiesen (BGH, Urteil vom 27.06.1996, Az. VII ZR 59/95, BauR 1997, 126 – Kammerschleuse; vgl. auch Kniffka, a.a.O., S. 1894).
Das Leistungsverzeichnis und die weiteren Vertragsbestandteile sind daher sorgfältig dahingehend auszulegen, wer im konkreten Fall das Baugrundrisiko trägt. Bei der Auslegung sind insbesondere § 7 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 VOB/A zu berücksichtigen, da der Bieter und Auftragnehmer davon ausgehen kann, dass der Ausschreibende sich an die Ausschreibungsregelungen der VOB/A halten will, also insbesondere möglichst klar und eindeutig ausgeschrieben hat und dem Auftragnehmer kein ungewöhnliches Risiko auferlegen will (BGH, Urteil vom 11.09.1993, Az. VII ZR 47/93, BauR 1994, 236 – Wasserhaltung II; Urteil vom 09.01.1997, Az. VII ZR 259/95, BauR 1997, 466 – Bodenposition; vgl. Kniffka, a.a.O., 1897).
Eine Unwirksamkeit der Übernahme eines ungewöhnlichen Wagnisses über §§ 134 BGB, 7 Abs. 1 Nr.3 VOB/A kommt entgegen verschiedener Stimmen in der Literatur (vgl. Markus, in: Kapellmann/Messerschmidt, 8. Aufl., 2022, § 7 VOB/A, Rn. 55; § 2 VOB/B, Rn. 180 m.w.N.) nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht in Betracht (Kniffka, a.a.O., S. 1894).